Nachdem alle gesättigt sind, sogar Tristan, sitzen die Gefährten noch eine Weile beisammen, erschöpft und wenig gesprächig. Freydis bleibt eine ganze Weile lang fort; ihre Rückkehr kündigt sich durch einen Aufschrei aus der Eingangshalle an.
"Nein, halt, wer hat euch denn rausgelassen! Hört auf, ich bin doch nicht... was denn, aber doch nicht alle auf einmal! Pfui, was habt ihr denn da... nein, lass das! Ja genau... da geht's lang! Da riecht es nach Essen, nicht wahr? Da wollt ihr hin und mich in Ruhe lassen!"Tatsächlich tauchen die ersten Welpen lange vor Freydis im Türrahmen zum Speisesaal auf, alle neun als enges Knäuel. Rogars gerade erst sortierte Ausrüstung gerät binnen Kürze durcheinander, so auch der Rest des Raumes. Kurz hinter Freydis taucht auch Uther wieder auf. Trotz des Durcheinanders, das die Welpen veranstalten, zieht er als erstes Lîf auf die Seite.
"Ihr braucht Euch keine Sorgen zu machen: von mir erfährt niemand etwas", versichert er ihr.
"Gerne will ich mich auch um die sichere Verwahrung Eures Gatten kümmern, während Ihr nach einem Heilmittel sucht. Ich werde aufpassen, dass er weder sich noch anderen Schaden zufügen kann und dass die Behadrim, sollten sie hier auftauchen, nicht von seinem Zustand erfahren.""Und ich kann helfen", ergänzt Freydis.
"Ich glaube nicht, dass ich oben im Kloster übernachten will, auch wenn's praktisch wäre, aber ich glaube, das wäre mir zu gruselig.""Und Solveig wird sicherlich auch ein Auge auf ihn halten wollen", fährt der Fürst fort.
"Mit Eurer Erlaubnis würde ich meine Schwester gerne einweihen."~~~
Die Abendschatten sind schon lang, als sich die Anwesenden noch einmal aufraffen, die letzten Dinge zu klären. Uther hat ihnen angeboten, bei ihm zu übernachten:
"Freie Schlafkammern hat's hier wahrlich genug!" und so bleibt ihnen wenigstens der Marsch in den Ort zurück erspart. Als erstes führt Uther sie, wie versprochen, in die Kammer des Vaters (und die beiden Nebenkammern), in welchen dieser ein ungläubliches Sammelsurium an Dingen aufgehäuft hat, teils kaputt, teils reparierbar, teils von mysteriösem Zweck. Nutzloser Tand liegt hier wild durchmischt mit vereinzelten Stücken von herausragender Handwerkskunst. Dazwischen entdeckt Lîf, die auch hier nach Magie Ausschau hält, gar ein Dutzend Dinge mit leichter Aura. Sie spricht Uther darauf an, da sie sich nicht ganz sicher ist, ob dieser überhaupt weiß, was sein Vater da alles angesammelt hat. Er ja, stellt sich heraus, dank Solveig und Merle – der Vater wusste es nicht.
Für sich selbst wählt Lîf einen Ring, der laut Uther Stürze verhindern oder abmildern solle. Ein schmales silbernes Band, wie aus Federn. Merles Kessel hat sie ja schon eingesteckt. Ein wenig ratlos schaut sie sich weiter um. So recht weiß sie nicht, was ihr hier nutzen soll. Viele Waffen liegen hier und Rüstungsteile und... was ist das? Das sieht ja so aus, als könne es ihre Größe haben. Als sei es für eine Frau gearbeitet. Schön weich und gar nicht mal so schwer, sollte es aber trotzdem die schlimmsten Hiebe abhalten: ein Fellhemd. Sogar die seitlichen Riemen scheinen ihr praktisch, sollte sie es längere Zeit tragen müssen und in der Körpermitte ein wenig... weiten müssen.
Zuletzt gerät ihr noch etwas Kurioses in die Finger. Irgendwo in den Tiefen einer Kleiderkiste – sie holt es bloß heraus, weil es ihr so seltsam erscheint und weil es eine leichte Aura hat – ein paar Ärmelaufschläge, ganz ohne Hemd und ohne Ärmel. Doch als Lîf sie über ihre eigenen Ärmel stülpt, steht sie plötzlich in kriegerischer Gewandung da. Als sie Aeryn ihren Fund zeigen will – und den Rat der Elbin einholen, welche Rüstung wohl besser sei – da steht sie nicht in Kriegermontur, sondern in waldgrüner Jägerkleidung vor ihr. Ein dritter Versuch – die Herren sind inzwischen hereingekommen, um zu schauen, was hier los ist – verwandelt Lîfs Kleidung in ein weißes, hauchzartes, weich wie Wasser fallendes (und ungefähr ebenso blickdichtes) Gewand, über der Brust dazu noch eng geschnürt und tief ausgeschnitten... tatsächlich hat Lîf gerade an Ninae gedacht, als nämlich Kjartan hereinkam...
