Als
telos kann an dieser Stelle bezeichnet werden, dass ich mir der Probleme in erster Linie in ihrem Umfang gewahr werden und sein möchte. Daraus entsteht nicht unbedingt eine Notwendigkeit, diese Probleme zu beheben. Es ist also nicht auf jeden Fall ein Problem, wie es bspw. in Technik und Wirtschaftswissenschaft aufgefasst ist: Probleme als Schwierigkeiten, einen bestehenden Ist-Zustand in einen gewünschten Soll-Zustand zu überführen. Ich erachte es also als mögliche Lösung des Problems, seiner alleine gewahr zu werden und am Ende der Betrachtung zu unterliegen, dass ich dieses Problem absichtlich herbeiführe, weil es ein Teil des von mir gewünschten Stiles ist. An manchen Stellen kann es jedoch sein, dass ich es von einem Soll-Zustand in einen Ist-Zustand überführen möchte. Wie realistisch dieses Vorhaben dann sein kann, das steht sicherlich auf einem anderen Blatt. Es muss aber genannt werden, da ich als erstes ein Problem nennen möchte, welches in der obigen Zusammenfassung nicht genannt wird, mich aber zutiefst prägt bis quält. Das Problem ist mein relativer Idealismus. Idealismus ist nicht mit Perfektionismus zu verwechseln, dem ich nicht erlegen sein dürfte, gleichwohl vergesse ich durchaus den Anteil des Materialismus und der Realität/Wirklichkeit außerhalb meiner idealistischen Vorstellungen. Daraus entsteht eine Erwartungshaltung an die Spieler, welche sich nicht im Spiel selbst niederschlägt und das Fortkommen des Spiels nicht beeinflusst, mich aber außerhalb des Spiels viel, manchmal zu viel, beschäftigt. Diese Erwartungshaltung drückt sich unter anderem dadurch aus, dass ich die Hoffnung habe, dass die Spieler sich über den Spielabend hinaus mit dem im Spiel Geschehenen beschäftigen und ich durchaus didaktische Elemente in das Spiel lege, deren Auswertung mich ganze Tage kosten kann. Ich verbringe sehr viel Zeit mit den Fragen, wie die Spieler das Rollenspiel prägen und welche Wechselwirkungen zwischen Rollenspiel und Spieler (sowie Spielleiter) entstehen, ohne dies wissenschaftlich oder in irgendeiner Art methodisch sinnvoll oder durchdacht zu machen, noch in schriftlich greifbarer Form irgendwie niederzulegen, die über handschriftliche Notizen hinausgehen. Diesem Idealismus mag auch dieser Versuch der Selbstbewertung geschuldet sein. Doch nun in medias res. Die oben genannten Probleme möchte ich ausformulieren, um sie mir und eventuellen Mitlesern greifbarer zu machen.
Spielrelevante Probleme:Mangelnde Varianz des Vorgehens in der Spielmethodik (Dialektische Spielentwicklung wird meist genutzt)Die Spielwirklichkeit vollzieht sich in meinen Runden in der Hauptsache nicht durch die Beschreibung der Umgebung und Aktionen. Grundstein der Spielentwicklung kommt aus der Dramentheorie und dem typischen Aufbau eines Dramas. Die Spielwirklichkeit oder die szenische Wirklichkeit des Stückes entsteht durch den Dialog. In meinen Runden entwickelt sich Story weniger über Aktionen, sondern im Gespräch mit diversen Nebenspielcharakteren, aber auch durch den Dialog zwischen den Spielercharakteren. Ihre Dialoge und Unterredungen können die Spielwelt indirekt prägen, ihre Dialoge mit den Nebenspielcharakteren prägen das Weltgeschehen aktiv. Aktionen verändern die Welt auch, sie sind jedoch meist Konsequenzen des dialogischen Aufbaus meiner Spielrunde. Aktionen sind häufig auf den Umkreis des Dialoges beschränkt oder sind eine Hinleitung zum Dialog. Das heißt, wenn die Aktionen keine Konsequenz eines Dialoges sind, sind sie nur Hinführung zu einem Dialog. Der Dialog ist also der Motor der Spielrunde. Durch ihn vollzieht sich Geschehen, Wandel und die Story, alle anderen Mittel sind dabei zwar erlaubt und kommen vor (vor allem im Rollenspiel wohl Gewalt), sind aber in Sachen der Gestaltungsmacht dem Dialog unterlegen.
