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Archiv => Archiv - Online-RPGs D&D/d20 3E => De Miraculis Mortuorum => Thema gestartet von: Menthir am 20.06.2012, 00:32:25

Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Menthir am 20.06.2012, 00:32:25
(http://games.dnd-gate.de/index.php?action=dlattach;topic=7148.0;attach=7462;image)

10. Jantus 1214 - Ein langer Sonnenuntergang - 17:05 Uhr

Dämmerlicht fiel durch die kahlen Äste abseits des schnurgeraden Weges und tauchte die ganze Szenerie in ein orangenes Zwielicht, welches diesen kahlen, kalten und verwaist wirkenden Wald nicht gerade pittoresk aussehen ließ. Der Alb hatte im leichten Schneetreiben und allgegenwärtigen Schneematsch nur ein bescheidenes Marschtempo und hatte aufgrund seiner Gefangenschaft jede Menge Energie gelassen, doch gleichzeitig war klar, dass der Alb zu stolz war, auch nur ein Wort über seine Mühe zu verlieren. Die Untoten hatten jedoch noch Erinnerungen an das Gefühl körperlicher Erschöpfung, einen dumpfen Nachklang der Gefühle des Frierens und der brennenden Muskeln. Dort, wo der Schneematsch unter dem Schnee knietiefe Pfützen oder verdeckte, knorrige Baumwurzeln von alten und eisenharten Eichen und Hainbuchen[1] verbarg, hatten auch die Untoten mit ihrem Halt zu kämpfen. Der Alb, der sich ansonsten blindlings durch den umbarmherzig verzweigten Wald bewegte, hatte kaum Gefühl in seinen frierenden Füßen und schloss sich dem Stolpern an. Sodass selbst die Untoten sich unbeholfen durch den Wald kriechen sahen. Es war noch ein langer Weg, wirklich vertraut mit diesem neuen Unleben zu sein. Das Leben und ihr Inbegriff, die Natur, verdeutlichte mit hölzerner Tücke ihren Anspruch. Zumindest würde ein Elb es so ausdrücken, wie Alvanon dies vor Nicos bereits getan hatte und dem Alben, auch wenn der sich in Ignoranz üben wollte, sicher einfach nur die Worte aus dem Mund genommen hatte.

Der Schnee wurde zunehmend weniger auf dem Boden und wich einem verwaschenen, mit Laub übersäten Humus, der sich an vielen Stellen als aufgequollener und knietiefer Matsch entpuppte, sodass die untoten Könige mehrmals den aufgrund seiner Rüstung sehr schweren Clavius aus dem Morast helfen mussten. Trotz seiner Müdigkeit gelang es dem Alben jedoch aufmerksam zu bleiben und immerhin den halb unter Schneematsch verdeckten oder uneinsehbaren, kleinen Kesselmooren[2], die oftmals nicht größer als ein Teich waren, auszuweichen. Die gestürzten Könige konnten sich lebhaft vorstellen, wie die mitten durch den Wald fliehende Tutari unversehens in eines dieser unscheinbare Moore trat und vielleicht nun eine Ewigkeit festgesetzt in der Natur verbrachte. Das wäre eine besondere Ironie des Schicksal und träfe sicherlich des Alben Bezeichnung der Todlosigkeit, welche eine Strafe wurde. Die Barriere schien den Wald darunter ein wenig zu wärmen und die Schmelze des Schnees zu beschleunigen, da die Wanderer hier und da auch kleine Bäche sahen, welche zu Sturzbächen wurden und eine Au, welche schon ein ganzes Stück über die Ufer getreten war. Auch ein Sturz in die schnell fließende Au mochte für einen Untoten unglücklich sein, da keiner so recht wusste, wo sie hinfließen mochte, sodass sowohl der Alb als auch die untoten Monarchen sich von den Ufern von Bächen und Auen fernhielten, so es sich bewerkstelligen ließ.

Sie waren vielleicht fünf Stunden gewandert, da öffnete sich der Wald ein wenig und gab einen matschigen Trampelpfad frei. Die Hainbuchen wirkten hier besonders karg und steinern, ihre Rinden waren grau gefärbt, als sein sie schon lange petrifiziert gewesen. Môr, der nun nicht mehr silberhaarige Alb, deutete den Weg entlang auf eine schmucklose Hütte, die im Schutze einiger Bäume lag, auf die das Licht der untergehenden Sonne fiel. "Das ist mein Haus. Mag es euch eine wohlige Residenz sein, während ich den Weiler auf euch vorbereite." Seine Stimme war etwas gepresst und zeugte von der enormen Anstrengung, die ihm der Marsch bereitete. Unter besseren Umständen und mit ausreichender Kenntnis der Umgebung, mochte man die Entfernung zwischen dem improvisierten Weiler der Söldner und diesem Haus in weniger als drei Stunden zurücklegen. Das Gras zeigte sich hier vom Laub befreit, vielleicht trugen die Bäume an diesem Haus schon seit Jahren kein Blatt mehr und waren so tot, wie sie aussahen. Der Alb geleitete sie zwischen den steinernen Hainbuchen entlang, wobei man ohne den störenden Schnee die kräftigen Wurzeln leicht übersteigen konnte und hielt auf das Haus zu.

Es war von ähnlicher Bauart, wie auch die Häuser der Söldner und ließ Zweifel an dem Gedanken gären, dass Menschen diese Häuser gebaut hatten. Doch sollten die Alben solche profanen und simplen Bauten bauen, wie Menschen es auch taten? Schwärmte man nicht von den pompösen Palästen der Elben in der Nähe von Wasserfällen, in und an großen Bäumen oder sonstwie von der Natur inszeniert? Pflegten die Alben diese Tradition nicht mehr? Irgendwo in der Ferne zwischen den Bäumen, vielleicht vierhundert Meter entfernt, tauchten noch mehr dieser einfachen Holzhäuser auf, die weder Schmuck noch Verzierungen kannten und einstmals sicher besser in Schuss gewesen waren. Der improvisierte Weiler mochte vielleicht eine albische Kleinsiedlung gewesen sein, welche die Söldner im Aufbau überfielen oder sie war eine Wüstung, eine brache Sieldung, welche die Söldner einfach einnahmen. Wer wusste das schon? Die Alben waren berühmt für ihr Leben in den Schatten, vielleicht waren diese unscheinbaren, aus der Entfernung nur schwer im tiefen Wald ausmachbaren Hütten absichtlich ihre Behausungen. Mephala und Alvanon kannten jedoch auch die Geschichten, dass manche Familien der Brudermörder im Namen Imbrâsîls[3] schworen, auf jeden Luxus und jede unnötige Kunst - das Zeichen höchster Dekadenz - zu verzichten, solange sie die Unsterblichkeit nicht wiedererlangt hatten.

Môr Tahâs öffnete die Tür und ließ die untoten Könige eintreten in ein mehr als einfaches Haus. Eine Feuerstelle in der Mitte des Hauses, auf Stein gebettet, glühte um mehr Feuerholz bettelnd vor sich hin, während ein noch junger Alb mit einem Zweig und kleinen Scheiten versuchte, wieder das Feuer zu schüren. Der Junge hatte pechschwarzes Haar und bernsteinfarbene Augen und war gesichtlich dem ehemaligen Hüter vergleichbar, wahrscheinlich war der Junge, der vielleicht mit einem sechsjährigen Menschenkind zu vergleichen war, der Sohn des Alben, der sie begleitete. Erschreckt blickte er auf und zog sich, ohne ein Wort zu sagen, auf sein Bett zurück und blickte die eintretenden Wesen mit großen Augen an. Môr Tahâs blickte den Jungen gleichgültig an, während dieser seinen Vater musterte, als würde er einen fremden Mann sehen, ohne die silbernen Haare und die Tätowierungen. Der Sohn bewegte die Lippen, aber keine Worte kamen hervor.
Ein einfacher, schmuckloser, rechteckiger Tisch stand an einer Wand und drei Stühle gaben Platz zum Sitzen, wobei auf einem Stuhl eine dicke Schicht Staub lag und lange nicht benutzt wurde. Zwei Betten waren an den Längsseiten nahe der Feuerstelle, um nicht in der Nacht zu frieren. Auf der Westseite des Hauses standen mehrere Lagertruhen, die abgeschlossen waren und wahrscheinlich Kleidung und Proviant bereithielten. Der Hüter schien ein sehr armes Leben zu führen, auch wenn er Drachenschuppen an den Beinen trug. "Macht es euch bequem. Ich bin in zwanzig Minuten wieder da. Dann komme ich mit Fragen und werde auf eure Fragen nochmal ausführlich eingehen, Nicos. Doch lasst euch für die Zeit gesagt sein, dass ich es euch von Herzen gönne, dass eure Macht erloschen scheint."
Der Alb lächelte schnippisch und machte eine Handbewegung um seinen kleinen Sohn an seine Seite zu holen, der prompt parierte und seinem Vater hinterhertrottete. Der Alb schloss die Tür hinter sich und ließ die Monarchen alleine, in dieser kargen, fast schon schäbigen Hütte, während die kleinen Holzscheite endlich das Feuer annahmen und den Raum in den orangen Schein des Feuers tauchten, fast wie die Barriere außerhalb des Hauses. Aus dem einzigen Fenster, den das Haus hatte, konnten sie dem Alben und seinem Sohn hinterherblicken, wie sie in Seelenruhe auf die anderen Hütten zusteuerten und sich dabei unterhielten. Der Sohn hatte scheinbar Fragen. Môr Tahâs blickte sich nicht um, wahrscheinlich ging er nicht davon aus, dass die Monarchen auf die Flucht gehen würden. Und so standen sie nun, fünf untote Monarchen um ein kleines Feuer mitten in einer Hütte inmitten eines Waldes, den sie nicht wirklich kannten, in einer Situation, die kaum zu durchblicken war. Der Patron der Unwissenheit - Menthir[4] - schüttelte sich bestimmt vor Wonne...
 1. Hainbuche (http://www.baumkunde.de/Carpinus_betulus/)
 2. Kettle Hole Bog (http://www.nhdfl.org/about-forests-and-lands/bureaus/natural-heritage-bureau/photo-index/SystemPhotos/kettleholebogsystem.aspx)
 3. Imbrâsîl (http://wiki.darkenfalls.de/index.php/Imbrâsîl)
 4. Menthir (http://wiki.darkenfalls.de/index.php/Menthir)
Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Mauron am 26.06.2012, 02:14:32
Etwas missmutig stolperte Mauron den anderen nach und verfluchte innerlich die zahlreichen Wurzeln, die seinen Marsch immer wieder behinderten, während er in Gedanken versuchte die Kausalkette dieses Ereignisses zu erschließen.
Da war dieser Alb, der von den Söldnern gefangen genommen wurde. Seine Alben Freunde hatten versucht ihn zu retten und dabei den Zwerg getötet – eine Tatsache über die ihr großer Anführer zunächst wenig erfreut war. Nachdem die Söldner mit der Ausrüstung des Zwerges abgezogen waren, betrachteten sie den Alben zunächst als ihren Gefangenen. Danach hatten sie seine Fesseln gelöst und er hatte sie mit seiner Magie  in diesem Wald eingesperrt.

