Bei ihrem nächtlichen Besuch im Militärarchiv treffen Mephisto und Rho-23 auf einen stark bionikversetzten Adepten, der unermüdlich seinen Dienst an einem großen Schreibtisch schiebt und von zwei herumschwirrenden Servoschädeln assistiert wird. Zwei gelangweilte Wachposten flankieren den einschüchternden Tisch aus massivem Holz und salutieren, als der hochdekorierte Ex-Militär eintritt.
Der Archivar neigt respektvoll seinen schlauchbeladenen Haupt, an dem eine komplizierte kybernetische Sehhilfe befestigt ist, behält jedoch einen strengenden Gesichtsausdruck.
"Wer seid Ihr nochmal? Ah. Sir Mephistopheles Marcus Aurelius al'Maro." Der Mann spricht den Namen mit einer Stimme aus, die in dem Adligen wenig Hoffnung auf Hilfsbereitschaft aufkeimen lässt. "Akte M.M.A.al'Maro," befiehlt der Adept einem Servoschädel, entsprechende Dokumente über seinen prominenten Besucher zu holen. Während der Schädel unterwegs ist, wendet er sich an den Generalmajor-ade:
"Ob Ihr wirklich befugt seid, werden wir gleich überprüfen. Außerdem müsstet Ihr einen entsprechenden schriftlichen Antrag einreichen, vorher werdet Ihr sowieso keine Akten einsehen dürfen." Er öffnet etliche Schubladen seines Arbeitstisches und legt einen nach dem anderen über ein halbes Dutzend Formulare vor Mephisto. "Hier der allgemeine Antrag auf einmalige Nutzung des Militärarchives von Schildburg. Dann ein Sonderantrag auf Erhöhung der Freigabestufe plus Anlage zum Lebenslauf, Antrag auf Eilzugang, wenn es innerhalb der nächsten zwei Wochen sein soll, Merkblatt über Geheimhaltung nach Militärrecht von Hesiods Wirbel zum Unterschreiben und Einverständniserklärung vom Oberkommando, zum Unterscheiben von einem Mitglied des Generalstabes," bombardiert der Archivar den Adligen mit Papieren. Anschließend sieht er, immer noch nicht sehr zuvorkommend gestimmt, zu Rho-23 auf.
"Habt Ihr entsprechende Dokumente dabei? Für liebe Grüße kann ich Euch nicht helfen, werte Magos," erwidert er den diplomatischen Versuch der Techpriesterin mißtrauisch. Die Wachposten bleiben stramm stehen, mustern die unerwarteten Besucher jedoch mit deutlich wahrzunehmender Neugier.
Bald kehrt der losgeschickte Servoschädel mit einer dicken, ledergebundenen Akte in einem Greifarm zurück und deponiert das Dokument auf dem Tisch vor dem Archivar. "Dann lasst mal sehen," schlägt dieser die Akte auf und bemüht seine umständliche Sehhilfe, um akribisch diverse Einträge über seinen Besucher zu studieren." Als er den Blick hebt, weiß Mephisto, dass er keine positive Antwort zu erwarten hat.
"Ihr seid gar nicht mehr im Dienst, Sir al'Maro. Dann gilt §3 Absatz 1 für Euch überhaupt nicht. Und angesichts Eurer...Vergangenheit werdet Ihr den Antrag nicht durchbekommen, das sage ich Euch gleich. Ihr könnt also die Tinte sparen," beginnt der Mann, die ausgelegten Formulare wieder einzusammeln.
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Nina zuckt zurück, als Thomas sie an den Schultern greift - doch hinter ihr ist nur die dreckige Wand des Habblocks. Die Adlige wirkt wie ein in die Enge getriebenes Tier, ihre Augen sind immer noch schreckgeweitet. Der Psioniker fürchtet, dass sie ihm ins Gesicht schlägt oder Reißaus nimmt, aber letztendlich scheinen seine Worte Wirkung zu haben, und der panische Blick der jungen Frau weicht einem enttäuscht-resignierten.
"Warum... Warum gibst du dich überhaupt als niederer Bürger aus, wenn du ein Lowbridge bist?!," kann die Tochter des ersten Hauses des Planeten es immer noch nicht fassen. "Wenn dieses... Ding da drin überhaupt echt war. Was auch immer es war. Aber ja, da gab es etwas. Die "Rote Träne". Ich bin in den Hausarchiven darauf gestoßen. Die anderen wissen auch schon davon. Ich weiß das Jahr aber nicht mehr aus dem Kopf."
Nina reibt sich mit einer Hand die Stirn und sieht sich wieder etwas gehetzt um. "Du bist ein Lowbridge und treibst dich in so einer Gegend herum? Was kommt als Nächstes?"
Ganz offensichtlich will die junge Frau ihre gegenwärtige Umgebung möglichst schnell wieder verlassen. Nur die Tatsache, dass sie sich bereits verlaufen hat und sich hier noch weniger auskennt, als Thomas, hält sie wohl davon ab, auf dem Absatz kehrt zu machen und von dannen zu ziehen.