[1]Sie will die Ärmel schon in die Kiste zurücklegen, da sie sich ja auch schon drei Teile ausgewählt hat, da sagt Uther:
"Die könnt Ihr gerne auch noch haben. Wer weiß, wozu es nützlich sein könnte. Denkt zum Beispiel an eine der Heilerinnenschwestern – und ihr seid wie sie gekleidet. Oder denkt an dunkle Kleidung, und Ihr werdet nachts weniger leicht bemerkt. Als Junge hatte ich sehr viel Spaß damit. Und es hat mir bei manchem Schabernack geholfen."Rogar, der mit sehr kritischem Blick an die Sache herangegangen war – Menschenrüstung passt ihm nicht, Kleidung auch nicht, die Waffen taugen alle nichts – wird dann wieder Erwarten (und dank Uthers Erläuterungen) schnell fündig. Äußerst zufrieden verstaut er seine beiden neuen Stücke: ein Amulett, das die Haut erhärten lässt wie die Rinde eines Baumes, und einen Umhang, der (wenn's stimmt!) allerlei Unglück abwehren soll. Danach begibt er sich in Richtung Keller, woselbst er Merles Tränke zu ordnen und zu identifizieren gedenkt.
[2]Abdo, der mal wieder kaum weiß, wo hinschauen, als Lîf plötzlich in einem eher zu Ninae passenden Gewand dasteht, wendet sich dennoch an sie:
"Hm, ähm, was ist das, was du da in deiner, äh, Schürze trägst... das wie Kristallsplitter aussieht... darf ich das mal sehen?"Als Lîf ihm das Tuch mit den aufgesammelten milchigen Glas(?)splittern reicht, wird Abdo unerklärlicherweise ganz aufgeregt.
"Das sind tatsächlich Kristallsplitter... und nicht irgendein Kristall! Sie stammen von einem Psikristall!"Unverständliche Blicke treffen ihn von allen Seiten nach dieser Äußerung.
"Psikristalle... reagieren auf bestimmte Frequenzen... die ein trainierter Geist... also Hirnströme... ähm... sie speichern... konzentrieren... fokussieren... ähm. Also, meine alte Meisterin hätte es euch vielleicht erklären können.""Magie?" fragt Lîf.
"Komisch. Ich spür da gar nichts.""Ja," erwidert Abdo.
"In meiner Heimat kennen wir keine Magie wie ihr in Dalaran, aber das hier... ist vielleicht unsere Art davon."Er sucht sich drei Stückchen heraus, die ihm am besten erhalten zu sein scheinen, und steckt sie ein.
Ein Jauchzen aus dem Nachbarraum lenkt ihn ab. Gleich darauf kommt Aeryn hereingestürmt und hält ihn einen seltsam geformten Stecken unter die Nase und redet so aufgeregt, dass er kein Wort versteht (möglicherweise spricht sie auch gar nicht Suli sondern Elbisch?)
"Ein Bogen!" bringt Aeryn endlich verständlich heraus.
"Ein elbischer Bogen. Ein Komposit-bogen. Siehst du, wie er hier zurückgebogen ist! Das gibt extra Stoß! Das macht einen Zug...! Sehne ist keine dabei, aber da kann ich mir leicht eine neue machen. Passendes Handwerkszeug habe ich schon gefunden. Ha!""Ach, und das hätte ich fast vergessen", ruft Uther aus der Schlafkammer herüber.
"Hier am Bett stehen noch etliche Heilwasser, die wir vom Kloster haben kommen lassen. Die muss man ja nicht schal werden lassen. Die beiden vordersten habe ich mitgebracht, als ich neulich selbst dort war, das sind die frischesten. Die vier in der zweiten Reihe sollten auch noch etwas taugen. Die verstaubten dahinter... wohl eher nicht. Vater hat nie so recht begreifen wollen, dass man Heilwasser nicht auf Vorrat sammeln kann. Vielleicht kann Solveig sie noch für ihre Elixire gebrauchen. Wo wir gerade von Vater sprechen... Ich denke, ich sollte mich da heute abend noch drum kümmern..." Mit einem Seufzer lenkt er seine Schritte in Richtung Keller.
"Jemand sollte ihm dabei helfen", murmelt Freydis.
"Ich wollt' ja sowieso mir die Tränke noch etwas genauer anschauen..." Und sie eilt hinterher.
Abdo findet noch einen ordentlichen Kampfstecken, der besonders gut in der Hand liegt, und einen Armschutz aus weichem Leder, der ihn nicht in der Bewegung einschränkt, aber trotzdem einen leichten Schutz vor Verletzung bietet. Eins der guten Heilwasser steckt er auch ein.
[3]Die Elbin wühlt derweil in derselben Kleiderkiste, aus der Lîf die Ärmel zog, und taucht mit einem Hut in der Hand wieder auf, der so aussieht, als passte er genau zu den Ärmeln. Ohne Zögern setzt sie ihn auf den Kopf und vor den Gefährten steht: ...
[4]