Wieder einmal spielten ihm seine Augen einen Streich und anstatt festen Boden vorzufinden, erwartete eine mit Schneematsch gefüllte Vertiefung seinen Fuß. Nach dieser Reise würde er wohl seine Stiefel austauschen müssen. In dem Bestreben dem ganzen einen positiven Gedanken abzugewinnen, malte sich Mauron aus, wie diese Reise wohl gewesen wäre, wenn er nicht diesen rastlosen untoten Körper hätte, sondern seinen normalen, ermüdenden Menschenkörper. Noch allzu deutlich konnte er die Erinnerungen an seinen alten Körper spüren, die Erschöpfung, die beißende Kälte. Auf seinen vielen Reisen hatte er Erzählungen von Leuten vernommen, die Gliedmaßen verloren hatten. Sie erzählten, wie sie dennoch Schmerz spüren konnten, auch wenn das entsprechende Glied  nicht mehr da war. Für die Art von Gefühl, die Mauron nun von seinem Körper spürte, war dies eine wahrlich passende Umschreibung.

Nachdem er wieder eine zeitlang einfach still den anderen nachgetrottet war, kehrten seine Gedanken wieder zu der in ihm aufkeimenden Frage zurück.
Weshalb genau stolperten sie nun durch diesen tückischen Wald, auf dem Weg zu den Alben?
Weil dies angeblich die einzige Möglichkeit war, aus diesem Wald zu gelangen?
Weil die anderen – zumindest Nicos so schien es – die Alben als Verbündete auf ihrer Queste zu gewinnen verhofften?
Was gab es sonst noch für Gründe, die er nicht erblicken konnte?

...

Zusammen mit den anderen trat Mauron in die spärlich ausgestattete Hütte ein. Er war ein wenig enttäuscht von der kargen Einrichtung, hatte er doch prunkvolle, kunstvoll verzierte Werke erwartet. Die Aussicht auf zahlreiche Kunstwerke der Alben war einer der wenigen Gründe, die ihn davon abgehalten hatten, bereits auf ihrer Wanderschaft den anderen missmutig auf die Nerven zu fallen. In seinen Erwartungen enttäuscht, gewann der Missmut über ihre Situation Überhand.
„Und jetzt sitzen wir hier in dieser Hütte, mitten im tiefsten Albengebiet und unser ehemaliger Gefangener lässt uns allein. Bin ich der einzige, dem das merkwürdig erscheinen mag?“

Nachdem er seine Gefährten eingehend gemustert hatte, wandte er sich mit bedachten, höflichen Worten an sie.
 „Auch auf die Gefahr hin, eine erneute Diskussion auszulösen, muss ich dennoch wagen zu fragen, haltet ihr unser momentanes Vorgehen für weise? Mir schien es, der Alb empfinde einen abgrundtiefen Hass mehr unserer Person wegen, denn unseres Handelns und ich wage stark zu bezweifeln, dass sich dieser so schnell gelegt hat, nur weil wir ihn von seinen Fesseln befreit und ein paar wenige Worte gewechselt haben.
Was hindert ihn daran, uns nun mit Verstärkung zu umzingeln und ein für alle Mal zu vernichten? Was gedenkt ihr mit eurem Handeln zu erreichen? Zu welchem Vorteil soll uns dieses gereichen?“


Fragend blickte er in die Runde, sowohl um Erklärung als auch Unterstützung heischend.
Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Robin Brighthide am 26.06.2012, 20:39:19
Clavius hatte sich, seit der Alb erwacht war, aus dem Gespräch zurückgehalten. Das hatte mehrere Gründe. Zum einen war er noch nicht gewohnt, mit seinen- wenn auch nur ehemals - königlichen Gefährten so zu sprechen, dass er sie tatsächlich dazu bringen konnte, ihm zu folgen. Zu seinen Lebzeiten hatte er kein allzu großer Redner sein müssen - die Leute waren ihm gefolgt, weil er der König war, und weil er seine Macht einzusetzen wusste. Doch gegenüber den anderen untoten Majestäten war er genau das, was er selbst angesprochen hatte: Einer unter Gleichen. In manchen Dingen Erster unter Gleichen, aber eben nicht grundsätzlich.

Zum anderen wusste er zu wenig über Alben, um ihren Gefangenen - der den Spieß alsbald umzudrehen wusste - richtig einzuschätzen. Die anderen bewiesen zwar, dass sie es auch nicht besser wussten - nicht einmal Alvanon -, doch zumindest würde dieser Fehler nicht ihm zugerechnet werden. Nach all dem, was er in den Gesprächen bisher herausgehört hatte, sollte er mit weiteren, für die Gruppe schädlichen Fehlern eher zurückhaltend sein.

Doch das war noch nicht alles. Während er da stand und beobachtete, kehrten weitere Erinnerungen zurück. Er sah das Gesicht seiner Frau, wie sie nachts neben ihm eingeschlafen war... als er noch nicht wusste, was für eine verräterische Schlampe sie war. Er erinnerte sich an Besprechungen mit seinen Beratern, mit Generälen, mit fremden Herrschern... es war alles noch vage, doch es kehrte allmählich, ganz allmählich, zu ihm zurück. Und heute konnte er die Dinge aus einer neuen Perspektive betrachten: Er wusste, dass er damals zumindest teilweise falsch gehandelt hatte. Und so musste er die Dinge, an die er sich erinnerte, nicht nur einordnen, sondern auch neu bewerten.

Dazu kam noch, dass ihn sein "neuer" Körper beschäftigte. Ja, seine Hülle war stark, stärker als früher. Doch als sie den langen, beschwerlichen Weg hinter sich brachten, vermisste er das Brennen der Muskeln, die erfüllende Erschöpfung körperlicher Anstrengung. Sein Körper war nun kaum noch mehr als eine Maschine, ein Vehikel für seinen Geist. Es dämpfte seine Leidenschaft als Krieger, und nahm ihm damit einen Teil seines innersten Wesens. Er war nicht nur enttäuscht - er fühlte sich sogar ein wenig leer an.

Als Mauron in der Hütte seine Bedenken äußerte, musste er eingestehen, dass er den Mann sogar bis zu einem gewissen Grad verstehen konnte. "Mir passt das hier auch nicht", erklärte er. "Aber wenn der Alb unseren Tod gewollt hätte, dann wären wir wohl bereits tot. Er hat eine andere Absicht, und wenn er dafür so mächtige Magie geopfert hat, muss es um mehr gehen als das, was er zu sagen bereit ist. Und er hat alles daran gesetzt, uns gedanklich in eine ganz bestimmte Richtung zu bringen. Ich würde gerne die Hintergründe seines Handelns verstehen, denn einen möglichen Feind zu kennen, kann nur nützlich sein. Und vielleicht finden wir durch diesen... Brunnen... ja tatsächlich noch andere Dinge heraus, die für uns wichtig sind."

Er sah sich in der Runde um. "Aber in einem Punkt hatte der Alb auf jeden Fall Recht: Ob das Reich nur durch den Tod des jetzigen Königs zu retten ist, oder ob dies auch nur der beste Weg ist, ist keinesfalls sicher. Und ich bin mir auch nicht sicher, ob der Sonnengott unsere Existenz nach Erfüllung des Auftrags noch weiter dulden würde. Aber ich denke auch, dass dies keine Themen sind, die wir hier in aller Tiefe erörtern sollten."

Nachdenklich ließ er seinen Blick über seine Gefährten schweifen. Nicos, der Intrigenspinner. Er würde ihn brauchen, um dieses verworrene Netz zu verstehen. Doch er würde auch jemanden brauchen, der ihm helfen konnte, Nicos zu verstehen, denn trauen würde er dem Nekromanten nicht so ohne weiteres. Intuitiv dachte er an Mephala, ohne dass er genau begründen konnte, weshalb.

Und noch eine weitere Frage beschäftigte ihn. Was wollte er eigentlich? Er handelte, so gut er konnte, wie ein Anführer. So weit die anderen es zu ließen. Doch war es überhaupt, was er wollte? Schon jetzt fühlte er sich überfordert, verstand nicht, welche Intrigen im Hintergrund gesponnen werden mochten, ob von Menschen, Alben oder Göttern. Wollte er die Last der Anführerschaft wirklich, oder handelte er nur so, weil er es immer so getan hatte, weil er es gewohnt war?

Er würde noch Zeit brauchen, nicht nur, um diese Welt zu verstehen, sondern auch, um sich selbst neu zu verstehen...
Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Alvanon am 27.06.2012, 01:20:05
Der Weg durch den Wald war kein schöner für den Elben. Stets fürchtete er einen Hinterhalt von Alben, obgleich er doch wusste, dass niemand sie angreifen würde. Vielleicht war all dies auch nur ein perfides Spiel? Das Spiel mit der Angst der Gefangenenwärter. Und Alvanon musste zugeben, dass dieses Spiel seine Wirkung nicht verfehlte, obgleich er sich doch in Sicherheit wähnen konnte. Die Dunkelheit, die ihn umgab, und die Schattenspiele in den Bäumen unterstützten seine Furcht noch. Wäre er nicht untot und somit schwerer aus dem Leben zu bringen, würde er wohl vor Angst zittern und den Verstand verlieren. Der Wald selbst unterstützte den Eindruck, denn er wirkte ausgemergelt und tot, so wie die Überreste eines Verhungerten, die langsam aber sicher dem Zahn der Zeit zum Opfer wurden. Dennoch, es schien als wäre der Wald lebendiger, als zuvor. Denn er war bevölkert von bösen Wesen wie den Alben, und dazu schien er beseelt von einem Geist, der sie in diesem Moment für das törichte Handeln auslachte.

Alvanon konnte ihn verstehen, als er die Hütte des Alben betrat und somit endgültig die Kontrolle über ihren Gefangenen verlor. Wann genau war eigentlich der Moment, in dem er nicht mehr ihr Gefangener war und seine Worte wie Gift ihren Verstand beeinflussten? Er konnte nicht einmal sagen, ob es schädlich für sie oder nur für ihre Umgebung war. Der Alb wollte etwas von ihnen, soviel war sicher, denn sonst hätte er sie nicht in dem Wald gefangen genommen. Brauchte er sie? Oder spielte er wirklich nur mit ihnen ein böses Spiel, um sie mit verwirrten Geistern in die Welt zu entlassen?

Das Kind des Alben versetzte Alvanon einen geistigen Schlag. Natürlich wusste er, dass auch Alben irgendwann einmal jung waren und sich vermehren mussten, aber es war ein verbreitetes Vorurteil, welches sich in den Elbenreichen hielt: Alben waren stets voll alter Bosheit erfüllt, denn die Zeit selbst hat sie mit Verderbtheit erfüllt. War es wirklich so? Konnte man das Kind vielleicht noch retten? “Ist es richtig, Kinder zu töten? Können Kinder von Bosheit erfüllt sein? Die Schulen der Elben waren sich nicht sicher, es gab zwei unterschiedliche Ansichten bei ihnen. Die einen sprachen davon, dass der Charakter der Menschen bereits vor der Geburt bestimmt war, die anderen maßen dem Einfluss von außerhalb eine große Bedeutung zu, wenn es um die Entwicklung eines Wesens ging. Bislang konnten sie sich nicht einigen, vielleicht lag die Wahrheit irgendwo dazwischen, und in diesem Fall konnte ihm kein Philosoph helfen. Doch als er in Gedanken bereits zu seiner Waffe gegriffen hatte, war der Alb mit seinem Kind bereits zur Türe hinaus verschwunden und Alvanon bemerkte voller Schreck, was seine feingliedrigen Finger dort berührten. Er ließ die Waffe los und lauschte den gesprochenen Worten.

