Voller Erwartung und Vorfreude auf den nächsten Tag, hatte Nicolas die Nacht kaum geschlafen und sich lieber um die restlichen Vorbereitungen für sein Experiment gekümmert. Seine Forschungen waren in den letzten Tagen und Wochen der Reise sehr gut verlaufen und der magische Tumor auf seiner Schulter hatte sich wunderbar entwickelt. Die schwarze Masse pulsierte langsam im Takt seines eigenen Herzschlages und wurde durch seinen Körper gespeist und am Leben gehalten. Der Alchemist konnte spüren, wie sich etwas im Inneren bewegte und darauf brannte, endlich frei zu kommen. Es bedurfte nur noch eines letzten Funkens, um das Feuer des Lebens zu entfachen und da kamen die Ulfen wie gerufen. Er brauchte ein Herz, am besten noch frisch und schlagend, damit das Wesen endgültig zum Leben erwachen konnte und zu einem relativ intelligenten Individuum wurde.
So sah man den Alchemisten in der Nacht über seine Töpfe, Tiegel und Chemikalien gebeugt, während er seine magischen Energien in die Substanzen mischte. Am nächsten Morgen war es dann soweit und ein Glas mit unscheinbarer durchsichtiger Flüssigkeit stand vor dem Alchemisten, in die er seine sämtlichen magischen Reserven gemischt hatte. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und verstaute sein tragbares Labor und seine Unterlagen, bevor er ebenfalls Luis - und Jegor, falls dieser die Hilfe akzeptierte - in ihre Rüstungen half und sich das Massaker ansah, das Shadal verursachte. Nicolas verbeugte sich vor Arkil, lächelte voller Vorfreude und ging einen Schritt auf einen der Ulfen zu.
Obwohl der Alchemist den Ulfen nicht aus den Augen ließ, schien er in Gedanken verloren eher mit sich selbst zu sprechen.
"Es ist unglaublich, wieiviel Kraft, Lebensenergie und Überlebenswille noch in diesem Ulfen steckt. Ein wunderbares Exemplar. Genau das, was ich brauche." Wie zur Bestätigung ging ein kurzes Beben von der Masse an der Schulter des Alchemisten aus. "Dir gefällt er auch, nicht wahr?"
Nicolas zog einen seiner Dolche und hielt ihm den Ulfen vor das Gesicht, um dessen Angst in seinen Augen zu sehen. Er spielte mit dem Ulfen und sog dessen Angst geradezu auf, als er den Dolch vor seinem Gesicht schweben und ihn immer wieder über seine Haut fahren ließ. Dann war der Augenblick plötzlich vorbei und Nicolas wurde Todernst. "Helft mir, ihn an den Mast zu fesseln." bat er die Mitglieder des Knotens in einem kalten und gefühllosen Tonfall, den man von ihm noch nie gehört hatte. Nachdem diese Aufgabe getan war und er sich währenddessen an den Schreien und dem Flehen des Ulfen ergötzt hatte, stellte er das Gefäß mit der durchsichtigen Flüssigkeit genau vor den Ulfen.
Noch fing er aber nicht mit dem letzten Schritt an, viel zu viel Spaß und Freude hatte er an dem Ulfen und wollte das ganze in die Länge ziehen. Nicolas musste sich beherrschen, den Mann nicht aus Spaß an Ort und Stelle zu foltern, bevor er ihm das Herz bei lebendigem Leibe hinausschnitt. Doch wie schon einige Minuten vorher, schien etwas böses von dem Alchemisten Besitz zu ergreifen, denn von einem Moment auf den anderen, hatte er dem Ulfen mit vollem Körpereinsatz seinen Dolch in den Brustkorb gerammt. Mit einem teuflischen Grinsen und vor Freude weit aufgerissenen Augen, bewegte der Alchemist seinen Dolch ruckartig in dem Körper des Ulfen, um an das noch schlagende Herz heranzukommen. Nach einigen Sekunden und einer vollkommen mit Blut besudelten Robe, hielt der Alchemist das Herz in den Händen, während sein Blick auf den Ulfen gerichtet war, der in diesem Moment sein Leben aushauchte.
Wie einen Schatz hielt Nicolas das Herz in den Händen und legte es vorsichtig in das Glas, in dem sich die Flüssigkeit sofort Rot färbte und das Organ schon nach kurzer Zeit nicht mehr zu sehen war. Er drehte sich zu seinen Zuschauern um - dem Knoten - und erklärte den Vorgang, als ob es das normalste der Welt und alle gerade in einer Universität bei einer Vorlesung wären.
"Das Herz wird jetzt durch die Flüssigkeit meine magischen Energien aufnehmen und dadurch dem Gewebe meines Körpers angepasst. Außerdem wird es dabei gleichzeitig auf den Tumor abgestimmt."
Mit diesen Worten nahm er das Herz aus dem Glas, das seltsam aufgedunsen aussah und presste es auf die Verformung auf seiner Schulter. Es verschwand einfach in der Masse, ohne eine Spur zu hinterlassen, so als ob es nie dagewesen wäre. "Und jetzt warten wir." Während der nächsten Minuten fing sich die feste Masse an zu verformen und platzte dann schlußendlich mit einem lauten Geräusch einfach auf. Ein schwarzer Krater blieb auf der Schulter des Alchemisten zurück, während die schwarze Masse sich auf dem Deck des Schiffes wandte. Voller Ehrfurcht und ohne ein Zeichen von Schmerzen blickte Nicolas auf das Ding herab, als würde es nichts schöneres auf der Welt geben.
Er bückte sich, streichelte es ein paar mal und nahm es dann in die Hände, um es genauer in Augenschein zu nehmen. Ein klägliches Krächzen entrann dem Schnabel der Kreatur und bei näherer Betrachtung konnte man sehen, das der Berg an Gewebe, Fleisch, pulsierenden Muskeln und anderen unaussprechlichen Dingen einem Vogel glich. Es entfaltete zwei fleischige Schwingen und hob sich in die Lüfte. Einen Moment später kam es zurück und zum Erstaunen aller, sprach es den Alchemisten auf Infernal in einer rauen und kaum zu verstehenden Sprache an. "Danke, das du mir das Leben geschenkt hast, Meister. Ich werde mein Leben für dich geben und dir auf ewig dienen." Mit diesen Worten krabbelte es über den Arm des Alchemisten auf dessen Schulter und kroch in den schwarzen Krater. Dort verschmolz es wieder mit dem Körper des Alchemisten. Nichts deutete auf die Anwesenheit des Wesens hin, als Nicolas seine Robe zurechtrückte. Das einzige Anzeichen war ein Huckel auf seiner Schulter.
Er trat einen Schritt nach vorne, nahm den Geruch von frischem Blut in sich auf und machte sich bereit die Frosthamar zu verlassen. Während er alles wichtige zusammenpackte, wandte er sich noch einmal an Ochnar und Iomine. "Während Luis Euch und die Beute ans Land bringt, werde ich ein hübsches Feuerwerk vorbereiten." Grinsend und diesen wunderbaren Tag genießend, verteilte Nicolas die brennbaren Chemikalien seiner Bomben in der Mitte der Frosthamar und behielt eine letzte für sich. Während Luis Nicolas als letztes an Land beförderte, betrachtete der Alchemist gedankenverloren das Feuer, das sich in diesem Moment auf dem Schiff ausbreitete und sowohl das Holz, als auch die Ulfen gleichermaßen verzehrte.