Besonderes Augenmerk lege ich dabei jedoch auf etwas, was ich als dialektische Spielentwicklung bezeichnen möchte. Mit Dialektik sei hierbei also der mehr oder minder philosophische Dialog oder Diskurs verstanden, bei dem es klassisch um die Wahrheitsfindung im Dialog geht (wie wir es von Sokrates/Platon etc. kennen). In der Spielebene bedeutet das also, dass die Spieler in dem Moment, in dem sie mit einem Nebenspielcharakter (oder manchmal auch mit einem anderen Spielercharakter) sprechen, diskutieren und debattieren, die Spielwirklichkeit konstruieren: also die "Wahrhaftigkeit der Spielwirklichkeit" ergründen und verhandeln. Das bedeutet natürlich nicht, dass jedes Gespräch zielführend ist oder jedes gesprochene Wort der Wahrheit entsprechen muss. Aber durch diese subtile Konstruktionsart des Geschehens erspare ich mir sehr viel Vorarbeit und beziehe den Charakter viel mehr in die Situation ein, wodurch ein notwendig werdendes Improvisieren sich automatisiert. Es schließt zudem auch nicht aus, dass die Spieler mit bestimmten Zielen in einen Dialog gehen (bspw. eine Kuh vom Bauern erpressen) und es bedeutet auch nicht, dass die Spieler damit ein willfähriges Instrument in der Hand halten, um die Welt völlig ihren Wünschen anzupassen. Dadurch haben die Spieler aber seit jeher einen großen Anteil am Entstehen der Spielrunde.
Das was ich bis hierhin geschildert habe, sehe ich vielmehr als meine persönliche Stärke im Rollenspiel an. Dies führt aber zu der diesem Konzept angeschlossenen Problematik. So arbeitssparend diese Methode ist, und sie mir als Spielleiter auch bei der Immersion in die jeweilige Rolle hilft, neigt man dazu, eine für sich gut funktionierende Variante zu häufig zu benutzen oder zu vordergründig. Während ich also dieses Werkzeug sehr pfleglich behandelt habe und mich übermäßig im Nutzen dieses Ansatzes geübt habe, musste ich andere Spielleitungsansätze vernachlässigen. An sich halte ich dies noch nicht für übermäßig problematisch für gewöhnliche Runden, doch es bedingt andere Probleme. Zum Beispiel das Leiten von Runden, in denen der Dialog keine "Spielwirklichkeit" konstruieren kann. Survivalkampagnen ohne Kontakt zu anderen sprechenden Wesen, wie Zombieapokalypsen, Lost-World-Szenarios und dergleichen, sind eingeschränkt und auch auf Action bedachte Kampagnen, in denen die Spieler ein paar coole Sprüche klopfen wollen und ansonsten eher taktisch und/oder ballernd vorgehen wollen, fallen mir etwas schwerer, sobald der Dialog aus dem Fokus gerät.
Dies ist aber nur eine Seite des Problems, denn die andere liegt in der Beanspruchung der Spieler. In diesem Punkt hätte ich es auch den unterschwelligen Problemen zuordnen können, aber ich möchte nicht so sehr die möglichen Spielerhaltungen zu diesem Spielansatz beleuchten (da ich da zu sehr von meinen eigenen Vorlieben geblendet bin, und es viel Zeit kosten würde alle notwendigen Punkte herauszuarbeiten). Aus meiner Sicht ist an der Spielerbeanspruchung besonders zu beachten, dass die dialektische Spielentwicklung vor allem Zeit und Muße im Dialog braucht. Daraus ergeben sich vier grundsätzliche Probleme für meine Spieler:
- Wortgewandte Spieler mit einem größeren Repertoire an Wörtern, also diskursive Typen sind von meiner Art der Spielleitung bevorzugt.
- Schweigende oder wortkarge Charaktere (und Spieler) sind dementsprechend stark benachteiligt.
- Spontane Spieler mit einer höheren Auffassungsgabe sind wiederum im Vorteil, während die langsameren (nicht abwertend gemeint) Spieler oder taktischen Spieler sich auf Szenen vorbereiten müssten.