Er antwortete Mauron mit einem Kopfschütteln und den Worten: “Nein, weise ist unser Vorgehen nicht. Und ich bin überzeugt, dass wir ihn einfach hätten ignorieren sollen, obwohl ich vorher dachte, dass er uns helfen könnte. Allerdings konnten wir die aktuellen Entwicklungen nicht vorhersehen.
Töten wird er uns freilich nicht, dazu hatte er genug Gelegenheit, und auch wenn wir die Kontrolle irgendwie verloren haben – wie auch immer, darauf sollten wir frühestens eingehen, wenn wir hier raus sind – er wird uns nicht töten. Er braucht uns. Er will etwas von uns. Nicht unseren Tod, dazu sind wir ihm zu sehr amüsantes Bühnenprogramm. Ihr habt ja gehört, wie angetan er von der, wie sagte er… göttlichen Komödie ist.“

Er stellte sich in dramatischer Geste hin und sprach zu einem imaginären Gegenüber: “Oh Vater, dass du dich nicht grämest, diese Untoten, die dein Reich sprengten, entstammten der Hand deiner Familie, Unglücklicher!“ Er wirkte wieder ernst: “So oder ähnlich war es doch? Aber es nicht nur sein Vergnügen. Was genau er will? Ich weiß es nicht. Aber wir sollten es herausfinden.“

Er wandte sich zu Clavius und neigte kurz den Blick: “Ein berechtigter Einwand. Was würde Vecor tun, wenn wir seinen Einfluss minderten? Ich denke, dass er uns eventuell jagen lassen wird, aber andererseits decken wir nur die Schwächen in seinen eigenen Reihen auf. Wir schneiden ein schwaches Geschwür raus, ehe es zu wuchern beginnt und sich verbreitet und schließlich zum sprichwörtlichen Untergang der Sonne führt. Und selbst wenn er uns dafür hasst, was will er tun? Seine Priesterschaft ist zerstritten, wie man an uns erkennen kann. Wir werden vielleicht gejagt, aber wenn wir die niederträchtigen Alben überstehen, wird ein jämmerliches Häuflein Menschen – nichts für ungut, meine Lieben – uns doch nichts mehr anhaben können, solange wir vorsichtig sind.“

Er begann zu lächeln. “Wir haben die Kontrolle über das Geschehen verloren, das ist wahr. Ich bin damit nicht einverstanden, denn ich liebe es, die Fäden in meiner Hand zu haben. Ich bin zwar ein Schauspieler, aber ich bestimme meine Rolle und nicht andersherum. Ich sage, dass wir uns die Kontrolle sobald es geht zurückholen und nicht mehr nach der Pfeife unseres Gefangenen tanzen.“Spott klang mit in seiner Stimme, als er den letzten Satz sprach. Denn es war auch einfach zu lächerlich, dass sich eine Überzahl von einem einzelnen an die Kandare nehmen ließen, obwohl er von seiner Unterlegenheit wusste. “Gehen wir zu diesem Brunnen, lassen wir diesen Zauber verfliegen und verschwinden wir hier. Das wird mir alles zu albisch, und normale Leute reagieren allergisch auf diesen Zustand.“

Nebenbei ging Alvanon zur Tür der Hütte und warf einen Blick nach draußen. Er leerte seinen Geist von allen Vorurteilen und allem Wissen, welches er über Dinge hatte, um sich nicht davon ablenken zu lassen. Er wollte alles neu entdecken um die Dinge, die seltsam schienen, nicht zu übersehen. Er hatte dies lange nicht angewendet, aber in einem Albenwald war dies vielleicht angemessen, denn er fürchtete ihn voller Täuschung und Trug zu sein. Er sondierte die Gegend[1], lauschte aber weiterhin dem Gespräch und signalisierte durch gelegentliches hinsehen seine Bereitschaft, weiter daran teilzunehmen.
 1. Wahrnehmung: 14
Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Menthir am 27.06.2012, 19:53:19
10. Jantus 1214 - Ein langer Sonnenuntergang - 17:08 Uhr

Kaum noch etwas erinnerte an den tiefen Schnee, der sie so lange gehemmt hatte und wohl auch für Roker und seine Söldner einige Hindernisse bedeutete. Alvanon blickte durch das spärliche Ästedach und erkannte, dass es noch immer Schnee war, welcher auf die Barriere treffen musste, in der Barriere wurde er zu klarem Regen. Prüfend streckte Alvanon seine Hand durch den Türrahmen und irgendwas, seiner neuen untoten Sinne sagte ihm, dass es sich so anfühlte, als wäre es zu Lebzeiten ein warmer Regenguss gewesen. Es erklärte die äußerst schnelle Schneeschmelze. Augenscheinlich heizte diese Barriere die Fläche im Inneren auf. Des untoten Elben magischen Sinne erkannten, dass an manchen Stellen der Boden leicht dampfte, ein Nebel zog auf. Alvanon wusste instinktiv, dass es ein Nebel werden würde, welcher einem Aadvar[1] gerecht werden würde.

Deswegen konnte der Elb nur schwerlich in die Siedlung der Alben schauen, welche sich in der Entfernung andeutete. Seinen magischen Sinnen war zu verdanken, dass er den Alben im aufkommenden Nebel verschwinden sah. Weder er noch sein Sohn schauten zurück, während der Nebel in Windeseile aufzog. Hatte der Alb gelogen? Besaß er doch noch Macht über die Barriere? Warum war der Nebel nicht schon auf ihrem Marsch aufgezogen? War die Schneeschmelze und die neue Wärme überhaupt Grund des aufsteigenden Nebels, oder war es nicht andersherum bei der Entstehung von Nebel, dass abkühlende, regenfeuchte Luft, die abkühlte, Nebel schuf? Der Alb war undurchsichtig wie der Nebel im Moment, und das aufziehende Grau bestätigte das Gefühl, dass in diesem Wald etwas lauerte. Etwas, was jetzt noch unwirklich schien und kaum zu fassen war. Waren die Alben die Gefahr? Nur dieser entmachtete Hüter? Der Wald des gewaltsamen Todes hielt mehr Geheimnisse als die eines Alben.

Dunkel zeichneten sich gegen den Nebel - den auch die anderen nun aufziehen sahen - schwarze Schemen im grauen Nebel ab. Körperlich und doch durch die graue Suppe kaum zu fassen. Wie weit mochten sie entfernt sein? Keine 500 Fuß, mehr als 100 Fuß. Die Schemen waren schlank. Alvanon zählte vier, welche in gehörigem Abstand zueinanderstanden. Wenn es Alben waren, nutzten sie genau dieselbe Taktik, die sie schon am Haus der Söldner angewandt hatten. Wie eine Schlaufe legten sie sich um den Hals ihrer Feinde oder zumindest jene Hälse, denen sie misstrauten. Alvanon sah auch, dass die Schemen innehielten. Sie blieben verschwommene Schemen in der Entfernung. Wenn der elbische, ehemalige Usurpator hier schon vier Schemen sah, war es wahrscheinlich, dass sie auf der anderen Seite auch umstellt waren oder zumindest wurden. Alben war keine guten Gastgeber. Karge Häuser, viele Bögen und reines Misstrauen.  Daran, dass sie sich so schnell postiert hatten, wurde recht bald klar, dass die Alben sie schon eine Weile erwartet haben mussten. Môr Tahâs war wahrscheinlich gerade erst am Weiler angekommen...
 1. Aadvar (http://wiki.darkenfalls.de/index.php/Aadvar)
Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Menthir am 10.07.2012, 20:32:32
Mephala hielt sich zurück und machte sich ihre Gedanken, während sie ihr lebloses Gesicht betastete. Es war ungewöhnlich, dass man sich betasten konnte und doch nicht die Finger so spürte, wie man es gewohnt war. Als würde man etwas Fremdes mit etwas Fremden greifen. Dieses Gefühl, es war doch vergleichbar mit ihrer Situation. Sie waren Fremde in einer fremden Welt und tastete mit fremden Sinnen nach fremden Problemen. Obwohl der Alb sie augenscheinlich verachtete und ihre Hilfe, ihre Worte, die vielleicht sogar sein Leben bewahrten, ignorierte, zeigte er doch sehr deutlich, dass es so war. Aber wie sollte sie es ihren Gefährten sagen, was sie erkannt hatte? Würden sie diese Metapher verstehen? Reflektieren sie überhaupt über ihre eigenen Sinne, über die Situation oder war es tatsächlich so gekommen, wie es eigentlich nach dem Alb nie hätten kommen dürfen: ist es das Unnatürliche an ihrer Situation, dass die Todlosen nur an ihr Überleben denken? Mephala blickte zu Alvanon, wie dieser seinen Kopf aus der Tür streckte und beobachtete den aufziehenden Nebel. Wie lächerlich konnte es sein, dass Untote sich einem Überlebensdrang hingaben. Deswegen nannte sich der Untod wohl Untod, denn er war noch immer ein Nachklang des Lebens, so der Geist noch rege war. Sie dachten wie Lebende, sie handelten wie Lebende, sie litten scheinbar wie Lebende. Mephala blickte zwischen ihren Gefährten umher und musterte sie. Selbst jetzt bemühten sie sich wie Lebende zu wirken, verkleideten sich gar wie welche. Sie würden gute Gründe nennen, um sich zu verteidigen, und doch diese würden nicht davon ablenken, dass sie doch nur wie Lebende dachten und deswegen wie Lebende handelten.

Mephala stellte sich in die Nähe der Feuerstelle und schaute, ob sie die Hitze wirklich wahrnahm. Sie tat es, auch wenn das Gefühl von Gefahr nicht mehr so stark war wie ehemals. Doch irgendwas in ihrem Geist erinnerte sich, dass Feuer Schmerzen verursachte. Dabei spürte sie doch jetzt keine Schmerzen mehr. Ihre Haut würde einfach brennen. Mehr würde nicht passieren, mehr war nicht zu erwarten. Vielleicht würde ihre Magie irgendwann aufgebraucht sein oder ihr Körper so stark verbrennen, dass selbst das Materielle nicht mehr zu gebrauchen war. Wer wusste schon, welche Zustandsänderung dem Untod wirklich das Ende bereitete? Wer von ihnen konnte schon wirklich sagen, ob Morgrim wegen der vielen Treffer zusammenbrach oder weil die Götter Mitleid mit seiner Dummheit hatten. Mephala beschloss dennoch, sich nicht so sinnlos zu verbrennen, stattdessen machte sie auf sich aufmerksam.

