Razhan
Erschöpfung ist ein leicht zu falsch interpretierender Begriff, muss der Alchemist in diesem Augenblick schmerzlich feststellen. Durch die Kraft der Mutation erreicht er ohne weitere Probleme, unter waghalsigem Klettermanövern und doch sicher von dem ersten Schritt an, das Dach des Forschungslabores von ChemieNoria.
Seine Glieder brennen unter Schmerzen und seine Brust droht zu explodieren, als sich die Muskeln zurück verformen und der brutale Grolm, mit all seinen bösartigen Gedanken wieder zurück im Bewusstsein des armen Razhans verschwindet. Er erlangt erneut die Kontrolle über seinen Kräfte-geraubten Körper und spürt, wie seine Beine unter der heftigen Verwandlung zittern - er droht sein Gleichgewicht zu verlieren. Doch gerade noch kann er sich besinnen und setzt sich holprig nieder, um wieder zu Atem zu kommen und seinen Gliedern Zeit zu geben, sich wieder zu entspannen.
Die Sirene heult immer noch unbestechlich durch die Räume der Einrichtung. Razhan hört Rufe von unten, als sich jemand aus dem Fenster beugt, doch er versteht kein einziges Wort in dem Tumult, welcher das Gebäude fest in seinem Griff hält.
Sein müder Blick wandert über das Flachdach, durch die schwarze, Wolken verhangene Nacht, auf der Suche nach einem verzweifelten Ausweg aus seiner durchaus misslichen Lage. Er muss nicht lange suchen, um den Eingang zum Dach des Gebäudes, etwa zwanzig Meter weiter nach Nord Osten von seiner aktuellen Position aus zu finden. Gleichzeitig sieht er das Geländer einer Feuerleiter, nicht weit - ebenfalls östlich von dem Punkt, an dem er sich gerade niedergelassen hat.
Ein Schreck durchfährt ihn, als eine Stimme ihn anspricht - genau in dem Moment, als er nach Links blickt und dort eine Art Behausung entdeckt!
Dort steht doch tatsächlich ein kleiner Holzverschlag, aus Müll und rohem Baumaterial gezimmert. Und neben einer umgeworfenen Aschentonne, welche zweifellos zum Schlafplatz umfunktioniert wurde, liegt ein von oben bis unten unendlich verschmutzter, über beide Ohren zahnlos grinsender Kobold und blickt direkt in die Augen des Alchemisten!
"Weißt du, die hätten mich beinahe mal entdeckt, als sie diesn' Reinigungsaufzug oder was auch imma' installiert habn. Glücklicherweise - schätz' mal für uns beide - 'klemmt' die Tür hier herauf, nicht wahr! Hahaha! Da habense einfach von unten die Pfeiler montiert... Ach ja... Ich sags dir, es ist nicht mehr leicht heutzutage hier, nicht wahr? Hahaha! Das muss ich dir ja nich erzähln, nehm ich an... Muss schon sagn, beeindruckende Show die du hier abgezogen hast - meine Güte, was für Zeug ihr Jugendlichen euch heutzutage hineinpfeift. Bei uns damals war ja Schimmelkraut inner Pfeife schon tödlicher Stoff. Aber zumindest sindwa davon nich' mutiert!" Er lacht erneut laut auf, wobei er sich aufsetzt und Razhan die äußerst hagere Statur des alten Boldes erkennt. "Ich hätt echt gedacht, die würden dich spätestens im Lehrzimma erwischen... Aber nene - Du bist echt ein schlauer Fuchs! Hast ja mal den Ganzen Häuserblock in ordentliche Aufruhr versetzt mein Lieber, Razhan - nich wahr? Das wird nich' leicht für dich werden, hier wieda heil heraus zu kommn. Aba keine Sorge, hier oben biste sicher. Ach, ich Freggle! Wo bleiben eigentlich meine Maniern'? Gestatten-" der Kobold steht auf und klopft sich den Staub, mehr schlecht als Recht von den Knien.
"Ammadeus Noria - Chef und ehemaliger Eigentümer von ChemieNoria!" Er reicht die dreckige, ölige Hand dem Alchemisten zum Gruße.