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Part II: Wettlauf ins Verderben

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Simue:
Auf der Reise hatte Simue sich bemüht, sich mit allen Gefährten zu unterhalten. Es fiel ihr immer noch schwer, aber sie hatte verstanden, dass sie sich anderen öffnen musste. Noch immer löste jeder verärgerte Blick, jede heftige Bewegung und sogar jeder Moment der Stille eine heftige Angst in ihr aus, aber sie lernte allmählich, diese Gefühle hinzunehmen und sie nicht allzu deutlich zu zeigen.

Dennoch verbrachte sie die meiste Zeit mit Ishaia. Sie versuchte, aus ihm etwas über ihre Vergangenheit zu erfahren, doch er war der Überzeugung, dass sie sich von alleine erinnern müsste. "Du hast diese Dinge vergessen, weil du sie nicht ertragen hast. Aber die Erinnerungen sind immer noch in dir. Wenn du bereit für sie bist, werden sie wiederkommen. Bis dahin... sie sind jedenfalls nicht verloren. Es ist wie ein Teil in dir, der sich im Verborgenen hält und die Erinnerungen behütet."

Dieser "Teil in ihr" war es wohl auch, der für die manchmal vorkommenden Erinnerungslücken in ihrer Zeit auf der Schmugglerinsel verantwortlich war. Ishaia berichtete ihr, dass sie ihn manchmal ganz bewusst gerufen hatte, und sich mit ihm unterhalten hatte, wissend, wer er war. Sie konnte es selbst kaum glauben, aber es passte zu den Erzählungen, die ihre Gefährten über sie berichtet hatten. Allerdings gab es da noch diesen anderen Teil... den, der sich dem Geisterkapitän und auch den Kannibalen entgegen gestellt hatte. Er war stark, aber er schien auch grausam oder zumindest etwas gefühllos zu sein. Selbst Ishaia wusste nicht, was es damit auf sich hatte. Das war ein Rätsel, das es noch zu lösen galt. Simue hoffte nur, dass sie nicht doch besessen war... und am Ende etwas Schlimmes geschah, das sie nicht unter Kontrolle hatte.

Aber obwohl das durchaus ausgereicht hätte, um sie die ganze Schiffsreise über zu beschäftigen, gab es noch ein anderes Thema, das sie umtrieb. Sie hatte immer daran geglaubt, dass Sargava ihr Ziel war. Nun hatte Ishaia ihr berichtet, dass sie dorthin nur wollte, um von ihrer Familie wegzukommen. Auf eine Akademie, mit der Erlaubnis ihres offenbar tyrannischen Vaters, und doch weit, weit weg von ihm. Das war ihre Hoffnung gewesen, als sie noch bei ihrer Familie gelebt hatte. Was auch immer das für eine Familie gewesen war...

Jetzt aber war sie von dort geflohen. Sargava hatte an Bedeutung verloren. Und damit hatte sie weder ein Ziel, noch ein Zuhause. Sie war frei, ja, aber auch verloren. Ohne ein früheres Leben, aber auch ohne eine Zukunft. Alles, was sie noch hatte, waren ihre Gefährten.

Doch auch von denen hatte sie die meisten verloren. Einige waren der Insel zum Opfer gefallen. Ischiro, der erste Mensch, dem sie nach ihrer Flucht wieder erstes Vertrauen geschenkt hatte, war auf der Insel geblieben. Ebenso wie Kwazeel, der ihr so sehr geholfen und bei dem sie Verständnis gefunden hatte. Sie vermisste ihn, sehr sogar. Und auch andere waren dort geblieben. Und Halas... sie fragte sich, was das für ein Weg war, den der alte Griesgram eingeschlagen hatte. So wenig sie ihn anfangs gemocht hatte, so sehr hatte er sich zuletzt zum Guten gewandelt. Sie wünschte ihm alles Gute... und irgendwie hoffte sie darauf, ihn vielleicht, eines Tages, wiederzusehen.

