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Autor Thema: Die Zeit des großen Jägers  (Gelesen 17651 mal)

Beschreibung: Einstiegskapitel für Dok‘Hae

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Sternenblut

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Die Zeit des großen Jägers
« Antwort #75 am: 13.08.2011, 18:56:48 »
Als Dok'Hae die Worte sprach, fingen die Tücher vor ihm an, sich zu bewegen, als wären sie von einem leichten Wind erfasst worden. Zwischen den vielschichtigen Lagen aus Tüchern quoll weißer Nebel hervor, überlagerte das Tuch, bis, ganz ähnlich wie bei dem Spiegel, nur noch ein Rahmen übrig war, in dessen Mitte der Nebel waberte.

Mutig schritt Dok'Hae hindurch, bereit, die unbekannte Siedlung namens Handelsfest zu erkunden und den Schamanen zu finden, von dem Shilaila gesprochen hatte. Er fragte sich, ob Handelsfest ebenso gewaltig war wie Osthafen, Shilailas Heimat, oder ob dort weniger Menschen lebten. Nun, er würde es gleich herausfinden.

Langsam zog sich der Nebel zurück. Weißes Tuch lag auf seinen Schultern, handbreite Streifen, die von oben zu ihm herab hingen. Sie umgaben ihn, hinter ihm, vor ihm, und zu beiden Seiten. Orientierungslos drehte er sich einmal um die eigene Achse, bemerkte, dass auf einem der Tücherstreifen in blauer Farbe das gleiche Symbol angebracht war, das er auf dem Portal gesehen hatte.

Die Hände leicht ausgestreckt, ging er voran, um einen Weg aus diesem Dickicht aus Tüchern zu finden - nur, um sogleich wieder stehen zu bleiben.

Er hatte nur zwei Schritte gebraucht, um wieder freie Sicht zu bekommen. Das Bild, das sich ihm bot, war allerdings nicht, was er erwartet hätte. Eine junge Frau, schlafend, unbekleidet, in einem hölzernen Gefäß, das mit Wasser gefüllt war. Das Wasser verdeckte leidlich den Blick auf ihren Körper.

Das Gefäß stand inmitten einer Wohnhöhle, die ihn ein wenig an die Shilailas erinnerte - nur, dass sie gänzlich aus weißem Tuch bestand.

Doch für eine genauere Erkundung hatte der Wandler keine Zeit - denn in diesem Moment schlug die junge Frau ihre Augen auf.
"Ein Blick in die Welt beweist, dass Horror nichts anderes ist als Realismus." - Alfred Hitchcock

Amani

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« Antwort #76 am: 17.08.2011, 16:02:08 »
"Schon wieder!" fluchte Dok'Hae innerlich, seid beginn seiner Reise schien er ständig an den unmöglichsten Stellen Menschen zu begegnen. Reflexartig machte er einen Schritt nach hinten in die Tücher. Ob das was die Frau machte zu einer religiösen Zeremonie gehörte? Hoffentlich nicht, dass wäre sowohl Lästerung alsauch verwerflich.

Vorsichtig glitt der Wandler noch ein paar Tücher weiter nach hinten in der Hoffnung, dass die Frau ihn nicht gesehen hatte.

Sternenblut

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« Antwort #77 am: 21.08.2011, 12:13:55 »
Dok'Hae zog sich in die Tücher zurück, doch obwohl er schnell reagiert hatte, blieb ein ungutes Gefühl. Er hörte das Plätschern von Wasser, das Rascheln von Stoff - und danach eine weibliche Stimme. Ihr Klang war schön, recht dunkel für eine Frauenstimme, doch weich und beruhigend.

"Ihr könnt jetzt herauskommen, ich bin angekleidet. Wenn ihr jedoch hier seid, um mir Gewalt anzutun, muss ich euch warnen - ich bin vielleicht keine Kriegerin, doch ich habe meine Mittel und Wege, mich zu verteidigen. Also kommt heraus und sagt mir, was ihr in meinem Zelt zu suchen hattet, während ich nackt im Bad lag. Wenn ihr es nicht tut, schreie ich um Hilfe."
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Amani

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« Antwort #78 am: 22.08.2011, 12:25:43 »
Fühlte sich Dok'Hae von der nackten Frau angezogen? Sie war so anders, als die Frauen die er bisher nackt gesehen hatte. Alle hatten tierisches Blut in ihren Adern, diese Frau sah irgendwie anders aus. Zarter, weniger robust und deutlich weniger behaart...

