Geschehen am 23. Tag im Monat Kuthona, im Jahre 4710 nach Absalomer Zeitrechnung
Der Aufbruch aus Solku liegt inzwischen sieben Tage zurück, sieben Tage, in denen sich die kleine Karawane mit jedem Schritt den Messinggipfeln genähert hatte, deren majestätische Hänge inzwischen den Horizont ausfüllten. Dem Ratschlag der beiden Badawi folgend war man nicht in gerader Linie auf das Ziel zugeritten, sondern hatte einen kleinen Bogen nach Osten geschlagen, wodurch man einerseits den Gefahren aus dem Weg gegangen war, die vom Rande der Grenzberge her die Region unsicher machen mochten, andererseits aber Nutzen aus den kleinen Oasen hatte ziehen können, die das Land weiter im Inneren sprenkelten, und damit die Wasserversorgung der hier lebenden Nomaden sicherstellten.
Gestern hatten Nuri und Abd-asch-Schams dann die Spuren einer größeren Karawane gefunden, bei der es sich nur um die Hauptkarawane handeln konnte, der man sich heute anzuschließen hoffte. Garavel hatte seinen Begleitern erklärt, dass die sogenannte Klaue des Sultans als Treffpunkt zwischen ihm und Almah Roveshki verabredet worden sei, einer leicht zu findenden und daher als Treffpunkt gut geeigneten Landmarke, die man bei der Vorbereitung der Expedition im vorhandenen Kartenmaterial gefunden hatte.
Und nun liegt nur noch eine letzte Hügelwelle zwischen der kleinen Gruppe und ihren künftigen Gefährten, bevor sie ihr Ziel erreicht haben werden. Auch ihre Kamele scheinen das erkannt zu haben und haben sich mit neuer Frische und weit ausgreifenden Schritten an den sanften Anstieg gemacht. Sie wittern wohl bereits das Wasser des kleinen Baches, der unterhalb der Sultansklaue entspringt und den Ort zu einem hervorragenden Rastplatz macht. Vielleicht ist aber auch ihnen die dünne Rauchsäule aufgefallen, die zu verkünden scheint, dass ein gastliches Lagerfeuer auf die Neunkömmlinge wartet.
Nuri hat sich an die Spitze des kleinen Zuges gesetzt und ist daher auch der erste, der einen Blick auf das mächtige Baumskelett werfen kann, das mit seinen kahlen, weitausgreifenden Ästen dem ort seinen Namen gegeben hat und bei dem es sich der Legende nach um die zu Holz erstarrte Hand eines Dschinnkönigs handelt, der einst die Lande hier beherrschte, und sich den Zorn Sarenraes zuzog, als er behauptete, ihm sei sogar die Sonne untertan.
Er ist auch der erste, der das Lager erblickt, dass sich um den Fuß des Baumes gebildet hat und in dem gerade helle Aufregung herrscht. Die Kamele, die etwas abseits zusammengepfercht sind, drängen sich ängstlich gegeneinander, Hühner flattern gackernd umher und Ziegen werden fluchend aus dem Weg gedrängt, während die menschlichen Bewohner des Lagers versuchen, ihre Habseligkeiten so weit wie möglich vom Grund für den Aufruhr wegzubringen. Einer der Wagen, dessen Zelthaut mit Sternen und Monden und varisischen Symbolen bemalt ist, brennt lichterloh und ist auch für den Rauch verantwortlich, den die Gefährten schon beim Anstieg bemerkt hatten. Und dem Durcheinander nach zu urteilen, dass sich vor den Augen des Badawi entfaltet, scheinen die Leute da unten jede schnelle Hilfe gut gebrauchen zu können.