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Kapitel II: The show must go on

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Ayleen Chepi Anitsiskwa:
Ayleen lauscht den Worten des Orakels mit ernsthaftem Respekt und lässt sich von Lauras Art nicht irritieren. Sie signalisiert über weite Strecken des Wortwechsels ihr Verständnis und unterdrückt den Schauer, der ihr bei der Erinnerung an die Herren in Grau über den Rücken läuft. Die Warnung des Orakels vor den Erkenntnissen, die die große Geistreise einem verschafft, lässt die junge Indianerin und Enkelin einer Schamanin innerlich sarkastisch grinsen. Wieviele Wege sie alleine in der einen Welt rund um das Konversatorium zu beschreiten versucht und wie 'einfach' das Wissen war, was sie aus ihrer ersten Reise zu den ewigen Jagdgründen mitgenommen hatte, ist ihr sehr deutlich bewusst. So sieht sie kurz bedeutungsvoll zu Eddy und vor allem seinem Buch hinüber, als der unbekannte Ausdruck Sluagh fällt. Dann fragt sie direkt: "Mit welchem Namen und welchem Ruf ist mein Erbe hier in dieser Welt verbunden? - Wenn ihr so freundlich wäret, es mir zu verraten?" Dann schaut sie noch einmal in die Runde und verkündet schließlich: "So es unsere Hilfe für unsere Freundin nicht unmöglich macht, möchte ich bitte auf die große Geistreise geschickt werden. Eine solche Hilfe zur Orientierung ist mir vertraut und ich empfinde auch ire Notwendigkeit." Dann greift sie in ihre Beutel und beginnt, ihren eigenen Medizinbeutel hervorzukramen. Den anderen teilt sie zur Beruhigung mit: v"Habt keine Sorge, was diese Reise angeht, ei Schaden wird nicht daraus erwachsen. Im schlechtesten Falle wird das Verständnis des Erfahrenen erst mit der Zeit kommen."

Ricky:
Ricky bleibt nicht viel zu sagen. Er kennt sich mit den Gebräuchen der Indianer nicht aus. Also vertraut er auf Ayleens Einschätzung.
"Wenn du meinst...dann ist das wohl okay.
Also los dann."
Mit einem hoffentlich aufmunterndem Lächeln richtet er sich auf und wartet auf die Geistreise.

Changeling:
Auf Ayleens Frage lächelt das Orakel. "Du weißt es schon. Ich helfe dir, dich zu erinnern." Mit ihrer und Rickys – wenn auch zögerlicher – Zustimmung und nachdem auch Laura Ann, Sonnenauge und Eddy genickt haben, beginnt es mit den Vorbereitungen für eine Zeremonie, die mindestens dreien von ihnen fremd scheint: Um das Feuer in der Mitte werden verschiedene Lederbeutel und Tontöpfe gruppiert, deren Geruch zum Teil verrät, dass sie getrocknete, zerriebene Kräuter, Wurzeln und ähnliches enthalten. Eine zumindest milde halluzinogene Wirkung schwant den Gefährten nach ein paar prüfenden Atemzügen durch die Nase. Laura Ann murmelt leise etwas und schüttelt den Kopf. Gerüchten in Gatsburg zufolge steht sie beim dortigen Lehrkörper im Verdacht, schon erste Erfahrungen mit ganz ähnlichen Substanzen gemacht zu haben... Bei einigen anderen Beuteln vermutet zumindest Ayleen, dass es sich eher um Medizinbeutel handelt, die heilige Medizinen enthalten und nicht etwa im Feuer landen werden.

Dann bereitet das Orakel einen Sud vor, den sie alle trinken müssen – ein Gebräu, das zwar würzig, aber nicht gerade angenehm schmeckt und auf der Zunge ein pelziges Gefühl hinterlässt. Davon abgesehen verspüren sie zunächst keine Wirkung auf ihre Sinne. Jedenfalls keine negative. Im Gegenteil: Sie stellen erstaunt fest, wie intensiv sie den angewiderten Ausdruck auf Laura Anns Gesicht wahrnehmen, der der Sud offenkundig ganz und gar nicht zusagt. Auch die Gerüche aus den Lederbeuteln und Tontöpfen scheinen ganz von allein kräftiger zu werden. Und dann setzt ein regelmäßiges Wummern ein, das – nein, nicht von ihrem heftigen Herzschlag kommt, sondern eher umgekehrt die Herzen dazu bringt, sich seinem Takt anzugleichen. Auf einer kleinen, mit Tierhaut bespannten Trommel schlägt das Orakel den langsamen Rhythmus und wandert dabei im Kreis um die Sitzenden und das Feuer in ihrer Mitte herum.

Dichter werdende Schwaden betäubender Düfte ringeln sich zwischen ihnen in die Höhe. Und allmählich, ganz allmählich gesellt sich dem Trommelschlag auch leiser Gesang bei. Wortlos, nur ein Summen zunächst, von einer Stimme, in der sie nur mit Mühe die des Orakels wiedererkennen, weder männlich noch weiblich, aber irgendwie auch beides zugleich und vor allem von einer hypnotischen Wirkung, die ebenfalls ihren Herzschlag mitzunehmen scheint. Vor ihren Augen verschwimmt die Umgebung, ihre Körper werden leicht wie Federn und erheben sich vom Boden, um der steinernen Decke der Hütte entgegen zu schweben – oder bilden sie sich das nur ein..? Die Erinnerung an ihr erstes Erlebnis mit dem Tor in dem alten Lichtspielhaus steigt wie aus dem Nichts auf... und dann fallen sie in ein Kaleidoskop aus Farben hinein und spüren:

Ihre Große Geistreise hat begonnen.

~ Ende des zweiten Kapitels ~

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