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Archiv => Archiv - Online-RPGs D&D/d20 3E => Gegen den Kreis => Thema gestartet von: Wormys_Queue am 02.06.2006, 22:15:37

Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Wormys_Queue am 02.06.2006, 22:15:37
Die Nacht zwischen Mittsommer und Schildtreff, im Jahre der wilden Magie 1372 DR

Uzima „Mondschatten“ blickte voller Sorge auf den jungen Schamanen, der völlig aufgelöst vor ihr saß. Mitten in der Nacht war sie wach geworden und hatte kaum Zeit gehabt, dem Hauch nachzuspüren, den die Anwesenheit der Geister in ihrem Zelt verursacht hatte, als Naoko in ihr Zelt gestürmt war und mit schreckgeweiteten Augen vor ihr zu Boden gesunken war. Kaum hatte er sich Zeit für die übliche Ehrerweisung gelassen, dann war es aus ihm herausgesprudelt. Seine Worte verstärkte die Kälte, die die alte Uzima in ihren Knochen spürte, und die ihr immer zuverlässig Unheil vorhergesagt hatten. Mühselig brachte sie die in ihr aufkeimende Panik unter Kontrolle und versenkte sich in eine kurze Meditation, um über Naokos Vision nachzudenken.

Nach mehreren Minuten öffnete sie die Augen. Ihre Stimme klang selbst für ihre Ohren fremd.

Ich weiß nicht jede Einzelheit deiner Vision zu deuten. Aber ich weiß, das eine ungeheure Gefahr ihr Haupt erhoben und sich nach Norden aufgemacht hat. Und ich weiß, dass diese Gefahr auch unseren Untergang bedeuten kann.

Sie schwieg kurz, dann blickte sie den jungen Geisterschamanen forschend an.

Das Du diesen Traum hattest, kann nur eines bedeuten. Du musst auf die Suche gehen, dein Schicksal und das deines Volkes sind untrennbar mit den Ereignissen verbunden, die bald im Norden stattfinden werden. Finde die Frau, sie kann dir den Weg weisen, und auch sie bedarf deiner Hilfe.

Verschmitzt grinste sie Naoko an.

Einen kleinen Rat aber kann ich dir geben. Geh nach Nimpeth. Folge der Strasse des Weins. Dort wirst du das Haus finden, dass du gesehen hast, und dort wird man dir den weiteren Weg weisen.

Dann wurde sie wieder ernst.

Geh, und erweise dich deines Erbes als würdig. Kehrst du erfolgreich zurück, werden sich in dir die Macht der Geister und das Blut der Häuptlinge vermischen. Versage, und unser Volk wird den Weg ins Vergessen antreten.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Naoko am 03.06.2006, 01:07:05
Naoko hatte Tränen in den Augen. Die Angst war ihm deutlich ins Gesicht geschrieben.

Nur langsam drangen Uzimas Worte in sein Bewusstsein. Er stellte sich vor wie es wohl wäre, dem Stamm den Rücken zu kehren und sich auf eine lange ungewisse Reise zu begeben - vielleicht eine Reise ohne Wiederkehr. Ihm wurde fast schwindelig.

Schließlich ergriff er zitternd die Hände der alte Schamanin. Er schloss die Augen und versuchte, ruhig zu atmen, doch sein Geist war immer noch in Aufruhr. Die Bilder der blutenden Frau und der Schlange vermochte Naoko nicht so leicht zu verdrängen.

Als er wieder aufsah, sprach er lautlos zu Uzima: "Ich werde meinem Schicksal mutig entgegentreten, Meisterin. Doch ich habe große Angst. Ein drohender Schatten liegt auf dem Herz des Nachtfuchses. Die Geister stellen mich vor eine schwere Prüfung und ich bin nicht sicher, ob ich dieser Prüfung schon gewachsen bin. Den Stamm verlassen ... das ist als würde man einen Baum entwurzeln." Naoko schüttelte leicht mit dem Kopf. "Was wird mich erwarten in den Ländern jenseits des Waldes? Hat sie je einer unseres Volkes zu Gesicht bekommen?"
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Wormys_Queue am 03.06.2006, 15:03:43
Uzima grinste ihn offen an.

Nun, ich war schon in einigen dieser Länder. Was glaubst du, woher ich weiss, wohin du dich wenden musst?  Ich sage dir, überall, wo denkende Wesen in Gemeinschaft zusammenleben, gelten die selben grundlegenden Gesetze. Andere Länder mögen sich zivilisiert und uns barbarisch oder primitiv nennen. Und doch haben sie viel aufgeben müssen, um ihre Reichtümer zu erwerben, Wissen Weisheit, und manchmal auch Ehre.

Sie kramte aus einer ihrer Taschen eine längliche, buntbemalte Adlerfeder hervor.

Hier, das hier gehörte deinem Vater. Er starb, bevor ich es ihm zurückgeben konnte, und so habe ich es für den heutigen Tag aufbewahrt. Puste die Feder von deiner offenen Handfläche und sprich "Nachtschwinge". Dann denke den Namen der Person, der du eine Nachricht übermitteln willst und denke auch die Nachricht, die die Feder überbringen soll. Die Feder wird zuverlässiger sein als jeder Vogel. Und wenn der Empfänger weiss, wie die Feder zu benutzen ist, kann er dir auf dieselbe Art und Weise eine Antwort geben

Uzima beugte sich nach vorne und flüsterte ihm ein Wort ins Ohr.

Mit diesem Wort kannst du die Feder wieder zu dir zurückrufen. Doch verrate es niemandem, denn sonst würde der Besitz der Feder auf diejenige Person übergehen, der du das Wort genannt hast. So wie es jetzt von mir auf dich übergegangen ist.

Wieder beugte die alte Schamanin sich nach vorne, nahm Naokos Kopf in ihre Hände und gab ihm den rituellen Segenskuss.

Reise morgen, und reise schnell, ich weiss nicht, wieviel Zeit dir bleibt, denn für die Geister bedeutet Zeit nichts. Wenn du Rat brauchst, weisst du wie du mich erreichen kannst.

Dann schloss sie wieder die Augen, zum Zeichen, dass das Gespräch beendet war.[/b]
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Naoko am 04.06.2006, 01:21:23
Noch eine ganze Weile blieb Naoko vor seiner alten Lehrmeisterin sitzen. Gedenkenverloren drehte er die schöne Feder in seinen Händen. So viele Fragen!

Doch schließlich stand er auf, warf einen letzten nachdenkllichen Blick auf die meditierende Uzima und ging nach draußen.  

Die kühle Nachtluft empfing ihn. Seine Muskeln zitterten. Ob vor Kälte, Müdigkeit oder Nervosität vermochte er nicht zu sagen. Vermutlich war es von allem ein bisschen.

Naoko schlug die Plane seines Zeltes zurück und schlüpte hinein. Mit ein paar Holzscheiten entfachte er die schwindende Glut seiner kleinen Feuerstelle zu neuem Leben. "Schenke mir noch ein bisschen Wärme, großer Geist des Feuers, und gib mir Kraft für die Aufgaben, die vor mir liegen. Der Nachtfuchs bittet um deinen Beistand."

Bald darauf hatte sich das Muskelzittern gelegt und war einer wohligen Wärme gewichen. Naoko danke dem Feuergeist und ging zu einer alten Holztruhe hinüber. Er öffnete sie und begann, seine wenigen Habseligkeiten zusammenzupacken. Die Adlerfeder wickelte er vorsichtig in ein Blatt Pergament und verstaute dieses anschließend sicher in einer der Seitentaschen seines Rucksacks.

Als alles fertig gepackt war, stellte Naoko den Rucksack neben seine Schlafstelle, zog sich seinen roten Umhang  über und huschte nochmal nach draußen. Die Morgendämmerung  war nun nicht mehr fern. Trotz der herrschenden Dunkelheit fand der junge Hin mit traumwandlerischer Sicherheit den Weg durch das Lager zu der großen Eiche, in der sich gegen den blauen Nachthimmel ein Baumhaus abzeichnete. Naoko stiegt die am Stamm befestigte Leiter hinauf und gelangte auf eine kleine Aussichtsplattform. Dort saß zusammengesunken ein mit einem Bogen bewaffneter laut schnarchender Halbling. Es war Hotaru, Naokos bester Freund. Naoko rüttelte ihn sanft an der Schulter, woraufhin Hotaru erschrocken zusammenzuckte und verschlafen blinzelte.

"Keine Angst. Ich bin es bloß. Naoko", hörte er eine telepatische Stimme sagen.

"Du bist scheinbar eingeschlafen." Der junge Geisterschamane warf seinem Freund einen tadelnden Blick zu, grinste aber im nächsten Moment und knuffte ihn überraschend in die Seite. Dann wurde sein Blick wieder ernster. "Wir müssen vorsichtig sein, Hotaru. Uzima sagt, der Stamm sei in großer Gefahr. Mir selbst haben die Geister heute Nacht ein böses Omen geschickt." Hotaru sah ihn nur verständnislos an und blickte misstrauisch hinaus in die Dunkelheit zwischen den Bäumen. "Du hast sicher nur schlecht geträumt, Naoko." Doch Naoko schüttelte traurig den Kopf. "Leider nein. Ich wünschte es wäre so. Doch es ist wahr. Ich werde das Dorf heute in aller Früh verlassen müssen. Nur so kann ich der Gefahr begegnen und unseren Stamm retten. Und ich werde alleine gehen müssen. Aber ich kann nicht gehen, ohne allen Lebewohl gesagt zu haben. Sei deshalb so gut und gib den anderen Bescheid sobald sie wach sind. Sag ihnen, sie mögen sich auf dem großen Platz einfinden. Wirst du das für mich tun?" Der völlig überrumpelte Hotaru wusste nichts zu entgegnen und nickte nur erstaunt.

Naoko umarmte ihn kurz aber herzlich und begann sogleich wieder, die Leiter hinabzusteigen. "Ich danke dir, alter Freund. Mach dir keine Sorgen. Die Geister werden uns auch diesmal beistehen - so wie sie es immer getan haben. Ich werde nun versuchen, noch ein bisschen zu schlafen." Schnellen Schrittes ging Naoko zurück zu seinem Zelt, hing seinen Umhang an den Haken zurück und kroch unter die Felldecke auf seiner Schlafstelle. Das letzte was er sah, ehe der seelige Schlaf ihn umfing, waren die  Lichtstrahlen der Feuerstelle, die sich in seinen Tränen brachen und verschwommene Bilder vor seinen Augen zauberten.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Wormys_Queue am 06.06.2006, 21:08:10
Als Naoko am nächsten Morgen sein Zelt verließ, hatte sich eine schweigende Menge in einem Halbkreis um sein Zelt aufgestellt. Alle waren gekommen, um ihn zu verabschieden, vom kleinsten Kind bis zum ältesten Greis. Nur die alte Uzima war nirgends zu sehen, wie ein schneller Blick dem jungen Halbling verriet.

Der kleine Setsuko trat vor, der ihm immer einen Löffel Suppe geklaut hatte, sobald Naoko für einen Moment so getan hatte, als würde er nicht hinsehen. Tränen rannen in Bächen seine Wangen hinab, doch so tapfer lächelte er den grösseren Freund an, dass diesem noch schwerer ums Herz wurde. Er beugte sich hinab und umfasste fest die Schultern Setsukos, dann gab er ihm den Bruderkuss. Wenn ich zurückkomme, wirst du ein tapferer Krieger sein, flüsterte Naoko ihm ins Ohr und Das verspreche ich! antwortete der kleine Junge.

Als nächste war die alte Seita an der Reihe, die ihm seine erste Schleuder geschenkt hatte, wofür sie sich sicher zehntausendmal verflucht hatte, da er es sich nie hatte verkneifen können, ihre Kochtöpfe als Ziel für seine Schussversuche auszuwählen. Grimmig blickte sie ihn an und – wie er befürchtet hatte – packte ihn am Ohr. Du schuldest mir immer noch zehn Töpfe! brummelte sie ihn mürrisch an.  Ich bring dir welche mit aus feinstem Porzellan, grinste Naoko unerschrocken zurück, was ihm auf der Stelle eine Kopfnuss einbrachte. Erst als die alte Frau sich abwandte, machte ein verstecktes feuchtes Funkeln in ihren Augen dem jungen Schamanen klar, dass ihr Grimm nur gespielt war. Befreit atmete Naoko auf, denn jetzt wusste er, dass sie ihm seine Jugendstreiche endgültig verziehen hatte.

Es dauerte lange, bis sich alle von ihm verabschiedet hatten, und es war fast mittag, als mit Yuri auch der letzte ihm den Abschiedskuss gegeben hatte. Und in diesem Moment geschah es: ein greller Schrei durchschnitt die Stille und der dumpfe Schlag der Trommel liess Naoko seinen Blick nach oben wenden. In einer Baumkrone saß Uzima und trommelte den Tanz der Geister. Den Adler bat sie, aus der Luft über den Fuchs zu wachen. Den Bär flehte sie an, die Feinde des Waldes von Naoko fernzuhalten. Und den Wolf rief sie an, dem jungen Schamanen vorauszueilen und seinen Brüdern im Norden die Ankunft Naokos anzukündigen, damit er auch in der Fremde treue Freunde finde.

Nach dem letzten Trommelschlag richtete Uzima sich hoch auf und wandte ihren stahlharten Blick Naoko zu. Geh aufrecht, steh wie der Baum und stirb stolz, Schamane! rief sie ihm den Wahlspruch der Mamid zu.

Dann machte sie ihm die selbe Ehrbezeigung, die bisher nur ihr hatte zuteil werden dürfen. Unwillkürlich schloss Naoko beschämt die Augen. Als er sie wieder öffnete, war Uzima verschwunden.

Nimpeth, am zwölften Eleint im Jahre der wilden Magie 1372 DR

Schon drei Tage hielt Naoko sich in dieser fremden und angst einflößenden Stadt auf. Bisher vergeblich hatte er versucht, die Strasse des Weines zu finden, von der Uzima ihm erzählt hatte und noch keiner der Einwohner, die er bisher gefragt hatte, hatte diese Strasse gekannt... wenn man ihm überhaupt geantwortet hatte. Hinfort, Sklave! , war der häufigste Satz gewesen, den er zu hören bekommen hatte, denn so robust und gut genäht seine Kleider auch waren, gegen die feinen Gewänder der Städter wirkten sie so armselig, dass niemand sich vorstellen konnte, es mit einem freien Mann zu tun zu haben, wenn er seine Fragen stellte.
 Naoko sass am Rande eines Brunnens im Schatten einer Palme, die die Mittagshitze von ihm fernhielt. Der Brunnen schien ein beliebter Treffpunkt zu sein, denn er war bei weitem nicht der einzige, der hier sass, und eine ganze Menge Leute flanierte ihm Schutz kleiner Schirme auf dem großen Platz um den Brunnen herum.
Plötzlich wurde der Halbling hellhörig, als Gesprächsfetzen an sein Ohr drangen, die er zwei Männern zuordnete, die in einiger Entfernung im Schatten einer Hausmauer standen und sich angeregt unterhielten. ...endlich Monopol... Tod der Aulbes ... Karawanenstrasse gehört uns ... sollten umbenennen ... Strasse des Lords?... zu unbescheiden... Strasse des Weines!... Gute Idee, Freund!
Naoko begann breit zu grinsen, denn endlich wusste er, was Uzima gemeint hatte.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Naoko am 07.06.2006, 00:17:28
Wie groß hier alles war! Naoko fühlte sich ganz und gar verloren zwischen all den riesigen Häusern aus Stein und den hoch gewachsenen Menschen in ihren teuren Kleidern. Den meisten reichte er gerade bis zur Hüfte und musste so manches mal aufpassen, dass sie nicht über ihn stolperten.

Doch das merkwürdigste waren nicht die fremden Leute oder die erdrückende Architektur. Das merkwürdigste waren die Tiere, die es hier gab. Naoko hatte erwartet, zumindest in ihrer Gegenwart noch jene natürliche Verbundenheit mit der Geisterwelt zu spüren, die den Menschen hier längst abhanden gekommen zu sein schien.
Betrübt musste er jedoch feststellen, dass viele Hunde, Pferde, Katzen, Ratten und Schweine - ja selbst so mancher Vogel - wohl schon zu viel Zeit auf diesem seelenlosen Flecken Erde und in der Nähe der Menschen verbracht hatte.

Naoko konnte es kaum erwarten, dieser hektischen, lauten und staubigen Stadt den Rücken zuzukehren. Zwar war das alles auch irgendwie sehr aufregend aber als Naoko am dritten Tag noch immer nichts über die Straße des Weines herausgefunden hatte, machte sich langsam ein Gefühl der Resignation breit. Konnte sich die alte Uzima womöglich geirrt haben?

Als er so da saß und grübelte, vernahm er in Gesprächsfetzen zweier Menschen endlich jene Worte, die seinen Mut wieder entfachten: Straße des Weines.

Sogleich hüpfte Naoko vom Rande des Brunnens und ging zu den zwei Männern hinüber.

"Ich wünsche einen guten Tag, edle Herren. Verzeiht bitte meine Unwissenheit aber ich hörte soeben das Wort Karawanenstraße. Könntet Ihr mir freundlicherweise sagen, wo ich jene Straße finde? Und vielleicht kennt ihr auch ein Geschäft, wo ich jenen Wein erwerben könnte, der hier in aller Munde zu sein scheint."

