James betätigte den Blinker, machte kehrt und fuhr stattdessen die 26th Avenue entlang, in der Erwartung, dass sie parallel verliefe und er bald wieder auf die Interstate auffahren könnte. Doch es zeigte sich, dass die Straße im weiten Bogen nach Westen verlief und er immer weiter von der Interstate weg führte. Nach einer kurzen Weile beschloß James Brown, nach südosten in eine Seitenstraße abzubiegen und den Weg zur Autobahn zurückzusuchen. Dicker Schneeregen fiel platschend auf seine Windschutzscheibe und er stellte den Scheibenwischer auf höchste Stufe. Schon bald hatte er die Orientierung in den immer gleich aussehenden Straßen verloren[1]. Was für ein scheiß Start in den Tag!
Währenddessen warteten die drei Beamten Doherty, Macallan und Marshall darauf, dass ihre Besprechung anfing. Im Besprechungsraum waren immer noch Bittner und Oberbürgermeister Friday. Das Gespräch dauerte an und auch wenn sie den genauen Wortlaut nicht verstanden, war es eine handfeste Meinungsverschiedenheit. Als sie schon fünf Minuten überfällig waren, öffnete sich abrupt die Tür und herausgetreten kam der Oberbürgermeister, "Das ist Ihre Sache, wie sie das machen, Bittner. Ich erwarte, dass Sie die Sache bald geklärt haben." über die Schulter rufend. Als er sich der wartenden Beamten gewahr wurde, schien er überrascht. Doch er nickte ihnen zu und ging an ihnen vorbei zur Treppe.
Auch Bittner erschien nun in der Tür und deutete den Beamten, einzutreten. "Entschuldigen Sie, dass Sie warten mussten. Der Bürgermeister war wegen derselben Sache hier wie Sie und wie Sie gesehen haben, hat er seine Vorstellungen, wie der Fall aufgeklärt werden wird. Ich schätze, Sie sollten sich darauf einstellen, dass es nicht leicht wird.", sagte er grimmig und schloß die Tür hinter ihnen.
Drinnen war die Luft stickig und das dämmrige Licht des Morgens erhellte den Besprechungsraum nur spärlich, sodass zusätzlich das kalte Licht von Neonröhren den Raum erforderlich war. In mehreren Reihen waren hier Stühle mit kleinen Schreibflächen aufgestellt und vorne stand ein Tisch und ein Rednerpult. Dieser Raum wurde nämlich auch für Schulungszwecke und für Pressekonferenzen genutzt.
Bittner gebot den Beamten, dass sie sich in die erste Reihe setzen sollten, während er selbst stehen blieb. "Wahrscheinlich haben Sie schon in der Zeitung gelesen, dass auf dem Gelände von Kohler Industries ein Gebäude in Brand gesteckt wurde." Schon an diesem Satz zeigte sich zweierlei: zum einen nämlich, dass Bittner ein feines Gespür dafür hatte, wann es nötig war, wohlfeile Worte zu verlieren, - und es ansonsten vermied - und zum anderen, dass er es einfach voraussetzte, dass seine Beamten genauso informiert und gewissenhaft waren, wie er es auch war. Er nahm die Zeitung auf, die auf dem Tisch gelegen hatte und reichte sie herum:
(http://games.dnd-gate.de/index.php?action=dlattach;topic=7195.0;attach=7330;image)
Wütender Mob steckt Verwaltungsgebäude von Kohler Industries in Brand.
Ohne darauf zu warten, dass jeder den Artikel betrachten konnte, fuhr er fort. "Das Ganze ist heute Nacht etwa gegen 2.00 Uhr passiert, während der alljährlichen 'Devil's Night'. Offensichtlich hatte der Fabrikbesitzer, Mr. Georg Kohler, noch gearbeitet, als sich ein Mob um das Gebäude sammelte und es ansteckte. Mr. Kohler gilt seitdem als vermisst und ist wahrscheinlich in dem Feuer umgekommen. Die Feuerwehr und das Eintreffen der Polizei zerstreute den Mob - wir haben nur eine Handvoll Personalien. Der Brand konnte erst gegen frühen Morgen gelöscht werden. Die Spurensicherung und wenige Streifenbeamte sind vor Ort. Es ist nur wenig veranlasst.", fasste er die Situation kurz zusammen. "Ich möchte Sie damit beauftragen, dass Sie den Fall bearbeiten. Sie haben schon genügend Erfahrung in anderen, schwierigen Fällen gesammelt und zudem gerade keinen anderen, wichtigeren Fall. Der Oberbürgermeister wies noch einmal explizit darauf hin, dass 'Fingerspitzengefühl' gefragt ist, denn die Angelegenheit hat gewisse politische Brisanz. Sie kennen ja die Bemühungen, dass Schwarze und Weiße in jederlei Hinsicht gleichgestellt werden, und andererseits leidet die Wirtschaft schon seit einigen Jahren an den vielen Firmenschließungen und Entlassungswellen, von denen überdurchschnittlich viele Ausländer betroffen waren. Worauf ich hinaus will, ist, dass Sie den Täter wahrscheinlich in diesem Milieu suchen werden, doch darf es nicht den Anschein haben, dass Sie eine bestimmte Gruppe diskriminieren. Der Oberbürgermeister macht sich dafür verantwortlich und immerhin sind bald Wahlen.", deutete er das Offensichtliche an. "Ach und noch etwas: Ich weiß, dass Sie sich zum Teil schon aus anderem Zusammenhang kennen. Dazu muss nichts gesagt werden, aber ich erwarte, dass Sie gut zusammenarbeiten."