- Sobald die Gruppe getrennt operiert, entstehen entsprechend große Wartezeiten, weil der dialogische Part immer viel Zeit verschlingt. Ich vergesse häufig, wenn ich mich zu sehr ins Gespräch knie, dass ich häufiger die Szene wechseln muss, um alle Spieler bei Laune zu halten
Bevor ich dabei zu einem möglichen Lösungsansatz komme oder ein vorgezogenes Fazit ziehe, möchte ich das zweite, spielrelevante Problem noch in kurzer Form beleuchten, da es nicht ganz von dem eben geschilderten Problem zu trennen ist.
Probleme mit der Darstellung von Reiseabenteuern und WildnisbegegnungenVielleicht müsste ich dieses Problem sogar noch erweitern und sagen, dass auch plötzliche Dorfbegegenungen oder Stadtbegegnungen, also wenn die Dörfer oder Städte ungeplant erscheinen, also nicht planvoll angedacht wurden, dazugehören. Ich bin im meinem Denken sehr der klassischen Theaterlehre, dem epischen Theater Brechts und dem grotesquen Theater Dürrenmatts verhaftet, mit unterschiedlichen Ausprägungen je nach Spielrunde und Szene. Dazu gehört auch, dass ich vorzugsweise für wirklich plotzentrierte Szenen (ich mag nicht von plotrevelant reden, da ich einen Stil pflege, in der keine Szene für die Charaktere völlig bedeutungslos ist. In meinen Welten gibt es keine unzusammenhängenden Nebenquesten) die Einheit von Zeit, Raum und Handlung einzuhalten. Das mit der Handlung habe ich eben im Nebensatz bereits erklärt. Es gibt eigentlich keine wirklichen Nebenhandlungen, alles vermengt sich mit der mehrfädigen Hauptgeschichte, wenn auch natürlich aufgeblasener als in einem klassischen Theaterstück. Das mit der Zeit ist für eine gesamte Kampagne nicht zu halten, für zentrale Szenen gilt diese Regelung jedoch immer (sodass eine Belagerung bspw. keine Szene wäre, sondern ein Gemenge von Szenen) und auch im Raum neige ich dazu, es an einem Ort zu halten. Natürlich bedingt das Rollenspiel, dass man nicht in allen Punkten allzu streng ist. Zentral an dieser Dreiheit (erst seit der Renaissance ist es übrigens eine aristotelische Dreiheit
) ist für mich auch weniger das Diktat, sie einhalten zu müssen, sondern vielmehr die Ordnungshilfe, die sie bietet. Das heißt, dass die Beschränkung auf eine Zeit für eine Szene, auf ihren Ort, und die Nähe zur Haupthandlung für ein größeres Gefühl der Spieltiefe sorgt. Nicht zuletzt wirkt das im Zusammenspiel mit der Dialogform. Dies ist also meine gängige Darstellungsform.
Exkurs I (Anzeigen)Exkurs I(Die Gründe für die Einflüsse des epischen Theater Brechts in meinen Runden und manchmal auch der Einflüsse der Grotesque Dürrenmatts will und kann ich gerne später an anderer Stelle erklären. In sehr kurz: Brecht steht mit meinen didaktischen Motiven am Spieltisch im Einklang, also das Hinweisen auf gesellschaftliche Probleme, Politik, aber auch die Verfremdungseffekte, um kritische Distanz zum Erlebten zu wahren (Immersion ist also nicht immer ein Spielziel meinerseits), Dürrenmatts Grotesque will vor allem das Fantastische an manchen Stellen überbetonen, um, ja, ich zitiere es am Besten. Mir ist durchaus bewusst, dass diese Elemente sich stark widersprechen können, aber sie können sich auch manchmal verbinden. Gleichzeitig sind diesen Einflüssen Grenzen gesetzt, da wir keine typischen Theaterzuschauer haben, sondern gleichzeitig Handelnde und Betrachter sind.)
Aus: Friedrich Dürrenmatt, Theater-Schriften und Reden, Diogenes Verlag, Zürich 1966, S. 193.
