DIE BEHADRIM
Gottes heilige Hirten
„Wenn du dich selbst verrätst, um dich zu retten, dann ist nichts mehr von dir übrig, was wert ist, gerettet zu werden.“
Priester Johannes,
auf Pilgerfahrt zum Gottmal
Seit der Ankunft des Propheten ziehen die heiligen Männer als Pilger durch das Land und verbreiten die Lehre der Behadrim unter dem Volk von Dalaran. Gemieden und gefürchtet hat es sie so viele Jahre lang, sich abgewandt zu der Erdengöttin und den Ahnen der Vergangenheit, doch die Männer des Propheten vergingen nicht, wie es den Vergessenen zukommt. Sie predigten und bekämpften, wie es ihre Pflicht war, und sichelten die karge Ernte des mühsam Gesäten. Nun, da die Diener des Urian immer lauter Anspruch erheben auf das Wolfsland, da die Menschen sich ohne Hoffnung sehen im ewigen Kampf gegen die Dämonen, scheint ihre Stunde gekommen. Es verstummen die Fragen über die dunklen Geheimnisse des heiligen Bundes. Die wehrlosen Kinder strecken die Hand aus, und die heiligen Hirten sind da, sie zu ergreifen.
Die Welt erschuf Er nicht als Ödland, für die Menschen hat Er sie bestimmt. Das Rad der Zeit ist die Ewigkeit – doch in seiner Unvollkommenheit gefangen. Gut und Böse stehen im Kampfe, aber zu entscheiden ist ein einziges Mal. Folge dem Licht in der beschränkten Zeit und zolle Tribut dem rechten Weg, auf dass die Horden des Feindes und die eigene Versuchung in deinem Herzen machtlos sind. Es ist die Saat in dir, die den Schatten wirft. Merze sie aus in deiner Seele und die Welt wird sich verbessern und tue dies jeden Tag aufs Neue. Denn erst wenn ein jeder Schatten eines jeden gebannt ist von unsrem Lande, wird Licht sein in seiner Vollkommenheit – und die Ewigkeit wird den Kampf beenden.
Des Propheten Worte
Im Dunkel der braunen Kapuzen gebeugt, zogen die Priester der Behadrim viele Jahrzehnte lang durch Dalaran und suchten die wenigen, die bereit waren, sich der Lehre vom Licht und dem tobenden Kampf gegen die Diener des Urian – das Böse – zu öffnen. Die Menschen, in ihrem Glauben an die Erdengöttin Gaja und an die wärmenden und leitenden Geschichten der Ahnen, wandten sich ab von der neuen Lehre einer besseren Welt – unfähig, diese Ferne und Weite zum Kern des Glaubens zu überbrücken. Gefürchtet und gemieden, Ausgestoßenen gleich, erhoben sie die Stimme wider die Zeit und stemmten sich gegen die Angst des Volkes. Und entgegen allem trieb ihre Frucht endlich neue Wurzeln.
Bescheidene Klöster begannen zu wachsen an abgelegenen Orten, in Ferne von den verängstigten Menschen und ihren Siedlungen. Nach den Worten des Propheten, einfach und hart sollten sie sein und wurden so zum Stoff für weitere Legenden über die geheimnisvollen Männer, deren heilende Künste in der Not erbettelt und bei klarem Tage verwunschen wurden. Doch so wie die Unwissenheit schon immer eine Quelle des Hasses für das Volk gewesen war, war sie für die Mutigen auch eine der Neugier. Fürsten und ältere suchten die Männer in den braunen Kutten auf und fragten nach Rat – die Behandrim sprachen vom Kampf zwischen Licht und Urian und der Unvollkommenheit, in der die Welt gefangen ist. Sie sprachen von der dunklen Saat in einem jeden Menschen und dass all das Böse, dass sie tagtäglich zu bekämpfen suchten nur Ausdruck und Ausfluss der inneren Saat sei. Es sei die Pflicht aller, die inneren und äußeren Dämonen mit Geist und Schwert zu bekämpfen. Denn nur wenn jeder Mensch in sich selbst zur Vollkommenheit gelangt, wird es gelingen, die Diener des Urian aus dem Land zu bannen. Dann und erst dann wird der Kreis sich schließen und die Ewigkeit beginnen. Die Behadrim sprachen und mutige Männer horchten den Worten. Die Knospe des Propheten trieb Blüten.
