„Seid Ihr in Ordnung?“ Ein Schatten fiel über Bleewyn. Als dieser die Augen öffnete erkannte er den Hohepriester der Stadt, Abstalar Zantus, dessen Rede am vorherigen Abend dem Überfall als erstes zum Opfer gefallen war. Über Nacht schienen sich ein paar neue Furchen in sein Gesicht eingegraben zu haben. Abstalar schaute gütig auf den Gnom herab.
„Ich habe gesehen, was ihr heute Nacht für uns geleistet habt, obwohl ihr fremd in der Stadt seid. Sandpitze ist euch zu Dank verpflichtet. Wenn ihr erlaubt?“
Der Priester machte eine segnende Bewegung, dann berührte er Bleewyns Stirn. Sofort spürte dieser, wie er von neuer Kraft durchströmt wurde. Die Müdigkeit war plötzlich wie weggeblasen.
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Irgendetwas an der jungen Elfe erweckte das Misstrauen des Sheriffs, ohne dass er sagen hätte können, woher das Gefühl rührte. Aber er hatte andere Sorgen. „He, wartet mal einen Moment.“ rief er dem Mädchen – wahrscheinlich könnte sie deine Ururgroßmutter sein, dachte er belustigt – zu. „Ihr solltet hier draußen besser nicht so alleine herumlaufen. Es ist möglich, dass sich noch ein paar Orks in der Stadt befinden, und ich möchte nicht, dass es noch mehr Opfer gibt.
Schierling kratzte sich am Kopf. „Ihr habt nicht zufällig irgendeine Ahnung, wie diese Bestien so plötzlich hier aufgetaucht sein können?“
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Plötzlich weckte ein leiser Ruf Anshalis Aufmerksamkeit. Als sie den Kopf hob, sah sie einen kleinen Grupp Wache, zu denen sich ein bewaffneter Fremder gesellt hatte. Dieser hatte gerade die Hand gehoben und wies nun auf ein Eckhaus, dessen Eingangstür aus den Angeln gehoben worden war.
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“Wartet, da ist was.“ Varish blieb sofort stehen und neigte lauschend den Kopf, während der Soldat die anderen auf das Eckhaus mit der zerstörten Eingangstür verwies, an dem sie gerade vorbeigehen wollten. Auch er hörte nun ein schleifendes Geräusch aus dem Hausinneren, und wenn er genau hinhörte vernahm er sogar ein leises Stöhnen.
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Anya war auf ihrem Gang inzwischen beim „Schleimaal“ angelangt, als ihr die plötzliche Stille auffiel. Es war nicht, dass hier außer ihr keine Leute gewesen wären, wenn diese sich auch unter dem Schock der Ereignisse eher gedämpft unterhielten. Auch die Möwenschreie klangen unverändert vom Hafen her. Aber eines fehlte, das dumpfe Dröhnen, das sonst immer ein fester Bestandteil des westlichen Teiles von Sandspitze war. Das Dröhnen der Brennöfen im Glaswerk, die eigentlich rund um die Uhr brannten, und die der alte Kaijitsu sicherlich nicht nur wegen eines Festes – wie wichtig auch immer – hätte stillegen lassen.
Hinter der Ecke konnte sie zu den Glaswerken hinüberschauen. Und es war tatsächlich so: Kein Rauch stieg aus den Schornsteinen der Fabrik empor. Es schien, als sei der Betrieb vollkommen eingestellt worden, was in Anyas Erinnerung ein absolutes Novum dargestellt hätte.
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Es dauerte eine Weile, bis jemand auf Marcellus' Ruf reagierte. Zu seiner Überraschung war es dann aber weder Ameiko noch eine der üblichen Bedienungen, die aus der Küche in die sonst leere Schankstube trat, sondern Bethana Corwin, die kleine Halblingsfrau, die schon seit Jahren für die Kaijitsus arbeitete und für Ameiko immer mehr eine Mutter als eine Dienerin gewesen war. Rote Flecken in ihrem Gesicht wiesen darauf hin, dass sie geweint hatte. Sie versuchte allerdings, sich nichts anmerken zu lassen, während sie Marcellus einen Becher mit Sandwasser, dem aus Sandspitze stammenden starken Kartoffelschnaps, einschenkte. Marcellus Überraschung wuchs ins Unermessliche, als sie einen zweiten Becher bis zum Rand mit dem starken Gesöff füllte und in einem Zug in sich hineinschüttete.