"Der Alb hat uns alleine unter Kontrolle, weil wir wie Lebende handeln, denken und immer noch zu fühlen glauben. Er besiegt uns mit Methoden, die eigentlich nur bei den Atmenden Erfolg haben dürften. Damit lockt er uns. Mit Wünschen, die Lebende haben sollten. Er spielt mit unser Ungewissheit und unseren Bedürfnissen, die er nur durch den verrückten Priester kennt. Und wir folgen ihm auch noch. Wir geben ihm recht, obwohl wir hätten maximal so tun dürfen, um ihn zu manipulieren. Aber der Alb riecht unsere Unsicherheit wie eine Schmeißfliege den Unrat." Mephala sprach langsam, nahe am Flüstern, aber sehr betont. "Alvanon. Ihr sagt, dass er uns braucht. Ob er uns braucht, oder Vecor uns zur Rettung seines Reiches braucht, Adeodatus uns zum Untergang des Reiches braucht oder ob nur Dhureks wirrer Geist uns brauchte, was macht es? Wir benehmen uns wie Schafe, wie Getriebene, ohne überhaupt zu wissen, wohin und wozu man uns treibt. Warum lassen wir uns treiben? Was haben wir zu verlieren? Wir haben kein Leben mehr zu verlieren. Wenn wir versagen, was dräut uns mehr als wir sowieso schon erlitten haben? Und woher wissen wir, dass wir nach unserem Dienst - der uns aufgezwungen - überhaupt die Belohnung bekommen? Das kann ein Ammenmärchen sein, es kann Wahrheit sein. Was es auch ist, ich beabsichtige nicht mehr, mich treiben, bedrohen oder benutzen zu lassen. Ich bin kein Werkzeug, ich bin kein Teil einer Prophezeiung und ich bin keine Königin mehr. Immer habe ich versucht, irgendwelchen Pflichten, Konzepten, Ideen und Menschen gerecht zu werden und es hat mich in den Untergang geführt. Ich habe vergessen, mich um mich und meine Ideen, Träume und um die Magie zu kümmern. All die Zeit habe ich mich treiben lassen, in beiden Hinsichten der Redewendung. Ich werde ihnen jedoch jetzt zeigen, dass mich sowas nicht mehr kümmert. Ich bin keine Lebende. Ich werde ihnen zeigen, dass ich auch nicht mehr wie eine denke."
Mephala ging langsam vom Feuer weg, nachdem sie kurz die Hand darüber gehalten habe und setzte sich auf ein Bett.
"Ich schlage vor, dass wir ihnen zeigen, was Untod bedeutet und dann unseren eigenen Weg gehen. Entweder arbeiten wir gemeinsam auf etwas hin, oder jeder geht seinen Weg. Was haben wir zu verlieren? Wir sind Fremde in einer fremden Welt, welche den Untod hasst, in einem Reich, von dem wir kein Pardon zu erwarten haben. Gehen wir unseren eigenen Weg. Denken wir nicht mehr wie Lebende."
Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Mauron am 01.08.2012, 13:31:06
So ganz mochten die Erläuterungen seiner Gefährten Mauron nicht recht überzeugen.
Hätte sie der Alb mit seiner Magie tatsächlich alle auf einmal vernichten können? Der Alb hatte sich einige schwere Verletzungen zugezogen und wer wusste schon welche Wirkung der Ring des alten Mannes auf ihn gehabt hatte, die vielleicht noch anhielt? Für Mauron war die angebliche Macht des Alben nicht ganz so deutlich, wie es für die anderen seiner Gruppe schien.
Ja, es könnte sein, dass der Alb sie – aus welchen Gründen auch immer – absichtlich nicht getötet, sondern nur eingesperrt hatte. Vielleicht waren sie für ihn wirklich nur Darsteller in einer Komödie, Teil einer Geschichte von Ironie, Trug und Verrat.
Oder aber er hatte es getan, weil seine Macht in diesem Moment eben nicht ausgereicht hätte, sie alle direkt zu vernichten. Vielleicht kostete es weniger Kraft diese Barriere zu erzeugen und sie einzuschließen, wie sie direkt zu vernichten. Wussten sie überhaupt, ob diese "Barriere" sie aufhalten würde, oder nur eine Täuschung war? Es würde erheblich weniger Kraft kosten, eine solche Illusion zu erzeugen, wie tatsächlich etwas zu bewirken. Bei allem was er über Alben wusste, wäre es nicht auszuschließen, dass dies alles Teil eines größeren Planes ist.

Alvanons Ansicht zu Vecor konnte Mauron nur zustimmen und nickte auch während seines Vortrags. Er hatte hier eine einmalige Chance erhalten, etwas zu erlangen, von dem noch keiner auch nur zu träumen gewagt hatte und daran würde ihn auch Niemand hindern – auch nicht Vecor persönlich! Sollte er doch nur kommen, er hatte sich zu Lebzeiten nicht viel um die Götter geschert und das würde sich jetzt auch nicht ändern. Selbst wenn er für sein Überleben einen Pakt mit allen finsteren Mächten dieser Welt eingehen müsste, Vecor würde ihn nicht bekommen.


Mit einem breiten Grinsen und den Schalk im Nacken konnte Mauron nicht anders und musste bei dem Gespräch über „Fäden“ , „Schauspieler“ und „Pfeife tanzen“ sofort mit einer komischen Grimasse einen Marionettenspieler imitieren, der wohl die Fäden seiner Marionetten verheddert hatte und diese nun zu befreien versuchte.
Die Darstellung dauerte aber nicht allzu lange an, denn plötzlich hielt der Entdecker des kosmischem Klangs inne. Den Kopf mit nachdenklicher Miene in der gewohnten Schieflage, überkam ihn eine weitere, wesentlich schalkhaftere Idee. Rasch holte er etwas Papier und Tinte aus seinem Rucksack und begann fieberhaft zu schreiben.
Den Stift setzte er nur ab, wenn er zu seiner Panflöte griff und einige Tonfolgen ausprobierte.

Mauron war mit seiner Arbeit fast fertig, als Mephala zu reden begann. Am Anfang hatte er sie noch überhört, zu leise die Stimmte, zu vertieft in seiner Idee. Überrascht nahm er ihre Rede zur Kenntnis. Sie hatte sich in der letzten Zeit – ähnlich ihm selbst – recht stark zurück gehalten und die anderen reden lassen. Und nun schwang sie eine große Rede darüber, kein Werkzeug mehr sein zu wollen, kein Teil einer Prophezeiung. War das noch die selbe Frau wie jene, die ihm erklären wollte, dass genau diese Prophezeiung und die damit verbundene Aufgabe ihr ganzer Sinn und ihr alleiniger Existenzgrund sei? Hatte er das mit seinen Worten bewirkt, oder lag es an ihrer Situation und dem Alb? Zumindest waren ihre Ansichten nun weniger fanatisch, das war immerhin ein guter Anfang.
„Wenn sie jetzt noch endlich etwas sinnvolles unternehmen würden, könnte ich den Tag fast als Erfolg verbuchen...“

„Nun, wie es scheint habt ihr euch in eurer Ansicht zum besseren gewandelt, wenn ich auch nicht in allen Punkten mit euch übereinstimme.“ Mauron deutete eine Verbeugung an. „So sagt denn an, wie ihr euch diesen eigenen Weg vorstellt. Wie wir ihnen zeigen sollen, was Untod bedeutet."
Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Alvanon am 03.08.2012, 00:51:12

Den Regen auf seiner Haut zu spüren, es war etwas, was ihn zugleich erfreute und bedrückte. Das Gefühl war zu gedämpft, als dass es eine wahre Empfindung sein konnte, vermutlich hervorgerufen durch die Magie seines Daseins als Untoter. Wahrscheinlich würde er das wahre Gefühl von echtem Regen auf seiner Haut niemals wieder spüren. Der Gedanke hatte eine Endgültigkeit, die niemanden glücklich machen konnte, der Wert darauf legte, das Leben nicht nur zu leben, sondern es auch zu empfinden und in vollen Zügen zu genießen. Nichtsdestotrotz war es für jemanden, der lange Jahre tot war ein Geschenk, dass er die Erinnerungen von den Gefühlen – denn nicht mehr schien es zu sein, was der Regen auf seiner Haut hervorrief- wieder erleben durfte.

“Es ist doch nur Regen, du törichter Narr! Willst du bei jedem neuen Gefühl gleichermaßen erstaunt sein?“ Er schüttelte den Kopf und damit auch die Gedanken ab. Er brauchte einen klaren Kopf, wenn er überleben wollte. Sentimentalitäten waren hier nicht von Vorteil sondern konnten gefährlich für seine Existenz sein. Missmutig stellte der Schauspieler fest, dass ein dichter Nebel aufzog. Kurz dachte er, dass es von Vorteil sein könnte, denn er war die perfekte Deckung, um ungesehen von einem Ort zum nächsten zu kommen. Allerdings konnten sie dem Ort nicht entkommen, und so war es wahrscheinlich, dass man sie irgendwann aufgreifen und für ihren Fluchtversuch auf irgendeine Art bestrafen würde. Abgeschlagene Körperteile, oder der Raub eines Sinns. Der Nebel war zum Vorteil der Alben, nicht der Untoten. Das war klar. Sie konnten mit den Ängsten der Könige spielen und ein wahres Schattenspiel aufführen.

Alvanon musste daran denken, wie er einst ein Schattenspiel aufgeführt hatte. Es war die Kunst, etwas verschleiert darzustellen, um dem Beobachter das Gefühl zu geben, er würde etwas völlig anderes sehen. Wenn der Darsteller mit seinen Mitteln einen Hasen aufzeigt, würde der unwissende Beobachter wirklich an den Hasen glauben. Ebenso verhielt es sich mit Gefahren, die im Nebel lauern konnten. Sie mochten untot sein, doch ihr Geist war noch immer sterblich und dachte in diesen Bahnen. Selbst wenn sie von dem Spiel wussten, konnten sie nie genau wissen, wo sie nun vorsichtig sein mussten. Ob die Alben das nutzen würden, um sie gefügig zu machen? Er konnte darauf keine Antwort geben.

Die Wachen, die um sie herum lauerten, konnten jedoch. Man sah in ihnen also schon eine Gefahr und unterschätzte sie nicht, so wie man es vielleicht von dem Verhalten ihres Gastgebers schließen konnte, der sie alleine zurückließ. Für den Moment waren die Wachen jedoch egal. Es gab zu viele offene Fragen, die beantwortet werden mussten. Und das konnte vornehmlich ihr Gastgeber, der soeben wahrscheinlich sein Kind wegbrachte.

Als er die Eindrücke in sich aufsog, hörte er, wie Mephala unter den Tönen von Maurons Instrument zu sprechen begann. Er deutete auf jeden der entdeckten Wachmänner, um ihnen zu signalisieren, dass sie sich nicht weiter verstecken brauchten, und trat einen Schritt zurück in die Hütte. Er wollte ihnen damit zeigen, dass er sich von den Wachen nicht einschüchtern ließ, und auch, dass sie keinesfalls so gut versteckt waren, wie sie vielleicht zu sein glaubten. Er wandte sich Mephala zu und antwortete: “Vielleicht habt ihr Recht, Mephala, vielleicht manipuliert er uns aufgrund unseres noch sterblich denkenden Geistes. Aber was sollen wir denn eurer Meinung nach tun? Ihr schlagt vor, dass wir uns widersetzen sollen. Und dann? Natürlich, ich habe es doch selbst gesagt, ich will mich auch nicht herumschubsen lassen, ich will die Kontrolle zurückerlangen. Doch mal ehrlich, was wisst ihr über diesen Wald? Was wisst ihr über diese Gegend und die Geschehnisse, die uns nun überkommen?“ Er machte eine tiefe Verbeugung.

“Ihr habt meine Anerkennung, wenn ihr euch durch diesen Wald schlagen wollt, gefangen in der Barriere und bald von den Alben gejagt. Ich beneide euch darum, dass ihr euren Überlebensinstinkt ablegen konntet, denn ohne ihn scheint man sehr viel entspannter zu denken.“ Er tippte sich mit dem Nagel seines rechten Zeigefingers an die Stirn, der typische Gruß des Elbenprinzen Onaron aus einem Theaterstück, und zitierte ihn sogleich: “Ihr glaubt, eine Beerdigung zu besuchen, doch in Wahrheit kommt ihr zu einer Geburt!“ Er verstellte seine Stimme dabei, kehrte währenddessen in Gedanken zurück an den Moment, in dem er es auf der Bühne aufgeführt hatte. “Seht ihr das ebenso, Mephala? Dass dieser Tod eine Geburt ist? Ich denke, dass wir das zu schätzen wissen sollten, denn ich glaube wahrlich, dass wir eine zweite Geburt erlebt haben, nur ohne das jungfräuliche Gedächtnis eines Kindes. Ihr seid vielleicht keine Lebende mehr, aber ein Wesen, welches existiert. Und vor der Vergänglichkeit solltet ihr noch immer Angst haben! Ansonsten bringt es euch nichts, dass ihr mehr oder weniger lebt! Ihr seid weder unverwundbar noch den Alben überlegen, denkt nur, was mit Morgrim geschehen ist!“ Er machte eine Pause, um durchzuatmen. Es war reine Gewohnheit, denn er stellte bald aufs Neue fest, dass es nicht notwendig für ihn war.