3. Eine Geschichte ist dann zu Ende gedacht, wenn sie ihre schlimmst-mögliche Wendung genommen hat.
4. Die schlimmst-mögliche Wendung ist nicht voraussehbar. Sie tritt durch Zufall ein.
5. Die Kunst des Dramatikers besteht darin, in einer Handlung den Zufall möglichst wirkungsvoll einzusetzen. (...)
9. Planmäßig vorgehende Menschen wollen ein bestimmtes Ziel erreichen. Der Zufall trifft sie dann am schlimmsten, wenn sie durch ihn das Gegenteil ihres Ziels erreichen: Das, was sie befürchten, was sie zu vermeiden suchten.
Exkursende Das Zufällige übernimmt der Würfel in unserem Spiel glücklicherweise. Es ist auch nicht so, dass in jeder Runde Dürrenmatts Ideal vollzogen wird (Dürrenmatt verwendet es ja vor allem für die Komödie), aber es kann durchaus eine massive Rolle spielen in einzelnen Szenen, und spielt es immer wieder [Tatsächlich baute die Gildenrunde komplett auf Dürrenmatts Theatervision auf, sodass ich sogar das Ende der Kampagne auswürfelte, nachdem der Würfel (und die Konsequenzen des eigenen Handelns) auch Sharek quasi zu Punkt 9 von Dürrenmatt schickte.]. Aber der Zufall funktioniert auch nur dann, wenn er etwas Planmäßiges zerstört. Nur dann kann ich es umsetzen und damit sind wir beim Problem. Zufall kann nicht dann funktionieren als Mittel, wenn er auf Zufall trifft. Der Zufall entfaltet seine Stärke und seine Wirkung also nur im Dualismus mit der Ordnung. Wenn ich jedoch keine Ordnung habe, die ich erdacht habe, und dann der Zufall auf das Ungeordnete stößt, gelange ich an meine Improvisationsgrenzen. Und das geschieht außerhalb von Szenen, die keine zeitlichen, räumlichen und manchmal auch keine handlungsspezifischen Grenzen haben. Ich habe dort keinen Dialog, über den ich Tiefe suggerieren kann und die Geschichte und Umgebung konstruieren kann (es sei denn alle 3 km kommt ein Waldläufer, der schnell mit den Spielern die Umwelt konstruiert
). Darüber fällt also meine Improvisationsspezialisierung weg und ich muss mich mit Beschreibungen behelfen. Ich verrate nicht zu viel, wenn ich behaupte, dass meine Beschreibungen durch mangelnde Kenntnis von Flora und Fauna nicht gerade pittoresk ausfallen. Die mangelnde Tiefe der Szene macht es mir dann wiederum schwerer, die Spieler in die Szene einzubinden. Gleichzeitig fehlen mir dann auch manchmal die sprachlichen Mittel in der Beschreibung, um existenzielle Gefahren ohne martialische Gewalteinwirkung eindringlich zu beschreiben: Hunger, Durst, Hitze, Kälte usw.
Es ist also nur ehrlich, und hiermit gestehe ich es, dass man mich so triftig (in der Bedeutung: herrenlos, im Meer weg treibend) findet, also kräftig auf dem falschen Fuß erwischt.
Hier kommt also die mangelnde Möglichkeit des Dialoges zusammen mit der Notwendigkeit des relativen Scheiterns aus Unkenntnis und mangelnder Erfahrung in der Beschreibung dialogloser Szenen. Ich behaupte, dass ich sprachlich kein Büttel bin, jedoch liegen meine Stärken in erläuternder Sprache und weniger in atmosphärischer Sprache im allgemeinen Sprachgebrauch (schriftlich nehmen meine ehemaligen Onlinespieler es bisweilen dankenswerterweise auch anders wahr). Eventuelle schriftliche Fähigkeiten habe ich bisher nicht auf die Sprachebene umsetzen können.
