Miras Gesprächspartner wirkt sichtlich beunruhigt. Er zögert etwas, knackt mit seinen Fingern, ehe er mit gedämpfter Stimme die Cadianerin wieder anspricht.
"Ich weiß nicht, was Ihr wirklich vorhabt, Ma'am, aber diese Informationen sind gefährlich. Sie werden nicht ohne Grund unter Verschluss gehalten. So ein Planspiel wäre die reinste Ketzerei."
Der Adept wirkt nervös - ob es daran liegt, dass er einer ranghöheren Person widersprechen muss oder sich vor den Konsequenzen einer Zusage fürchtet, kann Mira nicht sagen.
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"Der Schildburger Bote, Ausgabe 131 aus dem Jahr 787.M41, Sir." Johans gescheite Antwort ist das Hilfreichste, was Mephisto in den nächsten Stunden zu hören bekommt. Bruder Benediktus scheint von seinen Neuigkeiten keineswegs begeistert. Furchen bilden sich auf der Stirn des Kirchenmannes, als er den Adligen streng ansieht.
"Dann ist die Seele Eures Freundes wohl verdammt. Und Ihr wollt sein Schicksal teilen, Sir al'Maro? Wollt Euch im Unreinen suhlen? Dankt lieber dem gnädigen Gott-Imperator, dass Euer Geist nicht vom Warp berührt wurde, und tut Buße für die unreinen Gedanken, die Euch plagen. Selbst wenn unserer Welt eine Gefahr bevorsteht - Hesiods Wirbel ist eine Bastion des Glaubens. Ihr, als einstiger Held des Planeten, zweifelt daran?
Es tut mir wahrlich leid, Sir, wenn Euch derartige Gedanken plagen. Kommt und betet mit mir und kasteit Euer Fleisch, um Euren Geist zu reinigen," bietet der fromme Beichtvater an. Nicht gerade das Angebot, das Mephisto im Moment sucht.
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Thomas irrt stundenlang durch das unübersichtliche Blechviertel. Im grauen, regnerischen Wetter sehen alle Habs ohnehin völlig gleich aus, und auch die wenigen 'Landmarken', die es gibt - Kiosks und Kneipen - sind kaum auseinanderzuhalten. Der Psioniker landet dreimal innerhalb einer Stunde vor ein und derselben Kaschemme, bevor ihm klar wird, dass er schon mehrmals an diesem Ort gewesen ist.
Auch die Bewohner des Viertels erweisen sich als ebenso unhilfreich. Der junge Mann trifft nur wenige Menschen, die bei dem miesen Wetter nicht zuhause oder in einer Kneipe hocken. Kopfschütteln ist dabei noch die freundlichste Reaktion, die Thomas erntet. Andere speisen ihn mit einem genervten "Was weiß ich" oder "Zisch ab" ab, während sie vorbeieilen und dem umherirrenden Mann keinen zweiten Blick zuwerfen.
Die Dunkelheit ist bereits hereingebrochen, als der Psioniker endlich das gesuchte Symbol an einer der verrosteten Türen zu erkennen glaubt. Das aufgemalte Auge hebt sich kaum von anderen Graffiti-Kritzeleien ab, und es grenzt an ein Wunder, dass Thomas es überhaupt im trüben Gaslaternenlicht ausmachen kann.
Das Pech scheint den flüchtigen Informationshändler jedoch auf Schritt und Tritt zu verfolgen. Ehe er anklopfen kann, schälen sich aus einer Nebengasse fünf raubeinige Gestalten und versperren ihm den Zugang zur Tür. Der Psioniker kann drei Männer und zwei Frauen in abgewetzter Arbeiterkleidung und mit kurzgeschorenen Haaren, in die seitlich ein Kreuz einrasiert wurde, ausmachen. Die ausgebeulten Bauchtaschen ihrer Overalls lassen mitgeführte Schusswaffen vermuten - drei von ihnen tragen aber auch Metallkeulen in den Händen.
"Da will einer zur ollen Elga," stellt einer der Schläger sarkastisch fest. "Aber sie arbeitet nicht umsonst, weißte? Wenn du rein willst, musste eine Gebühr enttrichtern... ent..." Der Mann kommt offenbar nicht mit 'gehobener' Ausdurcksweise zurecht, und eine seiner Gangkolleginnen lacht ihn aus. "Laber nicht so viel, Gunk." Der Genannte wirft der Frau, die ihm ins Wort gefallen ist, einen finsteren Blick zu, diese lässt sich jedoch nicht beirren und zeigt mit ihrer Keule auf Thomas. "Rück die Kohle raus, Mann, sonst wird Elga die Zukunft aus deinen Eingeweiden lesen."
Plötzlich betreten zwei weitere Gestalten die Gasse. Genauer gesagt, wird eine Person - eine junge Frau - von einem sechsten Schläger vorgeschoben, mit hinter dem Rücken festgehaltenen Händen und einem Revolver an der Schläfe. "Denk nicht zu lange nach, Mann, sonst hast du das Vögelchen hier auf dem Gewissen," lacht der Schläger, der die Gefangene festhält, dreckig. Und zu seinem Erschrecken erkennt Thomas die Geisel - es ist Nina.