Er schaute kurz nach draußen, um die Entwicklung des Nebels zu verfolgen. “Wenn ihr mich fragt, warten wir, bis die Barriere verschwunden ist. Dann schlagen wir zu und rächen uns dafür, dass sie uns auf eine Weise gefangen genommen haben, die den Königen von Zhuras unwürdig ist! Lasst uns die Zeit bis dahin nutzen und so viel wie möglich an Informationen herausbekommen, die wir hinterher nutzen können, um ihnen ein wenig Ärger zu bereiten.“Er schaute dabei wieder rein und zu Mephala, in der Hoffnung auf ihrem Gesicht erkennen zu können, wie sie über den Plan, den Alben etwas vorzuspielen und ihnen am Ende wehzutun, dachte. Auch Nicos Meinung interessierte ihn, denn er war schon seit längerem untot und hielt große Stücke auf diesen Zustand. Ob er sein Dasein wohl weniger stark aufs Spiel setzte? Widerstand mochte verlockend sein, doch auch selbstmörderisch, solange die Barriere noch existierte, denn sie konnten lange nicht alle Alben auslöschen, ehe der letzte Lebensfunke der Könige erlöschen würde.

Er wandte sich Mauron zu, als dieser sprach: “Fühlt ihr euch auch so überleben, dass ihr den Alben zeigen wollt, was der Untod bedeutet? Ich denke es bedeutet vor allem Fäulnisgeruch und verfälschte Sinne sowie Bedürfnislosigkeit.“ Er seufzte schwermütig. “Verzeiht, ich vergesse immer wieder, dass es für euch Menschen nicht selbstverständlich ist, mehrere Jahrhunderte zu leben.“ Er beließ es dabei und ging nicht weiter darauf ein.

“Oder hat noch jemand das Bedürfnis, sich draußen im Neben mit den Wachposten anzulegen? Wenn wir friedlich sind, sind sie auch vorerst friedlich. Nicos, ihr hattet scheinbar einen guten Draht zu dem Alb, nutzt das doch bitte aus, sobald er wieder da ist. Ich werde wahrscheinlich nur unfreundlich.“ Er schaute wieder hinaus, der aufkommende Nebel faszinierte ihn. “Wir wurden erwartet, sie sind auf diese Situation vorbereitet. Neben der Barriere ist das ihr größter Vorteil.“
Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Menthir am 03.08.2012, 09:30:30
10. Jantus 1214 - Ein langer Sonnenuntergang - 17:11 Uhr

Mephala hörte den beiden untoten Königen zu, doch kein Nicken und kein Verständis war in Mephalas untoten Augen zu sehen, sie sparte sich Mimik und auch jede Form eines zustimmenden Nickens oder sonstiger Bekräftigung der Worte. Mauron hatte in einer Hinsicht Recht, Mephala hatte diese Prophezeiung als einzigen Sinn ihren neuen Existenz bezeichnet. Doch damit war der Grund gemeint und auch Mephalas jetzt erstmal dezidiert dargelegte Meinung stellte dies nicht in Frage, auch wenn Maurons selbstfokussierte Wahrnehmung ein Einknicken sehen wollte. Und auch Alvanons wehmütiges Klammern an sein altes Leben. Wie sehr zeigten sie doch, dass sie gar nicht beabsichtigten, sich auf die neue Situation einzustellen. Wie sehr zeigten sie doch, dass sie im Geist noch immer die Könige waren, die an ihrer Hybris und ihren Unfähigkeit zugrunde gingen. Sie bemühte sich dennoch um Worte, welche nicht wie Schwerter schnitten.

"Die Existenz ist ungleich dem Wort Leben, Alvanon. Ein im Boden liegendes Skelett existiert auch, ebenso wie ein geknickter Baum oder gefallenes Laub existieren. Der Widerstand ist ungleich dem Wort Konflikt oder Angriff. Ihr legt viel Interpretation in meine Worte, was nicht an eurem Geist, sondern an dieser ungewöhnlichen Situation liegen kann. Aber es ehrt mich, dass ihr mich für so törricht wie den zwergischen Statthalter erachtet. Meinethalben haltet es mit dieser Einschätzung, aber sein wir eingedenkt der Tatsache, dass Morgrim Eisenschild auch daran zugrunde gegangen ist, dass wir zu furchtvoll waren, um überhaupt zu handeln. Das erhöht seine selbstmörderische Tat nicht, aber wir haben die Situation auch nicht anderweitig genutzt. Wir hätten in den Alben oder den Söldnern Verbündete oder Diener finden können, hätten wir nur einen Funken Geist bewiesen. Stattdessen haben wir uns von Roker ausnehmen lassen und uns von einem Gefangenen gefangen nehmen lassen, ob er uns nun erwartet hat oder nicht. Er lag in unserer Hand, ehe wir in seiner lagen."

Mephala hielt dabei die Gesichtszüge und ihren Körper still, lediglich der Mund bewegte sich, weil ihre Magie nicht reichte, um wie der Gesichtslose zu sprechen. Sie blickte in die Leere des Raumes, als würde sie dort etwas sehen, auch wenn dort nichts außer die nackte Holzwand zu sehen war. "Dafür, dass die Theatralik euch viel bedeutet, werter Alvanon, nutzt ihr eure Worte sehr leichtfertig. Ihr sprecht von dem «Bedürfnis» sich mit den Alben anzulegen, obwohl ihr dem Untod Bedürfnislosigkeit zusprecht. Und ihr schlagt vor, den Alben mit Hinterhältigkeit zu begegnen. Ein Volk, welches auch ihr Brudermörder schimpft. Ich erkenne keine Weisheit in eurem Weg. Nur, dass ihr euch fürchtet, das Heft in des Handelns in die Hand zu nehmen und euch weiter wie ein Schaf durch den albischen Hirten durch den Wald treiben lasst, in der Hoffnung, dass die Götter euch in diesem Leben noch einmal zum Wolf werden lassen. Doch was, wenn sie es nicht tun? Werden Alben nicht mit Perfidität rechnen? Warum sollte ein Volk der Schatten die Schatten vergessen? Das wäre so, als würde ein Schauspieler vergessen, dass auch die anderen Personen auf der Bühne durchaus Schauspieler sein könnten. Nein. Ihr klammert euch an die spärlichen Überreste, die Dhurek euch ließ. Oder lasst es mich drastischer, dramatischer ausdrücken. Ihr habt nicht nur physisch euer Gesicht verloren, Johannes."

Mephala blieb weiter bewegungslos und verharrte in dieser Position, weiter in die Ecke schauend. Nur kurz flackerten ihre Augen nach links und rechts, um die Lebensspuren der Alben, die sie umzingelten, wahrzunehmen. Mephala sah, dass Mauron und Alvanon nur Hüllen waren. Ausgesaugt von einer Spinne des Untods, die perfide genug war, ihnen genug Erinnerung an ihr Leben zu lassen, dass sie das Wort Untod wahrscheinlich einmal durchdringen konnten. Wie sollte sie ihnen also ihren Plan erklären? Sie hatte das Gefühl, als würde sie zu Kindern sprechen, so altklug Alvanon sich aufgrund seiner Herkunft auch gab. Sie war froh, dass man ihre Gedanken nicht lesen konnte und begann wieder zu sprechen.

"Zuerst einmal bedeutet Widerstand sich unbeeindruckt von den Einschüchterungen durch die Alben zu zeigen. Untod bedeutet dies glaubhaft zu machen, denn auch wenn euer Geist noch an die Abbilder eurer Erlebnisse glauben mag, sind sie im Gegensatz zu geknickten Bäumen und gefallenem Laub inexistent. Sie sind Illusion, die euer sehnsüchtiger, vom Leben verblendeter Geist erzeugt, um euch mit trügerischen Begriffen wie Hoffnung zu erfüllen. Soll ein Alb euch Schmerzen zufügen können?" Mephala trat zum Feuer und hielt ihre Hand hinein, bis sie Feuer fing, erst dann erstickte sie die Flammen wieder. "Ich bezweifel, dass sie das könnten. Ihre einzige Hoffnung ist es also, uns mit unserem Tod zu bedrohen, denn dies scheint das einzige, was uns schrecken kann. Und es setzte noch voraus, dass diese Alben überhaupt soweit denken. Genau an dieser Stelle sollten wir dafür sorgen, dass sie das glauben. Wenn wir uns von nichts beugen lassen, bleibt ihnen nur die Erkenntnis, dass wir an unserer puren Existenz interessiert sein." Mephala blickte jetzt das erste Mal wieder zu ihren Gefährten. "Eine Situation ist wie die Mathematik oder die arkane Magie eines Magiers. Je mehr Variablen ihr in einer Handlung lasst, desto schwerer ist sie zu lösen und die Wahrscheinlichkeit groß, dass ihr das Ergebnis erraten müsst. Je wohl definierter eure Gleichung ist, je mehr ihr die Variablen eingrenzt, desto wahrscheinlicher ist es, dass ihr die Aufgabe zu lösen imstande seid. Wenn die Alben also davon ausgehen müssen, dass nur das Auslöschen unserer Existenz ein mögliches Druckmittel ist, dann lässt sich ihr Verhalten deutlich präziser diagnostizieren und vorhersagen als wenn wir anfällig wider Macht, Gold, Freunde oder Hass scheinen. Wenn wir so das Verhalten der zwielichtigen Alben bestimmen können, müssen wir nicht nur reagieren und uns sie Schafe treiben lassen. Dann können wir diese ganze Chose umkehren, ohne all die Informationen über den Wald, die Alben und ihre Pläne haben zu müssen. Denn die Alben sind klug genug zu erkennen, dass sie das Wissen, was sie uns zukommen lassen, filtern müssen, um uns zu manipulieren und auf ihre Fährte zu bringen."
Mephala blickte wieder zu Alvanon.
"Es ist mir also gleich, ob ihr meint, ich würde mich überlegen halten oder ob ihr euch überlegen haltet. Es ist mir gleich, ob ihr die stille Hoffnung tragt, dass man euch wieder ein Gesicht oder gar ein Leben schenkte. Es ist mir gleich, ob ihr euch überhaupt für untot haltet. Aber eines ist mir nicht egal: Ich will, dass alle hier sich so benehmen, wie man es von Untoten vermuten möchte. In diesem Zustand werden wir die Schwäche der Alben analysieren, die Gleichung feststellen, wenn man so möchte. Ein Angriff alleine gegen eine Übermacht wäre Selbstmord, weil ich auch davon ausgehen muss, dass ihr mich einfach endgültig verrecken lassen würdet. Ich sage auch nicht, dass mein Geist keine Bedürfnisse mehr hat. Wahrscheinlich sogar viele, welche mit dem Leben verwurzelt sind. Aber die Alben müssen das nicht wissen und sie müssen anderes denken. Darum geht es und nur so gewinnen wir Souveränität über unsere Handlungen."