Gespannt wartete der junge Halbling auf eine Antwort und versuchte dabei ein möglichst freundliches Gesicht zu machen.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Wormys_Queue am 07.06.2006, 10:58:00
Hinfort, Skl... hob der ältere der beiden Männer, der ihn verachtungsvoll betrachtete, zu sprechen an, wurde aber von dem jüngeren unterbrochen, der sanft seine Hand auf den Arm des anderen legte. Lasst mich das erledigen , Herr, das ist unter Eurer Würde.

Steif wandte er sich dann dem Halbling zu.

Wie jeder halbwegs gebildete Bürger dieser Stadt weiß, begann er mit näselnder Stimme, nimmt die Karawanenstrasse genau an diesem Platz ihren Anfang. Folgt Ihr nach Norden bis zur Villa Woren, wenn Ihr guten Wein erstehen wollt. Auch wenn Ihr ihn Euch kaum werdet leisten können, wie ich vermute. Ein verachtungsvolles Lächeln traf Naoko.

Billigen Pansch bekommt ihr natürlich in jeder Taverne, vielleicht wollt Ihr es ja erstmal damit versuchen.

Was gar nicht zu den harschen Worten des Mannes passte, war der freundschaftliche Blick , mit dem er Naoko bedachte. Während er redete, wurdete der Blick drängender, als habe er ihm etwas mitzuteilen, wovon sein Herr nichts wissen sollte. Und als der Mann seine Hand hob, wie um sich den Schweiß abzuwischen, zeigte er dabei wie zufällig auf seine Stirn. Überrascht erkannt Naoko, dass der Mann wusste, mit wem er es zu tun hatte und öffnete seinen  Geist. Eine Welle der Dankbarkeit schlug dem Halbling entgegen, auf der ihm die Gedanken des Mannes zuglitten.

Verzeiht, meine Worte, ich wollte Euch nicht beleidigen, aber vor meinem Herrn offen zu reden, könnte gefährlich für mich und für Euch sein. Er würde Euch für exotisch genug halten, um Euch seiner Sammlung zuzufügen.
  Geht keinesfalls zu Haus Woren, dort wird man Euch kaum Einlass gewähren. Aber wenn Ihr ein Stück weiter nach Norden geht, werdet Ihr zur Villa der Aulbes gelangen, in der heute ein Ausverkauf stattfindet. Die Familie war ja ebenfalls im Weinhandel tätig, dort werdet Ihr also sicherlich ein gutes Tröpfchen billig erstehen können.


Naoko spürte ein kurzes Zögern.

Und sollte Ihr jemals den Clan der Barad besuchen, dann sprecht mit Telomar "Graufell" und richtet ihm aus, dass Diero Quara seine Taten nie vergessen wird. Er wird wissen, was damit gemeint ist

Und wieder spürte Naoko dieses starke Gefühl der Dankbarkeit, dass von Diero ausging.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Naoko am 07.06.2006, 11:47:59
Damit hatte Naoko nicht gerechnet. Ein Mensch, der die lautlose Sprache beherrschte!

Er blickte wie demütig zu Boden und deutete eine Verbeugung an. "Habt Dank, edle Herren. Ich werde nun wieder meiner Wege gehen und Euch nicht weiter belästigen."

"Ich werde Eure Worte beherzigen, mein Freund. Naoko Nachfuchs dankt Euch von ganzem Herzen", hörte der jüngere Mann die Stimme des Halblings in seinem Kopf sagen.

Damit wandte sich Naoko besagter Weinstraße zu und beschleunigte sogleich seine Schritte.
Uzima hatte gesagt, er solle das Haus aus seiner Vision suchen. Ob es diese Aulbes Villa sein könnte? Nun, er würde es bald herausfinden.

Naokos Herz klopfte vor Aufregung. Es hatte begonnen - soviel war sicher. Zu gerne hätte er gewusst, was ES denn nun eigentlich war...
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Wormys_Queue am 08.06.2006, 20:08:06
Wie Diero Quara ihm geraten hatte, wandte Naoko sich der Karawanenstraße entlang nach Norden. An einer besonders prächtigen Villa blieb er kurz stehen, von den den Torwächtern misstrauisch beäugt. Das musste Haus Woren sein, jedenfalls strahlte es dieselbe Arroganz aus, die Naoko schon bei dem Herrn Dieros festgestellt hatte.

Er ging weiter nach Norden. Er hatte wohl das Viertel der Reichen verlassen,denn obwohl auch die Häuser hier einen gewissen Wohlstand ausstrahlten, waren sie nicht mehr von dem Protz geprägt, den die Villen im Stadtzentrum ausgestrahlt hatten.

Naokos Aufmerksamkeit wurde von einem dünnen Menschenstrom geweckt, der sich zielstrebig auf ein von einer hohen Mauer umzäuntes Haus zubewegte. Er erinnerte sich an den Ausverkauf und reihte sich in die Schlange ein. Als er das die Mauer durchbrechende Tor erreicht hatte blieb er kurz stehen...

Die schöne, weißverputzte Villa leuchtete im Sonnenschein, die Fenster und Türen weit geöffnet. Im Hof stand ein Wagen voller Weinfässer, von denen ein betörender Duft ausging. Die Menschenschlange reichte bis zu diesem Wagen. Geldmünzen wechselten ihren Besitzer, im Gegenzug würden Krüge gefüllt und versiegelt und an den Käufer vom Wagen herabgereicht. Naokos Blick fiel an dem Wagen vorbei durch den offenstehenden Hauseingang...

Und im Innern floss Blut über den Boden und vereinigte sich zu einem dicken Strom, in dem die Leichen der Bewohner dieses Hauses trieben. An der Decke prangte ein Symbol, eine Schlange, die ihren Körper zusammenkrümmte und sich selbst in den Schwanz biss. In ihren weitaufgerissenen Augen leuchtete das ...

Naoko begann zu frösteln. Er hatte sein erstes Ziel erreicht.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Naoko am 08.06.2006, 23:17:40
Mit schrecklicher Intensität kamen die Bilder aus Naokos Vision zurück in sein Bewusstsein. Er kniff die Augen zusammen und fasste sich an die Stirn um das aufsteigende Schwindelgefühl zu unterdrücken. Dabei geriet er ein wenig ins Taumeln und trat einer Frau hinter ihm auf den Fuß.

Erst die unweigerlich folgende Schimpftirade der Frau und der umstehenden Menschen holte Naoko in die Realität zurück. Er entschuldigte sich unterwürfig und murmelte irgendwas von "schrecklichen Kopfschmerzen".

Langsam näherte er sich in der Schlange der Wartenden dem Wagen mit dem Weinausschank. Erschrocken griff er nach seiner Gürteltasche und holte seine Münzen hervor. Ob das Geld reichen würde? Naoko hatte in seinem ganzen Leben noch nie Münzen besessen geschweige denn etwas mit ihnen bezahlt. Sein alter Freund Hotaru hatte sie ihm zum Abschied geschenkt. Naoko bewunderte die vielen glänzenden Metallplättchen mit ihren unterschiedlichen Farben und Prägungen. Wieder ertappte er sich, wie seine Gedanken abschweiften. Zu gern hätte er gewusst, wie Hotaru an diese Münzen gekommen war und wo sie wohl einst gefertigt worden waren. Doch das war jetzt nicht wichtig. Wichtig war einzig und allein das Hier und Jetzt.

Er konnte den Wein schon riechen. Naoko mochte Wein, denn er vermochte ihm dabei zu helfen, sein Bewussstsein für die Geisterwelt zu öffnen.

Verstohlen blickte Naoko zu der offen stehenden Eingangsstür der Villa. Sobald er seinen Krug Wein entgegengenommen hätte, würde er versuchen, ins Innere des Hauses zu gelangen. Er musste nur einen günstigen Moment abpassen.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Wormys_Queue am 10.06.2006, 20:17:55
Es dauerte nicht lange, dann war Naoko an der Spitze der Schlange angelangt. Der Verkäufer, ein ca 50 Jahre alter Mensch, dessen Haar schon ziemlich schütter war, was er mit einem mächtigen Schnauzbart auszugleichen versuchte, beugte sich zu ihm herab und lächelte ihn freundlich an.

Lange keinen Halbling mehr in dieser Stadt gesehen. Ihr seid wohl nicht von hier, was? Naja, ist ja auch egal. Ich hab leider keine Krüge in eurer Grösse hier auf dem Wagen, aber wenn ich mich recht erinnere, hab ich drinnen ein paar passende gesehen.

Er wandte sich dem Hauseingang zu.

He, Meister Marcio, kommt mal kurz raus. Ich könnt eur Hilfe ganz gut gebrauchen.

Kurz darauf kam ein tief über seinen Stock gebeugter alter Mann, dem ein Leid tiefe Furchen ins Gesicht gegraben hatte, aus der Haustür.

Was wollt ihr von mir, Arulio?

Ihr könntet den jungen Mann hier, Arulio deutete auf Naoko, mal zu dem Regal mit den  Krügen für die kleinen Völker führen. Er wandte sich wieder dem Halbling zu. Nehmt Euch, so viele Ihr mögt, dann kommt wieder hierher, damit ich sie Euch füllen kann. Macht dann nur 5 Silberlinge für jeden vollen Krug.

Arulio winkte den nächsten Kunden heran, während Marcio Naoko zuwinkte. Er wartete in der Tür, bis der Schamane herangekommen war, dann bedeutete er ihm zu folgen, und führte ihn ins Haus hinein. Was Naoko sofort auffiel,war die Leere in dem Gebäude. Die Zimmer enthielten fast kein Mobiliar, nur ein paar leere Bilderrahmen hingen noch an den weissgetünchten Wänden.

Das zweite, was Naoko auffiel, waren die Stellen an den Wänden, an denen man wohl verzweifelt versucht hatte, etwas mit Wasser abzuschrubben, wobei in Kauf genommen worden war, dass sich auch die Farbe gelöst hatte. Allerdings hatte man den Versuch irgendwann aufgegeben und so waren an manchen Stellen noch rostbraune Flecken zu sehen, die sehr nach getrocknetem blut aussahen.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Naoko am 11.06.2006, 12:08:58
Naoko hatte schon Einsprüche erheben wollen, als man ihm nur einen kleinen Krug anbot. Doch als er merkte, dass sich auf diesem Wege die Möglichkeit ergab, ins Innere des Hauses zu kommen, schluckte er seine Einwände hinunter, nickte Arulio dankend zu und folgte dem alten Marcio.

'Das war ja leichter als gedacht.'

Drinnen betrachtete Naoko interessiert die leer stehenden Räume. Wahrscheinlich war es mal ein prachtvolles Haus gewesen. Unwillkürlich wanderte Naokos Blick auch zur Decke. Beinahe erwartete er, das Schlagensymbol aus seiner Vision wiederzusehen.

Als er die Blutflecke an den Wänden entdeckte, wurde ihm doch etwas mulmig.

'Wo bin ich hier bloß hineingeraten?'

Naoko merkte, dass er trödelte und schloss raschen Schrittes wieder zu Marcio auf.

"Was in drei Teufels Namen ist hier bloß passiert? Sind das Blutflecke an den Wänden?" fragte er den alten Mann leise.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Wormys_Queue am 11.06.2006, 20:07:09
Der alte Mann verharrte mitten im Schritt, als er Naokos Frage hörte. Langsam wandte er sich um und blickte den Halbling mehrere lange Sekunden aus steinharten Zügen an. Dann schüttelte er leicht den Kopf und entspannte sich.

Nein, Ihr wollt mich nicht verspotten, Ihr wisst tatsächlich nicht, was hier passiert ist. Es schmerzt, darüber zu reden, aber dennoch werde ich Eure Frage beantworten. Dann aber werde ich Euch eine stellen, und ich hoffe, Ihr werdet Gleiches mit Gleichem vergelten.
  Dies ist der Stammsitz des Hauses Aulbes, einer Familie, die in den letzten 4 Generationen durch den Handel mit Wein zu einem gewissen Wohlstand kam. Die Aulbes waren so erfolgreich, dass sie den reichsten Familien in der Stad zum Ärgernis wurden. Aber nie haben sie ernsthaft versucht, den anderen Familien Konkurrenz zu machen, sondern haben sich stattdessen Märkte erschlossen, die für die anderen Häuser uninteressant waren. Die Aulbes wurden daher toleriert und ignoriert, aber bisher hat nie jemand versucht, der Familie Schaden zuzufügen.


Tränen traten in Marcios Augen.

Bis vor zwei Wochen, soll das heissen. Ich war für meinen Herrn auf einer Inspektionsreise, deswegen kann ich Euch nicht genau sagen, was passierte, aber es scheint so, als sei mitten in der Nacht eine Gruppe von Assassinen hier ins Haus eingestiegen und habe auf bestialische Art und Weise alle umgebracht. Selbst die geringsten Mägde wurden geschändet und erdolcht oder erdrosselt, wenn man ihnen nicht sogar das Herz bei lebendigem Leib aus der Brust riss. Ich weiss es, denn ich habe die Folgen des  Massakers gesehen, als ich zwei Tage später wieder hier ankam. Die Haustür stand weit offen, und der Boden war bis nach draussen mit getrocknetem Blut bedeckt. Überall lagen Körperteile, die schon in Verwesung übergegangen waren. Es war schrecklich. Ich habe alle begraben und das Haus so gut es ging, wieder in Ordnung gebracht. Und jetzt löse ich den Hausstand auf und verkaufe es, denn die Familie Aulbes ist nicht mehr.

Marcio schluchzte trocken auf.

Wenn nur der junge Joaquim hier wäre, dann könnte man das Gut vielleicht retten. Aber er ist im Unfrieden von der Familie geschieden und es gibt für mich keine Möglichkeit ihn zu finden. Irgendwo im Norden hält er sich auf, bestimmt hat er sich dort seinen eigenen Erfolg geschmiedet.

Gedankenverloren kratzte er mit seinem Stock auf dem  Boden herum und zeichnete ein Symbol in den Staub. Als er bemerkte, was er da tat, zuckte er heftig zusammen, dann blickte er Naoko an.

Das hier ist der einzige Hinweis, den die Mörder hinterlassen haben. Ich weiss nicht, was es bedeutet, und anscheinend weiss es auch sonst niemand. Aber ich habe genug geredet. Nun möchte ich Euch eine Frage stellen.

Aus altersklugen Augen starrte Marcio den Halbling an.

Warum seid Ihr wirklich hier? Ihr könnt mir nicht erzählen, dass ihr nur hierhergekommen seid, weil Ihr ein wenig billigen Wein erstehen wollt. Dafür seid Ihr etwas zu interessiert an dem, was ich zu sagen habe.

Naoko antwortete nicht sofort. Er starrte bewegungslos auf die Schlange im Staub, die ihren Körper zu einem Kreis bog und sich selbst in den Schwanz biss.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Naoko am 12.06.2006, 00:37:55
Naokos schwer zu deutender Blick wanderte von der Schlange im Staub zu Marcio und wieder zurück. Noch immer antwortete er nicht. Stattdessen legte er seinen Kopf leicht auf die Seite - wie um zu lauschen. Seine Augen waren weit geöffnet, doch sie fixierten nichts, sondern blickten ins Unendliche.

Nach einer Weile durchlief ihn scheinbar ein kalter Schauer. Daraufhin klarte sein Blick wieder auf und Naokos schaute Marcio mitfühlend an.

"Der Schatten des Unheils liegt wie ein Leichentuch über diesem Ort. Die Geister der Toten sind in Aufruhr. Ich kann es spüren.

Mein Name ist Naoko Ajani. Man nennt mich den Nachtfuchs. Seit vielen Tagen folge ich nun schon dem großen Geist des Wolfes auf der Fährte jener Schlange,"
Naoko deutete auf die Zeichnung im Staub. "die auf ihrem Weg nach Norden scheinbar eine blutige Spur des Verderbens hinter sich her zieht.

Dieses Haus"
Naoko machte eine ausladende Geste mit seinem Stecken. "erschien mir in einer Vision... zusammen mit einem Mädchen - einem Mädchen, dem viel Leid angetan wurde... oder das vielleicht auch anderen viel Leid angetan hat.

Sie ist es, die ich finden muss. In meiner Vision sah ich außerdem ein großes Meer und eine große Wüste und einen Fluss, der sich in einem tiefen Wald verliert."


Unsicher blickte Naoko sein Gegnüber an. Verstand dieser Marcio überhaupt, was er ihm erzählte oder hielt er ihn vielleicht für verrückt? Naokos nächste Worte hörte Marcio nur in seinem Kopf.

"Die Geister haben mich bis zu Euch geführt, Marcio. Ihr könnt mir nun den Weg weisen, dem ich von hier an folgen muss. Denn ich will verhindern, dass noch mehr Unschuldige durch das Gift der Schlange zu Schaden kommen. Das Schicksal meines Volkes hängt vielleicht davon ab."

Nach einer bedrückenden Pause fügt er mit weniger dramatischer Stimme hinzu:
"Trotzdem würde ich nachher gerne etwas von Eurem Wein erwerben."
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Wormys_Queue am 15.06.2006, 16:20:03
Marcio zuckte erschrocken zurück, als plötzlich die Worte Naokos direkt in seinem Kopf erklangen.