Mögliche Lösungen:Ein möglicher Lösungsweg wäre der Versuch bewusst ein sprachloses Survival(horror)spiel zu leiten, welches nur über die Beschreibung der Außenwelt oder der Eindruckswelt der Charaktere auskommt. Es würde mich dazu zwingen, an meinen Beschreibungen zu arbeiten, aber auch neue Wege der Vorbereitung zu erschließen. Bisher sieht eine Vorbereitung (sehr grob beschrieben) wie folgt aus: Ich lege ein Thema fest, schaffe die oder den dazugehörigen Charakter(e), bestimmte Ziele, Wünsche und No-Gos in grober Form und werf den Charakter dann mit seinen Vorstellungen ins Spiel. Er trifft auf die Charaktere und gemeinsam verhandeln sie quasi die Spielwirklichkeit, die aus den Zielen, Wünschen und No-Gos des Charakteres (und eventuell seiner Fraktion, Familie etc. pp.) und der Spielercharaktere entsteht. Je nach Charakter kann es die Welt im größeren Sinne oder im geringeren Sinne beeinflussen. Die Raumbeschreibungen sind also meist spontan und beschreiben nur die wichtigsten Gegenstände eines Raumes und bspw. ein, zwei Besonderheiten. Charaktere selbst erhalten Beschreibungen, die je nach Situation, ausführlicher oder oberflächlicher sind. In Eile und Nacht wirken alle Personen eher grau und gleich, bis auf Besonderheiten, bei viel Zeit mit wenigen Personen und genug Beobachtungszeit werden immer mehr Beschreibungsstücke aufgedeckt. Auch hier bin ich Arbeitsverächter und verweigere mich meist der Detailbeschreibung, wenn ich weiß, dass der Minion 55 der Szene X dieser eh wahrscheinlich nicht lebend entkommt. Detailhaft ist nur die Hauptstory geplant, weil sie meist mehrere Fäden hat.
Dieser Ansatz bringt gewisse weitere, kleine Problemchen mit sich. So fordere ich die Charaktere auf, ihre Umwelt für sich zu nutzen, wobei knappe Beschreibungen natürlich ein solches Nutzen schwerer machen. Gleichzeitig könnte man kulturelle Aspekte auch über Ausstattung von Räumen und Personen deutlich machen, wobei ich meist auf Klischeebilder referiere für den ersten Eindruck. Da sehe ich auch noch akuten Besserungsbedarf.
Auch für die bestehenden Kampagnen ist es jedoch von großen Nutzen, wenn ich mehr Varianz in die Spielgestaltung bringe. Unter anderem auch, weil ich gerade seit Jahren unaufgedeckte Karten aufgedeckt habe und Einblick in die Suppenküche des Spielleiters gegeben habe.
- Es ist aber auch eine Frage der Gerechtigkeit am Spieltisch, so haben wir einen Spieler in der Runde, welcher allen anderen Spieler in Sachen der Stegreifrede überlegen sein dürfte. Wir haben einen Spieler, der eigentlich das Weltentdecken als zentrales Thema einer Kampagne genießt, wir haben einen Spieler, der vor allem die Action genießt, vor allem wenn es um Assassinen und Schurken oder Bogenschützen geht, wir haben einen Spieler, dem das Spiel mit den klassischen Mythen, Märchen und trefflicher Beschreibung vielleicht auch noch mehr entgegen käme als die dauernde, philosophische Erörterung, obgleich er diese Erörterung gegenüber auch affin sein dürfte. Im Zuge dessen werde ich mich einfach in meinen Fähigkeiten verbreitern müssen. Insofern hat sich dieser Gedankengang ansatzweise schon gelohnt, um das Problem festzunageln.
Exkurs II (Anzeigen)Exkurs IIMir fällt auf die Schnelle ein Horrorszenario ein, welches ich nicht vergessen möchte und da ich gerade hier schreibe, werde ich es hier als Exkurs parken. Dies würde ich als One-(or Two-)-Shot für FATE einplanen. Ich halte erst einmal nur die Rahmendaten fest.
Wer hat Angst vorm Schwarzem Mann?MetaebeneSpielerzahl Regelwerk- Malmsturm [Grim&Gritty-Variante] - Vielleicht angelehnt an das Rollenspiel Little Fears
Charaktererstellung- Jeder Charakter spielt einen kleinen Jungen oder ein kleines Mädchen. (Da es eine Kurzrunde ist, würde ich die Charaktere vorfertigen, damit wir gleich loslegen können.)
Kulturkreis- Denkbar sind Europäische Länder und die Vereinigten Staaten.
Erlaubte Völker- Menschliche Kinder im Alter von 6-12 Jahren.
Erlaubte Klassen- Bei Malmsturm gibt es in dem Sinne keine Klassen, aber erdachte Stereotypen, um beim Charakterbau eine Vorlage zu haben. Man braucht diese Vorlage nicht, kann aber hilfreich sein, um ein Verständnis von seinem Charakter zu gewinnen. Diese sollte auf Kinderbilder umgesetzt werden.
