Mit großen Augen sah der Kehjistani den Golem an, als dieser mit hohlem Grollen sprach, und noch größer wurde Sezairs Blick, als der Steinmann zu Sand zerfiel. Aber selbst als ein Windstoß den feinkörnigen Sand um die Beine des alten Mannes spielte, wich Sezair nicht von der Stelle.
"Ich sprach mit dem Stein," antwortete Sezair zaghaft dem Magier, unschlüssig, was es zu bedeuten hatte, "und der Stein sprach mit mir."
Jetzt erst blickte Sezair zu Besnell auf und sah den geplagten Mann von der Seite an. Der stierende Blick, die Unentschlossenheit und der fehlende Funke in dessen Augen - dies war nicht der eifrige und wissbegierige Mann, dem Sezair einst begegnet war. Die vollen Lippen bebten ein wenig, als der Alte wieder zu sprechen begann.
"Doch ihr seht es klarer, Meister Besnell, nicht wahr? Denn Euer ist der Feinsinn und der Herr gab Euch einen reinen Verstand. Auch wenn der Stein sprach, so konnte er mir nicht antworten. Nur der Herr weiß, was jener sucht, denn ist er doch nur ein Stein! Aber seht auch uns an, die wir die Fragen stellen und Wissen begehren. Auch uns gelingt es nicht, zu wissen, wonach wir suchen."
Der weiche Blick Sezairs ruhte auf Besnells Profil, folgte daraufhin dem des Magiers und traf wieder auf die kahle Stelle auf dem Boden. Bedächtig kratzte Sezair sich am bärtigen Kinn, ächzte kurz, als er sich wieder auf seinen Stab stützte und ging in die Knie. Sanft legte er den Stab neben sich ab und griff in das Innere seiner Gewänder. Ein kurzes Raschen erklang, als der Kehjistani ein kleines Stück Stoff hervorholte. Er hatte ein Stück seines Hemdes abgerissen.
Sorgfältig legte Sezair das Stück Stoff auf die Erde und schaufelte mit beiden Händen den wenigen verbliebenen Sand darauf. Die rauen, von harter Arbeit geformten Hände strichen vorsichtig über den Erdboden und lasen jedes Sandkorn auf. Schließlich hob er die Ecken des Stoffes an und band sie zusammen. Mit einem zufrieden Nicken griff er sich sein Werk und richtete sich schwerfällig wieder auf.
"Der Stein fragt sich nicht, wonach er sucht," fuhr Sezair fort, "und lässt sich von Wind und Wetter, Regen und Sturm formen, schmiegt sich den Gezeiten an und zerfällt auch einst zu Sand. Uns Kindern Sankturios ergeht es nicht anders. Doch der Herr segnete uns mit Augen um zu sehen, mit Ohren um zu hören und mit einem Herz um zu fühlen. So werden auch wir geformt. Grämt Euch nicht, Meister Besnell, nach dem zu suchen, was ihr suchen wollt."
Langsam ergriff Sezair die freie Hand des Magiers und zog sie heran. Seine rauen Finger öffneten die gelenkigen des Zauberers, und schließlich legte der alte Kehjistani den Beutel Sand in dessen Hand. Langsam schloss Sezair Besnells Finger um den Beutel.
"Sucht nach dem, was Ihr bereits gefunden habt. Ich sehe einen Aufrichtigen und Klugen in Euch, der die Schönheit des Herrn sieht, versteht und gefunden hat. Ihr versetzt Berge und beschwört die Elemente. Auch Euer Weg wird sich Euch zeigen. Doch er zeigt sich Euch nur, wenn Ihr ihn geht."
Sezair ließ das kleine Gewicht in den Händen Besnells liegen, stützte sich auf seinen Stab und schenkte dem Magier ein warmes Lächeln.