Dan, für den sie, aus Gründen, die sie selbst nicht erklären konnte, sehr viel Sympathie empfand (und auch eine seltsame Art von Sehnsucht, die sie nicht einordnen konnte), war mit an Bord gekommen. Und doch ahnte sie schon, dass er eine Entscheidung treffen würde. Sie hatte ihn beobachtet, hier auf dem Schiff. Das Meer war sein Zuhause, und dort würde er bleiben. Als sie schließlich in Eleder ankamen, überraschte es sie daher nicht, dass er bei dem Kapitän anheuerte. Bei ihrem Abschied umarmte sie ihn kurz - es war eine große Überwindung für sie, so viel Nähe zuzulassen, aber sie zwang sich dazu - und wünschte ihm alles Gute.

Gelik war verrückt wie eh und je - und vielleicht sogar noch ein bisschen verrückter -, dennoch wünschte sie auch ihm alles Gute. Besonders traurig über seinen Abschied war sie aber nicht: Sie war mit dem etwas egomanischen Gnom nie wirklich klar gekommen.

Tolkwys Ziel war klar: Er musste zu einem Heiler, und lernen, wie er mit nur einem Bein klarkommen würde. Von allen Überlebenden hatte die Insel ihn wohl am deutlichsten gezeichnet. Sie verstand Jask, dass er ihn begleiten und ihm zur Seite stehen wollte. Sie hatte sogar selbst ein wenig das Verlangen danach, aber Jask würde sich gut um den Krieger kümmern, und sie spürte, dass dies nicht ihr Weg war.

Bei ihrem Abschied sprach sie noch kurz unter vier Augen mit ihm. "Ich habe bisher nur Kwazeel davon erzählt... etwas in meiner Vergangenheit ist geschehen, das dazu geführt hat, dass ich mich nicht an meine Vergangenheit erinnere. Sie ist nicht ganz verloren, eher... irgendwo vergraben. Trotzdem fühlt es sich für mich an, als wäre mein früheres Leben von mir... nun ja, abgeschnitten." Sie lächelte unsicher. "Ich bin trotzdem immer noch ich selbst. Vielleicht sogar mehr, als ich es früher jemals war. Ich bin sicher, dass ihr einen Weg finden werdet, zu alter Stärke zurückzukehren. Vielleicht findet ihr sogar einen Weg, aus eurer Situation einen Vorteil zu schlagen. Viele werden euch unterschätzen. Wie auch immer euer Weg sein wird, für mich werdet ihr immer einer der größten Krieger sein, die ich kennenlernen durfte."

Sie hatte einen Kloß im Hals, als sie sprach - die Angst, diese verfluchte, immerwährende Angst -, aber sie hatte sich lange vorher genau überlegt, was sie sagen wollte, und so kamen ihr die Worte zumindest flüssig über die Lippen. Danach umarmte sie ihn noch einmal herzlich, und wandte sich dann an Jask. "Passt gut auf ihn auf. Und auf euch selbst auch. Ich hoffe, wir sehen uns irgendwann wieder."

Dann wollte sie sich Kaspian zuwenden. Er war der einzige, der noch keine Pläne geäußert hatte. Der einzige, bei dem sie - obwohl sie sich irgendwie unwohl fühlte in seiner Nähe - darauf hoffte, noch etwas Zeit mit ihm verbringen zu können. Vielleicht sogar den weiteren Weg gemeinsam zu beschreiten. Denn sie hatte sich überlegt...

Er war weg.

Wieder einmal war er einfach verschwunden. Sie biss die Zähne aufeinander. Nein, sie würde sich jetzt nicht aufregen, und sie würde jetzt auch nicht weinen. Dennoch war ihr die Enttäuschung deutlich anzusehen.

Sie legte ihre Hand auf Xerxes' Kopf, und tätschelte ihn. Einen Moment später ertönte ein Quaken von unterhalb ihres Hemds. "Wenigstens seid ihr noch da. Und Ishaia, wenn ich ihn rufe."

Und doch fühlte sie sich allein, und verloren...


Sie sah den übrigen Gefährten nach, wie sie langsam den Hafen hinter sich ließen. Dann lag es wohl einzig und allein an ihr. Es kam ihr absurd vor, falsch. Sie war doch keine... sie war den anderen immer nur gefolgt, hatte sich bei allem, was zu tun war, darauf verlassen, dass die anderen die richtigen Entscheidungen treffen würden. Und jetzt sollte sie...