Ein Geisterhafter! Und ich dachte, Ihr wäret nur eine Legende.

Ein paar tiefe Atemzüge, dann fuhr er etwas ruhiger fort.

Hm, das Meer ist einfach. Wenn Ihr von hier aus nach Norden reist, kommt Ihr zur See der fallenden Sterne, ein riesiges Binnenmeer. Wenn Ihr diese überqueren und Euch dann nach Westen wenden würdet, dann müsstet Ihr durch die Wüste Anauroch reisen, was allerdings ein mehr als gefährliches Unterfangen wäre. Aber der Wald? Könnte sich dabei um den großen Wald Cormanthyr handeln, aber da kenne ich keinen Fluss, der dort seinen Ausgang nimmt. Aber sonst... Halt! Wartet!.

Marcio verhaspelte sich fast vor lauter plötzlichem Eifer.

Wenn Ihr, wie ich gesagt habe, durch die Anauroch reisen würdet, wäre der grösste Wald westlich davon der Hochwald, und da gibt es sogar einen sehr bekannten Fluss, der dort seinen Ausgang nimmt. Der Einhornlauf, dessen Quelle der Legende nach der Ursprungsort der Rassen Torils ist.

Der alte Mann zögerte kurz.

Das wäre natürlich eine wunderbare Fügung, wenn dort Euer Ziel läge. Denn irgendwo dort könnte der letzte des Hauses Aulbes leben, der junge Joaquim, den ich vorhin erwähnt habe. Zumindest war er irgendwo dort, als ich das letzte Mal von ihm hörte. Falls Ihr Euch tatsächlich dorthin aufmacht, und zufällig seinen Aufenthaltsort bestimmen könntet oder ihn gar träfet, könntet Ihr ihm dann sagen, was hier geschehen ist? Es wird ihm seinen besitz nicht zurückbringen, aber dennoch sollte er vom Schicksal seiner Familie erfahren. Würdet Ihr das für mich tun?
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Naoko am 15.06.2006, 23:55:18
Wieder  dauerte es eine Weile bis Naoko seine Gedanken sortiert hatte und schließlich antwortete: "Ich werde es ihm ausrichten.

Dies ist der Weg, der mir bestimmt ist. Daran besteht kein Zweifel. Ich werde zum Hochwald reisen und dort nach Antworten suchen.

Wer auch immer für dieses grausame Verbrechen verantwortlich ist, soll zur Rechenschaft gezogen werden. Auch dürstet es mich, herauszufinden, inwiefern das Schicksal des Hauses Aulbes mit dem meines Volkes verknüpft ist und welche Rolle das Mädchen aus meinen Träumen darin spielt."


Der kleine Geisterschamane machte einen entschlossenen Gesichtsausdruck. Sein Weg lag nun recht deutlich vor ihm.

Er machte eine auffordernde Geste an Marcio, zu dem Regal mit den kleinen Krügen weiterzugehen.

Dort angekommen, ließ sich Naoko einen Krug aushändigen, stellte ihn neben sich ab und ergriff Marcios rechte Hand mit beiden Händen. Wieder hörte der Mensch die Stimme des Halblings in seinem Kopf.

"Ich danke Euch für Eure Freundlichkeit, Marcio, und wünsche Euch, dass Ihr recht bald über den Verlust hinwegkommt. Ich werde Mutter Erde bitten, über Euch zu wachen, dass Euch kein Leid geschehe auf Euren Wegen."

"Nun kenne ich zwar das Ziel meiner Reise aber über die nächsten Schritte habe ich noch keine Klarheit. Welchen Weg sollte ich Eurer Meinung nach einschlagen? Soll ich ein Schiff nehmen oder gibt es einen Landweg? Ich bin noch nie weit gereist, müsst Ihr wissen."
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Wormys_Queue am 16.06.2006, 21:12:23
Am einfachsten wäre es wohl, Ihr würdet Euch hier auf das nächste Schiff nach Hlondeth begeben. Von dort aus fahren regelmössig Schiffe hoch nach Westtor, Marsember und Suzail. Ich würde Euch empfehlen, die Anauroch zu umgehen, es wäre also wohl das beste, wenn Ihr in Westtor ausschifft. Von dort aus könntet Ihr der Händlerstraße nach Westen folgen, bis Iriaebor. Sicherlich findet Ihr dort ein Handelsschiff, dass den Chionta hinab bis nach Baldurs Tor fährt. Dann folgt Ihr der Handelsstrasse nach Norden bis Dolchfurten, wo ihr Euch wiederum einschifft, um den Delimbiyur hinauf nach Secomber zu fahren. Noch etwas weiter westlich gelangt Ihr an die Mündung des Einhornlaufs, dessen Quelle irgendwo im Hochwald liegt.

Etwas zweifelnd schüttelte Marcio seinen alten Kopf.

Natürlich könntet Ihr auch versuchen, Euch von Iriaebor aus nach Norden durch die Wildnis zu schlagen. Allerdings habe ich gehört, dass das Gebiet schon mehr als einer Gruppe von Abenteurern zum Verhängnis wurde. Sümpfe und Gebirge wechseln sich ab, und ich vermute fast, dass Ihr auf den Karawanenwegen, die ich Euch beschrieben habe, schneller an Euer Ziel gelangen würdet, auch wenn das von der Wegstrecke her einen Umweg bedeutet. Ich könnte Euch ein Schreiben des Hauses Aulbes mitgeben, dass Euch überall auf dieser Strecke eine Mitfahrgelegenheit eröffnen sollte. Ihr müsstet Euch aber wahrscheinlich bereit erklären, Aufgaben wie die Jagd oder auch vielleicht eine Nachtwache zu übernehmen, sofern Ihr nicht über genügend Gold verfügt, um die jeweilige Fahrt zu bezahlen.

Marcio bedeutete Naoko, ihm zu folgen, und begab sich in einen kleinen Schreibraum im Obergeschoss. Sorgfältig beschrieb er ein Stück Pergament, auf dem er das Siegel des Hauses Aulbes auftrug und es dann dem Halbling überreichte.

Hier, nehmt, mich kostet es nichts, und Euch mag es behilflich sein. Zeigt es einfach einem Händler, mit dessen Karawane ihr zusammenzureisen wünscht, und er wird euch zumindest ein Angebot machen, unter welchen Umständen er Euch mitzunehmen bereit wäre.

Marcio begleitete Naoko wieder an die Türe.

Möget Ihr finden, was Ihr sucht, und ich bete zu allen Göttern, dass Ihr etwas über den Verbleib Joaquim Aulbes herausfinden könnt. Ich wünsche Euch Glück. Oh, und da wäre noch etwas.

Plötzlich grinst Marcio jungenhaft.

He, Arulio. Ich schick euch meinen Freund hier wieder heraus. Schenkt ihm ja vom besten ein, und denkt daran, das geht aufs Haus. und keine Widerrede!

schnitt er dem zum Protest ansetzenden Arulio das Wort ab. Dieser riss ob des plötzlichen Befehlstons in de Stimme Marcios überrascht die Augen auf und schaute dabei so belämmert drein, dass Marcio schallend zu lachen begann.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Naoko am 16.06.2006, 23:14:04
Naoko musste unwillkürlich mitlachen, bedankte sich noch einmal herzlich bei Marcio und ließ sich zur Sicherheit noch ein paarmal den Weg erklären. Von keinem dieser Orte hatte Naoko je etwas gehört. Er vermochte sich nicht vorzustellen, wie lang die vor ihm liegende Reise wohl dauern würde und er wagte auch nicht, Marcio danach zu fragen. Er wusste, es würde ein sehr sehr langer Weg sein - doch Naoko war bereit, ihn zu beschreiten.

Geld hatte er wirklich nicht viel. So war er dankbar, dass Marcio ihm den Wein zum Geschenk machte. Naoko ließ sich von Arulio den kleinen Krug mit dem herrlich duftenden Saft füllen und verstaute diesen zusammen mit dem Empfehlungsschreiben gut in den Tiefen seines Rucksacks, der nun noch schwerer auf Naokos schmalen Schultern lastete.

"Nochmals vielen Dank, Marcio. Ich werde nun aufbrechen. Wünscht mir Glück."

Und so verließ Naoko Ajani das Anwesen des Hauses Aulbes wieder durch das Tor, durch das er es vorhin betreten hatte. Immer noch standen die Leute wegen des Weinausverkaufs an, doch Naoko schenkte ihnen keine Aufmerksamkeit. Zielstrebig begab er sich zum Hafen, den er nun - nach drei Tagen Aufenthalt in der Stadt - schon kannte.

Hier würde er nach einer Passage nach Hlondeth fragen. Diesen Namen hatte Naoko nun schon einige Male gehört. Er hoffte, dass das bedeutete, dass Hlondeth nicht allzu weit entfernt war.

Ob die wenigen Münzen ausreichen würden? Naoko hatte keine Ahnung von Preisen aber er war durchaus bereit, sich anderweitig nützlich zu machen. Schließlich kannte er sich ein wenig mit Kräutern, Alchemie und Heilkunde aus, konnte Tiere pflegen oder auch jagen und sprach mehrere Sprachen. Außerdem verstand er sich darauf, die Zeichen der Natur zu deuten und konnte beispielsweise günstiges oder ungünstiges Wetter voraussehen. Irgendetwas gab es sicher immer für ihn zu tun falls das Geld knapp würde.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Wormys_Queue am 17.06.2006, 22:48:22
Tatsächlich war es kein Problem für Naoko, eine Überfahrt nach Hlondeth zu erlangen. Als er dem Kapitän den Brief Marcios zeigte, verlangte dieser nicht einmal eine Bezahlung.

Hab immer viele Aufträge von den Aulbes bekommen und gute Geschäfte gemacht, da werd ich euch jetzt nicht schröpfen, brummelte er in seinen Bart und wies dem Halbling freundlich eine leere Kajüte zu.

Zwei Tage später, schon spät am Abend, erreichte das Schiff Hlondeth. Naoko verschlug es fast die Sprache, als er die schlanken Türme der Stadt erblickte, die trotz der Dunkelheit sehr gut erkennbar waren. Smaragdgrün leuchtend hoben sie sich vom Boden ab und vermittelten so einen geisterhaften, unwirklichen Eindruck, der auch so manchen Seemann Bannsprüche murmeln ließen, die Unheil von ihm abhalten sollten.

Als das Schiff angelegt hatte, verabschiedete sich der Kapitän von Naoko.

Geht in den Goldenen Enterhaken, der Wirt hat früher für die Familie Aulbes gearbeitet und immer nur gut von ihnen gesprochen, wenn Ihr ihm Euren Brief zeigt, wird er Euch sicher gerne beherbergen. Hat mich gefreut, Eure Bekannt... was ist denn da los?

Der Kapitän blickte sich überrascht um. Eine Planke war bereits über die Reeling gelegt worden, um den Matrosen den Landgang zu ermöglichen. Diese wichen aber gerade zurück und machten einem Trupp Soldaten Platz, der, in die Farben der Stadtwache gekleidet, mit festem Schritt das Schiff betrat. Zielstrebig ging der den Trupp anführende Offizier auf den Kapitän zu. Dachte Naoko wenigstens, denn der Offizier blieb erstaunlicherweise genau vor ihm stehen und blickte ihn an.

Naoko Ajani, vermute ich? Das dürfte die Sache etwas beschleunigen. Ihr habt die Ehre einer Audienz bei der Matriarchin Dediana Extaminos höchstpersönlich.[/]

Ehrfürchtiges Gemurmel erhob sich unter der Schiffsbesatzung bei der Nennung dieses Namens, erstarb aber auf einen Blick des Offiziers auf der Stelle.
 Ich habe den Befehl, Euch unter allen Umständen sicher in ihren Palast zu eskortieren. Wenn Ihr mir also bitte unverzüglich folgen wollt?

Die Soldaten formierten sich zum Abmarsch, nahmen Naoko dabei aber in die Mitte, als ob sie keinen Zweifel daran hätten, dass Naoko dieser "Bitte" widerstandslos Folge leisten würde.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Naoko am 18.06.2006, 13:00:45
Erst war Naoko natürlich etwas erschrocken, blieb jedoch äußerlich ganz ruhig und lächelte schließlich sogar ein wenig, als er die Worte des Offiziers vernahm. Er drehte sich noch einmal um und schaute dem freundlichen Kapitän tief in die Augen.
"Mich hat es ebenfall gefreut, Eure Bekanntschaft zu machen, Kapitän. Mögen Wind und Wasser Euch stets wohlgesonnen sein. Lebt wohl."

Dann blickte er zum Offizier auf und sagte: "Ja, ich bin Naoko. Es freut mich, dass ich bereits erwartet werde. Bitte geht voran. Ich bin bereit."

Naoko folgte den Soldaten über die Planke, blieb dann aber einen Moment stehen als er wieder festen Boden unter den Füßen hatte. "Einen Moment, bitte." Er drehte sich nochmal zum Meer und machte eine demütige Verbeugung. "Habt Dank, ihr Geister des Wassers. Ich verneige mich vor Euch."

Dann berührte er mit dem rechten Knie und der linken Hand den Boden und schloss erneut kurz die Augen. "Große Mutter Erde, der Nachtfuchs ist in deine Obhut zurückgekehrt. Geleite mich von hier an wieder auf sicheren Pfaden."

Dann stand er rasch wieder auf, blickte den Offizier dankend an und sagte als sie schon wieder weitermarschierten: "Man sollte den großen Geistern Respekt zollen denn wir sind nur Gäste in ihrer Welt und eines Tages werden sie sich unserer Taten erinnern."

Dann widmete Naoko seine ganze Aufmerksamkeit wieder der Stadt und dem Weg, auf dem man ihn führte.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Wormys_Queue am 21.06.2006, 21:30:10
Etwas wie Respekt stahl sich in die Augen des Offiziers, als er die Gelassenheit bemerkte, mit der Naoko seine "Eskorte" akzeptierte. Wortlos drehte er sich um und ging voraus, Naoko folgte inmitten der Soldaten.
  Die Gruppe bewegte sich aber noch über das Hafengelände, als sie schon wieder aufgehalten wurde. Ein junger Mann in einer prächtigen, goldglänzenden und mit Pailletten besetzten Uniform kam auf die Soldaten zu und trat an den Offizier heran. Er flüsterte diesem mit wichtigtuerischer Miene etwas ins Ohr. Der Offizier hob überrascht eine Augenbraue uns schaute etwas beunruhigt drein.

Aber sie kann doch nicht alleine...

Schweigt, Hauptmann! Es steht uns nicht zu, die Handlungen ihrer Herrlichkeit zu beurteilen. unterbrach der Bote ihn scharf. Der Hauptmann senkte den Kopf, dann schlug er sich mit der Faust an die Brust.
Ich höre und gehorche.

Er wandte sich in eine andere Richtung und führte wieder voran. Es ging mehrere Minuten leicht bergan, und der Geruch nach Schiffen, Wasser und Fisch wurde von dem nach Gras und Wald und dem leicht sumpfigen Geruch nach Dschungel abgelöst. Bald kam eine riesenhafte Ansammlung großer Gebäude aus Glas in Sicht, die durch Glasröhren miteinander verbunden waren, und in deren Innerem man riesenhafte Bäume so dicht aneinander stehen sah, wie Naoko es bisher nur aus seiner Heimat gewohnt war. In den Baumgipfeln waren exotische Vögel zu sehen, und mehr als eine Schlange nahm der geschulte Blick des Schamanen wahr, wie sie träge ihren Körper um einen der Äste gewunden hatte.

Eines der Wunder von Hlondeth! bemerkte der Hauptmann mit deutlich zu hörendem Stolz in der Stimme. Eure Audienz wurde hierher verlegt.

Zielstrebig steuerte er auf ein kleines Tor in einer der Kuppeln zu, vor dem eine in die Gewänder eines Priesters gekleidete Gestalt stand.

Varae mit Euch grüsste der Priester, als sie das gebäude erreicht hatten. Sein stechender Blick wandte sich Naoko zu. Ich nehme an, dass ist die Person?

Ohne eine Antwort abzuwarten, begann er beschwörend die Hände zu heben.

Oh mächtiger Varae, gewähre unserem Gast die Gunst deines Schutzes, auf dass ihm in den Gärten der Extaminos kein Unheil widerfahre

Noko merkte, wie sich der Zauber um ihn wand, wie der Körper einer Würgeschlange um ihr Opfer, doch fühlte er sich nicht bedroht, sondern eher wie in einer sanften Umarmung. Der Priester öffnete das Tor. Folgt dem Weg, SIE wird Euch finden, wenn es IHR gefällt.

Naoko folgte dem Weg, wie es der Priester ihm empfohlen hatte. Der Weg schlängelte sich durch die Bäume, die auch hier so dicht standen, dass das Licht kaum noch seinen Weg bis nach unten fand. Im unwirklichen Grün seiner Umgebung war kaum noch etwas genau zu erkennen, und die vielen Blumen verströmten einen nahezu betäubenden Geruch.  