Mephala entfernte sich wieder vom Feuer und blickte wieder in die Leere. "Im Genauen heißt dies, dass wir uns entweltlich und unmenschlich zeigen müssen. Wir müssen den Worten des Alben mit Logik beikommen, frei von jeder Emotion und jeder sterblichen Regung. Wenn wir Zhuras für sie zerstören sollen, wäre dies nicht damit getan, dass wir nichts tun? Sollte dem nicht so sein, müssten wir Zhuras also aktiv zerstören. Warum sollten wir es dann tun? Und schon müssten sie, nachdem sie unseren Untod erkannt haben, auch erkennen, dass sie uns nur mit dem Tod drohen können. Und wenn ihr den Worten des Alben bisher gelauscht habt und dann lauscht und zwar mit Obacht, dann werdet ihr seinen Hochmut zerschneiden können wie warme Butter. Dass ist es, was wir tun müssen. Souverän in unserem Handeln werden, nicht getrieben von Ängsten, wie ein kleines Mädchen, welches sich vor dem Orkenmann im Schrank versteckt."

Mephala hoffte, dass sie jetzt genauer verstanden hatten, was die ehemalige Königin beabsichtigtete. Sie mussten den Alben zeigen, dass sie weiter, intelligenter, kälter und überlegener waren, ob dies nun der Wahrheit entsprach oder nicht. Nur dann würden sie nicht mehr wie Vieh oder Werkzeug behandelt werden.
Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Nicos am 03.08.2012, 13:23:28
Der subjektiven Meinung Nicos' nach hielt er es für etwas verrückt von Mauron gerade jetzt ein Instrument zu spielen. Es gab immerhin wichtige Sachen zu bereden, auf die man sich voll und ganz konzentrieren sollte. Nicos folgte dann der nachfolgenden Diskussion sehr aufmerksam. Auch wenn sich Mephala nicht wie Morgrim benahm, war Nicos etwas enttäuscht von ihr. Vorher war sie ganz sympathisch, aber jetzt philosophierte sie herum und kam nicht zum Punkt. Ihr letzten Worte hätten der Meinung des Nekromanten nach etwas konkreter sein können. Auch übersah sie ein paar wichtige Sachen.

Nicos sprach dann folgendes zu seinen Gefährten:
"Zuerst möchte ich einmal folgendes sagen: Wir waren in einer Situation wie Gefangene, denen eine Folter bevorstand. Kennt Ihr diese Geschichte von den Gefolterten? Ich bin mir nicht ganz sicher, ob sie bloß in meiner Zeit aktuell war, aber ich erzähle sie für diejenigen, die sie nicht kennen. Zwei Reiche führten Krieg gegeneinander. Ein Reich nahm vom Gegner Gefangene. Sie versuchten durch Folter wichtige Informationen zu bekommen. Man hatte den Vorteil, dass man viele der Gefangenen sogar zu Tode foltern konnte. Man erzählte jedem Gefangenen, dass ein anderer seiner Leute schon reden würde, wenn er nicht redet. Vorsichtshalber wirkte man bei jedem Gefangenen Erkenntnismagie, ob seine Aussagen auch richtig waren. Selbst der letzte lebende Gefangene hatte es nicht so einfach. Auch ihm hätte man ja erzählen können, dass die anderen noch leben würden und wegen der Folter schon auspacken würden, wenn er es nicht tun würde. Man lockte außerdem mit der Option frei gelassen zu werden. Leben, Freiheit und körperliche Unversehrtheit sind für viele Wesen eben wichtig. Und sei der Strohhalm auch noch sein klein, an den man sich klammert.

Wir waren in einer Situation, die auswegloser war. Ja, wir hätten den Alb töten können und die Barriere Barriere sein lassen können, aber die Alben wären vermutlich zurückgekommen und hätten uns verfolgt. So schwächlich sind die Alben vermutlich auch nicht wie das Schicksal von Morgrim zeigt. Eines Tages hätten sie uns vielleicht erledigt. Aber das Schlimmste wäre für mich das Eingesperrtsein. Eingesperrt könnten wir nichts bewegen.

Ich sprach an vielen Stellen in der Vergangenheitsform, weil sich unsere Situation etwas geändert hat. Ich bin gespannt, was ein Schluck aus dem Erkenntnisbrunnen offenbart. Das einzige Risiko wäre womöglich wieder sterblich zu werden, was so manchem gefallen würde aus unserer Runde hier, mir aber nicht. Trotzdem würde ich dieses Risiko einfach eingehen. Töten wird uns ein Schluck nicht. Wenn Môr Tahâs uns hätte töten wollen, dann hätte er es mit einer großen Masse aus Alben schon längst getan. Vielleicht sind wir für ihn wirklich wichtig. Vielleicht will er das Reich Zhuras wirklich vernichtet sehen und glaubt, dass wir das irgendwie anstellen könnten. Unsere Situation hat sich wirklich gebessert und alles, was er uns verraten, waren wertvolle Informationen. Es ist nämlich schon auffällig, dass ein Alb aus dem Wald so viel über das Reich Zhuras weiß. Meiner Meinung nach müssen wir nichts besonderes tun Mephala, sondern zunächst einmal nur mitspielen. Ihr macht Euch zu viele Gedanken meiner Meinung nach. Wir sind keine Marionetten oder Werkzeuge. Wir haben mehr Freiräume als dieser Alb denkt, obwohl er glaubt uns vollkommen unter Kontrolle zu haben."


Dann schaute Nicos direkt zu Alvanon und sprach zu diesem:
"Die Zeit der Rache ist noch nicht gekommen, Alvanon. Wir haben Zeit für so etwas, denn wir sind untot. Manchmal muss man sich auch beherrschen können und Geduld aufbringen. Entschuldigt, dass diese Worte von einem ehemaligen Menschen kamen, aber eine vorzeitige Rache klang mir nach etwas Ungeduld, wenn man eben in größeren zeitlichen Dimensionen denkt.

Wenn es sein muss, werde ich wieder mit dem Alben reden. Aber er hat uns ein paar Antworten versprochen. Erst einmal werde ich aufmerksam beobachten und zuhören. Wenn dann immer noch geredet werden muss, tue ich das."
 
Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Menthir am 05.08.2012, 15:07:03
10. Jantus 1214 - Ein langer Sonnenuntergang - 17:15 Uhr

Die Erkenntnis, dass die Alben koordiniert vorgingen, lag auf der Hand. Es waren keine fünf Minuten vergangen, da hatte Alvanon bereits entdecken können, dass die Alben das einfache Haus umkreisten mit ihrer Schlingentaktik. Es vergingen keine weiteren fünf Minuten, da sah der gebürtige Elb auch, dass Môr Tahâs zurückkehrte und ihr Gespräch unterbrach. Sein Sohn war nicht mehr an seiner Seite, er bewegte sich wieder etwas selbstbewusster, weniger gebrochen. Ein Zeichen dafür, dass die Alben dieses Waldes über die Kenntnis von Heilmagie verfügten und sie auch einsetzten. Einen Menschen oder Elben, der die arkanen Künste kannte, konnte dies kaum verblüffen, doch der Volksmund war seit jeher davon ausgegangen, dass die Alben keine Heilmagie nutzen könnten. Ausgerechnet die Elben verstärkten dieses Glauben, denn sie sprachen davon, dass keine heilende Hand einen Alben heilen könnte. Das Elbenvolk sprach davon, dass ihre Magie dreierlei grobe Kategorie kennen würde, Licht, Zwielicht und Schatten. Reine Heilmagie sei eine Magie des Lichts und Licht würde die Schatten vertreiben, wo es hinfällt, die Alben jedoch sind Wesen der Schatten und so müsse Heilmagie sie vertreiben wie die Mittagssonne die Schatten des Tages. Diese Geschichte kannte beinahe jedes Wesen, welches im Reiche Zhuras lebte. Andere behaupten jedoch, dass die Alben sich heilen könnten. Denn auch Schatten brauchen, um zu existieren,  Licht, doch wie ein Schatten etwas braucht, um das Licht abzublocken und so einen Schatten zu werfen, benötigten die Alben auch ein solches Medium bei einer Heilung. Was genau das bedeutete, das wusste kaum jemand. Die Gerüchte gingen von Menschenopfern bis zu magischen Kristallen, welche aus der Lichtmagie Schattenmagie machte und einen Alben dergestalt heilen konnte. Unter den Arkanisten des Reiches war dies immer eine umkämpfte Frage gewesen, die kaum ein Gelehrter glaubhaft beantworten geschweige denn die Antwort dann beweisen konnte, sodass die Empfänglichkeit und die Art des Nutzen der Heilmagie durch die Alben im Obskuren lag, wie fast alles, was ihr Volk betraf.

Der Alb hatte einen einfachen, braunen Wams übergeworfen und trug ein schmuckloses Langschwert mit brünnierter Klinge und einem rotumwickelten Griff an seiner Seite, wie die Schmiede des Reiches Zhuras in Massen für das kleine, dauerhafte, stehende Heer des Reiches herstellten. Das Eisen kam aus dem Ollaggebirge und wurde von den Zwergen abgebaut, es wurde zu Stahl verhüttet und dann von den Zwergen zu sehr harten Schwertern geschmiedet. Sie entstammten einer besonderen Schmiedetechnik der Zwerge. Sie waren durch ihe Härte und ungewöhnliche Schärfe ideal dazu Knochen, Muskel und Sehnen zu durchtrennen, allerdings waren die Schwerter für durch ihre ungewöhnliche Härte splitternd und brüchig, wenn sie genutzt wurden, um auf härtere Materialien zu schlagen. Sie waren deshalb berüchtigt, weil sie im Volksmund Henkersschwerter hießen, da viele tyrannische Fürsten und Könige diese Waffen allzuhäufig einsetzten, um Aufstände niederzuschlagen. Es ist ein Schwert, welches oftmals gegen das eigene Volk geführt wurde. Vielleicht trug der Brudermörder, wie die Alben auch genannt wurden, dieses Schwert aus Überzeugung, vielleicht auch aus Spott. Er kam alleine und eine Aura der Selbstsicherheit umgab ihn. Es war an seinem Schritt, an seiner Schulterhaltung zu sehen. Er hatte für einen Elben- beziehungsweise Albenblut einen sehr muskulösen Körper und erinnerte vom Körperbau fast mehr an einen Menschen. Nur seine Langgliedrigkeit und sein Gesicht ließen ihn deutlich als Alben erkennen, nebst der spitzen Ohren.

Gemessenen Schrittes betrat er seine Hütte und blickte auf das Feuer, welches auch ohne seinen Sohn weiter geschürt wurde und die Hütte mit wohliger Wärme füllte. Er bewegte sich wie selbstverständlich zwischen die vielen Arme und Augen seiner Gäste und blickte sich langsam und in Seelenruhe zwischen den Anwesenden um. "Es ging doch schneller, als ich erwarten konnte.", sagte er jovial. Eine offene und deutliche Lüge. Ihm musste klar sein, dass die alten Könige bereits erkannt haben mussten, dass sie umstellt waren; dass dieses verlassene, schmucklose Nest aus Alben besser koordiniert war als ein durchschnittliches, menschliches Dorf es hätte erwarten lassen. Die Alben waren wahrscheinlich aus einem langen Überlebenskampf gestählt, oder das Gerücht, dass Alben sich durch die Schatten unterhalten konnten, waren wahr.

