Doch sobald Ichabod Platz nahm, sprang Dana auf, denn sie hielt es nicht mehr aus, still zu sitzen. Ihre angeschlagene Verfassung rächte sich kurz mit Schwindel auf diese Aktion, dies konnte sie jedoch überspielen, weil ihre Worte mit Sicherheit eine andere Art von Aufmerksamkeit auf sich lenkten. Hatte Dana, während Ichabod gesprochen hatte, teils mit einem Lächeln reagiert – zum Beispiel auf die Erwähnung ihres Verlobungstags –, waren seine letzten Sätze wie Funken gewesen, die ein Feuer in ihr entfacht hatten. Eigentlich wollte sie nicht schon wieder mit ihrem Mann streiten, aber sie war aufgrund des Gesprächsthemas etwas emotional und reizbar.
„Noch ist nicht viel passiert, was wir nicht noch rückgängig machen könnten?“, wiederholte sie aufgebracht und mit einer Spur Zorn.
„Damit fasst du also all das zusammen, was wir gemeinsam erlebt und miteinander geteilt haben, und sprichst gleichzeitig von ewiger Liebe? Oder ist es in Wahrheit der Schwur hierzu, dem du dich verpflichtet fühlst, ohne noch mit dem Herzen dabei zu sein? Denn ich habe den Eindruck, dass du mir dasselbe Geständnis gerade entlocken möchtest – vielleicht nur um dir selbst eben dies abzunehmen, obwohl zu behauptest, anders zu empfinden. Ich suche keinen Weg, mich aus meinem Treuegelübte zu winden – oder denkst du, es würde mir schwer fallen, mich daran zu halten, weil ich mich nach anderer Gesellschaft als der deinen sehne?“
Sie wusste um seine Eifersucht, was andere Männer betraf, aber es ließ sie frustriert mit den Zähnen knirschen, dass es Anschein machte, als ob er sie beeinflussen und bezüglich der Entscheidung in eine bestimmte Richtung drängen wollte – nämlich indem er beteuerte, sie zu lieben, aber andererseits ihr auch eine Trennung schmackhaft machen zu wollen. War es das, was er eigentlich wollte?
Dana tat mit verschränkten Armen einige Schritte im Raum, wobei sie Blickkontakt auswich, während sie weitersprach:
„Ich liebe dich mit jeder Faser meines Körpers“, stellte sie dann klar, nun eher traurig als grimmig, wobei ihre Stimme zunehmend wieder ruhiger wurde.
„Mein Herz hat immer dir gehört, also verschone mich bitte mit weiteren Angeboten oder Aufforderungen, unsere Verbindung aufzulösen, wenn dies nicht dein eigener Wunsch ist, denn ein drittes Mal werde ich nicht ablehnen.“
Dies auszusprechen, ließ sie kurz seufzen. Es schmerzte und verletzte sie, dass er nach der versuchten Rückgabe seines Eherings Friedhof nun wieder mit diesem Thema anfing. Sie hatte eigentlich gehofft, etwas in der Art nie wieder von ihm zu hören.
„Ich will dich zurück, ja“, fuhr sie nickend fort und lächelte einen kurzen, verzweifelten Augenblick. „Es wäre wohl schwer, das nun zu leugnen, und das möchte ich auch gar nicht. Ich hatte nie vor, unsere Ehe zu beenden, was auch nie meine Lippen verlassen hat.“
Nein, dazu hing Dana zu sehr an Ichabod. Sie liebte ihn, auch wenn er es ihr nicht immer leicht gemacht hatte. Er wollte ihre Trennung nicht weiter thematisieren, und Dana hielt es ebenfalls für überflüssig, darüber zu diskutieren, denn das hatten sie schon zur Genüge getan, bevor sie vor drei Monaten nach Caliphas aufgebrochen war. Allerdings war es genau dieser weitere Schritt der Trennung, den es durchaus noch zu besprechen gab – was sie auch für wichtig hielt.
„Ich hatte ebenfalls nicht vor, größeren Abstand von dir zu suchen, dennoch ist es dazu gekommen. Nach dem Nehmen unserer Auszeit war die trotzdem andauernde Streiterei aber nur situationsbedingt ein Tröpfchen, dass das Fass zum Überlaufen brachte – ein Auslöser und nicht der eigentliche Grund, warum ich meinen Koffer gepackt habe. Es ist wohl Ironie, dass ich ähnlich dachte wie du:
Ich habe dich freigelassen. Ich habe dich freigelassen, weil ich den Eindruck hatte, dass du nicht wusstet, was du eigentlich willst – du warst so außergewöhnlich sprunghaft und unentschlossen –, und auch, weil ich nach wie vor den Eindruck hatte, dass ich dir lästig sei und du lieber Ruhe vor mir hättest.
Ich habe mich unsicher gefühlt“, gab sie zu, „hatte Kummer und ich war nach dem letzten Streit sehr wütend, also habe ich mir eine Fahrt nach Caliphas organisiert und dich mit meinem Gepäck in der Hand und der plötzlichen Ankündigung, abzureisen, vor vollendete Tatsachen gestellt. Tatsächlich hatte ich nicht vor zu gehen. Hättest du dich mir in Weg gestellt, ein einziges Mal so entschlossen, wie ich es mir gewünscht hätte, um um mich zu kämpfen und mich von dieser lächerlichen, überstürzten Dummheit abzuhalten, wäre ich geblieben – ich wollte doch, dass wir wieder glücklich miteinander werden. Aber das hast du nicht. Also bin ich diese Kutsche gestiegen und, obwohl es mir das Herz gebrochen hat, konnte ich einfach nicht umkehren.
Es tut mir unendlich Leid und ich bin dir dankbar, dass du mir verzeihen willst. Und ich will dir verzeihen.“
Sie pausierte kurz, bevor sie weitersprach:
„Ich weiß, ich bin manchmal reizbar und impulsiv, aber, ehrlich gesagt, weiß ich nicht, ob ich zurückgekehrt wäre. Ob ich nach Aashügel gereist und dich gesucht hätte.“
Dana hielt an, Ichabod noch immer nicht ansehend, sondern stattdessen mit dem Rücken zu ihm gewandt stehend und die Wand anstarrend, und atmete schwer aus.
„Drei Monate dem Wartens auf ein Lebenszeichen und in der Hoffnung, du würdest mir zeigen, dass dir noch etwas an mir liegt, sind eine lange Zeit, jedoch war ich selbst eigentlich noch nicht bereit, dich wiederzusehen oder einen ersten Schritt zu tun.
Ich war besorgt, du würdest mich zurückweisen, und das hätte ich wohl nicht ertragen.“