Jaak Marva verzog die Lippen zu einem Grinsen, welches seine Augen wie gewöhnlich nicht zu erwidern vermochten. Grelin war immer ein Mann, der hoch hinaus wollte. Es war dieser Art des dem Sterben innewohnenden Humors, welche Jaak vielleicht auch zu Grelin hinzog. Diese häufig und so tragisch falsche Selbsteinschätzung, dass die Welt ihm doch offen stehen müsste, einem Mann seiner doch so ungewöhnlichen Fähigkeiten, welche dann die harte Realität traf und ihn zu einem verarmten Schausteller machte oder vielmehr zum Berater und Sprachrohr eines Jongleurs, der das Handwerk an für sich beherrschte, doch eben nicht jene Art von Ausstrahlung besaß, die einen wirklich erfolgreichen Gaukler ausmachte. Jaak schaute man sich eher an, wenn man etwas Nervenkitzel bei der Jonglage wollte. Er gab jedem das Gefühl, dass er die Messer oder die Bälle oder die Fackel nicht nur in der Luft revolvieren ließ, sondern dass er die Zuschauer eben auch bewerfen konnte. Manchmal weihte er jemanden ein, und warf dann knapp an diesem vorbei. Einmal weihte er auch einen ein und brachte ihn dann aber um. Groetus hatte dieses Urteil wahrscheinlich selbst gesprochen, vielleicht war es auch ein Unfall gewesen, Jaak hatte sich im Gegensatz zu Grelin nicht zu viele Gedanken darum gemacht. Damals hatte Jaak Grelins Versuche zur Schlichtung mit vorlauten Worten zerdrückt. Deswegen war es für Jaak nicht überraschend, dass dieser der Wortführer bei dieser Verhandlung sein wollte, sonst müssten sie bei dieser Kälte fliehen und das ohne Vorräte. Und es wunderte ihn genauso wenig, dass Grelin gleich die Möglichkeiten am Schlafittchen packen wollte.
"Im Scheitern liegt auch ein gewisser Reiz, mein Freund. Es gab Männer, die zogen auch aus zu großen Abenteuern und wie endeten sie?" Jaak blickte mit diesem falschen Grinsen zu Grelin.
"Von einer Riesenschnecke verschluckt.[1]" Das war die beste Art, Grelins Übermut zu kommentieren. Mehr als einen bissigen Kommentar brauchte es auch kaum, schließlich wusste Grelin, dass Jaak ihn auf jeden Fall begleiten würde, immerhin war Jaak ein loyaler Typ, gerade wenn er für das Erhalten seines Sterbens dankbar sein musste. Und Jaak musste Grelin dankbar sein, in mehr als einem Fall hatte seine Verhandlungskunst Jaaks Hintern bewahrt.
"Ah, nichts für ungut, Grelin.", beschwichtigte Jaak schließlich.
"Danke für die Hinweise. Ich habe sowieso den Eindruck, dass fast alle Menschen hier Dreckssäcke sind. Hast gesehen, wie die hier uns ansehen? Als würde wir ihnen etwas von der Kälte und dem Dreck wegnehmen wollen.
Ist wohl 'ne gute Idee ihren Boss aufsuchen. Erstens haben wir dann das größte Arschloch des Ortes kennengelernt und zweitens wissen wir dann, worauf wir wirklich achten müssen und was unsere wirklichen Möglichkeiten in diesem vermaledeiten Loch sind."Im Kopf ging Jaak bereits durch, was für Tricks er dem Holzfürsten vormachen konnte. Aber Jaak sah es realistisch, wahrscheinlich interessierte es den Holzfürsten nicht einmal, wahrscheinlich nicht einmal annähernd. Er wollte eher einen Teil vom Kuchen abhaben und ansonsten sollten sie ihm aus der Sicht bleiben. Ja, sowas konnte er sich bei so einem vorstellen. Und er konnte es ihm nicht verübeln. Jaak überlegte sich, wie er reagieren würde, wenn zwei verschlagene, doch eben auch abgebrochene Figuren ihm vor die Füße krochen und ihn mit Ballspielereien zu begeistern suchten. Jaak würde lachen und sie abweisen, im besten Fall. Also, welche Tricks mochten überzeugen? Mit einem Messer knapp an seiner Wange vorbeiwerfen? Gar keine gute Idee, schon gar nicht, wenn es schief ging. Einfach mit Bällen jonglieren? Zu einfach. Vielleicht hatte er einen nervigen Speichellecker, an dem er sein Rad des Todes ausprobieren konnte. Das konnte eine Idee sein. Aber der brauchte wiederum starke Nerven, sonst würden die Schleuderkugeln ihm schnell die Besinnung kosten und vielleicht sogar sein Sterben beenden.
"Verdammt, hätte Grelin nicht früher sagen können, wen wir hier zu verarschen beabsichtigen?", fluchte Jaak in Gedanken und wusste immer noch nicht so recht, was er vorführen sollte, wenn der Holzfürst was sehen wollte. Er musste sich was überlegen, schnell. Dennoch nickte er Grelin zu. Ihm würde schon irgendwas einfallen, wenn er den Mann sah...hoffte er.