Bei den Worten von Luis verengten sich die Augen von Gandon zu boshaften Schlitzen.
"Elendiger Lügner nennt er mich!", zischte er Luis entgegen und deutete anklagend auf ihn, wobei seine Hand merklich vor unterdrückter Wut zitterte. Es war eindeutig zu merken, daß er alle ansprach und ansetzte, ein Art Plädoyer zu halten, wobei seine Stimme wieder eine normale Lautstärke erreichte.
"Ich hab nichts als die Wahrheit gesagt und er faßt es als Respektlosigkeit auf. Ich hab nie behauptet ein Mensch zu sein, aber wenn jemand das annimmt, warum sollte ich diesen Eindruck entgegentreten?
Wäre ich ein einfacher Halbling und kein Auserwählter, so hätte mir der Eine, gelobt sei er, wohl kaum erlaubt, aus den Sklavengruben, in denen meine Ahnen und Verwandten noch immer hocken, zu entkommen. Ich wäre nicht der gewesen, der einige der Glockenblümler den rechtmäßigen Kräften in Westkrone meldete, damit sie ihre gerechte Strafe für ihre Taten gegen die Ordnung bekommen können.
Und da nennt er mich auch noch Verräter!
Mich, der ich der Königsfamilie von Talingrad ihre Geheimnisse entreissen sollte, zum Wohl unseres Herren, dem Herrscher der Hölle!
Ich hatte und habe nicht vor, mir Luis Almansor zum Feind zu machen. Aber bisher habe ich von ihm nur Mißachtung und Todesdrohungen gegen mich gehört. Alles damit begründet, daß er ein Höllenritter ist. Aber womit hat er sich diesen Posten verdient, frage ich euch und ihn. Bisher, wenn ich seinen Reden Glauben schenken darf, nur dadurch, daß seine Familie, die Almansors diesem Orden vorstehen. Ich habe noch nichts gesehen oder gehört, womit er sich meinen Respekt verdient hätte.
Und auch das habe ich voll Wahrheit gesagt. Wo steckt in der Wahrheit also die Respektlosikeit, der Verrat, die Lüge, das Chaos oder sonst eine Sache, deren mich dieser Mann beschuldigt hat, seit wir unterwegs sind.
Ich bin es, der sich entschuldigt hat! Und ich habe für all das, was mir dieser Mann an Beleidigungen und Falschheiten an den Kopf geworfen hat, nicht einmal rechenschaft gefordert.
Zeigt das nicht meine Bereitschaft, mit diesem Mann zusammen zu arbeiten. Selbst im Gefängnis habe ich angeboten, mich vor ihn zu stellen, falls er angegriffen wird, wenn er dies wünscht. Und dies obwohl er mich verspottet und herabgewürdigt hat.
Ich habe zu genüge bewiesen, daß mir an einer Zusammenarbeit liegt.
Aber wie, frage ich euch, die ihr dabei ward, wurde es mir gedankt? Wie?!"
Kurz holte er Atem und wendete sich dem Kardinal zu, wobei er den anklagenden Finger senkte.
"Und ihr, werter Kardinal, habt es selbst in den Vertrag geschrieben. Asmodeus selbst, geheiligt sei er und sein Ewiges Reich, verlangt von uns, daß wir nach Höherem streben. Nichts Anderes habe ich getan und war erfolgreich. Denn seht, wo ich stehe und was ich errecht habe, gerade trotz meiner in Cheliax so verabscheuungswürdigen Herkunft.
Habe nicht ich in den Augen des Einen, des Wahren Herrschers, mehr Respekt und Ansehen verdient, als jemand, der Aufgrund seiner Geburt zu seinem Posten gekommen ist? Ich, der ich in der Hierachrie der Kirche bereits meinen Wert bewiesen habe? Der mit einem besonderen Auftrag mitten ins Herz des Feindes geschickt wurde? Der einen Gunstbeweiß, des Einen, des Einzigen, des Wahren Herren bereits seit seiner Geburt besitzt und sich deshalb stets bemüht hat, über seine niedere Geburt herauszuwachsen? Aber seht selbst!"
Mit den letzten Worten entblößt er seine Brust und zeigt stolz das Geburtsmal, das direkt über seinem Herzen das heilige Symbol des Asmodeus in roten und schwarzen Schlieren zeigte.
Dann wendete er sich mit offenem Hemd wieder Luis zu.
"Nun denn, Sir Luis Almansor, Mitglied der Höllenritter, berichtet mir von euren ruhmreichen Taten im Namen Asmodeus und zum Wohle von Cheliax! Vielleicht bin ich dann geneigt euch den Respekt entgegenzubringen, den ihr fordert!"
Nach dieser Rede atmete Gandon einige Male tief ein und wieder aus, sichtlich bemüht, weiterhin einen noch drohenden hitzigen Ausbruch seiner Gefühle zu unterdrücken.
Abwartend, aber bereit jederzeit zu reagieren, schaute er in die Runde und wartete auf Erwiederungen und Reaktionen der anderen Anwesenden.