Mihalyi kam gerade rechtzeitig, um folgende Szene zu beobachten. In der Mitte des Tempels stand eine Frau in leichtem, eisblauen Kleid und wehenden roten Haaren. Sie schwebte einige Zentimeter über dem Boden und kontrollierte mit ihren Armen Winböen, die ihren Körper umschmeichelten. Etwas Seltsames, geradezu Böses ging von ihr aus.
In einigen Metern Entfernung lag der Hohepriester Watger auf der Erde, vor Schmerzen verkrümmt und blutend.
Auf der anderen Seite stand eine kleine Gruppe von Abenteurern, bestehend aus einem Zwerg, einem Feuergenasi, zwei Menschen und einem Schneeleoparden. Der eine der beiden Menschen hatte die rothaarige Frau gerade aufgefordert, gegen das Böse anzukämpfen und die Macht des Tempels dazu anzurufen.
Zuletzt sah Mihalyi auch noch die Elfen-Priesterin Salyndra, die zögerlich die Stufen aus dem Keller heraufgekommen war, sich aber im Hintergrund hielt.
Die rothaarige Frau lächelte hämisch. "Sie ist nicht hier, also bemüh' Dich nicht.", sagte sie. "Und Ogmah selbst wohnt auch nicht in diesen Hallen. Es ist ein ferner Gott, der die Welt nicht verändert. Er sammelt nur ihr Wissen. Und darum ist es ein schwacher Gott, noch unter den Menschen. Ich denke, er findet dies hier gerade höchst interessant."
Sie sah zu Watger und dann zu den Gefährten.
"Genug jetzt. Ich bin Eurer überdrüssig und Ihr habt mich schon lange genug gestört." Ihre Stimme gewann wieder an Aggressivität und die Windböen um sie herum wehten heftiger und wurden mit scharfen Eiskristallen angefüllt. "Heute sende ich Euch zu Euren Göttern, welchen auch immer."
Ihre Augen funkelten und mit einigen magischen Gesten beschwör sie einen eisigkalten Strahl magischer Energie, der genau auf Galumaw zielte. Da wurde Galumaw zur Seite gestoßen, so dass er fast fiel. Salyndra warf sich an seiner statt in den Energiestrahl.
Die Magie schien zunächst um sie herum zu zirkulieren, zu pulsieren, dunkler und dichter zu werden. Der Kreis schloss sich enger um Salyndra. Mit einem Schrei sprengte die Elfe den Kreis, brachte die Luft zu Flirren und die Konstanten von Raum und Zeit zum Biegen. Das Licht veränderte sich, konzentrierte sich um Salnydra und die rothaarige Frau. Jene zeigte ein Gesicht, das Verwirrung wie Erstaunen verriet. Dann löste sie sich buchstäblich in Luft auf. Und dann war alles vorbei.
Salyndra blutete aus allen Poren und gleich mehrere Adern waren unter dem Druck geplatzt. "Ich habe ihre Macht gerade so lange zurückgehalten, um mein eigenes Kraftfeld aufzubauen. Es wird sie eine Zeit lang beschäftigen.", erklärte Salyndra schwach. Doch ihre Augen glitzerten vor Vergnügen. "Gambit!", brachte sie schließlich mit einem triumphierenden Lachen hervor, das in blutigen Husten mündete.
Watger war sofort über ihr. Die magischen Gesten seines Heilungszaubers wurden mit einem Handstreich der Elfe durcheinandergebracht. "Und nun bring mich in den Heiligen Hain. Für alles andere ist es zu spät. Tu' was ich Dir sage, sonst werde ich wütend." Sie faste die Gefährten in den Blick. "Und was Euch angeht, tut was Ihr müsst und rettet die Quellen. Sucht nach Mihalyi. Sie ist eine junge Gelehrte, die Euch bei der Suche unterstützen kann. Ihr habt nicht viel Zeit, aber gemeinsam werdet Ihr es schaffen."