Aaaah, Ihr seid gekommen Eine sanfte Altstimme in seinem Rücken weckte Naoko aus seiner Trance. Er wandte sich langsam um. Dunkelschwarze Augen in einem makellosen Gesicht blickten auf ihn herab, umrahmt von lange herabfallendem und leicht gelocktem schwarzen Haar. Eine Schweissperle lief langsam die Wange hinab, küsste den Winkel der beiden blutroten Lippen, dann den Hals entlang  sich ihren Weg zwischen zwei ebenso makellosen nackten Brüsten hindurchbahnend. Ihre Haut war wie Alabaster, vom Dämmerlicht des Waldes mit einem grünen Schimmer überzogen.

Doch Naoko hatte keinen Blick für die Schönheit von Dediana Extaminos. Er starrte auf den riesigen Schlangenschwanz, der aus ihrem Unterkörper wuchs und die Beine ersetzte, die eine normale Menschenfrau besessen hätte.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Naoko am 21.06.2006, 23:48:54
Für einen Moment stand Naoko nur wie versteinert da. Dann blickte er erschrocken und auch etwas beschämt zu Boden. Seine Augen waren weit geöffnet, seine Gedanken überschlugen sich. Mühsam versuchte er, die aufsteigenden Bilder aus seiner Vision zu unterdrücken. Wo war er hier reingeraten? Hatten die Geister ihn fehlgeleitet?

Nein. Unmöglich. Naoko spürte ihre Gegenwart. Sie wachten immr noch über ihn. Er brauchte sich nicht zu fürchten... Und doch schlug ihm sein Herz vor Aufregung bis zum Hals.

Nur langsam fasste er wieder klare Gedanken. Mit der rechten Hand auf seinen Wanderstecken gestützt, berührte er zur Ehrerbietung mit einem Knie kurz den Boden. Den Blick hielt er immer noch gesenkt. "Matriarchin."

Es kostete den kleinen Halbling einiges an Überwindung den Kopf schließlich wieder zu heben und der Schlangenfrau in die Augen zu blicken. "Ich möchte Euch dafür danken, dass Ihr mich in Euren Hallen willkommen heißt. Es ist mir eine große Ehre", begann er zögerlich.

"Dennoch überrascht es mich, dass Ihr mein Kommen vorausgesehen habt. Offenbar seht Ihr mehr als ich es vermag.

Bitte verratet mir doch, warum sich unser beider Wege hier und heute treffen."


Gespannt wartete der junge Geisterschamane auf die Reaktion der Matriarchin. Er war auf alles gefasst.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Wormys_Queue am 22.06.2006, 22:15:06
Ihr fürchtet Euch, und lasst Euch doch nicht von der Furcht lähmen.

Forschend und mit einer Spur von Belustigung blickte die Matriarchin auf den Halbling hinab.

Und Ihr stellt die rechten Fragen, junger Schamane. Wisset, dass die Geister, die Ihr verehrt, auch uns raten, was zu tun ist. Zumeist ist es der Geist der Schlange, der zu uns spricht. Doch dieses Mal war es der Wolf, der mir in meinen Träumen erschien und Eure Ankunft kundtat.

Besorgnis stahl sich in ihren Blick.

Es mag sich aus meinem Munde seltsam anhören, aber die Schlange, der Ihr folgt, hat auch unter meinem Volk ihr hässliches Haupt erhoben. Sseth, die große Schlange selbst ist bedroht, und mit ihr die Stabilität dieser Region. So sagen es die Prophezeiungen. Jemand versucht, Sseths Macht an sich zu reissen und Gott anstelle eines Gottes zu werden. Und die grösste Errungenschaft Hlondeths, das einvernehmliche Zusammenleben der Menschen mit den Yuan-Ti, ist für diesen Jemand ein Hindernis, das beseitigt werden muss.

Ihr kennt das Symbol unseres gemeinsamen Gegners, ich kenne seinen Namen. Das "Haus des Kreises" nennt er sich, und wenn ich es auch nicht genau weiss, so gehe ich fast davon aus, dass wir es mit einer Gruppierung abtrünniger Yuan-Ti zu tun haben. Leider entzieht sich das Haus meinem direkten Zugriff, auch meine Informationen weisen darauf hin, dass es weit im Norden sein Versteck hat. Ich kann euch daher nicht viel helfen, aber immerhin kann ich Euch freie Schiffahrt über die See der fallenden Sterne verschaffen. Sagt mir nur, wo Ihr hinreisen wollt, dann werde ich es in die Wege leiten.

Eines noch: Natürlich hat auch das Haus Extaminos Agenten in den Norden geschickt, um mehr über die Gefahr herauszufinden, die unsere Existenz bedroht. Ich sollte es Euch eigentlich nicht sagen, aber solltet Ihr je nach Tiefwasser gelangen, dann geht zu Aubreck Dallion, einem Schiffsherrn der Stadt. Er wird wissen, wer Ihr seid, und Euch jede Hilfe zukommen lassen, derer er mächtig ist.


Dediana lächelte.

Ich hoffe, ich habe Euch nicht zu sehr ermüdet. Habt Ihr noch Fragen an mich? Ich werde Euch antworten, so gut ich kann, denn - und auch das sollte ich eigentlich nicht zugeben - es mag gut sein, dass Ihr die einzige Hoffnung seid, die meinem Volk bleibt, auch wenn ich nicht verstehe, wie das sein kann.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Naoko am 23.06.2006, 01:32:32
Naokos Herzschlag hatte sich wieder beruhigt. Offenbar drohte ihm von dieser Schlangenfrau keine unmittelbare Gefahr. Sie schien aufrichtig - obgleich sie ein wenig herablassend auf ihn hinabblickte.

Im Stillen dankte Naoko dem großen Geist des Wolfes, der ihn sicher hier her geleitet und sein Erscheinen angekündigt hatte.

Dedianas Worte gingen Naoko durch den Kopf. Nach einer Weile machte der junge Halbling eine angedeutete Verbeugung: "Ich selbst verstehe es auch noch nicht. Dennoch werde ich diese mir auferlegte Bürde gewissenhaft tragen und alles in meiner Macht stehende tun um die mir zugedachte Rolle in dieser Prophezeiung bestmöglich auszufüllen. Auf dass unser beider Völker weiter in Frieden leben können."

Nach einer kleinen Pause fuhr er fort: "Die Geister sind meine Verbündeten. Mit ihnen an meiner Seite bin ich zuversichtlich, dass mich mein Weg nicht fehlleiten wird.

Die Hilfe, die ihr mir anbietet, will ich derweil gern in Anspruch nehmen und möchte Euch meine tiefe Dankbarkeit ausdrücken. Leider habe ich kein Geschenk, welches Eurer würdig ist, doch sollte ich eines Tages - wenn alles überstanden ist - zurückkommen, möchte ich mich gern für Eure Freundlichkeit und Hilfe erkenntlich zeigen."


Naoko überlegte einen Moment. "Eine Frage hätte ich tatsächlich noch: Wisst Ihr etwas über das Haus Aulbes in Nimpeth? Alle Angehörigen des Hauses wurden ermordet. Alle bis auf einen, der in den Norden zog. Das Anwesen der Aulbes erschien mir in einer Vision. Die ganze Geschichte nahm dort ihren Anfgang."

Naoko war verwirrt. Angestrengt versuchte er im Geiste die vielen Puzzlestücke zu einem logischen Bild zusammenzusetzen. Noch gelang es ihm nicht. Wenigstens kannte er sein nächstes Ziel: Westtor. Dorthin sollten sie ihn bringen. Dann würde er weitersehen.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Wormys_Queue am 25.06.2006, 23:09:12
Die Aulbes? Ausgelöscht?
Entsetzt starrte die Matriarchin Naoko an.
Das sind schlimme Neuigkeiten, die Ihr mir da bringt. Die Familie Aulbes war immer ein guter Verbündeter in unserem Kampf um Anerkennung unter den Menschen. Ihre Karawanen brachten wertvolle Güter und ebenso wertvolle Informationen.
Sie atmete tief durch.
Und Ihr sagt, dass es mit Eurer Vision zu tun hatte? Gibt es denn einen Hinweis darauf, dass das Haus des Kreises mit diesem Anschlag zu tun hatte? Ein Motiv hätten sie sicher gehabt, falls sie von der engen Verbindung zwischen den Extaminos und den Aulbes gewusst hätten. Auch wenn wir das nie nach ausßen dringen ließen.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Naoko am 26.06.2006, 01:25:47
"Sie weiß davon noch gar nicht?" Naoko war überrascht, dass er diesmal gegenüber der Matriarchin einen kleinen Wissensvorsprung hatte.

"Leider ist es wahr. Ich habe mit Marcio, einem treuen Diener des Hauses Aulbes, gesprochen. Er berichtete mir, dass vor etwa zwei Zehntagen eine Gruppe Assassinen ein regelrechtes Blutbad im Anwesen der Aulbes angerichtet habe. Niemand wurde verschont.

Er zeigte mir ein Symbol, welches die Täter als einzigen Hinweis hinterlassen hätten: Eine zu einem Kreis gewundene Schlange - die selbe Schlange, die ich auch schon in meiner Vision gesehen hatte.


Erschrocken blickte Naoko auf.

"Ich sollte keine Zeit verlieren, Dediana! Wenn ich die Bilder aus meiner Vision richtig deute, werden die Diener der Schlange nach Norden reisen um dort nach dem letzten noch lebenden Aulbes zu suchen. Ich muss ihn finden und ihn warnen!"

Plötzlich hielt Naoko inne. Fast als sei ihm etwas wichtiges eingefallen.

Dann sprach er aber ruhig weiter: "Und es gibt noch eine Person, die ich finden muss. Ein Mädchen. Sie erschien mir wie die Schlange in jener Vision. Noch weiß ich nicht, was sie mit der ganzen Sache zu tun hat. Aber ich werde es herausfinden.

Mein nächstes Ziel heißt Westtor. Wenn ihr es vermögt, helft mir dort hin zu gelangen. Damit wäre mir sehr geholfen."
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Wormys_Queue am 28.06.2006, 10:12:32
Dann ist es wahr. Das Symbol, dass Ihr mir beschrieben habt, ist tatsächlich das Symbol des Haus des Kreises. Sie wissen mehr, als sie wissen dürften. Und mit dem Mord an den Aulbes haben sie unserer Sache schweren Schaden zugefügt.

Für einen kurzen Moment schien Dediana die Anwesenheit Naokos nahezu vergessen zu haben. Dann wurde ihre Miene majestätisch.

Junger Freund, Ihr habt uns einen wichtigen Dienst erwiesen. Ich kann noch nicht absehen, wie wir uns eure Informationen zu Nutze machen können, aber nun habe ich den Beweis, dass der Kreis den Krieg gegen uns begonnen hat.

In drei Tagen fährt ein Schiff meines Hauses nach Westtor. Es wird mir eine Ehre sein, Euch die Überfahrt zu gestatten. Meldet Euch einfach bei Kapitän Soloni, wenn Ihr abreisebereit seid.


Sie lächelte.

Ich wünsche Euch alles Glück dieser Welt und den Segen Eurer Geister, junger Schamane. Möge Eure Suche erfolgreich sein.

...

Etwa einen Monat später legte die "Seeschlange" in Westtor an. Kapitän Soloni zeigte sich sehr erfreut darüber, dass die Seereise so gut verlaufen und man den dieses Jahr schon früh einsetzenden Herbststürmen entkommen war.
Ihr habt uns Glück gebracht, Herr Naoko. Falls uns die vier Winde je wieder zusammenbringen sollten, werde ich Euch jederzeit wieder mitnehmen. Die Karawanserei ist übrigens direkt am Rande des hafengeländes, Ihr könnt sie gar nicht verfehlen. Vielleicht findet Ihr ja dort eine sichere Möglichkeit zur Weiterreise, hier oben im Norden soll es ziemlich rauh zugehen, habe ich gehört.

Soloni winkte Naoko freundlich zu, als dieser sich am Kai ein letztes Mal zur "Seeschlange" zurückblickte.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Naoko am 28.06.2006, 11:18:04
Rückblende...

Nachdem Nakoko sich von Dediana Extaminos verabschiedet hatte, begab er sich erneut zum Hafen und suchte sich einen Sitzplatz, von dem aus er auf das Meer blicken konnte. Er öffnete seinen Rucksack und holte ein zusammengefaltetes Blatt Pergamentpapier aus einer der Seitentaschen. Als er es auseinanderklappte, kam die schöne Adlerfeder, die Uzima ihm gegeben hatte, zum Vorschein.

Nachdenklich drehte er sie zwischen den Fingern... Ja, er musste es tun!
"Hotoru, Geist des Windes, trage diese Feder auf deinen Schwingen schnell und sicher zum Hochwald."

Naoko legte die Feder in seine rechte Hand und führte sie dicht an seinen Mund. "Nachtschwinge" Ein leichter Hauch genügte und die Feder schwebte mit dem Wind davon...

Joaquin Aulbes !
Ihr seid in großer Gefahr. Das Haus des Kreises hat jedes Mitglied eurer Familie in Nimpeth ermorden lassen. Marcio hat als einziger überlebt. Auch die Position des Hauses Extaminos in Hlondeth ist stark geschwächt. Nun ist der Kreis auf dem Weg nach Norden.

Mein Name ist Naoko. Ich bin ein Hin, ein Schamane aus dem Chondalwald. In meinen Visionen habe ich das drohende Unheil gesehen. Auch das Schicksal meines Volkes steht auf dem Spiel. Ich bin auf dem Weg zu Euch. Haltet derweil Ausschau nach einer jungen Frau - wunderschön aber mit totenblasser Haut. Sie wird noch eine gewichtige Rolle spielen - doch vermag ich nicht zu sagen, ob sie auf der Seite des Kreises oder auf unserer Seite stehen wird.

Mit dieser Feder könnt ihr mir antworten, wenn ihr sie mit dem Wort "Nachtschwinge" auf den Lippen von eurer Hand in den Wind blast.



Zurück in Westtor...

Naoko winkte dankbar zurück, froh wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Er hatte viel Zeit verloren, fragte sich, wie lange seine Reise wohl noch dauern würde.

Er fühlte sich verloren. Immer wieder hatte er sich während der vielen Tage auf See zurück in die Geborgenheit des Clans gesehnt - zurück in die unbeschwerten Zeiten in den tiefen Schatten des Chondalwaldes.

Der kleine Schamane dankte den Meeres-Geistern erneut für die sichere Reise und warf dann einen Blick auf die Häuser und die Menschen hier am Hafen.

Sie machten ihm Angst. Eine negative Aura lag über diesem Ort. An Solonis Worten über die rauen Sitten hier im Norden zweifelte Naoko nicht im geringsten.

Dennoch: Er musste weiter.
Sich dicht am Wasser haltend begab sich Naoko in Richtung der Karawanserei.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Wormys_Queue am 30.06.2006, 23:34:21
Wildhügel, am 26. Eleint 1372 DR, dem Jahr der wilden Magie

Gedankenverloren saß Joaquim Aulbes hinter seinem Schreibtisch und kaute auf seiner Schreibfeder herum, während seine Hauswirtschafterin Marela geschäftig die offenen Fenster putzte, durch die helles Sonnenlicht in den Raum fiel. Die Neuigkeiten, die er heute morgen erhalten hatte, waren alles andere als beruhigend. Wie es schien, hatte sein Freund Aubreck in Tiefwasser ein etwas zu risikoreiches Geschäft abgeschlossen, und dabei fast alles verloren, was er an weltlichen Gütern besessen hatte. Nun hatte er sich mit einem Hilfegesuch an ihn gewandt, und ihn um eine Geldspritze gebeten, mit denen er wenigstens in kleinem Masstab Handel treiben und so seine Schulden wieder bezahlen konnte. Und natürlich würde er Aubreck helfen, schliesslich war dieser nicht ganz unbeteiligt daran gewesen, dass er in der Wildnis hier seine Baronie hatte aufbauen können.

Ein plötzlicher Luftzug ließ ihn erschaudern. Er hob den Kopf, und sah zu seiner Überraschung eine Adlerfeder, die sich vor seinem Gesicht langsam auf die Tischoberfläche senkte. Dann erklang die Stimme in seinem Kopf....

Herr, was ist mit euch? Ihr seid ja leichenblass? Die Stimme Marelas riss ihn in die Wirklichkeit zurück. Tränen liefen seine Wangen hinab. Meine Familie, tot. Ausgelöscht vom...vom Kreis! stieß er hervor. Aber Herr, wovon redet Ihr? Habt ihr einen Tagtraum gehabt? Und wer ist der Kreis?

Habt Ihr die Stimme des Hin nicht gehört? Die von den furchtbaren Ereignissen in Nimpeth berichtete? Hier, mit dieser Feder hat er sie mir geschickt. Ich...Ich muss ihm antworten. Geht Marela, lasst mich alleine, ich bitte euch.
Marela schaute immer noch etwas ungläubig drein, verliess aber gehorsam den Raum. Wenige Sekunden später erscholl aus der Küche das Scheppern von Geschirr, als die Wirtschafterin begann, das Mittagessen vorzubereiten.
  Der Baron aber nahm die Feder und sagte „Nachtschwinge“. Die Feder erhob sich in die Luft und segelte wieder um Fenster hinaus, begleitet von seinen Gedanken an die Person namens Naoko, die ihm die Nachrichten zukommen hatte lassen.