"Wenn Sie keine Fragen mehr haben, dann würden wir gleich gemeinsam zum Tatort fahren.", endete er und wirkte, als würde er keine Frage mehr erwarten.
Als James Brown schließlich und völlig entnervt in DPD ankam war es schon 8.45 Uhr. Er eilte die Stufen hoch und durch die Tür und wollte gerade an seinen Platz gehen, als ihn die Empfangsdame zurückhielt.
"MR. BROWN, Mr. Brown, warten Sie! Ich habe eine Nachricht für Sie. Heute morgen war eine Besprechung, an der Sie leider nicht teilgenommen haben.", kein Vorwurf lag in ihrer Stimme, "Der Chef lässt Ihnen ausrichten, dass Sie einem neuen Fall zugeteilt sind und dass Sie sich bitte unverzüglich zum Firmengelände von Kohler Industries begeben sollen. Dort werden sie eingewiesen."
Rex lenkte seinen Wagen durch die abgerissene Gegend zu der angegebenen Adresse des Nachtwächters. Das erste was er wahrnahm, als er ausstieg war das Tönen des Fernsehers. Rex konnte diesen Geräten ohnehin nur selten etwas abgewinnen, doch bei dieser Lautstärke blieb ihm wirklich nichts anderes übrig als den Kopf verständnislos zu schütteln. Danach nahm er die immernoch ungemütliche Witterung wahr und klappte unwillkürlich den Kragen seiner Jacke hoch.
"Das sollte keine große Sache werden.", bestätigte er Ians Einschätzung über die bevorstehende Befragung. "Nun, wenn sich niemand drum reißt..." fragte er seine beiden Kollegen und blickte sie auffordernd an.
"Ok, dennoch sollten wir alle hineingehen. Auch wenn das hier Routine ist, ist es nciht verkehrt die Augen offen zu halten und sich so weit es möglich ist in der Hütte umzusehen."
Rex wartete, ob noch einer der Kollegen etwas zu sagen hatte und würde anschließend die Klingel betätigen.
Die Beamten bezahlten und verließen das Diner. Der Regen hatte nun endlich nachgelassen und der Himmel klarte sich etwas auf. Sogar die Sonne kam etwas hinter den Wolken hervor und strahlte kaltes Licht auf die Erde. Schnell stiegen sie in ihre Wagen und machten sich auf den Weg zum Palmer Woods District im Norden von Detroit. Das Krankenhaus lag nicht auf dem Weg und so benachrichtigten sie über Funk einen Streifepolizisten, routinemässig eine Protokoll aufzunehmen.
Palmer Woods war eines der besseren Viertel hier in Detroit und einige von der Stadtprominenz lebten hier. Als sie durch die Straßen fuhren, mussten sie über den großen Kontrast nachdenken, der sich ihnen bot. Eben noch die heruntergekommen und beengten Verhältnisse von Highland Park, jetzt die weiten, parkähnlichen Grundstücke und die luxoriösen 'Mansion'. Kaum zu glauben, dass sie die Stadt nicht verlassen hatten.
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Als sie in die John Stark Avenue einbogen, konnten sie das Grundstück der Kohlers schon von weitem identifizieren. Nicht etwa, weil sie das Herrenhaus schon auf Fotos gesehen hatten, sondern weil sich etwa zwei dutzend Reporter und Fotografen vor dem Gittertor positioniert hatten und geduldig darauf warteten, dass etwas passierte. Doherty sah, dass einer sogar gerade einen Klappstuhl aus dem Wagen holte und diesen aufstellte.
Kohlers wohnten in einem großzügigen Herrenhaus, dass aus rotem Backstein erbaut worden war, wie es in Kohlers Heimatstadt in Deutschland mal üblich gewesen war. Das Haus selbst war von einem großen Park umgeben und dieser wiederrum mit einem hohen Eisenzaun umgeben. Die Ziersträucher und Beete waren schon verblüht, aber man gewann den Eindruck, dass es im Sommer hier sehr schön sein musste.
Sie stellten die Autos an den Straßenrand und stiegen aus. Ian spührte, dass er schlechte Laune bekam. Die Ermittlung lief schleppend an und die bevorstehende Befragung war nicht von der Art, wie er sie bevorzugte. Solche Leute waren oft sehr reserviert und wenig kooperationsbereit. Schlimmer noch, sie hatten gute Verbindungen und man konnte ihnen nur schwer drohen. Ian spührte, dass er einen Schluck jetzt gut gebrauchen konnte. Der letzte war schon 'ne Weile her...[1].