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« am: 25.02.2015, 21:19:41 »
Grimmig starrte Bryndis den großen Elfen an. „Dame“, “Frau“. War das wirklich alles, was man je in ihr sehen würde?
Nun verfluchte sie sich, dass sie am Lagerfeuer nicht gesprochen hatte. Bryndis brannte vor Tatendrang, sie wollte keine Nachtruhe. Ihr waren karge Wiesen und Felsen vertraut, sie erinnerten an ihre Heimat und so hatte sie sich als einsamer Späher melden wollen. All diese Schwächlinge um sie herum, wenn es sein musste, würde sie den Haufen ganz allein mit ihrem Hammer verteidigen! Doch der arrogante Blick des Ritters hatte Bryndis schweigen lassen, sie wollte sich bei ihrem Auftraggeber nicht noch unbeliebter machen. Tatsächlich hatte dieser nie vorgehabt, einen Spähtrupp nach Anbruch der Dunkelheit auszusenden und einen kurzen Augenblick lang hatte Bryndis sich zu ihrem Schweigen beglückwünscht. Bis Ritter Goldklee sie zur ersten Nachtschicht mit diesem kaltäugigen Elfen und seinem übermütigen Hund einteilte.
„ Verzeiht MIR, Elf, aber geht nicht von der falschen Annahme aus, dass ich euch nicht mit einem gezielten Schlag meines Hammers außer Gefecht setzen kann. Ich mag eine Frau sein, aber weder bin ich eine Dame, noch bin ich schwach. Vergesst dies nie.“
Eisern hielt sie dem Blick des Elfen stand, der alle Kälte verloren zu haben schien. Als sie sicher war, dass ihr Auftreten einen gewissen Eindruck hinterlassen hatte, gestattete sie sich ein Lächeln, das einen Haufen gelber, schiefer Zähne entblößte.
„ Bryndis Nollurdottir. Freut mich, Euch kennenzulernen...und Euren Begleiter.“
Und wie um ihre früheren Worte abzumildern, vollführte sie einen unbeholfenen Knicks, der sie fast das Gleichgewicht kostete und zu einem grunzenden Lachanfall brachte.
Noch immer kichernd ließ sie sich ins stoppelige Gras fallen und während ihre Augen über die Ebene und die vereinzelten Felsbrocken strichen, die in der Dunkelheit lagen wie schlafende Ungeheuer, wurde sie wieder ernst. Der eisige Wind zerrte an Bryndis Haaren und schnitt in ihre Wangen, doch sie spürte es kaum. Sie war die rauen Nächte des Nordens gewöhnt und statt sich unter eine warme Decke zu wünschen, weckte der Wind in ihr das Verlangen nach Abenteuer. Es war dort draußen, sie konnte es fast riechen. Die Herausfordung, der Nervenkitzel. Sich dieser Gruppe anzuschließen war eine gute Entscheidung gewesen, das wusste sie, sie war auf dem richtigen Weg. Früher oder später würde sie ihre Chance bekommen und endlich den lang ersehnten Ruhm erlangen, den sie sich erträumte. Nur wünschte sie, es wäre eben früher als später. Missmutig seufzend begann Bryndis das Gras um sich herum aus dem Boden zu reißen, ohne jedoch die Augen von der von Schatten überzogenen Steppe zu wenden.