Noch Stunden später saß Baron Joaquin an seinem Tisch und starrte an die Decke. Ein harter Zug kerbte seine Lippen ein. Was er nicht bemerkte, war der ebenso harte, ja bösartige Blick, der ihn aus dem Dunkeln des Ganges heraus beobachtete.

Auf der See der fallenden Sterne, am 28. Eleint 1372DR, im Jahr der wilden Magie


Seit vier Tagen war Naoko nun auf See, und langsam gewöhnte sich sein Magen an das Schaukeln der Wellen. Die Geschichten, die Kapitän Soloni über die Macht der Herbststürme, die bald einzusetzen drohten, zum besten gab, hatten daran aber nur einen geringen Anteil gehabt, soviel war sicher.
Naoko hob den Kopf, den er soeben noch weit über die Reeling gebeugt hatte, als etwas in der Luft seinen Blick gefangen nahm. Er wischte sich das am Schiffsrumpf hochgespritzte Wasser aus den Augen und schaute genauer hin. Seine Feder! Sie kehrte zurück.
Naoko öffnete seine Hand, mit der er alsbald die Feder sanft umschloss, und lauschte der unvermittelt in seinem Geist erklingenden Stimme.

Naoko. Ich danke Euch für eure Nachricht, auch wenn diese bei mir unermessliche Trauer ausgelöst hat. Kommt zu mir sobald Ihr könnt, denn es gibt einiges, was ich euch sagen möchte, was ich dieser Feder aber nicht anzuvertrauen wage. Ihr werdet mich in Wildhügel finden, einem kleinen Dorf an der Mündung des Einhornlaufs. Die Händler des Nordens werden Euch den Weg weisen können, denn in ihren Kreisen ist mein Name wohlbekannt. Kommt schnell. Denn Ihr irrt, wenn ihr glaubt, der Kreis sei auf dem Weg nach Norden. Dort ist er schon seit Jahren.

Wildhügel, 8. Eleint 1373 DR, im Jahr der Schurkendrachen

Fasst ein Jahr war er nun unterwegs gewesen, die meiste Zeit davon auf dem Bock eines Handelskarren. Er war froh, nun endlich das Ziel seiner Reise erreicht zu haben. Vor ihm erhob sich das Schloss, dass ihm die Einwohner Wildhügels als Domizil Baron Joaquim Aulbes bezeichnet hatten.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Naoko am 01.07.2006, 01:48:15
Irgendwann hatte Naoko aufgehört, die Tage und Zehntage zu zählen. Diese Straßen schienen kein Ende zu nehmen. Nicht in seinen kühnsten Träumen hätte er sich vorgestellt, dass er einmal so weit weg von seiner Heimat sein würde. Er war sich ziemlich sicher, dass kein Mitglied seines Stammes jemals so weit gereist war.

Auf dem Weg lernte Naoko viel über das Wesen und das tägliche Leben der Menschen. Sie waren ein seltsames Volk - schwer einzuschätzen. Es gab unter ihnen freundliche und bösartige, geizige und selbstlose. Auch verehrten sie eine Vielzahl von Göttern, die Naoko bislang nicht gekannt hatte, über die er sich aber nun viel erzählen ließ. Einen noch größeren Stellenwert als die Götter hatte für die Menschen nur eines: Geld.

Gold und Silber waren für viele Leute, die Naoko auf seiner Reise getroffen hatte, das einzige, was ihrem Leben einen Sinn gab und man brauchte Geld, wenn man auf Dauer in diesen ungastlichen Landen überleben wollte.

Niemand hier schien etwas von den Natur- oder Ahnengeistern zu wissen, die Naoko verehrte. Anfangs hatte der kleine Geisterschamane noch versucht, den Leuten klarzumachen, dass ihr Schicksal nicht nur von Göttern auf fremden Ebenen bestimmt würde, sondern von den unzähligen Seelen die jedem lebenden Ding innewohnten. Doch niemand schien sich wirklich für derlei Weisheiten zu interessieren und so hatte Naoko seine Überzeugungsversuche schließlich aufgegeben.

Mithilfe der Adlerfeder hatte er zwischenzeitlich auch einmal eine Nachricht nach Hause geschickt - hatte von den Attraktionen seiner Reise und allem berichtet, was er bislang herrausgefunden hatte.

Als er wenige Tage später Antwort von Uzima erhielt, geschah es zu ersten mal: Er fühlte, dass er sich bereits von seinem Clan entfremdet hatte. Naoko war sich nicht sicher, ob es an ihm lag, weil er sich durch die neuen Erfahrungen verändert hatte, oder an seinen Freunden zu Hause, weil sie nie ihren Wald verlassen und etwas anderes zu Gesicht bekommen würden.

In den darauffolgenden Tagen war Naoko recht traurig und niedergeschlagen. Ein wenig half ihm der hervorragende Wein der Aulbes dabei, seinen Kummer zu ertränken. Recht bald hatte er den gesamten Krug geleert.

Dann schließlich lag es endlich vor ihm: Das Schloss von Baron Aulbes. Naoko war aufgeregt. Er war am Ziel. Dafür hatte er die monatelangen Strapazen auf sich genommen. Hoffentlich war es noch nicht zu spät.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Wormys_Queue am 02.07.2006, 20:09:50
Auf Naokos Klopfen am Eingangstor zum Schloss hin wurde alsbald geöffnet. Ein junger Mann in der Livree eines Pagen schaute etwas verdutzt auf den Halbling herab.

Euch kenn ich ja gar nicht, Ihr seid wohl nicht von hier, was? Womit kann ich Euch denn helfen?
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Naoko am 02.07.2006, 20:20:25
Naoko schaute den Pagen erschöpft aber freundlich an. "Nein, ihr könnt mich nicht kennen, guter Mann, denn in der Tat, ich komme von weit her. Aus dem Chondalwald, um genau zu sein.

Mein Name ist Naoko. Ich bin gekommen, Baron Aulbes zu sprechen."


Ehe der Page etwas erwidern konnte, fügte Naoko hinzu: "Ich werde bereits erwartet. Seid bitte so freundlich und meldet dem Baron meine Ankunft.

Ich werde solange hier warten, wenn es nötig ist."
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Wormys_Queue am 02.07.2006, 20:59:30
Kurz darauf kehrte der Page zurück, sichtlich verwirrt, wie es schien. Etwas misstrauisch schaute er den Halbling an.

Ihr habt Glück, dass der Baron ein sehr gastfreundlicher Mann ist. Normalerweise mögen wir hier keine Aufschneider. Aber Herr Joaquim war sehr neugierig auf Eure Erklärung, warum ihr glaubt, von ihm erwartet zu werden. Wenn Ihr mir also folgen wollt?

Der Page führte Naoko durch den Hauptgang in ein einfach, aber geschmackvoll eingerichtetes Bürozimmer. Herr Baron, Naoko vom Chondalwald.

Freundlich winkte der Baron dem Halbling zu, sich in einen bereitgestellten bequemen Sessel vor dem Schreibtisch zu setzen. Dann blickte er ihn forschend an.

Ich frage mich, warum jemand eine so weite Reise machen sollte, um sich dann unter einem falschen und so leicht durchschaubaren Einwand Zutritt zu meinem Haus zu verschaffen zu versuchen. Meine liebe Marela hier - er wies auf die kleine, blasse Frau neben ihm, deren Blicke Naoko geradezu sezierten und deren Wangen sich zornig gerötet hatten - hätte Euch am liebsten gar nicht erst hereingelassen, aber für mich seid Ihr ein Rätsel, dass ich gerne lösen würde. Was also möchte ein Geisterhafter, und noch dazu ein Schamane, wenn ich mich nicht irre, von mir?
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Naoko am 02.07.2006, 21:31:42
Naoko war ein wenig verwirrt und enttäuscht, ließ es sich aber nicht groß anmerken. Stattdessen holte er die schöne Adlerfeder hervor und legte sie vor sich auf den Schreibtisch.

"Ich möchte gar nichts von euch. Sagt mir nur eines:

Erinnert ihr euch an diese Feder?"


War es möglich, dass der Mann vor ihm nicht der war, für den er sich ausgab? Oder spielte er nur ein falsches Spiel?

"Damals wolltet ihr mir etwas dringendes berichten, erinnert ihr euch? Ich bin so schnell gekommen wie ich konnte. Es war ein weiter Weg. Ein sehr weiter Weg."

Forschend blickte der dem Baron in die Augen.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Wormys_Queue am 11.07.2006, 23:30:30
Der Baron starrte die Feder stirnrunzelnd an, dann breitete sich zunehmend Verwirrung auf seinem Gesicht aus.

Die...ja, hab ich...in einem Traum? Eine Nachricht...von meinen Eltern...

Joaquin Aulbes hob den Blick zu Naoko.

Wer seid Ihr, dass Ihr von meinen Träumen wisst? Wieso behauptet Ihr, ich hätte Euch eingeladen? Wer seid Ih...?

...Ein Betrüger, das ist er, ganz bestimmt!
zeterte Marela plötzlich los. Ihr wisst, dass Halblingen nie zu trauen ist, und seht ihn Euch doch an, wie er Euch anstarrt. Als wolle er Euch hypnotisieren.. Ihr solltet Euch was schämen, Herr. Zuerst dieses Pack am Sommerfest, und jetzt DER hier, Eure Gesellschaft wird immer schlechter

GENUG! Zornbebend hatte sich der Baron aus seinem Stuhl erhoben. Wie kannst du es wagen, die Gesetze der Gastfreundschaft so zu verletzen? Und wie kannst du es wagen, so mit mir zu reden? Hinaus mit dir, wir reden uns später!

Marela war sichtlich zusammengesunken.

Aber Herr, Ihr wisst, dass ich nie... RAUS!!! Marela flüchtete, so schnell sie konnte, aus dem Raum. Als sie an Naoko vorbeistürmte, erschrak dieser vor dem ungebremsten Hass, der ihm aus ihren Augen entgegen loderte.
  Schwer atmend blickte der Baron ihr nach. Verzeiht ihr bitte, mein Freund, ich weiss nicht was in Marela gefahren ist. Sonst ist sie eine Seele von Mensch.
  Joaquim setzte sich wieder. Naoko, ich glaube nicht, dass Ihr ein Betrüger seid. Um so mehr aber interessiert es mich, was Ihr mit einer Feder macht, die mir in einem Traum erschien, und mir von der Hochzeit meines Bruders berichtete. Und wieso Ihr von diesem Traum wisst,den ich selbst schon fast wieder vergessen hatte?
  Der Baron lächelte leicht. Was auch kein Wunder ist, so ein Unsinn, mein Bruder hätte sich lieber entmannen lassen,als eine Frau zu ehelichen
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Naoko am 12.07.2006, 00:20:38
Naoko nahm die Feder wieder an sich und betrachtete sie traurig. Dann blickte er dem Baron beschwörend in die Augen.

"Ich bin kein Betrüger, Joaquin. Das müsst ihr mir glauben. Ich bin ein einfacher Schamane aus dem Chondalwald. Eine Vision hat mich hierher geführt. Sie kündete von einem großen Unheil, welches meinen Stamm heimsuchen würde, wenn ich nichts dagegen unternähme. Wie ich später erfuhr, handelt es sich bei diesem Unheil vermutlich um das Haus des Kreises."

Naoko beobachtete Joaquins Reaktion und fuhr dann fort: "So habe ich schweren Herzens meinen Clan verlassen und bin den Geistern, die mir den Weg wiesen, gefolgt. Sie führten mich nach Nimpeth, Eurem Heimatort." Naokos Miene verfinsterte sich ein wenig.
"Dort traf ich auf Marcio. Durch ihn erfuhr ich von Euch.

Marcio bat mich, Euch eine Nachricht zukommen zu lassen. Daher schickte ich Euch diese magische Feder. Doch die Nachricht war nicht die Hochzeit Eures Bruders."


Naoko legte den Kopf auf die Seite und schien angestrengt zu überlegen.
Wollte der Baron ihn testen oder stand er womöglich schon unter dem Einfluss des Kreises? Konnte er ihm überhaupt trauen?

"Ich vertraue in die Fähigkeiten dieser  Feder und verstehe nicht, warum sie ihre Botschaft nicht überbracht hat... Möglicherweise hat es mit dem "Pack am Sommerfest" zu tun, von dem die Frau gerade sprach. Hattet ihr unerwarteten Besuch?"

Naoko wollte Joaquin's Loyalität und wahre Absichten ergründen, ehe er ihm alles offenbarte.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Wormys_Queue am 13.07.2006, 08:27:04
Joaquin war zusammengezuckt, als Naoko das Haus des Kreises erwähnte. Als der Halbling geendet hatte, war es für mehrere Sekunden totenstill im Zimmer. Dann strafften sich die Schultern des Barons.

Wer weiß, wenn Ihr vor ein paar Tagen schon hier gewesen wäret, hätte ich Euch wohl eh gebeten, mitzumachen.

Nochmals zögerte Joaquin nach dieser kryptischen Bemerkung, dann hub er wieder an zu sprechen.

Ihr habt gerade das Haus des Kreises erwähnt. Erschreckt nicht, wenn ich Euch sage, dass ich in früheren Jahren für ebendiese Organisation gearbeitet habe. Es erstaunt mich, dass Ihr gerade jetzt hierherkommt, und von einer Gefahr redet, die vom Kreis ausgehe, zu einem Zeitpunkt, da ich selbst an den Motiven des Hauses zu zweifeln beginnen.
  Marelas "Bande" ist eine Gruppe von Abenteurern, die ich zu eben dem Zwecke ausgesandt habe, Nachforschungen anzustellen, die mir helfen sollen, das wahre Wesen dieser Gruppe zu erkennen. Natürlich sollte das niemand wissen, daher habe ich sie offiziell angeheuert, um einem Dorf in meiner Baronie zu Hilfe zu eilen, dass von einer Goblinbande bedroht wird. Ihr könnt euch sicher vorstellen, dass jemand, der so einen Auftrag übernimmt, etwas unkonventioneller sein wird, als der friedliche Bürger einer Stadt oder ein einfacher Bauer. So wie ja auch Ihr nicht gerade typisch für diese Gegend sein dürfte. Ich weiss nicht, was Marela gegen Leute Eures Schlages hat, vielleicht ängstigt Ihr sie ja und das macht sie wütend? Egal, ich werde nachher ein ernstes Wörtchen mit ihr zu reden haben.

Ihr sagtet vorhin, Ihr hättet versucht, mir eine Nachricht mit der Feder zu übermitteln. Ich verstehe zwar nicht, von was Ihr redet, aber vielleicht könnt Ihr mir ja nochmals wiederholen, was Ihr mir mitteilen wolltet?
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Naoko am 13.07.2006, 10:47:30
Naoko fühlte sich sichtlich unwohl, dem Baron die traurige Nachricht nun noch einmal überbringen zu müssen. Er fragte sich, wer ihm beim ersten mal geantwortet hatte...

"Eure Zweifel an den Motiven des Hauses des Kreises sind mehr als berechtigt, wenn sich meine Vermutungen bestätigen.

Vor nunmehr etwa einem Jahr verschaffte sich eine Gruppe Meuchelmörder des Nachts Zutritt zur Villa Aulbes in Nimpeth. Wie mir Marcio später berichtete, haben sie niemanden am Leben gelassen. Es tut mir sehr Leid, Joaquin."
Naoko gab dem Baron einen Moment Zeit, diese Information sacken zu lassen.

Dann fuhr er vorischtig fort: "Das war es, was ich euch mitteilen sollte."

Naoko zeigte Jaoquin das inzwischen ziemlich zerknitterte Empfehlungsschreiben, welches Marcio ihm damals mitgegeben hatte.

"Es steht zu befürchten, dass hinter diesem Anschlag das Haus des Kreises steht."
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Wormys_Queue am 15.07.2006, 21:30:12
Joaquin war bei den Worten des Schamanen bleich geworden. Das dargebotene Schreiben riss er Naoko nahezu aus den Händen und starrte lange auf die Worte Marcios, während sich seine Augen mit Tränen füllten.

Seine Hände verkrampften sich, bis die Fingerknöchel weiss wurden. Nur langsam löste Joaquin seinen Griff, und liess den inzwischen ziemlich zerknitterten Brief achtlos auf die Tischfläche fallen.

Ich...ich erkenne Marcios Schrift. sagte er endlich mit brüchiger Stimme. Wenn er für euch bürgt, kann ich euch bedenkenlos vertrauen. Ich danke Euch für die Mühen, die ihr auf Euch genommen habt, um mir diese traurige Nachricht zu übermitteln.

Langsam schienen die Lebensgeister wieder in ihn zurückzukehren. Seine Wangen färbten sich rot und seine Hände zitterten vor unterdrückter Wut.

Diese Schufte, ich habe ihnen mein halbes Leben lang treu gedient. Und das ist der Dank... Unvermittelt riss Joaquin seinen tönernen Weinbecher vom Schreibtisch hoch und schleuderte ihn mit solcher Wucht gegen die Zimmerwand, dass er zerschellte.

Dafür werden sie büßen. Seine Stimme war tonlos, doch seine Augen sprachen dafür um so lauter. Er wandte sich wieder Naoko zu.

