Thrarin stellt der erste Teil von Andrezis Antwort einigermaßen zufrieden - wenn der Priester auch für den Geschmack des Zwergen unnötig viel redet. Unter anderen Umständen hätte er mit dem scheinbar offenherzigen Menschen gerne ein ausführliches Gespräch geführt, doch die Situation, in der er sich - in der sie alle sich befinden, machen zu viele Worte zu einer lästigen Zeitverschwendung. Ihm gefällt es nicht, dass sie hier auf sehr spärlichen Empfang getroffen sind - eigentlich auf gar keinen, denn Andrezi ist in der gleichen Position wie sie. Eingeladen zu einem verlassenen Ort... Das ist kein gutes Zeichen, es riecht für einen erfahrenen Kundschafter nach einer Falle, zumindest baut sich in Thrarin mehr und mehr ein ungutes Gefühl auf, was diese Festlichkeit betrifft, zu der sie alle eingeladen wurden. Die Forschungen an thassilonischer Sündenmagie, die Lady Heidmarch in seiner Einladung erwähnt hat, haben Thrarin schon nicht behagt, aber nun scheint die ganze Angelegenheit verschärfter zu sein als angenommen. Zumal Andrezi erwähnt, Runen der besagten Magie an diesem Ort entdeckt zu haben. Magie, der Thrarin deutlich misstraut und die er sogar nach der erschreckenden Begegnung mit Karzougs Dienern, vor allem der todbringenden, lebendigen Statue, fürchtet. Thrarin spürt ein Kribbeln in seinem Nacken und er merkt, dass ihn ein Schauer durchfährt. Zuvor hat er Andrezi zugehört, hat seine anfängliche Schroffheit etwas abgelegt und sogar bei der ein oder anderen Bemerkung des Priesters gelächelt, nun runzelt der Zwerg besorgt - denn besorgniserregend findet er die Neuigkeiten mit den Runen ebenfalls - und nachdenklich die Stirn, sodass sich seine buschigen Augenbrauen in der Mitte fast berühren. Eine innere Unruhe erfasst ihn - noch unruhiger als er zuvor schon gewesen ist. Während Sylara umhergeht, um sich umzusehen - nach Thrarins flüchtigen, aber fachkennerischen Blick ein ziemlich sinnloses Unterfangen -, verlagert Thrarin unbewusst sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen.
"Sehr besorgniserregend", brummt Thrarin zustimmend. "Lady Heidmarch erwähnte in meiner Einladung die Sündenmagie", sagt er, über den Inhalt des Schriftstückes sinnierend und sich daran erinnernd. Er weiß nicht, was den anderen gegenüber erwähnt wurde, deswegen spricht er es einfach aus. "Sie oder andere Mitglieder der Gemeinschaft wollen auf dem Fest demonstrieren, diese Macht unter Kontrolle zu haben."
Jetzt, da er es ausspricht, gefällt ihm die Sache umso weniger. Es hört sich einfach falsch an. Irgendwie.
"Je mehr ich über die Sache nachdenke, desto seltsamer kommt mir das vor", gibt er zu. Er will nicht aussprechen, dass er Sorge hat, die Einladungen könnten unter Umständen gar nicht von Lady Heidmarch stammen, denn er will sich nicht wie ein hysterisches Weibsbild anhören, doch es kann nicht schaden, aufmerksam zu sein und seinen Gefährten mitzuteilen, was er weiß.
"Es ist ein gefährliches Spiel, das auf jeden Fall."
Ist es ein Zufall, dass gerade heute, am Tag der angeblichen Enthüllung, Sorshen auftaucht, dass sie hierhergebeten wurden, an einen verlassenen und offenbar mit der so fragwürdigen, thassilonischen Magie verseuchten Ort? Ist es Zufall, dass gerade heute Mitglieder des Konsortiums in den Gassen Magnimars lauern, als würden sie wissen, dass Kundschafter die Stadt durchstreifen? Oder ist Thrarin nur aufgrund der unerfreulichen Ereignisse etwas paranoid?
Wie auch immer sich das alles erklären lässt: Thrarin traut der Ruhe an diesem Ort nicht. Er ist angespannt und das würde sich erst etwas legen, wenn er wüsste, wo Lady Heidmarch ist. Er muss ihr berichten. Sorshen. Allein diese uralte Hexe bedeutet Ärger - sehr, sehr großen sogar.