"Wie wärs wenn du dir lieber überlegst wie du aus diesem Schlamassel wieder rauskommst, anstatt über nackte Frauen nachzudenken?" war das Letzte was er hörte bevor die Stimme der Frau erklang.

Der Wandler griff seinen Stab fester: "Verdammt."- "Man könnte sagen ich bin vom Weg abgekommen." sagte er und macht einen Schritt aus den Tüchern raus, er achtete sorgsam darauf der Frau nicht direkt in die Augen zu gucken, um sie nicht zu reizen.

"Es war nicht meine Absicht euch zu stören."

Sternenblut

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« Antwort #79 am: 22.08.2011, 12:56:27 »
Die Frau stand vor ihm, zwar in leicht abwehrender Haltung, schien jedoch keinesfalls ängstlich. Sie trug ein langes, schwarzes Kleid, das hauteng an ihrem Körper lag und ihre weiblichen Reize stark betonte. Amüsiert sah sie Dok'Hae an.

"Vom Weg abgekommen? Und dabei in meinem Zelt gelandet?" Sie lachte. "Ihr hättet euch wenigstens eine gute Ausrede überlegen können."

Sie entspannte sich ein wenig, als sie bemerkte, dass Dok'Hae keinen Versuch machte, sich ihr weiter zu nähern. "Nun, ihr seid nicht der Erste, der meint, die Grenzen meiner Privatsphäre überschreiten zu können. Was ist das nur mit euch Männern, dass ihr glaubt, nur weil eine Frau zu ihrem Körper steht, dürft ihr euch gleich herausnehmen, was ihr wollt?"

Dann legte sie den Kopf schräg, und betrachtete Dok'Hae von oben bis unten. "Ein Wandler, hm? Ihr seid weit weg von Daheim. Ich wusste gar nicht, dass euer Volk auch die Städte der Menschen bereist."
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Amani

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« Antwort #80 am: 22.08.2011, 17:46:06 »
"Ich habe nichts herausgenommen,ich würde niemals etwas nehmen was mir nicht gehört." antwortete der Wandler auf die Frau. Sobald er es ausgesprochen hatte ging ihm auf, dass es wohl anders gemeint war als es gesagt wurde. Seine Wangen liefen rot an, seit er mit diesen Menschen Kontakt hatte fühlte er sich regelmäßig dumm, als würde er viele Sachen, die selbstverständlich waren nicht wissen.

"Wir bereisen die Städte nur wenn es sich nicht vermeiden lässt. Doch sagt was ist Privatssphäre? Ich sehe keine Sperre die ich Überschritten habe oder ist es etwas wie eine Gebietsgrenze?" Bei den Fragen legte Dok'Hae den Kopf leicht schräg und schaute der Frau zum ersten Mal direkt in die Augen.

Sternenblut

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« Antwort #81 am: 22.08.2011, 19:08:27 »
Die Menschenfrau nickte kurz. "Je größer und gemeinschaftlicher ein Revier, desto eher werden Fremde eingelassen. Dieses Zelt ist das persönliche Revier von mir und meiner Schwester. Dafür, dass ihr hier eingedrungen seid, könnte ich euch einsperren lassen. Aber ich will dieses Mal davon absehen, wenn ihr auf der Stelle geht und das nächste Mal, wenn ihr etwas von mir wollt, meine Erlaubnis abwartet. Jetzt raus mit euch, dann vergessen wir diesen Vorfall."

Mit diesen Worten schob die Frau die Plane des Zeltes beiseite, um eine Öffnung zu schaffen, wartete darauf, dass Dok'Hae hinausging, und ließ die Plane dann wieder hinter ihm zugleiten.

Was den Wandler jedoch draußen erwartete, ließ ihn im ersten Moment erstarrt stehen bleiben.