Nochmals danke ich Euch. Seid mein Gast, heute abend und seid versichert, dass ich euch jede Hilfe angedeihen lassen werde, deren ich fähig bin. Ihr werdet verstehen, dass ich jetzt etwas alleine sein möchte. Doch werde ich heute abend mit euch speisen. Wenn Ihr dann noch weitere Fragen habt, stehe ich zu Eurer vollsten Verfügung. Vielleicht können wir uns ja gegenseitig behilflich sein, denn wie es scheint haben wir einen gemeinsamen Feind, auch wenn ich das erst heute endlich begriffen habe.

Der Baron erhob sich aus seinem Stuhl.

Ich werde Euch von einem Pagen ein bequemes Zimmer zuweisen lassen. Dieser wird euch auch zum Abendessen abholen, nachdem Ihr ein wenig geruht habt. Wenn Ihr das wollt, versteht sich?
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Naoko am 16.07.2006, 10:22:03
Naoko war ob des plötzlichen Gefühlsausbruchs etwas zusammengezuckt. Doch dann redete er beruhigend auf Joaquin ein.

"Ich kann euren Zorn gut verstehen und bedauere euren Verlust zutiefst. Dennoch solltet ihr versuchen, euch vom Hass nicht blenden zu lassen. Wenn wir gegen das Haus des Kreises bestehen wollen, müssen wir einen kühlen Kopf bewahren und unsere nächsten Schritte sorgfältig abwägen.

Ich werde euch helfen so gut ich es vermag. Später gibt es mit Sicherheit noch einiges zu besprechen. Derweil werde ich euer Angebot gerne annehmen und mich zunächst ein wenig von den Strapazen der langen Reise ausruhen."
Naoko sah auf einmal sehr müde aus und wandte sich zum Gehen. "Mein Körper und Geist könnten ein wenig Ruhe gebrauchen."
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Wormys_Queue am 17.07.2006, 19:19:21
In Ordnung. Ich werde sofort Paolo rufen lassen. Er wird Euch euer Zimmer zeigen, und wenn Ihr es wünscht, wird er euch einen leichten Imbiss und einen Becher  Kräuterwein servieren, den wir hier auf unserm Gut selbst herstellen. Wird Euch zu einem erholsamen Schlaf verhelfen, ohne dass Euch der Kopf davon schwer wird. Bis heute Abend denn, mein Freund.

Als Naoko erwachte, war es bereits nachts. In seinem Kopf pochte es dumpf, und ein pelziger Geschmack lag auf seiner Zunge. Überrascht stellte er fest, dass niemand gekommen war, um ihn zum Abendessen zu wecken. Vielleicht hatte man ihn auch einfach nur nicht stören wollen. Nur komisch, dass er den Wein so schlecht vertrug, hatte der Baron doch ganz anderes behauptet.

Der Wein... etwas störte Naoko bei diesem Gedanken. Tief atmete er ein – und erhaschte den Hauch eines Geruchs, der einen bösen Gedanken in ihm aufsteigen ließ. Schnell wandte er sich zu dem Nachttisch um, auf dem er den Weinbecher abgestellt hatte. Doch dieser war verschwunden. Allerdings war ein leichter, blass grünlicher Rand erkennbar, dort wo er gestanden hatte. Cújamani. Ein farb- und geruchloser Pflanzenextrakt, der von seinem Stamm als Beruhigungsmittel eingesetzt wurde, der aber in Verbindung mit bestimmten anderen Kräutern ein extrem starkes Schlafmittel abgab, mit dem man sogar Dinosaurier betäuben konnte. Jemand hatte also gewollt, dass der Halbling schlafen sollte.

Irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht. Unwillkürlich schweifte Naokos Blick zur Wand hinüber, an der er seine Waffen angelehnt hatte. Sein Stab war noch da. Aber sein Blasrohr war verschwunden. Und mit ihm sein Dolch, wie ein unwillkürlicher Griff zum Gürtel ergab.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Naoko am 17.07.2006, 19:38:14
Naoko fluchte still in sich hinein. Wie hatte er nur so leichtgläubig sein können!?

"Ihr großen Geister, wohin habt ihr mich geführt? Verlasst mich jetzt nicht."

Vorsichtig setzte er sich auf und überprüfte auch seine übrige Ausrüstung auf Vollständigkeit.

Dann stand er auf und ging leise zum Fenster hinüber. Verstohlen spähte er auf Zehenspitzen stehend nach draußen. Wem konnte er noch trauen? War Joaquin der, für den er sich ausgab?

Wie stand es um die Loyalität der Bediensteten?

Nein. Naoko konnte niemandem mehr trauen. Er musste allein weitermachen. Doch wohin sollte er gehen?

Er holte einen Stuhl um besser an das Fenster ranzukommen und überprüfte, ob es sich öffnen ließ.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Wormys_Queue am 18.07.2006, 21:45:15
Das Fenster war nur durch einen einfachen Riegel verschlossen, der sich leicht verschieben liess. Frische Nachtluft drang von draussen herein und vertrieb in Sekundenschnelle die Kopfschmerzen des Halblings.

Irgendwo im Inneren des Gebäudes erklang ein dumpfes Krachen, wie von einem umgestürzten Tisch, gefolgt von einem panischen Schrei.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Naoko am 18.07.2006, 22:49:44
Naoko, der schon einen Fuß auf das Fenstersims gesetzt hatte, zögerte als er den Lärm hörte. Seine Gedanken rasten. Was war da passiert? Konnte er womöglich noch helfen?

Wem sollte er helfen? Wer stand auf seiner Seite?

Naoko war drauf und dran, einfach aus dem Fenster zu klettern und zu verschwinden, doch die Neugier obsiegte schließlich.

Er stieg über den Stuhl wieder hinab vom Fenstersims nachdem er einen letzten tiefen Atemzug der kühlen Nachtluft genommen hatte.

Auf Zehenspitzen schlich er zur Tür und legte sein Ohr dagegen. Dann öffnete er sie vorsichtig.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Wormys_Queue am 21.07.2006, 19:18:56
Nach dem Schrei wurde es totenstill im Schloss. Naoko öffnete die Tür uns spähte den dunklen, nur von einigen wenigen Fackellichtern erhellten Gang hinab. Bis zur Ecke, an der der Gang sich nach rechts zu den Haupträumen hin wandte, war keine Menschenseele zu erkennen.

Plötzlich taumelte eine Gestalt um die Ecke. Sie stützte sich an der Wand ab, offenbar konnte sie sich nur mühsam  auf den Beinen halten. Für einen kurzen Moment blickte die Gestalt in Richtung Naokos, wobei ihr Gesicht vom rußigen Licht einer Fackel erhellt wurde. Der Halbling erkannte die schmerzverzerrten Züge Joaquin Aulbes.

Zwei, drei schnelle Schritte, dann flog eine kleinere Gestalt nahezu auf den Baron zu. Ein Dolch blitzte, und der Baron schrie auf, als die Waffe sich in seine zur Abwehr erhobene Hand bohrte. Mühsam stiess er seinen Gegner zurück und wankte ein paar weitere, unsichere Schritte in Richtung Naokos.

Genau in dem Moment, als der geheimnisvolle ANgreifer sich ein weiteres Mal auf den Baron stürzte, verliessen diesen die Kräfte und er fiel zu Boden
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Naoko am 21.07.2006, 22:22:34
Der Halbling sah das grausame Schauspiel und war einen Moment wie versteinert.

Als er schließlich handelte, tat er es fast unbewusst. Der Nachtfuchs hatte die Kontrolle über Naokos Körper übernommen.

Da hörte der Angreifer Naokos drohende Worte in seinem Kopf:
'Zurück mit dir! Oder ich verbrenne dich bei lebendigem Leibe'!

Gleichzeitig erschien eine Flamme in der ausgestreckten rechten Hand des Schamanen. Mit einer blitzschnellen Bewegung schleuderte er sie über den am Boden liegenden Joaquin hinweg dem Wesen entgegen.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Wormys_Queue am 22.07.2006, 23:01:19
Der Angreifer prallte tatsächlich zurück, aber ob der Worte Naokos wegen, oder der Flamme, die er mit einer beilläufig anmutenden Bewegung ausschlug, bevor sie Schaden anrichten konnte, wegen war nicht genau erkennbar.

Duuu! Ssolltesst doch sschlafen! zischte sie - so hörte es sich jedenfalls an - bösartig und machte eine schnelle Handbewegung, mit der sie den Dolch, den sie soeben noch gegen den Baron erhoben hatte, gegen Naoko.

1d201d20-1 1d2 1d20-1 1d2 = (5) -1 -1 Gesamt: 3 - ungültige Optionen: 1d2 1d20, 1d2
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Wormys_Queue am 22.07.2006, 23:06:25
Doch der schlechtgezielte Dolch prallte harmlos von der Wand ab und fiel vor Naokos Füße. Zu seinem Erstaunen erkannte er im Lichtschein, der aus seinem Zimmer fiel, dass es sich dabei um seinen eigenen Dolch handelte. Diese Erkenntnis lenkte ihn für einen kurzen Moment ab, so dass er fast übersehen hätte, dass die Gestalt eine Waffe gezogen hatte, und über den Baron hinweg auf ihn zugesprungen kam.

[ooc] Du hast Initiative, Naoko. Gegner ist noch 10 Fuß von dir weg.[/ooc]
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Naoko am 22.07.2006, 23:58:29
Wut loderte in den Augen des Halblings. Erneut ertönte seine dunkle Stimme in den Gedanken des Angreifers.

'Ich bin ein Diener des Feuergeistes. Brenne in seinem Zorn, Unwürdiger!'

Erneut vollführte Naoko die nötigen Gesten um aus dem Nichts eine Flamme entstehen zu lassen, die er dem Wesen entgegenschleuderte.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Naoko am 23.07.2006, 00:05:20
Ohne abzuwarten, ob er getroffen hatte, machte Naoko auf dem Absatz kehrt und verschwand um die Ecke um dem Gegner den Ansturm zu erschweren.

Dann steuerte er geradewegs auf den Stuhl zu, der noch immer unter dem offenen Fenster stand.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Wormys_Queue am 23.07.2006, 11:07:05
Naoko wollte gerade auf den Stuhl springen, als ihm etwas zwischen die Beine geriet und ihn fast zu Fall brachte. Geschickt fing Naoko den Sturz ab. Er hatte sich gerade wieder aufgerichtet, als hinter ihm eine bekannte, vor Boshaftigkeit strotzende Stimme erklang.

Ihr habt Euer Blasrohr vergessen, kleiner Mann! Wo wollt Ihr überhaupt hin? Ihr könnt doch nicht einfach verschwinden, wo Ihr doch die Hauptperson in diesem kleinen Drama seid?

Langsam wandte Naoko sich um. In der Tür stand Marela . Doch hatte ihr Aussehen sich sehr verändert. Ihre Augen waren nun schmale Schlitze, einer Schlange gleich, und ihre Haut hat ihre gesunde Farbe verloren und wirkte nun bleich und, ja fast wie von feinen Schuppen überzogen. Mit ihrem Rapier bedeutete sie dem Halbling höhnisch Salut.

Ihr werdet sicher verstehen, dass ich den Mörder unseres geliebten Barons unmöglich entkommen lassen kann. Schliesslich muss diese Untat auf alle Fälle gesühnt werden.

Marelas Gesicht verlor jede Spur von Humor, nur noch Bedrohung blieb übrig.

Ach ja, Leben lassen kann ich Euch natürlich auch nicht, Ihr habt zu viel gesehen, was Ihr nicht wissen dürftet. Außerdem seid Ihr Schuld, dass es überhaupt soweit kommen musste.  Hat uns ganz schön Mühe bereitet, den Baron davon zu überzeugen, dass er Eure Botschaft nur geträumt hatte.

Mit nach vorne gestreckter Rapierspitze bewegte sie sich langsam auf Naoko zu.

Sagt Lebewohl, Kleiner Halbl... explosionsartig entwich ihr die Luft aus den Lungen, während Ihr Gesicht einen Ausdruck ungläubigen Schocks annahm, als plötzlich Naokos Dolch aus ihrer Schulter ragte. Nur mit Mühe konnte sie den Griff des Rapiers festhalten, geriet aber ins Taumeln.

Rettet mich! Und Euch! Baron Aulbes soeben noch zum Wurf erhobene Hand sank nach unten,während er langsam am Türrahmen zu Boden sank.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Naoko am 23.07.2006, 11:42:35
"Lebewohl."
Naoko machte einen Schritt zurück, blickte Marela einen Moment lang fast traurig an und beschwor ein weiteres Mal die Kraft des Feuergeistes.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Wormys_Queue am 24.07.2006, 22:52:08
Und wieder zerfaserte der Zauber, bevor er Schaden anrichten konnte. Langsam bewegte Marela sich auf Naoko zu, der sie genau im Auge behielt, um ihren Angriff vorherahnen zu können. Ihr Lächeln sollte wohl siegesgewiss wirken, allerdings schien der Dolch in ihrer Schulter die Beweglichkeit ihres Schwertarms zu behindern. Dennoch stach sie nach ihm, nicht gewillt, ihm eine weitere Chance zu geben.

Naoko konnte ihren ungeschickt vorgetragenen Angriffen mit Leichtigkeit ausweichen.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Naoko am 24.07.2006, 23:12:28
Etwas frustriert schaute Naoko auf seine rechte Hand. Das Werfen der Feuerkugeln hätte er wohl häufiger üben sollen.

Jetzt jedoch war seine magische Energie verbraucht. Während er sich darauf konzentrierte, Marelas Angriffen auszuweichen, versuchte er die aufsteigende Panik zu unterdrücken und überlegte fieberhaft, was er nun tun sollte. Immer wieder wanderte sein Blick zu Joaquin. Wie schwer war er wohl verletzt?

Schließlich passte Naoko einen günstigen Moment ab, packte seinen Kampfstab fest mit beiden Händen und schlug mit voller Wucht nach Marela.

Doch sie duckte sich im letzten Moment weg und Naokos wuchtiger Schlag ging vollkommen ins Leere.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Wormys_Queue am 25.07.2006, 23:19:38
Irgendwo im Gebäude wurden Türen mit Gewalt aufgestossen, wie ein lautes Krachen den Kämpfern geriet. Marelas Gesichtsausdruck wurde panisch, und sie deckte Naoko mit einem Schlaghagel ein, im Versuch, an ihm vorbei zum Fenster zu gelangen.

Naoko keuchte auf, als die Spitze des Rapiers in seinen linken Arm eindrang und glatt durchstiess. Blut spritzte, als Marela die Waffe wieder zurückzog.

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Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Naoko am 25.07.2006, 23:30:30
Mit einem lauten Schmerzensschrei taumelte Naoko zurück und presste seine rechte Hand auf die Wunde. Er fühlte, wie warmes Blut zwischen seinen Fingern hervorsprudelte.

'Mutter Erde, steh mir bei. Verlass mich nicht.'

Ihm wurde schwarz vor Augen. Noch so einen Treffer würde er nicht überleben. Panisch schaute er sich nach einem Fluchtweg um. Dann passte er einen günstigen Moment ab und lief in einem Bogen zurück in Richtung Tür.

Er konnte nur hoffen, dass der Lärm Verstärkung bedeutete.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Wormys_Queue am 27.07.2006, 18:08:53
Der Baron! Wo ist er?
Nicht in...Zimmer.
Hier...Blut

Die Rufe von draussen kamen näher. Man hörte das Klirren von Waffen. Marela hieb ein letztes Mal nach Naoko. Wieder senkte sich die Spitze ihres Rapiers in Naokos Fleisch. Fast bedauernd wurde ihr Gesichtsausdruck, als Naoko wankte, aber nicht fiel.

Dann eben der Galgen! waren ihre letzten Worte, bevor sie an Naoko vorbei durchs Fenster schwang.

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Naoko toste das Blut vor Augen. Er wusste, dass er haarscharf dem Tode entronnen war. Hier ist er. hörte er jemanden direkt vor der Tür rufen. Dann wurde er brutal zu Boden gerissen.

Wenn der Baron tot ist, dann gnade dir Gott, du Mörder!

Dann wurde der Schmerz übermächtig und Naoko schwanden die Sinne.

Feuchtes Moos bedeckte die Steine der kleinen Zelle, in der der Gefangene mit eisernen Ketten an die Wand gefesselt war. Sein Kopf war müde auf die Brust gesunken, und die Wunden, die er in seinem letzten Kampf erlitten hatte, waren zwar notdürftig versorgt, brannten aber wie Feuer. Kurz hob der Halbling den Kopf und starrte zur Tür. Er wartete auf das Urteil an einem Mord, den er nicht begangen hatte.[/spoiler]
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Naoko am 27.07.2006, 22:37:48
Naoko weinte bitterlich. Er hatte versagt; hatte alle Hoffnungen, die Uzima in ihn setzte, enttäuscht und würde wohl nie wieder zu seinem Stamm zurückkehren. Welch bittres Schicksal mochte ihn jetzt noch erwarten?

Irgendwann - als seine Tränen versiegt waren - breitete sich eine große Leere in Naoko aus. Die Welt um ihn herum hatte nun keine Bedeutung mehr. Auch die Zelle, in der er saß, nahm er gar nicht mehr wahr.

Um dem körperlichen wie seelischen Schmerz zu entfliehen, war Naoko in eine tiefe Trance gefallen. Sein Geist, in Gestalt des Nachtfuchses, ließ den kleinen geschundenen Halblingkörper zurück und begab sich im Jenseits auf die Suche, nach Geistern, die ihm in solch auswegloser Situation noch helfen könnten.

