Die Gruppe entschied also am nächsten Abend zur Bluteiche zu gehen und dort das vermeintliche Treffen der Katzenfrau mit Tamara zu beobachten. Die beiden Wachen hatten keine Einwände, als sie am nächsten Tag beide für die Nachtwache eingeteilt wurden.
Den ganzen Tag über geschah nichts Besonderes. Die Gefangenen verhielten sich still und niemand kam zum Turm. Als die Abenddämmerung einsetzte gingen die drei zum alten Königssitz. Kivan wusste ja, wo die Eiche stand, daher reihte ihnen das spärliche Licht aus, um sich so zu positionieren, dass sie sich einerseits gut verborgen glaubten, andererseits aber so verteilt waren, dass sie der Frau habhaft werden konnten, falls es nötig sein sollte.
Und so warteten sie in ihren Verstecken. Als der Mond aufging war die Sonne bereits mehr als eine Stunde am Horizont versunken. Das helle Licht des Vollmondes tauchte den Platz um die Eiche in ein besonderes Licht, aber immer wieder zogen Wolken vorbei und warfen gespenstische Schatten. Bald mussten alle gegen die Müdigkeit ankämpfen. Der Mond stieg immer höher, aber alles blieb ruhig.
Kivan entdeckte schließlich den Schatten zuerst, der sich langsam aus der Ruine dem Baum näherte. Es war eine schlanke Silhouette, in einen engen dunklen Mantel gehüllt. Er hatte nichts anderes erwartet. Die Gestalt, es war sicher nicht Feliz, denn der Gang der Katzenfrau war ein anderer, ging langsam aber zielstrebig auf den Baum zu. Sie schien die Gruppe nicht bemerkt zu haben. Kurz bevor die ihn erreicht hatte, fiel ein dunkler Schatten aus dem Geäst und dort stand nun Feliz, nur wenige Meter von der Gestalt entfernt. Sie musste schon im Baum gesessen haben, als die Gruppe ankam, oder sie hatte es geschafft, unbemerkt an ihnen vorbei zu kommen und in den Baum zu klettern.
"Da bin ich", sie hörten die melodische Stimme von Feliz als würden sie direkt neben ihr stehen,
"was willst du diesmal?""Ach meine liebe Feliz, ich freue mich auch dich zu sehen. Aber warum so unfreundlich, keiner macht dir einen Vorwurf, dass du bei diesen Leuten so kläglich versagt hast." Es war eindeutig eine Frauenstimme, eine sehr weiche, aber kräftige Stimme. Sie kam der Gruppe nicht bekannt vor.
"Das passiert nun mal, diesmal geht es um etwas anderes. Naja, sie werden sich auch dort herumtreiben, aber eure Wege müssen sich nicht kreuzen. Hier, bitte bring dieses Kästchen zu den Männern im Turmzimmer. Es sind ein paar Süßigkeiten, ein Geschenk von der Schwester des einen Mannes. Sie ist in Sorge um ihn und möchte ihn aufmuntern. Es ist klein genug, um durch die Fenster zu passen. Lass es einfach hinein fallen und das war alles. Am besten noch heute Nacht. Deine Schuld ist bald beglichen, sei unbesorgt. Dann wirst du frei sein und kannst gehen, wohin du willst." Sie gab Feliz einen kleinen Gegenstand und die Katzenfrau, diese schaute ihn nicht an, sondern ließ ihn direkt in ihrem Umhang verschwinden. Dann nickte sie, drehte sich um und war mit wenigen weiten Sätzen in der Dunkelheit verschwunden.
"Auf bald, meine Liebe." Die Gestalt blickte der Katzenfrau noch einen Moment nach, oder sie blickte vielmehr in die Richtung, in die sie verschwunden war, denn zu sehen war nichts mehr. Dann drehte sie sich um und ging langsam in die Richtung zurück, aus der sie gekommen war.
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