Wie vereinbart, wartet Kiyo zusammen mit einem Doshin vor dem Lager auf Hiromi und Tadao. Mittlerweile ist es dunkel geworden und der am Tag so leuchtend weiße Schnee wirkt nun im Schein des Mondes fahl und blass. Ohne große Worte macht sich der kleine Trupp auf den Weg. Die Spuren der Ratlinge führen am Fuß des Bergausläufers entlang. Der Schnee knirscht unter den Schritten der Verfolger und ein leichter Wind bläst ihnen durch die Dunkelheit entgegen. Kleine Schneeflocken weich, wie Federflaum werden auf der Haut zu Wassertropfen.
Anders als bei Tag, fällt es der Kitsune und ihrem Helfer um ein Vielfaches schwerer die Spuren der Ratlinge zu finden, insbesondere da die Nezumi jegliche befestigten Wege meiden und statt dessen ihre selbst gewählten Wege gehen. Nach einer Stunde durch Dickicht und Schnee scheinen die Spuren bergauf zu führen. Nur noch vereinzelt stehen knorrige Bäume und das laublose Geäst kleiner Büsche. Dafür schmiegt sich unter das Säuseln des Windes ein gleichmäßiges Rauschen. Als Hiromi von den Spuren aufblickt, sieht sie in der Ferne feinen Nebel aufsteigen. Sie signalisiert den anderen Vorsichtig zu sein und schreitet dann so leise ihr das möglich ist voran. Tadao, Kiyo und der Doshin folgen. Plötzlich ist ein lautes Knacksen zu vernehmen. Sofort führt Kiyo die Hand über den Tsuka
[1] und dreht sich um. Der junge Doshin zuckt erschrocken zusammen, gibt einen kurzen Schrei von sich und stochert mit seinen Yari
[2] im Halbkreis durch die Dunkelheit. Nur der bebende Atem des jungen Mannes ist zu vernehmen. Die eiserne Speerspitze fängt kaum sichtbar, den Schimmer des Mondscheins. Für einen Moment scheint selbst der Wind still zu stehen. Dann beugt sich Kiyo nach unten und hebt einen zerbrochenen Zweig aus dem Schnee. "Yuji-san!" Ihre Stimme ist scharf wie eine Hanzo Klinge: "Verschwinde zurück ins Lager ehe ich dir mit diesem Zweig alle Knochen breche!" Er wirft sich beschämt zu Boden: "Vergebt mir Herrin, ich bin es nicht wert unter Euch zu dienen." Kiyo gibt ihm einen leichten Stoß mit dem Fuß und als er schon aufstehen und gehen will überlegt sie es sich noch ein mal anders: "Halt, du wirst genau hier stehen und Wache halten." Sie wirft ihm den Zweig vor die Füße und dreht sich dann um, um zu Hiromi und Tadao auf zu schliessen.
Im Lager ist in Zwischenzeit Ruhe eingekehrt. Sake, Decken und im Feuer erhitzte Steine sind das einzige Mittel gegen die Kälte der Nacht und helfen den geschundenen Körpern den so wichtigen Schlaf zu finden. Draußen vor dem Zelt der Seppun steht Kikuchiyo und blickt in den nächtlichen Himmel. Takumi und Yuki haben es sich auf den dicken Ästen einer Zeder bequem gemacht. Der Vanara hatte, während die Rokugani mit dem Bau der Zelte beschäftigt waren, seine ganz eigene Schlafstelle mit Hilfe von über Kreuz gelegten Ästen und Stofffetzen aus seinem Tragetuch gebaut. Aus der Ferne kann man nur seine baumelnden Beine erkennen. Auf seiner Brust liegt Yuki und ab und an ist von ihr ein einem Grollen gleiches, tiefes Schnurren zu hören.
Isamu tritt aus seinem Zelt in die Nacht und stellt sich zu Kikuchiyo. Schweigend folgt sein Blick dem von Kikuchiyo. Als er den Vanara auf dem Baum entdeckt, lächelt er. Die beiden jungen Männer stehen gemeinsam und blicken in das kleine Feuer, welches von einem der Doshin am Leben gehalten wird. Nach einer Weile blickt Isamu auf: "Ich werde jetzt schlafen gehen, Kiku-san. Wenn ihr es wünscht so bin ich bereit Euch in zwei Stunden ab zu lösen." Dann verschwindet er im Zelt.
Kurze Zeit später, kann Kikuchiyo beobachten wie sich eine dunkle Gestalt von einem Zelt zum anderen bewegt. Es ist Masome, hinter die Felsen schreitet um einen stillen Ort zu finden. Es vergehen einige Minuten und aus dem gleichen Zelt tritt Noboru. Er trägt eine dicke, dunkle Decke über seinem Kimono und begibt sich ebenfalls in Richtung des Felsenfelds.
Hiromi, Tadao und Kiyo haben mittlerweile den Gebirgsbach erreicht. Wie eine schwarze Schlange bahnt sich das Wasser den Weg durch den Schnee. Die Spuren der Ratlinge folgen dem Flusslauf bis sie zu einem kleinen Wasserfall kommen. Dort am Ufer steht aus Stein gehauen ein kleiner Schrein. In den Stein ist die Welle, das Zeichen des Wasser Kami geschlagen. Hier entdeckt Hiromi auch wieder die Spuren von Schneeschuhen. Die Spuren der Nezumi enden jedoch am Schrein und so liegt die Vermutung nahe, dass die Ratlinge an dieser Stelle das Wasser überquert haben müssen.
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