Stellt ihn euch vor, den einzigen Sohn des Handelshaus Crunan; Tomas wird er genannt. Ein großer Mann ist er geworden; nun, nicht körperlich, da ist er eigentlich Durchschnitt. Aber große Taten wird er vollbringen, denn er besitzt den nötigen Ehrgeiz und - viel wichtiger für das Haus Crunan - eine reichliche Portion Verschlagenheit. Zwar behaupten einige es wäre zu viel des Guten, aber auch nur die, die seinen Willen zur Macht kosten durften.
Aber lasst mich noch etwas in der Vergangenheit schwelgen. Geboren im Jahre 18 nach Lillthwell, durfte er die liebevolle Hingabe seiner Eltern volle 17 Jahre auskosten. Angemerkt soll sein, dass "liebevoll" im Haus Crunan eine etwas andere Bedeutung hat. Ein Außenstehender würde vielleicht einräumen wollen, dass diese Form der Zuwendung alles andere als von Liebe erfüllt sei. Aber diese Narren liegen falsch, denn die Hiebe und Schläge, die einsamen Nächte im dunklen Keller und die häufig schwere Arbeit im Kindesalter haben dazu geführt, dass Tomas heute doch ein wenige belastbarer ist als seine Altersgenossen. Und heiligt nicht immer noch der Zweck die Mittel im schönen Taramar?
Die Familie Crunan ist schon viele Generationen im ebenso wundervollen wie verwahrlosten Städtchen Mirkh ansässig und hatte sich im Laufe ihrer Geschichte einen Namen als Handelshaus der seltensten Kostbarkeiten - für taramarische Verhältnisse - gemacht. Ihr Vermögen wuchs und so auch die Neider, die bald die Crunans als Ausbeuter und Diebe beschimpften, aber ein stolzes Handelshaus lässt sich nicht von solchen Verleumdungen beirren. Und so handeln und walten, erpressen und betrügen die Crunans noch heute und ihr Reichtum wächst ins Unermessliche. Nun ja, unermesslich für die Bewohner Mirkhs natürlich.
Derzeit - und zeigt mir ein anderes Handelshaus, dass ähnliche spitzfindige Ideen hat - handeln die Crunans mit Trophäen von diesen Drachengeborenen. Vom Schlachtfeld entwendet; ob Schuppen, Klauen oder sogar Köpfe; alles steht - und zwar sorgsam präpariert - zum Verkauf im Hause Crunan. Und welche taramarische Familie, die etwas auf sich hält, möchte nicht zum Zeichen ihrer Überlegenheit ein solches Schmuckstück ihr eigen nennen?
Aber lasst mich auf Tomas zurückkommen. Jedem - nur sind das nicht viele - sollte bekannt sein, dass Tomas ein Magier ist. Er erkannte schon früh, dass Wissen Macht ist und verbarg es nie. Sein hoch geschätzter Vater wusste sogleich Tomas für sich und seine Ziele nutzbar zu machen. Ein persönlicher Magier im Haus Crunan würde natürlich das Ansehen des Hauses vergrößern und schlussendlich würde sich ihr Vermögen wie von selbst vermehren. Der Plan war gefasst und so kam Tomas auf die einzige ansässige Magierakademie.
Er hatte dort viele Freunde, solange sie nützlich waren. Ein fleißiger und findiger Student war er und seine Ziele dem entsprechend. Doch musste Tomas einsehen, dass die Möglichkeiten in Mirkhs Akademie beschränkt waren. So fasste er den Entschluss sein Studium schnellstmöglich abzuschließen und diese Lakaien von Corellon und Ioun, wie Tomas seine Lehrmeister immer nannte, hinter sich zu lassen. Aber wohin mit all den Ambitionen in einem Land wie Taramar?
Meine Vermutung ist, dass sich Tomas der Armee angeschlossen hat um an Einfluss zu gewinnen und vielleicht die Möglichkeit zu bekommen über die Grenzen von Taramar hinauszublicken. Aber genau weiß dies nur Tomas, denn er ist kurz nach seiner letzten Prüfung ohne Nachricht verschwunden.
- für die Familienchronik der Crunans von Beti Feidlim [erschlagen in den Straßen von Mirkh aufgefunden]