Auf Ayleens Fragen schweigt Eddy eine Weile. Sie marschieren auf die herumtollenden Satyre zu, bis er schließlich meint: "Soweit ich weiß, vergeht die Zeit hier im Wesentlichen wie dort. Aber es ist auch möglich, dass sie gelegentlich schneller oder langsamer verläuft. An einigen heiligen Orten der Stämme, die hier leben, kommt sie fast zum Stillstand. Andererseits gibt es Stellen, an denen du Jahrhunderte durchleben würdest, ehe in Gatsburg der Sommer herum ist. So erzählte es mir Goibniu jedenfalls. Ich war ein paar Male hier, habe aber nie bemerkt, dass drüben, auf der anderen Seite, mehr oder weniger Zeit vergangen wäre als hier." Mit dieser langen Rede scheint sich der Troll auf seltsame Weise verausgabt zu haben, denn er verfällt wiederum in Schweigen.
Erst als sie bei Ricky und Laura Ann ankommen, gibt er wieder einen Ton von sich – ein unwilliges Knurren. Das Mädchen hat sich derweil kreischend und strampelnd im Gras herumgewälzt, einige halbherzige Versuche machend, Ricky ebenfalls zu kitzeln. Als die Gestalten ihrer beiden Gefährten über ihnen aufragen, bleibt sie keuchend und sichtlich erhitzt auf dem Rücken liegen. Mit einem Funkeln in den Augen blinzelt sie zu ihnen hinauf. Ihre Züge zeigen eine solch ausgelassene, fast kindlich-unschuldige Heiterkeit, dass man ihr nur schwer böse sein kann, obwohl sie sich bei Eddys Anblick ihre knappen Kleider eher zweideutig als schamhaft zurechtzupft und dabei keck grinst.
Der zeigt mit einem Mal einen dunkleren Blauton um die Wangen und sagt barsch, das Buch hervorziehend: "Lasst den Unsinn! Wir sind hier, um Tiffany zu finden!" Worauf Laura Ann meint: "Stimmt ja – die arme Tiffy! Ich hatte sie beinahe vergessen." Ihr Ton ist zwar leichthin, aber seltsamerweise klingt sie ehrlich besorgt und vielleicht ein ganz winziges bisschen schuldbewusst, obwohl ihr Blick dabei recht offen und intensiv über Eddys muskulöse Gestalt gleitet. Schnell scheint sie aber wieder von den Klängen abgelenkt, die Ricky dem Grashalm entlockt. Die ersten Töne sind noch etwas schrill, doch er entdeckt rasch, dass der Halm fast wie eine natürlich gewachsene, grüne Flöte ist. Wenn man an der einen oder anderen Stelle noch mit einem scharfen Messer nachhelfen würde, könnte man daraus vielleicht sogar ein brauchbares Musikinstrument basteln...
Eddy hat sich derweil etwas umständlich im Schneidersitz niedergelassen und den großen Folianten auf seinen Knien aufgeschlagen. Er blättert darin, und die anderen sehen alte, vergilbt wirkende Seiten, die mit einer Schrift in großen, geschwungenen Lettern bedeckt sind, gelegentlich von einer Karte oder einer Zeichnung unterbrochen. "Hier ist es: 'Die Singende Ebene', ein ganzes Kapitel" erklärt er endlich. Dann liest er vor. "Hört mir zu: 'Das Königreich der Brennenden Sonne ist in seinem Herzen flach und eben. Dort, umgeben von niedrigen Bergketten wie der Boden einer großen Schüssel, findet sich die Singende Ebene. Viele Stämme leben auf der Ebene, die seit Urzeiten dort ihre Heimstatt hatten. Die meisten Stämme der Nunnehi bis auf die Dineh waren einst friedlich und lebten in festen Siedlungen. Einige waren Freund mit den Wolfsleuten des Landes. Doch viele haben mit der Ankunft der Kithain und dem Untergang der Himmlischen Jagdgründe begonnen, die Ebene zu durchwandern, immer den Herden der Bisons folgend, und sie lernten Fremden zu misstrauen.' Ich glaube, mit 'Kithain' sind wir gemeint. Wir müssen auf jeden Fall damit rechnen, dass wir nicht einfach willkommen geheißen werden, wenn wir eine Begegnung haben."
Damit verstummt Eddy und starrt mit tiefblauem Gesicht auf das Buch, denn Laura Ann ist zu ihm gegangen, während er las, hat sich neugierig über seine Schulter gebeugt, um die schöne Schrift in dem Buch zu bewundern, und dabei gedankenverloren einen ihrer schlanken Arme um seinen Nacken gelegt, während sie mit der Brust gegen seinen breiten Rücken lehnt. Er wirkt mit einem Mal unbeholfen, wie er hilfesuchend zu Ricky und Ayleen schaut.