Die Hände hinter dem Rücken verschränkt, hat Damian seine Schritte an Razgrim angepasst und läuft neben dem Zwerg. Damian fühlt dieselbe Unruhe in sich. Furchen ziehen sich durch sein Gesicht, als er den Blick in Richtung der Feste Schildwacht hebt. Sie befinden sich zu weit in den unteren Ebenen der Stadt, als dass er die Feste tatsächlich sehen kann, aber der schwarze Rauch, der immer noch in den blutroten Himmel steigt, spricht Bände.
Damians Stimme ist tonlos.
"Wäre der Wächterstein noch intakt, könnte kein Dämon Kenabres betreten."
Es ist eine simple Feststellung, aber doch birgt sie niederschmetternde Wahrheit und Fragen, die Damian schon eine ganze Weile umtreiben. Was war passiert? Ein Angriff der Dämonen hätte außerhalb, tief in der Weltenwunde abgefangen werden müssen. Dafür taten nicht zuletzt er und die anderen Späher ihre Dienste. Kenabres besteht seit Anbeginn der Wunde. Wie hatten die Dämonen unbemerkt angreifen können? Doch die wirklich grausamen Fragen liegen tiefer: wer hat sie verraten? Die Feste Schildwacht wurde vor dem Angriff der Dämonen von einem Beben zerrissen. Die Verteidigung der Feste obliegt nur den besten und treusten Wächtern der Stadt. Wie war es möglich gewesen, hier einen Verräter einzuschleusen? Der Wächterstein war das Herz der Verteidigung von Kenabres gewesen, weitaus kostbarer als alle Regimenter und entsprechend wurde er auch beschützt.
Damian spricht diese Fragen nicht aus. Alle wissen von den Kultisten und Verrätern, vom Tod der Schutzpatronin der Stadt. Auszusprechen, dass die am stärksten verteidigte Stellung innerhalb der Stadt unterwandert worden sein musste, würde wahrlich nicht die Moral der Gruppe heben.
Stattdessen geht Damian auf Razgrims zweite Frage ein.
"Im Brief, den wir bei Hosilla entdeckten, hat Staunton Vhane auch schon von Vorlesh geschrieben. Der Schöpferin der Weltenwunde selbst. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Sie ist genauso eine Legende wie die Runenfürsten. Hättet ihr mir noch vor ein paar Tagen gesagt, dass Areelu Vorlesh leibhaftig in Erscheinung treten soll, hätte ich euch für verrückt gehalten. Doch jetzt, ich weiß es nicht. Angenommen, sie wird nach Kenabres kommen. Was würde sie hier noch wollen? Terendelev ist tot, der Wächterstein zerbrochen. Die Weltenwunde wächst von alleine."
Er bricht seinen Redeschwall ab. All seine weiteren Gedanken sind wieder nur düster. Wenn es keinen Weg gibt, den Stein zu reparieren oder einen neuen Stein zu errichten, ist Kenabres ganz verloren, ganz gleich, ob Königin Galfrey die Stadt befreit. Wenn die Königin überhaupt noch lebt.
Er schüttelt den Kopf und blickt dann seitlich zu Razgrim.
"Vielleicht sollten wir uns fürs erste keine Gedanken um sie machen, sondern uns darauf konzentrieren, alle hier in Sicherheit zu bringen. Wo immer das auch ist."