Môr Tahâs setzte sich an seinen Tisch, nicht ohne das Schwert aus der Halbscheide zu nehmen und die komplett brünnierte Klinge zu präsentieren und dann auf den Tisch vor sich zu legen. "Nehmt mir das Henkersschwert nicht übel. Aber ich fühle mich besser, wenn ich nicht nackt durch die Welt laufe. Es reicht schon, dass ich nackt geboren wurde." Ohne die Schmerzen wirkte der Alb deutlich lockerer, auch wenn erkennbar war, dass er noch immer sehr aufmerksam war. Sein Gesicht wurde auch dementsprechend schnell wieder ernst. "Ich sagte, ich würde mit Fragen wiederkommen. Doch lasst mich vorher etwas erläutern. Wir haben vor Tagen einen Inquisitor der Kirche gefangengenommen, der den Auftrag hatte, Dhurek zu vernicht..." Ein weiblicher Schmerzensschrei unterbrach den Alben und aus den tiefen Nebelbänken kam eine Person, geführt von zwei Alben, angewankt. Erst wurde nur ihre Silhouette sichtbar. Sie musste fast 1,90m groß sein, war aber von sehr schlanker Gestalt. Das war erkennbar, obwohl die Person noch ihre Rüstung trug. Es waren lange, fast weißblonde Haare, welche ihr kaltes Gesicht umrahmten. Sie hatte ein angenehmes, wenn auch kühles Äußeres. Der Stolz war ihr ins Gesicht gemeißelt wurden und je näher sie kam, desto deutlicher wurden ihre eisblauen Augen, welche ihr Gesicht dominierten. Ihre Rüstung war blutverschmiert, weil zwei Pfeile in sie eingeschlagen waren. Rechtes Schlüsselbein und linkes Schlüsselbein. Dass sie von vorne getroffen wurde, sprach dafür, dass sie sich dem Feind gestellt hatte und die Alben nicht aus dem Hinterhalt agieren konnten. Aber es zeugte auch von der Bogenmeisterschaft ihrer Häscher, da die Treffer dafür sprachen, sie nicht töten zu wollen. Sie war jetzt auf zehn, fünfzehn Meter an der Tür herangekommen, als die beiden Alben ihr unsanft auf die Knie halfen. Ihre spitzen Ohren kamen jetzt deutlich zu Geltung[1], aber die Inquisitorin versuchte ihren Schmerz herunterzuschlucken und sich zu wehren, doch der Druck auf die lädierten Schlüsselbeine reichte, um sie gefügig zu machen. Jetzt konnten die in der Barriere Gefangenen die Rüstung der Elbin in Augenschein nehmen. Sie war übersät mit Segnungssprüchen, welche strahlenförmig von dem elbischen Wort für Sonne abgingen. Eine Segenssonne. Alvanon kannte sie. Die Elben, welche Seheiah abschworen, bezeugten so ihren Vecorglauben, nachdem die goldene Sonne Vecors im Cro verboten wurde. Seit jeher trugen elbische Vecorianer dieses Zeichen mit Stolz, als Zeichen der Kraft und des Widerstandes. Ihr Blick war ungebrochen, die Sonne gab ihr auch jetzt noch Kraft. Dennoch musste die stolze Elbin im Schmutz vor der schmucklosen Hütte knien. Sie wagte es nicht, zu sprechen.

"Seht die Dame als Geschenk unsererseits an. Wir stellen sie euch zur freien Verfügung, als Zeichen unseres Wohlwollens.", führte Môr Tahâs weiter aus. "Ich denke, es wird noch eine Vorbereitung brauchen, ehe ihr den Brunnen besuchen könnt und ich würde mich dagegen verwehren wollen, dass ihr euch unter irgendeinem Zwang seht, der über jenen herausgeht, das Leben meiner Person und meines Volkes unangetastet zu lassen. Deswegen solltet ihr die Geschichte vielleicht aus der Sicht einer Vecorianerin hören." Die Faktenlage wurde deutlicher. Es durfte langsam keinen Zweifel mehr daran geben, dass die Alben von der Wiederankunft der untoten Könige wusste, doch wie weit ging die Ehrlichkeit der Alben? Was wusste der Mann sonst noch? Es schien unmöglich, dass der Alb seine Macht nur geopfert hat, um alleine die Untoten in den Wald zu zwingen. Der Alb hatte ein ernstes Gesicht, obwohl Süffisanz seinem Gesicht sicher auch gestanden hätte. Aber sein Gesicht wirkte nachdenklich und ruhig, interessiert, wie die Gefangenen auf sein Geschenk reagieren würden. "Bevor ich meine Fragen an euch richte, möchte ich, dass ihr mir vorher nochmal dringende und drängende Fragen stellt und euch dann mit der Vecorianerin beschäftigt. Aber nach wie vor gilt, dass ich ernsthafte und intelligente Fragen hören möchte."
 1. 
Elbische Vecorinquisitorin (Anzeigen)
Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Alvanon am 09.08.2012, 13:48:05
Der Elb in der Schreckensgestalt stöhnte leise. Das Gespräch mit Mephala wurde anstrengend. Hielt sie ihm bloß einen Spiegel vor und er selbst war ebenso spitzfindig wie sie, oder war sie wirklich so und er hatte es bislang bloß noch nicht gemerkt? Er nahm es sich allerdings zur Pflicht, sie über den zugehörigen Hintergrund aufzuklären: “Mephala, ich verstehe diesen Drang, der in Euch herrscht. Ihr wollt überlegen wirken, so hat es zumindest den Anschein. Ich bitte um Verzeihung dafür, dass ich diese eure Sprache nicht beherrsche wie die meine, allerdings muss ich zu meiner Verteidigung sagen, dass es in dieser Sprache nicht so leicht ist, Dinge präzise auszudrücken. Im Elbischen gibt es Worte, die genau das ausdrücken, was ich meine. Der Unterschied zwischen Existenz und Dasein. Es ist nur verständlich, dass sich ein kurzlebiges Volk wie die Menschen nicht so sehr damit auseinandersetzt und deswegen Begriffe nutzt, die nicht immer eindeutig beschreiben, was gemeint ist. Beizeiten kann ich Euch sagen, wie wir Elben diese Begriffe definieren, aber diese Zeit muss erst noch kommen."

Er wunderte sich über den belehrenden Ton des nächsten Satzes, denn er hatte vor nicht ganz zehn Minuten das gleiche gesagt. “Oder habe ich das nur gedacht? Ich bin mir eigentlich sicher, dass ich mahnend angemerkt habe, wie uns die Situation entglitten ist, als uns der Gefangene zu seinen Gefangenen gemacht hatte.“ Aber es war ja dennoch nicht falsch, was sie sagte, und er freute sich, dass sie es auch erkannte.

Schließlich musste er sich jedoch wundern und er lachte leise, als Mephala ihn für seine Nutzung von Bedürfnissen und Bedürfnislosigkeit rügte. Erkannte sie denn den Spott nicht, mit dem er nach dem zweifelsfrei nicht vorhandenen Bedürfnis gefragt hatte? Sie war wohl zu verbissen, als dass sie es hätte erkennen können. Aber das war nicht sein Problem. Ohnehin ging er davon aus, dass er im Grunde bereits gewonnen hatte, und ein weiteres Indiz dafür war, dass sie ihn noch Johannes nannte. Er hätte müde gelächelt, wenn es ihm möglich gewesen wäre. Er hatte die Rolle des Johannes bereits angenommen und sich damit abgefunden und so konnte sie ihn nicht mehr damit verletzen, wie es in der Höhle noch möglich war. Es war bloß ein unangenehmes Beigefühl, doch kein stechender Schmerz. Er schob es auf ihre verletzte Eitelkeit, dass sie ihn noch einmal verletzen wollte, solange es noch ging.

“Aber ich will noch einmal den Punkt ansprechen, dass die Alben unter Umständen Hinterhältigkeit erwarten würden. Sicherlich besteht die Gefahr, jedoch haben wir uns bisher nicht so verhalten, dass wir unbedingt wie die großen Intrigenspinner dastehen. Und wenn ich das so sagen darf… Würde ein Zwerg erwarten, dass ein Mensch gierig ist? Oder würde ein Halbling in einem Ork einen Mutterkomplex vermuten? Ein Mensch würde doch auch nicht unbedingt erwarten, dass andere ebenso naiv sind wie er? Die Alben halten sich für große Intrigenspinner und sind dazu noch mit dem Hochmut unserer beiden Völker gesegnet, der an mir zum Glück vorbeigegangen ist. Ich will nicht sagen, dass jeder kleine Hinterhalt sofort zum Erfolg führt, es muss wohl geplant sein, doch es ist wohl möglich.“

Zuletzt musste er über ihre Worte nachdenken, dass man sich mehr wie ein Untoter verhalten und sich nicht von den Alben herumschubsen lassen sollte. Sicherlich ging es ihm gegen den Strich unter Alben zu sein und ihre Anweisungen zu befolgen, doch es gab einen wichtigen Punkt, den sie alle beachten mussten, wenn sie das hier überleben wollten: Sie durften nicht wertlos erscheinen und mussten somit zwangsweise kooperieren. Alben kannten keine Skrupel. Wenn man sie nicht mehr zufrieden stellen konnte, war man möglicherweise schneller Tod, als man selbst merken konnte, dass man nicht von Nutzen war. Sie waren zu fünft, und somit im Einzelnen noch entbehrlich.

Nicos kritisierte Mephalas Ansichten ebenfalls, das beruhigte Alvanon. Ohnehin glaubte er mittlerweile, dass er mit Nicos besser auskommen würde. Dieser war nicht mehr berauscht von der plötzlichen Langlebigkeit und dachte klarer, wie auch sein Beispiel mit den Gefangenen zeigte, auch wenn Alvanon nicht so ganz verstand, worauf er hinauswollte, denn sie waren nicht getrennt gefangen und wussten um das Schicksal der jeweils anderen – außer Tutari. Vielleicht hätten sie sie doch töten sollen? Es wäre zumindest sicherer gewesen. Am Ende seiner Worte musste Elb nicken und ihm zustimmen. “Ihr habt wohl Recht. Übereilt sollte die Rache nicht kommen, das macht Sinn. Es gibt noch wichtigeres, als die Rache.“

Als dann der Alb wiederkehrte, endete das Gespräch leider, aber interessant würde es wohl weiterhin bleiben. Interessant waren vor allem die Wunden, die sich geschlossen hatten. Das wirkte merkwürdig auf Alvanon, denn bislang hatte er nicht davon gehört, dass die Alben sich auf diese Art der Magie verstanden. Ob sie wohl Gefangene hatten, die das für sie übernahmen? Vielleicht lag es auch an der Barriere, mit deren Erscheinen das Land ein wenig an Trostlosigkeit verloren hatte. Alvanon wusste es nicht, aber er würde es wohl in Kürze ergründen. Er schüttelte den Kopf. Es hieß zwar, dass man seinen Feind kennen sollte, aber so viel wollte er von den Alben nicht erfahren. Er wollte eigentlich nur aus diesem Wald raus.

Sein Blick fiel auf das Schwert an der Seite des Alben. Er musterte es interessiert. Woher mochte es wohl stammen? Es war höchste Schmiedekunst, wie es bloß die Zwerge vollbringen konnten. Allerdings war es unwahrscheinlich, dass die Zwerge Handel mit den Alben trieben. Soweit Alvanon wusste, trieben die Zwerge bestenfalls Blutzoll unter den Alben ein. Er wunderte sich, wie die Klinge wohl den Weg in den Wald gefunden hatte und wie der Alb wohl auf ihren Verlust reagieren würde? Eine ekelhafte Symbolik schwang auf jeden Fall mit bei dem Schwert, das oft gegen das eigene Volk geschwungen wurde. Ob er die Elben wohl noch zum eigenen Volk zählte?

Er achtete dieses Mal mehr auf das Verhalten des Alben und er konnte bestätigen, dass sich der Alb arrogant und überheblich verhielt. Wie er sich betont langsam bewegte und umblickte, und auch die Seelenruhe, die er nach außen vorgab im Kreis seiner bewaffneten Gefangenen. Dass er sein Schwert offen zur Schau auf den Tisch legte, verstärkte den Eindruck noch. Alvanon wünschte sich, dass jemand Rost an das Schwert zauberte. Er wollte unbedingt wissen, wie der Alb darauf reagieren würde.