Es gab weitere Zelte hier. Und zwar nicht nur einige wenige, nein, wohin auch immer er blickte, sah er Zelte, und Menschen, Elfen, Gnome und einige wenige andere Gestalten. Alleine in seiner direkten Umgebung hielten sich gewiss hundert Personen auf!

Doch dies war nicht der einzige Schock. Neben den zahlreichen Fremden und den Blicken, die einige von ihnen ihm zuwarfen, war es die Vielzahl der Gerüche und Geräusche, die ihn überforderte. Er nahm den Geruch von gebratenem Fleisch wahr, das Wiehern von Pferden und eine Vielzahl gleichzeitig stattfindender Gespräche. Es roch nach Blumen und nach Schweiß, nach Essen, das er nie zuvor gekostet hatte und nach eintausend anderen Dingen.

"Reiß dich zusammen. Wenn du hier so starr stehen bleibst, ziehst du nur noch mehr Aufmerksamkeit auf dich. Schau, dass du einen der Fremden ansprichst und ihn nach diesem Schamanen Elvaril fragst. Vielleicht kann dir jemand erklären, wie du zu ihm findest."
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Sternenblut

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Amani

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« Antwort #83 am: 01.09.2011, 19:10:01 »
Nach einigen Minuten, in denen sich der Wandler strikt an die Richtungsangaben der Frau hielt, vor dem bunt verzierten Zelt, in dem hoffentlich der Schamane hauste. Den Weg hatte er mit immer wieder rasendem Puls hinter sich gebracht, als ihm bewusst wurde, dass in dieser Rudelstätte weitaus mehr Wesen lebten als er bisher in seinem Leben getroffen hatte. Ein sehr beunruhigender Gedanke.

"Wie finden die eigentlich Futter?" dachte er bei sich, diesmal kam von seiner inneren Stimme keine neunmalkluge Antwort.

Da er niemanden vor dem Zelt sah, musste Dok'Hae wohl oder übel in dieses Eintreten. Ob wenigstens hier die Privatsspähre gekennzeichnet war? Ein Stock oder eine Linie würde ihm ja schon reichen. Er nahm sich vor Ausschau nach so etwas zu halten...

"Oder vielleicht hat nur die Frau eine solche Grenze, weil ihr das Gebiet gehört?" Der Wandler schüttelte den Kopf um seine diffusen Gedanken zu verdrängen, mit einem stark schlagenden Herz suchte er den Eingang und trat in das Zelt.

Sternenblut

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« Antwort #84 am: 28.09.2011, 19:21:41 »
Als Dok'Hae das Zelt betrat, machte er sich sofort auf eine aggressive Reaktion gefasst. Denn vor ihm standen drei Personen, deren Ausstrahlung ihm auf einen Blick klar machte, dass es sich um Alphas handelte - bei jedem einzelnen von ihnen.

Am auffälligsten war die Frau: Sie ähnelte den Menschen, die hier überall in der gewaltigen Rudelstätte waren, doch statt der üblichen Haare hatte sie ein prachtvolles Federkleid wie ein Vogel. Es mochte aber auch nur ein Schmuck sein, den sie so angebracht hatte, dass es natürlich wirkte.

Nicht weniger beeindruckend war die große, muskulöse Gestalt neben ihr: Ein Tiermensch mit einem katzenhaften Äußeren, auf dessen Stirn der Ansatz eines elfenbeinernen Horns prangte. Die dritte Gestalt wirkte im Vergleich fast unauffällig, und doch hatte dieser nach einem normalen Menschen aussehenden Mann etwas an sich, das auf den ersten Blick klar machte, dass auch er nicht zu unterschätzen war: Der dunkelhaarige Mann in der vollkommen schwarzen Lederkleidung sah Dok'Hae mit einem Blick an, der ihn direkt zu durchdringen schien.

Es war die Frau, die ihn ansprach - und zu seiner Erleichterung freundlich lächelte. "Ein weiterer Besucher. Seid willkommen, ich bin Aimerelle. Wie ist euer werter Name?"