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Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Wormys_Queue am 28.07.2006, 22:00:55
Irgendwann wurde aus der Trance ein unruhiger, aber dennoch einigermassen erholsamer Schlaf. Als Naoko erwachte, war sein Blick klar. Es war immer noch dunkel in seiner fensterlosen Zelle, aber sein Instinkt sagte ihm, dass draußen - wo war draußen? - der nächste Morgen angebrochen sein musste. Naoko starrte zum einzigen Zugang zu dieser Kammer hinüber, einer massiven Holztür, in die auf einer für Menschen angenehmen Höhe ein vergittertes Guckloch eingelassen war. Tasächlich war hinter dem Guckloch ein heller Schimmer zu erkennen, der ihm verriet, dass sein Instinkt ihn nicht getrogen hatte.

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Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Naoko am 29.07.2006, 14:03:07
Naoko machte sich wenig Hoffnung, dass es ihm gelingen könnte, auszubrechen.

Er stand aber auf und versuchte, durch das Loch in der Tür zu schauen.

"Hallo, ist da jemand? Ich bin unschuldig! Lasst mich raus! Marela hat den Baron umgebracht! Nicht ich.

Hallo?!"
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Wormys_Queue am 30.07.2006, 22:04:18
Niemand antwortete auf Naokos Rufe. Es schien fast, als hätte man ihn vergessen. Erst 2 Stunden später, die dem Schamanen wie Tage vorkamen, wurden Schritte laut. Naoko hörte wie ein Schlüssel ins Schloss seiner Zellentür gesteckt und umgedreht wurde. Dann ging die Tür auf und ein hünenhafter Mensch, dessen narbenübersäte Arme verrieten, dass er schon so manchen Waffengang überlebt hatte, betrat die Zelle. Bevor Naoko etwas sagen konnte, begann dieser zu sprechen.

Du hast Glück, der Baron hat deinen heimtückischen Angriff bis jetzt überlebt. Ich soll dich zu ihm bringen, wahrscheinlich will er sein Urteil über dich fällen, so lange er noch dazu in der Lage ist. Vielleicht kannst du ja sogar dein armseliges Leben retten, wenn du ihm das Gegenmittel gegen das Gift verrätst, mit dem du ihn angegriffen hast.

In der Zwischenzeit hatte der Mann Naoko von den Eisenfesseln befreit, nachdem er seine Arme mit dünnen Lederriemen zusammengebunden hatte.

Ach ja, versuch besser keine Tricks, ich hab keine Geduld mit Halunken wie dir. Vorwärts!

Mit einem kräftigen Schubser stieß er Naoko aus der Zelle in einen langen, fackelbeleuchteten Gang, an dessen Ende eine Treppe nach oben führte. Offenbar hatte man Naoko im Keller des Schlosses eingesperrt.[/b]
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Naoko am 30.07.2006, 22:26:24
Naoko fiel ein Stein vom Herzen. Joaquin war noch am Leben! Dann würde die Wahrheit vielleicht doch noch ans Licht kommen und es war noch nicht alles verloren.

Naoko versuchte, den Anweisungen und Schubsern des Wächters so gut wie möglich Folge zu leisten. "Das ist alles ein furchtbares Missverständnis. Ich wollte den Baron retten. Die wahre Mörderin ist geflohen!" Doch der Mann schien seinen Worten wenig Bedeutung beizumessen.

"Ihr werdet sehen!"
'Mit welchem Gift der Baron wohl verletzt wurde? Hoffentlich war es nur mein Blauer Ginster.'
Naoko beschleunigte seine Schritte.
'Und was, wenn nicht?'
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Wormys_Queue am 30.07.2006, 23:14:18
Es ging die Treppe hinauf, dann durch weitere Gänge, bis Wärter und Gefangener vor einem großen Gemach, dessen Türen weit offenstanden. Mit besorgten Mienen wuselten Diener nach drinnen und wieder hinaus, nur noch mühsam den Anschein einer sinnvollen Tätigkeit wahrend.

Rein da! Der Riese stieß Naoko in die Kammer.

Der Anblick Joaquins auf dem großen Himmelbett am andern Ende des Raums war wahrhaft mitleiderregend. Sein Körper war schweißbedeckt und wurde von Fieberschüben geschüttelt, seine Gesicht war eingefallen und hatte einen ungesunden fahlgrauen Ton angenommen. Seine Augen waren rotgeädert und unnatürlich geweitet und starrten stier zur Decke.

Der Mann zerrte Naoko grob bis zum Bett. Dann beugte er sich hinunter und schüttelte den Baron überraschend sanft an der Schulter.

Junge, werd wach. Ich hab dir den Halunken mitgebracht.

Nach einem weiteren sanften Schütteln wurfe der Blick Joaquin Aulbes etwas klarer und wandte sich den beiden am Bett stehenden Personen zu. Seine Lippen formten unhörbare Worte, aber der Mann schien ihn problemlos zu verstehen. Er richtete sich auf und wandte sich den im Hintergrund wartenden Dienern zu.

Raus! Alle!

Obwohl er nicht besonders laut gesprochen hatte, liefen die Diener sofort los. Der letzte schloss hinter sich die Türe. Der Mann beugte sich wieder zu Joaquin hinab, seine Miene verriet leichte Verwirrung.

Was soll das? Ich dachte, du... Naoko...unschuldig. Wasser. wurde er vom Baron unterbrochen.  Der Hüne biss grimmig die Zähne zusammen, tat aber, wie geheissen, und führte dem Kranken einen neben dem Bett stehenden Becher Wasser an die Lippen. Joaquin trank gierig. Der Trank schien seine Lebensgeister zu wecken und er richtete sich etwas auf.

Hör zu, Jonah, es stimmt. Ich bin nicht im Fieberwahn. Es war nicht Naoko, der mich angegriffen hat, es war jemand anderes. Tatsächlich hat Naoko mir wohl das Leben verlängert, als er den Angreifer von mir ablenkte. Wenn auch nur für kurze Zeit vielleicht.

Joaquin wandte sich Naoko zu.

Habt Ihr den Angreifer erkennen können?
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Naoko am 30.07.2006, 23:17:54
Naoko nickte. "Es war Marela", sagte er mit ernster Miene.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Wormys_Queue am 01.08.2006, 17:55:06
Marela, ächzten Jonah und der Baron nahezu gleichzeitig.

Wie kannst du es wagen Marela zu verdächtigen? Sie ist eine der treuesten...

Schon gut Jonah. unterbrach der Baron leise die Tirade des Hünen. Ich habe dasselbe vermutet, Naoko hat es nur bestätigt.

Aber Herr, es waren seine Waffen, mit denen du verletzt wurdest. fuhr Jonah auf.

Und es wäre ein leichtes für die Haushälterin dieses Schlosses gewesen, an diese Waffen heranzukommen, sie hat Schlüssel zu allen Gemächern. Schnell, Jonah, geh zu Marelas Zimmer und sieh nach, ob du sie dort vorfindest. Und befiehl den Dienern, hier draussen zu bleiben.

Jonahs Augen blitzten, doch er gehorchte, während Naoko und der baron schweigend warteten. Es dauerte nur wenige Minuten, bis der Riese sichtlich erschüttert zurückkehrte.

Marela ist nicht da. Hab ihre Schränke flüchtig durchsucht. Und das hier gefunden.

Er hielt dem Baron einen Flakon vor Augen, dessen dickflüssiger, bräunlicher Inhalt fast über den Rand schwappte. Naokos feine Nase nahm einen bekannten Geruch wahr, den des Schlafgiftes, mit dem Marela ihn außer Gefecht hatte setzen wollen.

Der zweite Gegenstand, den Jonah mitgebracht hatte, war ein Stück Rinde, dass sich der Baron gerade vor Augen hielt. Dann reichte er es stumm an den Halbling weiter, der die in die Rinde eingeritzten Zeichen betrachtete.

Gefahr! Tötet Ihn! Der Geistermann kommt!
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Naoko am 01.08.2006, 23:51:46
Naoko legte das Stück Rinde wieder aus der Hand. Abwartend schaute er die beiden Menschen an.

"Das beweist, dass sie auf die Befehle eines anderen hört. Es ist eine große Verschwörung im Gange und ich denke, ihr wisst nun auch, wer dahinter steckt." sagte Naoko zu Joaquin.

"Dieses Gift", Naoko deutete auf den Flakon, "enthält Cújamani-Extrakt. Marela - oder einer ihrer Verbündeten - hat es in meinen Wein gemischt. So konnte man mir unbemerkt meinen Dolch entwenden um ihn als Mordwaffe zu benutzen.

Den guten Geistern sei dank, dass ihr diese Attacke überstanden habt. Leider reichten meine Kräfte nicht aus um Marela zu überwältigen. Sie wird einen neuen Plan aushecken. Wir sollten schleunigst handeln. Wir müssen die Hintermänner ermitteln und die Ziele des Kreises ergründen."


Ratlos blickte Naoko zu Joaquin.

"Ihr seid der Baron. Was schlagt ihr vor?"
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Wormys_Queue am 04.08.2006, 22:23:27
In diesem Moment verzerrte sich das Gesicht des Barons und er bäumte sich krampfartig auf. Für einen kurzen Moment schien er keine Luft mehr zu bekommen, dann sog er mit Gewalt frische Luft in seine gequälten Lungen und sank in sein Bett zurück.

Er lächelte schwach, als er die Augen wieder aufschlug.

Wie ihr seht, mein Freund, habe ich ihren Anschlag alles andere als überstanden. Das Gift, das sie mir verabreichte, soll mich wohl jedenfalls töten.

Ich würde Euch gerne um einen Gefallen bitten. Bei der Gruppe von Abenteurern, die ich ausgesandt habe, befindet sich die Priesterin Audhild, eine Zwergin, die schon länger hier ansässig ist. Sie alleine ist vielleicht in der Lage, das Gift zu zerstören, dass durch meine Adern fliesst. Reist den Einhornlauf hinauf nach Distel und erkundigt Euch dort nach der Gruppe. Solltet Ihr sie dort nicht antreffen, dann reist weiter nach Norden. Etwa einen tagesmarsch nördlich von Distel liegt ein Wäldchen. Dort findet ihr ein altes Lagerhaus, dass sie für mich auskundschaften sollen.

Falls sie Euch nicht trauen, dann sagt ihnen, dass ihr von mir kommt, und dass ich der Gruppe einen Ring gegeben hätte, um die Türen des Lagerhauses zu öffnen. Davon weiss außer mir niemand, Ihr müsst es also von mir erfahren haben.


Der Baron wollte weiterreden, wurde aber von einem trockenen, nicht enden wollenden Husten eine Zeit lang daran gehindert. dann ergriff er den Arm des Halblings.

Wenn Ihr zu spät kommen solltet, um mein Leben zu retten, dann sucht meinen Neffen Lysander in Distel auf und sagt ihm, dass ich ihn als Alleinerben eingesetzt habe, und dass es mein letzter Wunsch gewesen sei, dass er Euch und der Gruppe jegliche Unterstützung gewähre. Ich...

Ein weiteres Husten erschütterte seinen Körper und er drückte sich ein Tuch vor den Mund, um den Schleim aufzufangen. Das Tuch war blutgesprenkelt, als er es wieder sinken liess. Kraftlos schloss er die Augen und schien augenblicklich in einen tiefen Schlaf zu fallen. Jonah schüttelte ihn mit tränennassesn Augen, um ihn wieder aufzuwecken, doch nichts schien die Starre erschüttern zu können, in die der Baron verfallen war. Schließlich gab er auf und packte Naoko am Kragen

Geht, Naoko, schnell, und findet Audhild. Er darf nicht sterben.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Naoko am 05.08.2006, 00:32:58
Naoko blickte Jonah tief und ernst in die Augen und löste sanft aber bestimmt dessen Hand von seinem Umhang. "Das wird er auch nicht."

Naoko wandte sich nochmal dem Baron zu und sah besorgt auf ihn hinab während er weiter zu Jonah sprach.

"Ich werde diese Audhild suchen und hier her bringen. Aber es wäre töricht, wenn ich nicht zuerst selbst versuchte, die Wirkung des Giftes zu lindern. Immerhin bin ich der Medizinmann meines Stammes und verstehe einiges von Giften und den Möglichkeiten ihrer Bekämpfung."

Mit geschultem Blick untersuchte der Halbling den bewusstlosen Joaquin, fühlte den Puls, ispizierte die Wunden sowie die Augen- und Mundschleimhäute. Dann setzte er sich neben das Bett und schien angestrengt zu überlegen, wobei er ab und zu mit dem Kopf nickte.

Wieder wandte er sich an den immer ungeduldiger werdenden Jonah. "Ich denke, ich weiß, wie man das Gift zumindest lange genug aufhalten könnte, damit der Baron die Zeit bis zu meiner Rückkehr sicher übersteht. Allerdings... bräuchte ich dafür einige Sachen."


Knapp eine Stunde später hatte der kleine Medizinmann die Wunden des Barons mithilfe einiger - in Naokos Augen drittklassiger - Pflanzen- und Tierextrakte, die Jonah ihm hatte bringen lassen, soweit versorgt, dass Naoko sich ziemlich sicher war, dass von dem Gift nun keine akute Gefahr mehr für Joaquin ausgehen durfte.

Zufrieden und erschöpft lehnte er sich erstmal einen Moment zurück. "So, das wars. Das sollte reichen, damit der Körper die Wirkung des Giftes abschütteln kann. Trotzdem werde ich dem Wunsch des Barons nachkommen und nach dieser Heilerin und den Abenteurern Ausschau halten. Sie sollten schließlich erfahren, dass es hier einen Anschlag gegeben hat und dass ihre Hilfe hier demnächst vielleicht benötigt werden könnte, sollten die Attentäter zurückkehren."

Naoko atmete einmal kräftig durch und sprang von seinem Stuhl auf.
"Wenn ihr mir dann freundlicherweise meine Sachen zurückgeben würdet, werde ich mich sofort auf den Weg machen."
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Wormys_Queue am 06.08.2006, 21:59:15
Jonah hatte zuerst sichtlich unruhig und misstrauisch den Bemühungen Naokos zugesehen. Im Laufe der Behandlung war er aber immer stiller geworden. Als der Halbling nach getaner Arbeit zu Jonah hinsah, stellte er fest, das aus dessen fest auf ihn gerichteten Blick jeglicher Zorn verschwunden war.

Ich...ich weiß nicht, wie ich Euch danken soll. Vergebt mir mein Misstrauen, soeben habt ihr bewiesen, dass Ihr dem Baron nichts Böses wollt. Natürlich werdet Ihr sofort Euer Hab und Gut zurückerhalten, und ich werde sofort ein Pony für Euch satteln lassen, damit Ihr möglichst schnell nach Distel gelangt.

Redet dort mit Gutsherrn Jern, dieser wird Euch sicherlich weiterhelfen können, und falls Audhild und die anderen sich gerade in Distel aufhalten sollten, werden sie sicher bei Ihm wohnen.


Jonah schluckte.

Ich werde Eure Großmut nicht dadurch beleidigen, dass ich Euch eine geringe Belohnung anbiete, wie sie in meinen Mächten stünde. Aber seid versichert, dass Ihr hier immer offene Türen für Euch vorfinden werdet. Und ich bin sicher, dass der Baron mehr als glücklich sein würde, Euch hier wiedersehen zu dürfen.

Der Hüne grinste.

Und seine Großzügigkeit dürfte Euch sicher weniger beleidigen, als es die meine tun würde. Im übrigen seid unbesorgt, ich werde Tag und Nacht Wache an seinem Bett halten, kein Angreifer wird ihm auch nur nahe kommen, solange auch nur ein Tropfen Blut in meinen Adern fliesst.

Offenbar hatte Jonah einen gewissen Hang zur Melodramatik, schien es aber ehrlich zu meinen. Fähig schien er jedenfalls zu sein, denn seine Befehle an die Dienerschat waren kurz und präzise. Eine Viertelstunde später war Naoko jedenfalls wieder im Besitz seiner Habseligkeiten, während draußen ein gesatteltes Pony für ihn bereitstand. Jonah drückte ihm zum Abschied einen Zettel in die Hand, auf dem in unbeholfenen Buchstaben eine Empfehlung für Naoko geschreiben stand. Er grinste verschämt.

Bin nicht so gut im Schreiben, habs daher kurz gehalten. Aber Jern kennt meine Schrift, wird also wissen, dass Ihr von hier kommt. Erklärt Ihm den Rest, wenn ich das alles aufgeschrieben hätte, hättet Ihr noch eine Woche warten müssen, bis ich fertig gewesen wäre. Lebt wohl!

Am Abend desselben Tages sprang Naoko vor dem Gutshaus Distels aus dem Sattel. Das Pony hatte einen sehr gleichmässigen Gang gehabt, so dass sich die Schmerzen in seinen Beinen in Grenzen hielten. Als er vor das Tor trat, ging die Tür auch schon auf. Offenbar hatte man seine Ankunft bemerkt. Der Mann, der die Tür geöffnet hatte, beugte sein von einer silberweissen Löwenmahne umrahmtes Haupt, um den Ankömmling in Augenschein zu nehmen.