Gesinnung - Gibt es bei Fate in der Form nicht. Ich bitte nur wieder um gruppenkompatibles Spiel.
Startausrüstung - Jedes Kind darf sich zu Beginn drei persönliche Gegenstände aussuchen, die ein Kind besitzen würde. (Also Quecksilber, kein Barett M82A1A SASR .50 cal. Sniper Rifle! Gemeint sind Stofftiere, ein Jo-Jo, ein kleiner Ball oder sowas ). Außerdem besitzt jedes Kind eine kleine Taschenlampe (auch hier keine große Maglite oder sowas) und zwei Pakete a 4 altersschwache Batterien. Eine Taschenlampe braucht vier Batterien, um zu funktionieren, und das Licht hält für 4h pro Paket.
Religion - Wer möchte, kann ein christlich-gläubiges Kind spielen.
Was muss ich erwarten?- Dass du ein kleines Kind spielst, dem der Mund zugenäht wurde, sodass du nur erstickt schreien kannst, um zu kommunizieren und um Hilfe zu rufen. Gespielt würde ein Horrorsurvivalspiel mit kleinen Kindern in der Hauptrolle, getrieben von kindlicher Vorstellungskraft. - Ich bin mir darüber noch nicht ganz sicher. Kinder für sowas zu nutzen, kann auch ganz schön heikel sein. Man könnte es durch Erwachsene oder ganz klassisch durch eine Gruppe Teenager ersetzen.
- Es würde eine veränderte Fertigkeitsliste geben, weil ein paar Fertigkeiten dafür keinen Sinn machen würde. Dafür werden körperliche Fähigkeiten aufgebrochen, damit nicht jeder ein Allrounder spielen kann.
- Im Vordergrund stünde das atmosphärisch-beschreibende Spiel anhand der Szenen, und nicht anhand von Dialogen. Es würde also ein Testlauf zu einer neuen Art des Spielleitens für mich sein.
- Stilistisch würde es irgendwo zwischen Little Fears (wenn wir uns für Kinderalpträume entscheiden) und Alan Wake liegen.
Was wird im Laufe der Kampagne an Papierkram (wohl meist digital) entstehen?Spielbeginn?Exkursende Eher spielirrelevante Probleme:Rollenspielerische Einschränkung in der Darstellung lebensfroher oder frohmütiger Gesellen und beim Spielen von Frauen - Oder schärfer ausgedrückt: Der Eindruck, dass es fast nur unfreundliche, vor allem männliche Nebenspielcharaktere gäbe.Dieses Problem ist für mich leicht greifbar und nachvollziehbar. Ich selbst bin ein eher ernsthafter Typ (was nicht heißt, dass ich zum Lachen in den Keller gehe), aber doch eine gewisse Ernsthaftigkeit auch im Rollenspiel an den Tag lege. Hier gelingt es mir also nicht, die Rolle des frohgemuten Spielmanns zu häufig und zu freigiebig zu vertreten. Das ist häufig eine sehr bewusste Entscheidung, auch Rollenspielcharaktere hinter einer Fassade von Unfreundlichkeit oder Reserviertheit oder gar Feindseligkeit zu verstecken. Das heißt, dass diese Nebenspielcharaktere in ihrer Konzeption nicht wirklich feindselig sein müssen, aber eben nicht mit übertriebener Offenherzigkeit agieren. Umso mehr trifft das zu, wenn ich Nebenspielcharaktere improvisiere, da sie dann aufgrund der Spontanität häufig noch näher an meinem Wesen sind. Es ist jedoch nicht nur meine eigene Persönlichkeit in diesen Nebenspielcharakteren (oder auch meinen Spielercharakteren) verborgen, mal ausschlagender - mal weniger deutlich, sondern auch hier bediene ich mich Motiven, die mich selbst, so glaube ich zumindest, tief geprägt haben. Diese Motive sind beispielsweise der deutschen Nachkriegs- und Gegenwartsliteratur zu verdanken, allen voran Siegfried Lenz und seiner Darstellungen von (ich bin kein Literaturwissenschaftler oder ein übermäßiger Kenner, deswegen mag es trivial oder zu sehr vereinfacht klingen) alltäglichen und nicht alltäglichen Antihelden mit einem gewissen norddeutschen Einschlag. Ein Beispiel hierfür wäre der Kapitän Johann Freytag aus dem Buch "Das Feuerschiff". Um das nachzuvollziehen, muss man sicher mit gewissen norddeutschen Stereotypen arbeiten (was nicht bedeutet, dass alle Norddeutsche diesem entsprechen und alle meine Nebenspielcharaktere daran angelegt wären), aber Punkte wie die Reserviertheit, eine gewisse menschliche Zurückgezogenheit, auch eine gewisse Sturheit, aber auch der Glaube, dass ein warmes Herz unter kalter, wettergegerbter Haut stecke. All das sind Bilder, die sich häufig in meinen Nebenspielcharakteren treffen. Das macht es vielleicht auch schwerer für den Spieler allgemeine Unfreundlichkeit von boshafter Unfreundlichkeit auf den ersten Blick zu unterscheiden. Darin liegt zumindest meine Hoffnung des Nutzens, da ich keine Weltbilder nutze, in denen es ein "Gut gegen Böse" gibt.