Der Löwenmann starrte Dok'Hae einen Augenblick an, dann sagte er, an seine Gefährten gewandt: "Eine weitere ungewöhnliche Begegnung... wie das Mädchen Arue."
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Amani

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« Antwort #85 am: 30.09.2011, 18:46:41 »
"Dok'Hae." antwortete der Wandler, dem es im ersten Moment die Sprache verschlug.

"Ein komischer Vogel diese Frau... im wahrsten Sinne des Wortes." - "Sei ruhig jetzt." spracht Dok'Hae laut während er zur Seite guckte. Erschreckt blickte er auf und die drei Personen vor ihm an: "Verzeiht, ihr seid nicht gemeint."

Sein Blick schwief durch den Raum, ohne an einem bestimmten Punkt hängen zu bleiben: "Wer ist diese Arue? Ich höre ihren Namen nicht zum ersten Mal."

Sternenblut

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« Antwort #86 am: 30.09.2011, 18:57:04 »
Der Löwenmann hob überrascht die Augenbrauen hoch, während sich das Gesicht des menschlichen Mannes weiter verfinsterte - obwohl er ohnehin schon einen düsteren Gesichtsausdruck gehabt hatte. Lediglich die Vogelfrau lächelte Dok'Hae noch immer an.

"Verzeiht, wenn ich jemanden, der mir noch fremd ist, nicht ohne Weiteres die Geheimnisse einer anderen Person offenbare. Kommt erst einmal herein, setzt euch, wenn ihr mögt" - sie deutete auf ein gemütlich aussehendes Lager aus "Kissen" (er hatte im Überfliegen in dem Buch davon gelesen) - "und erzählt erst einmal, was euch eigentlich zu uns führt."

Dann deutete sie zuerst zu dem Löwenmann, danach zu dem Menschen. "Dies sind meine Gefährten Elvaril und Gamael."
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Amani

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« Antwort #87 am: 04.10.2011, 18:26:42 »
"Ein Portal und eine kleine Gruppe führt mich zu euch." beantwortete Dok'Hae die Frage der Frau und versuchte sich auf dieses Kissen zu setzten. Fast fiel er rückwärts wieder herunter, da er nicht mit dem fehlenden Widerstand gerechnet hatte, im letzten Moment konnte er sich noch fangen.

"Dann eine Beute im Wald, eine Frau Namens Shilaila und eine kleine nervige Stimme. Entscheidet selbst welches der wichtigste Grund ist." - "Nervig? Jetzt tust du mir aber unrecht. Ich habe dir immer nur geholfen oder nicht?"

Sternenblut

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« Antwort #88 am: 04.10.2011, 22:48:50 »
Forschend sah die Frau Dok'Hae an. Sie schien über seine Worte nachzudenken, aber es lag keine Ablehnung in ihrem Blick.

"Mich würden die Details zu jedem dieser Gründe interessieren. Allerdings vor allem die Sache mit dem Portal und die mit der Stimme."

Kurz dachte sie nach, und fügte dann noch hinzu: "Und natürlich die Frage: Was erhofft ihr euch von uns?"
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Amani

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« Antwort #89 am: 06.10.2011, 09:08:33 »
"Nun, seid mehreren Jahreszeiten verfolgt mich eine Stimme. Niemand kann sie hören oder sehen und ich kann sie nicht sehen. Manchmal unterhält sie sich mit mir und manchmal scheint es als wäre sie einfach gegangen." - "Und manchmal meint sie du solltest Fremden nicht sofort alles erzählen."

Dok'Hae versuchte eine angenehme Position auf diesem 'Kissen' zu finden: "Auf meiner Reise nach Arkazhim traf ich einen Menschen er wurde von etwas gejagt und getötet. Bevor er starb sagte er, dass der 'Große Jäger' wieder erwacht sei und ich Menschen warnen sollte. Arue war einer dieser Namen. Die Frau Shilaila sandte mich und sagte ich solle hier suchen und euch zum 'Großen Jäger' befragen, da sie nicht sehr viel wußte."

Das Thema des Portals ließ er bewusst außen vor. Nicht das er den Anwesenden mißtraute, aber vielleicht hatte seine innere Stimme doch recht und er sollte nicht jedem wahllos alles erzählen...

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