Mutig ging Schnüffler vor, und bekam so als Erster einen weiteren Eindruck der Räumlichkeiten.
Das elektrische Knistern ging von einer leuchtend blauen Kugel aus, die von grünen, hin- und her zuckenden Blitzen umgeben war. Die Kraft, die von dieser Kugel ausging, war fast körperlich zu spüren; sie vibrierte vor magischer Energie. Mehr als zwei Meter maß sie im Durchmesser, die zuckenden Blitze ragten noch einen halben Meter über die äußere Hülle der Kugel hinaus. Ob sich im Inneren etwas verbarg, war durch das undurchdringliche blaue Licht nicht zu erkennen.
Dahinter allerdings konnte Schnüffler tatsächlich jemanden erkennen. Er war noch halb außerhalb seines Blickfelds, hinter der Kugel verdeckt, aber dennoch konnte der Halbork schon einige Eindrücke gewinnen. Der Fremde hatte einen nackten Oberkörper und trug ein weites, auf den Boden ragendes Gewand um die Beine. Sein Schädel war kahl, und in seiner Linken trug er einen Stecken, den er auf die Kugel gerichtet hielt.
An der rechten Wand des Raums standen mehrere Tische, auf, unter und neben denen diverse Bücher und andere Schriftwerke lagen. In der rechten Ecke des Raums stand außerdem eine weitere Statue, finster wie die erste, wenn sie auch eine andere Figur zeigte: Einem Gargyl ähnlich, den Figuren, die Baumeister gelegentlich als Schmuck an so manchen Gebäude anbrachten, war die abgebildete Kreatur ebenso groß und muskulös wie ihr Gegenstück. Zwei goldene Hörner prangten auf der Stirn, und die Arme waren ausgestreckt, die Handflächen nach oben gedreht - entweder, als würde sie eine Gabe erwarten, oder als würde sie etwas anbeten. Der leicht nach oben gerichtete Blick der Kreatur unterstrich die Geste.
Auf der linken Seite, weiter hinten an der Wand, standen zwei große, hölzerne Kisten, mit Eisen beschlagen und mit großen Schlössern versehen. Außerdem sah Schnüffler noch einen rot gepolsterten Divan, der neben dem altarähnlichen Tisch auf der vorderen Wand stand. Ein goldener Gegenstand war genau in seiner Mitte platziert - eine Art Vase oder Urne, fast einen Meter groß. Für diese Vase war extra eine Holzeinfassung in das Möbelstück eingefügt worden, um einen sicheren Halt zu bieten.
An der gegenüberliegenden Wand konnte Schnüffler nun auch die anderen beiden Flammen-Konstruktionen entdecken. Zwischen ihnen befanden sich ebenfalls zwei große Vasen oder Urnen, jedoch aus Ton oder Keramik, und lediglich mit goldähnlicher Farbe verziert.
Der Fremde, den Schnüffler auf seine raue Art angesprochen hatte, senkte den Stecken und stellte das untere Ende auf den Boden. Er unterbrach seine Rezitation, was jedoch nichts an der Kugel zu verändern schien. Er wandte sich Schnüffler zu, und trat einen Schritt zur Seite, um den Halbork genauer zu betrachten. Er war vermutlich Mitte dreißig, sein Gesicht hart und hager trotz des einigermaßen trainierten Oberkörpers. Er schwitzte - was hier unten nicht verwunderlich war -, und sah Schnüffler mit einem Blick an, der Verärgerung, aber auch Unruhe ausdrückte. Theatralisch hob er die rechte Hand in die Luft, in der er ein aufgeklapptes Buch hielt, und stieß ein lautes Seufzen aus.
"Ungestörtheit! Das ist alles, worum ich gebeten habe! Ich bin doch fast fertig. Als gäbe es einen Grund, mich aufzuhalten! Ich habe den Schlüssel, und ich weiß ihn zu aktivieren! Der Preis muss nunmal gezahlt werden."
Seine Stimme hatte etwas leicht Schrilles, und seine Augen wanderten nervös hin und her. Der Blick des Mannes fiel auf den Leichnam, den Omrah entdeckt hatte. "Das... das war ich nicht. Also eigentlich doch. Aber ich musste es tun. Wollte mich aufhalten. Darf nicht aufgehalten werden, ist zu wichtig. Aber er wollte mich aufhalten, selbst nachdem ich seinen Freund verbrannt hatte, hat nicht verstanden, dass ich das tun musste, und dann musste ich das..." Er deutete mit dem Stab auf die Leiche. "...musste das tun... das versteht ihr doch, oder?"
Er setzte ein Lächeln auf, oder versuchte es zumindest. Verzweiflung lag in seinen Augen, aber auch Entschlossenheit.