Sie schüttelte den Kopf. Vielleicht hätte sie einfach aufgegeben. Aber es gab keinen Ort, an den sie gehen konnte, kein anderes Ziel, dass es zu verfolgen galt. Das einzige, woran sie sich im Moment noch festhalten konnte, waren die Ereignisse auf der Schmugglerinsel. Die Ereignisse und ihre... Folgen.

Denn Simue ahnte, dass das, was dort geschehen war, noch nicht vollends vorbei war. Sie hatte mit Zustimmung der anderen Yarzoth's Aufzeichnungen an sich genommen. Sie würde sie studieren, und versuchen, diese Stadt zu finden, von der die anderen gesprochen hatten. Saventh Yhi.

Wenn von dort noch einmal eine solche Gefahr drohte, wie es auf der Schmugglerinsel der Fall war, konnte sie nicht einfach die Augen verschließen. Sie würde den Weg fortsetzen, den sie auf der Schmugglerinsel begonnen hatten. Doch war sie dort kaum mehr als ein Anhängsel einer großen, schlagkräftigen Gruppe gewesen, war sie nun auf sich gestellt. Aber sie war auch stärker geworden. Es wäre übertrieben zu sagen, dass sie stark war, aber zumindest... etwas weniger schwach. Etwas weniger hilflos. Und sie hatte Ishaia. Und... sie würde noch stärker werden. Jedes Gespräch, jede Begegnung war für sie eine Gelegenheit, zu lernen, zu wachsen. Sie zitterte fast, bei dem Gedanken an die Herausforderungen, die vor ihr lagen. Aber sie würde nicht aufgeben.

Simue schluckte schwer. Dann, als schließlich auch Jask und Tolkwy aus ihrem Sichtfeld verschwunden waren, wandte sie sich dem Kapitän zu. Nun hatte sie doch Tränen in den Augen.

Sie wischte sie fort, und lächelte ihrem Retter dann entgegen. Dass sie aufgewühlt war, war offensichtlich, aber sie würde zumindest nicht die ganze Tiefe ihrer Gefühle und deren Gründe offenbaren. Für ihn sah es vermutlich so aus, als würde der Abschied von den Gefährten sie so aufwühlen. Das war in Ordnung.

"Was habt ihr denn Gutes?" fragte sie ihn dann mit Blick auf sein Angebot.

Trovag Tilor:
Als die Hand des Gnoms zu seiner Waffe glitt, bemerkte dies Trovag Tilor zwar, aber eine Reaktion seinerseits war nicht erkennbar. Angst kannte der Zwerg nicht. Respekt vielleicht vor manchen Gefahren denen er im Dschungel bereits begegnet war oder um die er einen weiten Bogen gemacht hatte. Der Barbar wusste, dass seine Kräfte groß aber begrenzt waren.

Er schaute Krakqualntopp weiter leicht belustigt an. Die Stadt ging dem Zwergen etwas auf die Nerven, aber Trovag hatte ein Ziel vor Augen und der Duft von Essen lag in der Luft. Noch bevor der Zwerg auf die Frage des Gnoms antworten konnte, brachte die Wirtin die bestellten Mahlzeiten und die rechte Hand des Zwergen brach sofort einen Flügel des Hähnchens ab und schob Fleisch und Knochen in seinen Mund. Es knackte leicht, als die harten Zähne des Barbaren die Knöchelchen zerteilten.

Während er kaute und mit der anderen Hand ein Stück Brot abbrach, antwortete er: "Wünsche sind wie Träume. Sie wärmen einen in der Not, aber Nahrung geben sie nicht. Die Zeichen der Ahnen zeigen den Weg."

Die Wärme des Essens gefiel Trovag. Damit neben dem Hunger auch sein Durst gestillt wurde, begann er den ersten Bierkrug in seinen Körper zu entleeren. Nach und nach vertilgte er das Hähnchen, leckte seine Finger sauber und wandte sich den Eiern mit Speck zu. Das Speisen hinderte ihn nicht daran, weiter zu reden: "Ihr seid also ein Wunschsucher, Krakqualntopp." Trovags Zunge hatte Probleme mit der Aussprach des für ihn ungewöhnlichen Namens. Vielleicht lag es aber auch daran, dass er Essen und Sprechen kombinierte, dass der Name dem Zwergen nicht fehlerfrei über die Lippen kam. Ein kurzer Rülpser unterbrach seinen Gedankengang. "Meinen Wunsch muss ich nicht suchen, er hat mich schon gefunden"", bemerkte er weiter, ohne dies näher zu erläutern. Stattdessen wandte sich der wilde Barbar dem zweiten Bierkrug zu und nahm einen großen Schluck zu sich.