Doch Gelegenheit, das Erscheinen der Runenfürstin anzusprechen, bleibt ihm in diesem Moment nicht, denn zwei weitere Gestalten tauchen urplötzlich auf. Ein Orkblut und ein Geschuppter, aber scheinbar auch Kundschafter. Zuerst in Thrarin etwas irritiert, da der Halbork ohne eine Erklärung aufträgt, eine Botschaft an ein "Frauchen" weiterzugeben. Doch als der Echsenmann seinen Wegfinder zeigt, wird die Angelegenheit für Thrarin schon um einiges klarer. Lady Heidmarch muss mit dem "Frauchen" gemeint sein. Auch er zeigt kurz seinen Wegfinder, einfach nur, um die Geste zu erwidern. Den beiden Fremden scheint klar zu sein, Kundschafterkollegen vor sich zu haben, aber so sieht auch Andrezi, dass Thrarin zu den Kundschaftern gehört, obwohl er deren Zeichensprache nicht beherrscht. Natürlich, er könnte seinen speziellen Kompass einem Kundschafter abgenommen haben, wenn man es genau bedenkt, aber dies wäre wohl ein abwegiger und für Thrarin auch beleidigender Gedanke. Er sah sich nicht als Dieb oder Grabräuber - auch wenn sich in dem Punkt die Meinungen, sichtbar an der Begegnung mit dem Grabstätten-Fanatiker vorhin, spalten.
Dem, was der zischende Echsenmensch sagt, kann Thrarin gut folgen. Der Fremde stellt sich und seinen Freund als Otak und Torkk vor, Kundschafter, die seines Wissens nach für Lady Heidmarch gearbeit haben. In den letzten Monaten und Jahren scheinbar intensiv, den in der Zeit sind ihre Namen in Thrarins Anwesenheit öfter gefallen. Otak ist ein Halbork aus den Belkzen, berüchtigt für seine Körperkraft und war, wenn man Gerüchten Glauben schenkt, die letzten Monate Anführer der Gruppe in seiner Heimat. Der zischelnde Geschuppte Torkk ist ein Druide von Shimye-Magalla und dient Gozreh wie auch Desna, was auch sein abschließender Wunsch, dass Gozreh und Desna ihnen lächeln möge, unterstreicht. Scheinbar haben die beiden erfahrenen Kundschafter nun genug von der Arbeit für die Kundschafterloge von Magnimar. Torkk erwähnt, dass sie nun für Reginar, der, soweit Thrarin weiß, die Expedition zur Insel des Terrors leitete, die die Stadt des Goldenen Todes versiegeln konnte, und für Eando Kline arbeiten würden. Den Namen des Letzteren hat Tharin schon seit einiger Zeit nicht gehört, da Kline die Kundschafter verlassen hat. Er hat noch nicht einmal gewusst, dass dieser noch lebt.
"... Sich an Skarin Thrune und Dusan rächen, soso", denkt Tharin noch im gleichen Moment, in dem Torkk das Vorhaben ausspricht. Skarin Thrune hat für die Kundschafter, aber auch für die Roten Mantis gearbeitet. Und das als Angehöriger des cheliaxanischen Adelshauses Thrune. Es ist verwunderlich, aber über seine wahren Hintergründe weiß vielleicht nur Skarin persönlich Bescheid. Auch der letzte Name ist Tharin bekannt. Dusan Dremlock hat als Kundschafter etliche Jahre auf der Insel des Terrors als einziger Überlebender verbracht und wurde von Skarin gerettet. Offenbar scheint er seinen Retter nicht verlassen zu haben, wenn Torkk und Otak nun nach den beiden suchen.
Aber das Treffen mit den beiden Kundschaftern in diesem Moment ist für Thrarin doch etwas überrumpelnd, vor allem, da die zwei so schnell wieder verschwinden und das Wort "Drache" im Raum stehen lassen. Kann die Situation überhaupt noch schlimmer werden? Scheinbar schon.
"Sagt mir, dass das ein schlechter Scherz war", bringt er entrüstet in Richtung von Sylara und Andrezi hervor.
Thrarin sieht den fliehenden Kundschaftern nur einen kurzen Moment hinterher und geht dann sichtlich aufgeregt umher, seine Hand an seiner Streitaxt am Gürtel ruhend, und sucht den Himmel ab.
[1] Ein Drache?! Kein Wunder, dass nicht wenige seines Volkes noch immer mit einem Leben unterhalb der Erdoberfläche Vorlieb nehmen. Da gibt es Drow und anderes Kroppzeug, jedoch keine feuerspeiende Ungetüme, deren Schädel man nicht mit der Axt spalten kann, weil sie fliegen können.