Die heiligen Krieger:
Der Kampf gegen den Urian ist stets vor allem ein innerer Kampf. Dies sind des Propheten Worte. Doch der innere Kampf muss seinen Ausgleich im äußeren finden – im heiligen Krieg gegen die Diener des Urian. Denn sie sind der Spiegel der inneren Saat in uns allen und ihr Sterben ist das Verdorren der Saat und das verdorren der Saat ist ihr Sterben – auf ewig verbunden. In den zahlreichen Schlachten gegen das Böse leisteten die Priester der Behadrim unschätzbare Dienste und trieben das Übel zurück. Doch der Feind ist zahlreich und voller List und die Prediger erkannten bald, dass sie sich nur noch dem Kampf widmen müssten, wollten sie denn die Horden im Alleingang aufhalten – und das Volk bliebe verlassen zurück. Und so beschlossen sie standhafte und gute Männer für den Kampf gegen das Böse in ihre Reihen aufzunehmen – heilige Krieger, mit vernichtender Kraft und reiner Seele, gesegnet vom Lichte, die unermüdlich und unverzagt gegen die Diener des Urian vorgehen würden, überall, wo das Volk sie brauchte. Und so kam es dazu, dass heute die geheiligten Paladine durch Dalaran ziehen, und es vom Joch des allgegenwärtigen Bösen zu befreien suchen.
Der Fürsten waren es viele, die zu den Priestern kamen und mit den Jahren wuchs ihre Zahl beständig, doch es war ein damals noch junger Prinz Namens Jork aus dem Geschlecht der Kuijt, der als erster den Mut aufbrachte, der heiligen Lehre die Treue zu schwören. Jahre später stand er als Stratege des vereinigten Heeres aller sechs Völker an der Spitze der Truppen. Mit ihnen und den Behadrim an seiner Seite sollte er den heldenhaften Sieg bei Bavragor erringen und als erster König von Dalaran seit über 600 Jahren wieder den goldenen Habichtthron von Arteus besteigen. So kam es dazu, dass die heiligen Hirten zu den weisen des Landes und den stetigen Beratern der Fürsten wurden. In vielen der Fürstenhallen wurde das Reifkreuz aufgestellt.
Nun, in der Zeit der Herrschaft des Gelspad-Clans, werden die Behadrim immer stärker zu den spirituellen Wurzeln des Landes. Immer mehr geraten die Erdengöttin und die Ahnen der Vergangenheit in Vergessenheit und machen Platz für die Krieger des Lichts und das Reifkreiz. In der Zeit der Sorgen, die über die Menschen hereingebrochen ist, sind die gefürchteten Äxte und Schwerter der Paladine und die heilende Hand der Priester einem näher, als die Deutung von Zeichen. Die Behadrim sind da und stellen sich unverzagt den allgegenwärtigen Gefahren. Wo immer ein Kloster steht, werden die Diener des Urian mit Macht zurückgedrängt. Kein Wunder also, wenn der Orden einen Zustrom an Gläubigern erlebt, wie noch nie seit seiner Gründung. Ganze Dörfer werfen sich nun allabendlich vor dem Reifkreuz nieder und suchen in der Meditation ihre Stärke. Die wahrhaft Reinen werden irgendwann selbst das Zeichen tragen. Es ist dieser Einfluss der heiligen Hirten, der es sogar dem falschen König verbietet, gegen die Behadrim vorzugehen. Und dies würde er liebend gerne tun.
Seit dem blutigen Aufstand der Gelspad und der Übernahme des Throns verbreitet sich der Mythos eines Mannes – des Einen. Gezeichneter, Beschwörer, Mal Gani – der Auserwählte. Seine Anhänger in den Ländern reden immer öfter von ihm, und in Hofdag scheinen sie niemals zu schweigen. Und es ist diese Prophezeiung der Behadrim über den Einen, der kommen wird, um das Volk zu befreien vom Joch des falschen Königs, die Wejt I. Gelspad nicht schlafen lässt. Der Legende nach wird der Eine das Reifkreiz als Mal auf seiner Haut tragen und die Ströme der heiligen Kraft in sich vereinen, und es wird sein Schicksal sein, die Welt zu verbessern, so wie es noch vor seiner Geburt geschrieben stand. Es sind diese Reden seiner treuen Priester und der vielen anderen Behadrim, die gerne die Waffe gegen den König erheben, die ihn dazu treiben, jedes Jahr mit größerem Eifer nach Kindern mit dem Mal zu suchen. Doch so sehr sich seine Scharfrichter auch bemühen, noch hat ihre Suche nicht gefruchtet.