Ein weiterer Punkt in der Betrachtung meiner Nebenspielcharaktere ist, dass es in dem Sinne keine Helden gibt, weder unter den Spielercharakteren, noch unter den Nebenspielcharakteren, welche sich irgendwie mit comichaften Superhelden klassischer Prägung vergleichen ließen und eine so exponierte Rolle als Retter und Schützer der Menschheit oder einer Stadt oder dergleichen ausfüllen. Kein Charakter hat einen Masterplan, mit dem er alles richtig machen kann und mit dem seine Gegner höchstens dafür da sind, diese Szenen noch ein bisschen spannend wirken zu lassen. Ebenso gibt es keine Wesen, welche alleine das allesverschlingende Urböse darstellen können. Eine Kampagne hat nicht einen Bad Bad Evil Guy, der in allen Punkten konsistent "böse" wäre. Durchaus kann es Gesichter des "Bösen" oder der Zerstörung, der Gefahr geben, aber niemals ist dieses Gesicht alleine dafür verantwortlich. So gibt es auch keine Konstellation, in der es einen Kopf einer bösen Organisation gibt und alles weitere nur den Minionstatus hat (Gleichwohl kann es klassische Helden der griechischen Tragödien geben, aber das ist eine andere Geschichte). Diese Wahl hat aber auch durchaus einige Konsequenzen im Spielgefühl, halte ich dennoch für eher spielirrelevant. Diese Konsequenzen bestehen u.a. darin, dass der Spieler nicht automatisch einteilen kann, wer wohl einer feindlichen Fraktion angehört und wer nicht doch Potenzial für eine Zusammenarbeit zeigt. Wer in den eigenen Reihen ein Problem darstellen könnte, und auf wen man sich verlassen kann. Dadurch, dass die Grenzen zwischen Minion und Boss (um in einer Spielsprache zu bleiben) in meinen Dialogen fließend sind, und ein Minion durchaus einen großen Einfluss auf das Verhandeln der Spielrealität haben kann, ist auch nicht sofort erkennbar, wem gegenüber ich als Spieler eher eine "dicke Lippe riskieren" kann und bei wem dies darüber hinausgehend brenzlig wird. So können auch Minions trotz ihrer Kampffunktion als Minions als gefährliche Aspekte wahrgenommen werden. Gleichzeitig folge ich auch nicht dem Gamedesign der modernen Spielindustrie, sodass Spieler immer in einem Gebiet sind, wo ihre Gegner entweder schwächer als sie sind, eine kleine Herausforderung oder maximal eine etwas größere Herausforderung. In meinen Kampagnen hat es durchaus eine Konsequenz, wenn Spielercharaktere der niedrigen Stufen sich aus Versehen mit zu mächtigen Gegnern anlegen und sie zu brüskieren versuchen. Die Konsequenzen können unterschiedlich sein, im Zweifelsfalle aber auch harsch ausfallen.
