Vaêl atmet leise aus. Er konnte Jegors Wut verstehen. Meerthans Zweifel waren berechtigt, aber sie wirkten wie blanker Hohn angesichts der Verluste, die alle hier am Tisch bereits erlitten hatten. Sie wussten nichts über ihre Feinde und ihnen lief die Zeit davon. Der Hinterhalt auf die Harfner hatte das blutig bezeugt. Was sollten sie tun? Sie konnte nicht überall sein und Vaêl wusste nicht einmal, ob sie den Herausforderungen überhaupt gewachsen waren. Ein Glabrezu war bereits ein sagenumwobener und furchteinflössender Gegner, wie konnten sie sich der Illusion hingeben, einer noch mächtigeren Wesenheit gegenüber zu treten? Was sollten sie alleine gegen die schlimmsten Schrecken des Abyss ausrichten können?
Für einen kurzen Augenblick schließt Vaêl die Augen. Angst führte ihn nicht weiter. Er würde nicht aufgeben und hatte deshalb keine Wahl. Ohne genaueres Wissen, waren seine Schritte blind, aber da ihm das Wissen fehlte und er nicht wusste, wie man die fehlenden Teile des Puzzles ergänzen sollte, musste er wohl damit fertig werden, im Dunkeln zu tappen. Einzig das Ziel war fraglich. Sie würden keinen Frieden in der Mondsee finden, ehe die Bedrohung noch bestand, also machte es keinen Sinn, in Phlan oder einem anderen Ort Schutz zu suchen. Nein, sie mussten dem Feind gegenübertreten.
"Genug."
Vaêls Stimme war klar und durchdringend.
"Ich verstehe eure Bedenken, Meerthan und auch euren Zorn, Jegor, aber beides führt uns nicht weiter. Wir verlieren Zeit und wir können uns nicht mehr verstecken. Ihr habt mich missverstanden, Meerthan, wenn ihr glaubt, ich suche nach Sicherheit. Die werden wir nicht finden, solange die Bedrohung besteht. Wir sollten uns bewusst sein, dass wir von nun an Gejagte sind. Wir durchkreuzten die finsteren Pläne unserer Feinde und tragen nun den Makel ihres dunklen Auges auf uns. Wir sollten wissen, dass unsre Nähe den Tod für alle Wehrlosen bedeutet. Es zu leugnen, macht uns nicht frei von Schuld. All unsere weiteren Schritte sind daher mit Bedacht zu wählen.
Jegor hat insofern Recht, als dass unser fehlendes Wissen unsere Schritte blind werden lässt und wie wir bereits schmerzlich erfahren mussten, kostet es uns einen schrecklichen Blutzoll, wenn wir nur auf die Schritte unserer Feinde reagieren können. Wir müssen ihnen also gegenübertreten. Deshalb ist unser nächstes Ziel die Glocke in der Tiefe.
Ja, es kommt mir merkwürdig vor, dass ein zwergisches Klansoberhaupt alleine in den Ruinen der Nordfeste ausharren soll. Ohne die Ereignisse der letzten Monate würde ich an einen Zufall glauben, doch so sehe ich eine Verbindung. Klan Schildspalter versorgt Fürst Nanther mit Erz. Nicht zuletzt wegen den Rohlieferungen aus den Galena Bergen trägt Melvaunt den Namen "Stadt der Schwerter". Zenith war die Verbindung, die den Handel besiegelte. Ohne ihn bleibt das Erz aus und die Schmiedeöfen kalt. Fürst Nanther wird geschwächt. Eine der mächtigsten Familien der Stadt. Das Machtgefühl ändert sich. Wer profitiert? Fragen über Fragen. Fragen, denen ich auf den Grund gehen werde.
Nein. Auch wenn sich ebenfalls die Zhentilfeste anbieten würde, ist hier das Risiko, entdeckt zu werden, ungleich höher. Wir brechen noch morgen zur Glocke in der Tiefe auf und wären für jede Hilfe dankbar, Meerthan."