Ksynthral:
Simue:

Der Abschied von ihren Gefährten fiel Simue bestimmt nicht leicht, aber er ging relativ schnell von statten. Und noch ehe sie es sich versah stand sie wirklich alleine da, wie sie richtiggehend feststellte. Der Kapitän verabschiedete sich von einigen Walfängern und Matrosen, die fürs Erste ihr Glück an Land suchen würden: Familien und Freunde besuchen, so sie denn welche hatten, oder schlicht und einfach das verdiente Gold auf den Kopf hauen und mal wieder richtig einen drauf machen!

Eleder war geradezu geschaffen um Geld auszugeben, oder aber, um welches einzunehmen. Die Wirtschaft und der Handel florierten in der Hafenstadt und so hatte auch der Kapitän Tegerten ein beträchtliches Sortiment an Handelswaren zusammengetragen, welches er Simue nur zu gerne anpries. Denn der Rest der aufgenommenen Passagiere hatte sich mit nur wenigen Dankesworten eher flink von dannen gemacht.

"Weint nicht, gute Frau, seht euch mein Sortiment nur an: Die Männer werdet ihr schon wiedertreffen - weiter als bis ins Sargavahaus schaffen sie es eh nicht! Dort bleibt jeder fremde Reisende früher oder später hängen: Ein schöner Ort, nicht so wie der Rest der Stadt. Zurück zum Geschäft..."

Er grinste und offenbarte Simue den Blick in einige der Kisten, welche seine Matrosen bereits an Land getragen hatten und um die sich auch andere Bürger Eleders sammelten. Ein regelrecht wüster Handel begann, denn die besten Stücke gingen schnell weg - und hier wollte jeder etwas abhaben!

"Es ist genug für alle da, aber ihr solltet euch gut umschauen: Nahrungsvorräte und einfache Waffen, Handelsgüter - selbstverständlich - ein paar gute Flaschen Wein und Brandwein, edle Gewürze, ein wenig Tuch! Alles und nur das Beste vom Wal, wie es sich versteht! Und dann noch dies und das - was benötigt ihr denn, vielleicht finden wir so schneller zueinander?!"

Simue:
"Es geht schon", lächelte sie den Kapitän an. "Ich suche etwas, mit dem ich mich für Notfälle auch aus der Ferne verteidigen kann. Vielleicht eine leichte Armbrust oder etwas in der Art. Und natürlich Munition dafür."

Suchend sah sie über seine Waren. Sie hatte eigentlich gerade keinen Sinn dafür, aber sie wollte die Aufgabe nicht verschieben. Zu oft hatte sie sich in den Kämpfen nutzlos gefühlt. Sie war nicht geeignet, in vorderster Reihe zu kämpfen, aber mit einer Armbrust...

"Dieses... Sargavahaus, das klingt gut. Könnt ihr mir sagen, wo das ist? Ist es einigermaßen sicher dort?"

Krakqualntopp:
Krakqualntopp beachtete das Essen erst einmal nicht weiter, aber schaute dem Zwerg interessiert beim Essen zu, während er selbst seinen Becher in den Händen drehte.
"Meine Ahnen zeigen keine Wege mehr." Kurz glitt sein Blick ins Leere.
Wunschsucher?
Er legte den Kopf schief und schaute Trovag an, die linke Augenbraue fragend hochgezogen.
["Hm, ich weiß nicht. Suche ich Wünsche? Ich glaube nicht. Wie kann man denn welche finden? Oder sind sie alle wie eurer und sie finden einen? Dann wäre es gänzlich unsinnig, sie zu suchen, oder?"
Sein Magen knurrte.
Eher zaghaft griff nun auch Krakqualntopp zu etwas von seinem Essen. Mit kleinen Bissen knabberte er daran herum und ließ sich Zeit jeden davon zu genießen.
Er sprach dabei nicht, sondern wartete auf die Antwort seines Tischnachbarn.

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