Dadurch also, dass die Spieler nicht automatisch erkennen können, wie stark ein Gegner ist, wie er ihnen wohl trotz ernster oder gar freundlicher Worte gesonnen ist und wie seine Beziehung zu seiner eigenen Fraktion und zu dem ihm nachgesagten Wertvorstellungen ist, kann der Spieler also kein unmittelbares Verhalten diesem Nebenspielcharakter gegenüber ableiten. Auf der anderen Seite verleitet es mich sicher auch dazu, mehr Nebenspielcharaktere unfreundlich und/oder fordernd zu spielen. Dazu kommen sicher auch Tendenzen aus meiner philosophischen Bildung, sodass ich gerade im Rollenspiel ein eher negativen Naturzustand des Menschen annehme (viel meiner Konstruktionen im Rollenspiel lassen sich beispielsweise mit Thomas Hobbes oder Xunzi deuten, so auch die Deutungen, dass es den Staat, Recht und einen Gesellschaftsvertrag braucht, um die Humanoiden irgendwie zu einem friedlichen Zusammenleben zu bewegen, und dass Tugenden erlernt werden müssen, um den Menschen aus seinem "bösen" Urzustand hervorzuholen. Das ist natürlich von Volk zu Volk mit kleinen Unterschieden versehen.).
Eine mögliche, weitere daraus ableitbare Problematik kann im Gegenzug die der Eintönigkeit sein. Spieler könnten dementsprechend meine Nebenspielcharaktere als zu gleich beurteilen. Ich habe da einen anderen Blick darauf, da ich die Feinheiten der Charaktere kenne, sodass ich der Aussage meiner Spieler bedarf, um diesen Punkt zu verifizieren. Wenn man die Unfreundlichkeit als einziges Kriterium benennt und isoliert betrachtet, wird es sicher gleich wirken. Ich behaupte jedoch, dass die Charaktere im Allgemeinen doch sehr unterschiedliche Lebens-/Denk- und Handlungsansätze verfolgen und unterschiedlich mit den Spielercharakteren umgehen. Da wäre es natürlich interessant zu erfahren, wie die Spieler es wahrnehmen.
Sicher richtig bleibt, dass nur sehr wenige Charaktere ein immer lächelndes, immer fröhliches Naturell haben oder ohne Vorbehalte Tugenden offen leben und sie auch verkörpern.
Noch zu nennen ist der zweite Punkt des Problems: Das Ausspielen der Frauen. Es ist sicher ein Gemeinplatz der Vorurteile, auch dem ich mich hier befände, schlösse der Meinung an, dass Frauen Männer nicht verstünden und Männer Frauen nicht verstünden. Ich weiß, dass es andere Mitglieder des männlichen Geschlechtes gibt, die sich als Frauenversteher ausgeben oder gar halten und jene Frauen, welche sich als Männerversteher ausgeben. Ich beurteile beide Aussagen für sich als klischeehafte Darstellungen. Ich bezweifel, dass sich ein Geschlecht allgemein verstehen lässt, so wie ich nicht glaube, dass es möglich wäre, ein völliges Unverständnis für etwas aufzubauen mit dem man so viel Zeit verbringt. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen und kulminiert darin, dass es uns gelingt als Männer einzelne Frauen zu verstehen (sowie Frauen es andersherum gelingt). Vor einigen Jahren hätte ich abwehrend noch mich der Meinung des Unverständnis angeschlossen, doch als ich versuchte dieser Frage wirklich nachzugehen, wurde mir schnell klar, dass mein eigentliches Problem mit der Darstellung von Frauen vor allem darin liegt, dass ich mich sorge, sie nur nach gängigen Klischees zu behandeln. Allgemein ist mein Wirken eher darauf beschränkt, Klischee einzuführen, um sie dann zu durchbrechen. Also der Stereotyp, um eine Sache erst einmal fassbar zu machen, aber dann zu zeigen, dass der Stereotyp nur der erste Ansatz sein kann, um ein Thema zu begreifen (von wegen didaktische Ziele im Rollenspiel ;)). Bei Frauen gelingt es mir aber nicht so häufig, sodass ich Frauen eher gezielt im Rollenspiel einsetze und mit bestimmten Zielsetzungen.
Für diesen Komplex kann ich noch keine Lösung anbieten, da es hier einer der Punkte ist, der ich schriftlich gewahr werden wollte. Damit ist der Teil der deutlich greifbaren Probleme abgehakt.
Soviel für den Moment