Ich bin Jern. sagte er einfach. Wünscht Ihr, mit mir zu reden? Oder seid Ihr nur auf der Durchreise?
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Naoko am 07.08.2006, 11:15:03
Mit erleichtertem Blick ging Naoko noch ein paar Schritte auf Jern zu, blieb dann stehen und deutete eine Verbeugung an.

"Nein, in der Tat: Ihr könnt mir wahrscheinlich weiterhelfen. Mein Name ist Naoko. Ich komme geradewegs von Baron Joaquin und bin auf der Suche nach der Zwergin Audhild um ihr eine wichtige, vertrauliche Nachricht zukommen zu lassen. Wisst ihr zufällig, wo ich sie finden kann?"
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Wormys_Queue am 09.08.2006, 00:12:16
Distel, 9. Eleint 1373 DR, im Jahre der abtrünnigen Drachen

Jern zog eine Augenbraue hoch.

Vom Baron? Und Ihr sucht Audhild? Ist denn jemand erkrankt?

Jern unterbrach sich.

Aber verzeiht, kommt herein und seid mein Gast, Ihr seid sicher den ganzen Tag über geritten.

Bald sassen sie drinnen am Tisch und während Naoko ein einfaches, aber schmackhaftes Abendmahl genoss, leistete ihm Jern bei einem Krug Wein Gesellschaft.

Ihr habt vorhin nach Audhild gefragt. Ihr habt sie leider um einen Tag verpasst. Sie zog mit ihren begleitern weiter, nachdem sie einer Gruppe Goblins das Handwerk gelegt hatten, die hier ihr Unwesen trieben. Hat mir nicht genau gesagt, wohin sie ziehen würden. Aber ich glaube, sie wollten nach Aulbesmühle weiter im Norden, dem Neffen des Barons hinterher.
  Und verzeiht nochmals meine Neugier, aber warum sucht Ihr eigentlich nach ihr?
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Naoko am 09.08.2006, 00:55:09
Naoko, der die Einladung erst nur widerwillig angenommen hatte, musste sich nun sehr beherrschen, das aufgetischte Essen nicht runterzuschlingen. Wie lange hatte er nicht mehr so gut gegessen? Zu lange.

Noch halb kauend antwortete er auf Jerns Frage: "Der Baron schickt nach ihr. Offenbar wurde jemand im Schloss vergiftet. Leider kann ich euch nicht sagen, um wen es sich handelt." Naoko konnte niemandem mehr trauen. Die Mahlzeit und den Wein hatte er heimlich mit einem Zauber gereinigt. Zu schmerzlich war noch die Erinnerung an die nächtliche Begegnung mit Marela. Vielleicht würde er Jern später die ganze Geschichte erzählen, sobald diese Zwergin gefunden war.

"Diese Audhild soll ja eine fähige Heilerin sein. Joaquin hält jedenfalls große Stücke auf sie. Ich werde morgen in aller Früh nach Aulbesmühle weiterreiten. Habt ihr vielleicht ein Quartier für die Nacht, Meister Jern?"
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Wormys_Queue am 09.08.2006, 22:30:33
Aber natürlich, mein Freund! Ihr könnt eines der Gästezimmer haben. Ich hätte Euch eh nicht wieder vor die Türe gesetzt, das verbietet mein Anstand. Wäre vielleicht eh besser, nur bei Tage zu reisen. Audhilds Freunde waren sich leider nicht ganz sicher, ob sie wirklich alle Goblins erwisht hatten. Ihr solltet also auf Eurer Weiterreise lieber ausgeruht und wachsam sein.

Wir sehen uns morgen zum Frühstück. Ich wünsche Euch eine gute Nacht.


Jern erhob sich und gab einem der Knechte einen Wink, der daraufhin  Naoko zu den Gästeräumen führte und ihm dort ein Zimmer zuwies. Dann wünschte er ihm ebenfalls eine geruhsame Nacht und zog sich zurück.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Naoko am 10.08.2006, 12:10:00
"Gute Nacht. Und richtet Jern nochmal meinen herzlichsten Dank aus", rief Naoko dem Bediensteten hinterher nachdem er sich hatte versichern lassen, dass man auch für das Pony sorgen würde. Dann schloss er die Tür um sich in seinem Zimmer umzusehen.

Zuerst legte er seinen Rucksack und seinen Mantel ab und begann dann gewohnheitsmäßig, die Lederschnallen seiner Rüstung zu öffnen. Doch schließlich überlegte er es sich anders und behielt die Rüstung an. Sie war leicht genug, um ihn beim Schlafen nicht sonderlich zu stören - und Naoko wollte lieber kein Risiko eingehen.

So suchte er sich einen bequemen Platz auf dem viel zu großen Bett und verfiel in eine tiefe Trance, in der er seinen schutzbefohlenen Geistern für die überstandenen Gefahren und die sichere Reise dankte. Bald darauf war der junge Halbling fest eingeschlafen.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Wormys_Queue am 10.08.2006, 22:26:41
Blut tropft von den Fangzähnen der goldenen Schlange, deren rotfunkelnder Blick bedrohlich auf den jungen Halbling gerichtet ist. Es vereinigt sich zu einem dünnen Rinnsal, das sich mit weiteren Rinnsalen, die aus den Leichen kleinwüchsiger, hässlicher Gestalten herausströmen, zu einem Fluß vereinigen und aus dem kreisrunden Raum in einen gewundenen Gang hinausströmen.
  Naoko folgt dem Strom, vorbei an dem blutüberströmten bleichen Gesicht, dass er in einer anderen Vision zum ersten mal gesehen hat. Das Blut umfliesst die Füße mehrerer nur schemenhaft erkennbarer Gestalten, die alle ihre Gesichter ihm zugewandt haben, als würden sie auf ihn warten.
  Naoko geht weiter, aus den Räumen hinaus, einen Hügel hinab und in ein Waldstück hinein. Während er zwischen den Bäumen hindurchgeht, färben sich ihre Blätter rot, als ob sie das Blut aufsaugen würden, das zwischen ihren Wurzeln hindurchströmt.
  Endlich geht es aus dem Wald hinaus, über ein Stück freie Ebene, bis der Blutstrom in einen Fluß hineinläuft und sich mit dessen Wassern vereinigt.
  Das Wasser beginnt zu brodeln und blitzartig steigen die Leichen von Angehörigen aller Völker empor und versinken wieder in den Tiefen des Flusses. Dann beruhigt sich die Wasseroberfläche wieder, nur noch von Schlieren aus Blut gebrochen, die wie kleine Schlangen im Wasser schwimmen.
  Instinktiv dreht Naoko sich herum. Vor den Bäumen schimmert die geisterhafte Gestalt eines Fuchses, der aufmerksam zu ihm hinblickt, als würde er ihn einschätzen und beurteilen. Bewegungslos blicken die beiden so unterschiedlichen, dabei so ähnlichen Wesen in die Augen. Dann wendet der Fuchs sich um und geht in den Wald hinein, auf demselben Pfad, auf dem Naoko zuvor in die andere Richtung gewandert ist. Er schaut sich nicht um, als sei er sicher, dass der Halbling ihm folgen wird.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Naoko am 12.08.2006, 01:07:41
Naoko erwachte schwer atmend. Es war noch dunkel in seinem Zimmer. Erst nach einigen Augenblicken hatte er realisiert, wo er sich befand. Er wartete bis sich sein Atem wieder beruhigt hatte und blinzelte sich den Schlaf aus den Augen.

Leise stieg er aus dem Bett, sah aus dem Fenster und betrachtete den Himmel. Es war kurz vor Sonnenaufgang. Gedankenverloren massierte Naoko einige schmerzende Muskeln, dort wo seine Rüstung etwas zu lange in die Haut gedrückt hatte.

Er begann, auf und ab zu gehen und versuchte, sich die Bilder aus seiner Vision nochmals ins Gedächtnis zurück zu rufen. Sie schienen ihm den Weg zu weisen doch kündeten sie unmissverständlich auch von der Gefahr, die am Ende dieses Weges auf ihn warten mochte.

Er würde gut vorbereitet sein müssen. Und er durfte nicht noch mehr Zeit verlieren.

Er setzte sich im Schneidersitz auf das Bett, schloss die Augen und vollführte jenes vertraute geistige Ritual, welches sein Bewusstsein hinübergleiten ließ in die Geisterwelt.

Die Geister in diesem Teil Torils waren ihm zum größten Teil fremd. Nur wenige hatten Naoko bis hier hin begleitet. Unter ihnen der Bär und der Adler, die immer noch über ihn wachten. Naoko dankte ihnen und bat den großen Adler um einen Schnelligkeitszauber für das Pony um die anstehende Reise etwas zu beschleunigen.

Als der Morgen graute, verließ Naoko sein Zimmer und verabschiedete sich bei einem raschen Frühstück von Jern, dem er nochmal herzlich für die Gastfreundschaft dankte.

Wenig später wurde Naoko auch sein Pony wieder gebracht. Er begrüßte es ehrfurchtsvoll und legte ihm behutsam eine Hand auf die Stirn während er den vorbereiteten Zauber intonierte. "Mögen deine Hufe uns tragen, so schnell wie der Wind weht."

ooc: Traveler's Mount (CDiv)
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Wormys_Queue am 12.08.2006, 14:37:37
Die nächste Stunde verlief wie im Fluge. Naokos Zauber schien dem Pony nahezu Flügel verliehen zu haben, denn auch ohne dass er es besonders antrieb, bewegte es sich wesentlich schneller, als es das auf dem Weg nach Distel getan hatte.

Naoko folgte dem Weg, wobei er, eingedenk der Warnung Jerns, die am Wegesrand stehenden Büsche besonders im Auge hielt, um mögliche Feinde entdecken zu können, bevor diese ihn überraschten.

Fast hätte er das Loch im Boden übersehen, und nur mit Mühe konnte er das Pony zum Stehen bringen. Naoko stieg ab und betrachtete die Grube. Offenbar war sie künstlich ausgehoben worden, aber falls sie als Falle gedacht war, stellte sich die Frage, wieso sie nicht abgedeckt worden war.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Naoko am 13.08.2006, 09:53:33
Misstrauisch beäugte Naoko die Umgebung und das Loch. Wahrscheinlich wurde der Erbauer der Falle gestört. Naoko konnte es egal sein.

Er sattelte wieder auf und setzte seinen Weg fort.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Wormys_Queue am 16.08.2006, 23:38:08
Es begann zu dunkeln, als Naokos Blick von einem mit dem Bauch nach oben am Rand des Flusses treibenden Fisch gefangen genommen wurde. In seiner Heimat verhiess so etwas für gewöhnlich Gefahr und so trieb er sein Pony zu der Stelle, um sie sich genauer zu betrachten. Ihm fiel sofort der ölige Schleier und der Gestank nach Verwesung  auf und ein Blick zu Boden machte ihm auch klar, warum. Irgendjemand musste eine ganze Menge Abfall und Fäkalien an dieser Stelle in den Fluß geworfen haben, ohne sich auch nur im geringsten darüber Gedanken gemacht zu haben, dass er damit das kostbare Nass ungeniessbar mache. Oder sogar giftig. Ein Wunder, dass die Menschen in Distel davon nichts abbekommen hatten, das hätte auch gut und gerne üble Folgen für die Dorfbewohner haben können.

Mit diesem Gedanken richtete sich Naoko wieder auf seinem Pony auf...und stutzte. Der Waldrand kam ihm sonderbar bekannt vor. Die Art und Weise, wie die Bäume zusammenstanden, als wäre er schon einmal hier gewesen.

Dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Der Traum! In ihm war er hier gewesen, nachdem er durch den Wald gelaufen war. Sollte hier sich das Depot befinden, von dem der Baron gesprochen hatte?

Der Halbling suchte mit seinem Blick den Waldrand ab, bis er die Stelle gefunden hatte, an der in seinem Traum der Fuchs hinein gelaufen war. Langsam ritt er näher, und tatsächlich erkannte er hinter dem Gebüsch einen Pfad, der in den Wald hinein führte.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Naoko am 17.08.2006, 00:00:56
Das musste es sein. Naoko war erleichtert. Er dankte dem Fuchs für die Eingebung und wandte sich wieder dem Pony zu um weiterzureiten. Der Zauber hatte mittlerweile aufgehört zu wirken und Naoko hatte ihn bisher nicht noch ein weiteres Mal angewandt.

Naoko versuchte abzuschätzen, wie gut das Pony auf dem Waldpfad vorankommen würde und ging ein paar Schritte in den Wald hinein. Ein bisschen mulmig war ihm schon zumute. Er wusste nichts über diesen Wald. Welche Gefahren mochten hier auf ihn lauern?

Er machte ein paar Schritte ins Unterholz und nutzte die letzten Strahlen der Abendsonne um sich die Vegetation ein bisschen näher anzuschauen. Er schien Ausschau nach einer bestimmten Pflanzenart zu halten.

"Vielleicht gibt es hier ja sogar..."
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Naoko am 17.08.2006, 12:35:33
Es dauerte knapp 10 Minuten bis Naoko endlich fand, was er suchte. Es war eine unscheinbare, silbrig-grüne Pflanze. Behutsam durchtrennte Naoko den zähen Stiel und nahm die Pflanze an sich. Dann eilte er rasch zurück zum Weg, wo er sein Pony an einen Baum gebunden hatte.

"Entschuldige, dass du so lange warten musstest, mein Freund." Naoko tätschelte das treue Tier liebevoll an der Schulter. "Aber das hier", Naoko schaute auf das Kraut in seiner Hand, "wird unsere Weiterreise dafür um so schneller gestalten."

Zum zweiten Mal an diesem Tag intonierte Naoko jenen Zauber, der ihm zu Beginn der Reise schon so gute Dienste erwiesen hatte. Während er die magischen Worte sprach und die entsprechenden Gesten vollführte, begann sich die silbrige Pflanze langsam in Nichts aufzulösen und verlieh dem Zauber dadurch mehr Macht.

Dann band Naoko das Pony los, stieg in den Sattel und preschte los.

Die Bäume flogen nahezu an ihnen vorbei als der Halbling und sein magisch beflügeltes Pony über den schattigen Waldpfad eilten. "Führe uns, Nachtfuchs. Weise uns den Weg."
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Wormys_Queue am 19.08.2006, 21:16:29
Eine halbe Stunde später war es bereits so dunkel geworden, dass man kaum noch die Hand vor Augen sehen konnte. Am Rande einer Lichtung beschloss Naoko daher, zu rasten, um sein Pony nicht der Gefahr einer Verletzung auszusetzen. Geschickt schlang er dem Tier ein paar Lederriemen so um die Beine, dass es nicht weglaufen konnte, aber dennoch Bewegungsfreiheit genug hatte, um sich am taunassen Gras der Lichtung zu laben, falls ihm danach gelüstete.
   Naoko selbst nahm nur wenig zu sich. Er war es eigentlich gewöhnt, lange Strecken zu Fuß zurück zu legen, die Fortbewegung auf einem Reittier hatte ihn daher nicht besonders viel Energie gekostet. Dennoch schmerzten ihn die Glieder, und so viel er in einen tiefen, traumlosen Schlaf.

Am Depot, 11.Eleint des Jahres 1373 DR, dem Jahre der abtrünnigen Drachen

Naoko wurde durch ein Schnauben seines Ponys aus dem Schlaf gerissen. Er hob den Kopf und sah durch die Schleier der Müdigkeit hindurch zwei schemenhafte Gestalten auf sich zukommen. Bevor er reagieren konnte, spürte er eine Speerspitze an seinem Hals.

Macht keine falsche Bewegung. Dann geschieht Euch nichts. Ihr werdet mitkommen, ich kenne ein paar Leute, die sicher sehr gespannt darauf sein, werden, was Ihr hier zu suchen habt. Los, aufstehen.

Während Naoko sich langsam aufraffte, erkannte er, wen er vor sich hatte. Es handelte sich um zwei Goblins, von denen der eine, der mit dem Speer, ihn offen feindselig anstarrte, während der andere, der der Sprecher gewesen war, ihn zwar misstrauisch, aber auch mit einer gehörigen Portion Neugier betrachtete.

Da Ihr sicher nicht durch Zufall hierhergekommen seid, könnt Ihr uns genausogut zu Eurem eigentlichen Ziel begleiten.

Der Goblin grinste humorlos.

Wir wohnen übrigens da, auch wenn ich nicht glaube, dass Ihr uns besuchen wolltet. Aber das könnt Ihr drinnen erklären, dann müsst Ihr nicht alles zweimal sagen. Also auf gehts.

Er schnatterte irgendetwas für Naoko unverständliches zu seinem Kumpanen. Der Stoß mit dem Speerschaft, der Naoko ein paar Schritte nach vorne trieb, war nicht im mindesten misszuverstehen. Offenbar wollten die Goblins ihn zu dem Hügel bringen, der sich vor ihnen erhob.
Titel: Kapitel 1 - Naokos Reise
Beitrag von: Wormys_Queue am 19.08.2006, 23:21:10
[ooc] Sry, wenn ich deine Reaktion nicht abwarte, aber die Vorlage von Yuki wollte ich gerne nutzen. Deinen nächsten Post könntest du also schon im Hauptthread machen, dann mach ich hier zu.[/ooc]