Doch ehe der Wunsch in ihm so stark werden konnte, dass er ihn zu eigenmächtigem Handeln bewegte, bemerkte er, wie die Inquisitorin herangeschafft wurde. Alvanon seufzte. Es war vermessen gewesen zu glauben, dass die ganze Sache unbemerkt bleiben würde. Ihr Unleben war bereits bekannt, das würde sie ohnehin zu gejagten machen. Diese Inquisitorin zeigte das, denn es wurde bereits ihr Urheber gejagt.

Als Alvanon erkannte, was die Inquisitorin war, wirkte er angewidert. Eine Elbenfrau, die das eigene Volk verließ, um in den Dienst Vecors zu treten, war etwas, was er nicht verstehen konnte. Erst Frauen wie sie machten den Gott stark, indem sie ihm zulaufen, so wie Motten nachts in das Licht flogen. Es war gut, dass sie gefangen genommen wurde. Sie hatte sein Volk verraten und er gönnte ihr keinen Erfolg im Dienste der Sonne. Er spürte den Drang, auch die Elbenfrau mit dem Schwert des Alben zu töten, und er erschrak vor sich selbst. Er hoffte, dass es nur die Anspannung war, die ihn so denken ließ. Allerdings glaubte er, dass sie ohnehin sterben würde, sobald sie ihre Fragen beantwortet hatte.

Er schaute zu Alben und beschloss, freiheraus die erste Frage zu stellen. “Wenn Euch die Frage nicht zu banal erscheint – Eure Wunden sind geschlossen, obwohl man den Alben nachsagt, dass sie keine Heilmagie sprechen können. Hat das etwas mit der Barriere zu tun? Seit sie leuchtet, hat sich hier etwas verändert, und ic kann nicht genau ergründen, was das sein mag.“
Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Menthir am 10.08.2012, 00:46:26
10. Jantus 1214 - Die vergessene Gruft - 17:16 Uhr

Alvanon hatte den unbeschreiblichen Vorteil, dass sein Blick nicht wirklich - selbst wenn er durch Masken willkürliche Augenbewegungen zu beherrschen schien - verfolgt werden konnte. Vielleicht reichte reichte einer dieser unsäglich enttarnenden Identifikationszauber, um Magie zu analysieren, aus, um seinem nur magisch existenten Blick zu folgen. Doch der Alb besaß solche Fähigkeiten nicht, zeigte sie nicht oder wusste zumindest nicht um diese mögliche Nutzung, so sie denn wirklich möglich war. Die Magie war ein defiziles Gebilde, dessen Ganzheit kein Sterblicher und wahrscheinlich nicht einmal die Götter verstanden. Doch eine Meinung hatte sich als grobe Richtung herauskristallisiert über die vielen Jahrhunderte und Jahrtausende, in denen es mehr oder minder zivilisiertes Leben auf diesem unseglichen Kontinent namens Bàsa Katorga gab. Als die Götter um die Schöpfung stritten und zu viel Schöpfungskraft in ihren Widerstreit stecken, ein jeder Gott den anderen übertrumpfen wollte, reichte diese überschüssige Energie nicht nur, um die Enwe darselbst zu erwecken, es gab noch so viel überschüssige Kraft, welche die Götter verschwendeten, sodass diese Kraft noch heute über die Enwe waberte und durch Magier und ihresgleichen zu bündeln war. Das sei auch der Grund, warum die Götter nicht mehr selbst auf der Erde wandeln könnten, nachdem die Enwe ihren plastischen Schöpfer Drakhtar[1] fraß. Es war, folgte der Kundige den Lehrtraditionen Vecors und anderer großer Kirchen, die Geburtsstunde der Kleriker und Priester, den Mittlern zwischen Götterwelt und Enwe. Für manche war es belanglose Mythologie, für andere der epische Kampf zwischen Götterwelt und Enwe. Für manche war es ein Gute-Nacht-Märchen, an anderen Orten starben Tausende für diese Visionen. Wie die Wahrheit auch sein mochte, Magie war nichts, das auf die leichte Schulter genommen werden sollte oder gar mit einfachen Sätzen, nicht einmal mit wohlgesetzte Aphorismen, auch nur ansatzweise zu erläutern war.

"Den Alben sagen Menschen, Elben und andere Wesen so einiges nach. Selbst Alben sagen Alben Dinge nach, welche irgendwo zwischen törricht und plausibel sind. Dass meine Wunden verheilt sind, hat etwas mit einer Art Heilmagie zu tun. Aber sie hat nichts mit der Barriere oder dergleichen zu tun. Die Barriere ändert nichts, außer dass niemand sie betreten oder verlassen kann, und dass sie das Gebiet aufwärmt, wie das Feuer meiner Hütte meine kalten Glieder nun wärmt. Der Wald wird dadurch früher blühen, die Erntezeiten werden verschoben werden und vielleicht werden törrichte Einzelgänger, welche sich dem Lauf der Zeit nicht anpassen können, Missernten erleben und an ihrer Anpassungsunwilligkeit sterben. Das jedoch - und da erzähle ich gescheiterten Königen, die vom eigenen Volk drangsaliert und mit der damnatio memoriae gedemütigt wurden - nichts Neues. Entweder ich habe die Kraft, dass man sich mir anpasst, oder ich muss mich anpassen.", antwortete der Alb mit ruhiger Stimme, obwohl er Alvanon dabei nicht anschaute. "Falls ihr nicht farbenblind seid, wie die meisten Zwerge, die ich kenne, hat sich vor allem die Farbe des Himmels in bernsteinfarbene Töne verwandelt und den grauen Alltag für die Zeit ihres Daseins durch einen orangenen Alltag ersetzt." Der Alb kratzte sein Kinn und beschloss es mit unvermittelter Offenheit zu versuchen. "Ich kenne nicht einen Alben, der es schaffte, seine Herkunft auf magischen Weg so zu manipulieren, dass er Imbrâsîls[2] Erbe abwerfen konnte und durch die alte Lichtmagie der Elben zu heilen gewesen wäre. Auch die Magie des Sonnengottes reicht nicht aus, um einen verwundeten Alben zu heilen. Alles Licht verdrängt den Schatten, versehrt die Schatten, die in unserem Geiste und unserem Herzen wohnen. Ihr kennt die Geschichte, wie der Elbenfürst Imbrâsîl ein Teil des Elbenvolkes um sich scharrte und seinen Brüder entsagte, um die Strafe der Götter abzuschütteln und die Unsterblichkeit wiederzuerlangen?[3] Er verband sich zusammen mit seinem mächtigsten Diener, einem mächtigen Elbenkönig namens Urath Da'il, und zusammen sollen sie es geschafft haben, die Macht der Schatten aus der Kralle ihres schwachen Hüters zu entreißen, der Aedon[4] geheißen wird. Sie verbanden sich mit den Schatten und um diese Macht zu bändigen, mussten sie noch mehr ihres Lebensfunken geben. Seitdem versuchen die Alben die Schatten zu beherrschen, denn sobald sie dies tun, werden sie die Unsterblichkeit wieder erreichen. Das zumindest erzählt sich mein Volk. Falls ihr mich fragt, war es eher eine List Aedons, denn er nahm uns noch mehr Leben für eine zweifelshafte Gegenleistung. Die Schatten sind kein besonders treuer Verbündeter. Die Magie, welche die Menschen und die Elben also nutzen, sie ist Lichtmagie und jene vertreibt die Schatten in unseren Herzen. Da unsere Herzen aber nicht mehr gereinigt werden können, weil wir einen tödlichen Pakt mit den Schatten eingingen, oder viel mehr mit Aedons Diener Llanthu, wie der personifizierte Schatten genannt wird. Unsere Herzen sind vielmehr lebender Schatten in fleischlicher Form. Wenn Licht in sie dringt, ist es, als würde ein Schwert in eines Menschen Herz gestoßen. Alleine deswegen müssen wir unsere Heilung aus Quellen ziehen, die kein Licht kennt. Bäume und die oberflächliche Natur, sie nährt sich durch Licht. Aber in den Tiefen der Zwerge gibt es auch Leben, wo kein Licht scheint. Leider können wir doch auch dort nicht existieren, denn Schatten gibt es nur dort, wo auch Licht ist, aber es reicht, um uns zu behandeln, wenn auch für einen Preis. Die Schatten selbst haben keine Schule der Heilung, soweit ich weiß. So handeln wir mit den Zwergen. Einer von ihnen lebt sogar unter uns."
Jetzt, da seine Schmerzen vorüber waren und er - zumindest gefühlt - die Kontrolle über die Situation gewonnen hatte, schien der Alb deutlich gesprächiger. Sein Blick blieb jedoch weiterhin ernst und aufmerksam.
 1. Drakthars (http://wiki.darkenfalls.de/index.php/Drakthar) kurze Untergangsgeschichte ist in seinem Eintrag zu finden.
 2. Imbrâsil (http://wiki.darkenfalls.de/index.php/Imbrâsîl) zur Erinnerung
 3. Wissen (Geschichte, Religion oder Arkanes) SG 25, um mehr zu wissen, als er hier sagt
 4. Aedon (http://wiki.darkenfalls.de/index.php/Aedon)
Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Robin Brighthide am 12.08.2012, 14:04:58
Schweigend hörte Clavius seinen Gefährten zu. Eine solche Runde an Sturköpfen, die schon dadurch aneinander gerieten, dass sie Worten andere Bedeutungen zuschrieben, sollte gemeinsam über das Schicksal eines Reiches entscheiden. Er schüttelte den Kopf. Ob dieser Plan Erfolg haben mochte, war mehr als zweifelhaft. Clavius sah vor seinem inneren Auge, wie die verdammten Könige Schritt für Schritt ihr Ziel verfolgten, und immer wieder durch Streitereien zunichte machen würden, was sie zuvor erreicht hatten.

Vielleicht hatte Mephala Recht. Der Untod, diese schmerzlose Ewigkeit, die ihnen geschenkt worden war, konnte auch eine Gelegenheit sein, sich von den unbedeutenden kleinen Gefühlen zu lösen, die sie einst als Sterbliche bewegt hatten. Sie waren einst Monarchen gewesen, und gewohnt, in großen Dimensionen zu denken. Diese Grenzen mussten sie nun noch einmal erweitern. Ihnen standen Jahrhunderte, Jahrtausende zur Verfügung. Und sie stritten über die nächsten Tage, sogar über die nächsten Minuten.

Clavius entschloss sich zur Zurückhaltung. Er hatte seine Vorschläge und Meinungen eingebracht. Er hatte kein Interesse daran, sich irgend jemanden in dieser Runde zum Feind zu machen. Er würde sich einbringen, wenn ein wirklich unterstützenswerter Vorschlag aufkam, oder wenn sich etwas ganz und gar in die falsche Richtung entwickelte. Bis dahin sollten sich die Anderen aneinander die Hörner abstoßen.

Als dann der Alb zurückkehrte, und die elbische Vecorpriesterin brachte, blieb er überraschend emotionslos. Er sah die Frau an, und ihr Schmerz berührte ihn ebenso wenig, wie Schmerz seinen eigenen Körper erfasste. Tief in seinem Inneren spürte er Genugtuung, aber ihm wurde klar, dass er nur die Wut auf seine eigene betrügerische Frau auf diese Elbin übertrug. Er würde den Betrug nicht vergessen wollen, aber diese Gefühle musste er in eine andere Richtung lenken, um zu verhindern, dass sie ihn zu falschen Entscheidungen trieben.

Ohne auf die anderen zu achten, ging er auf die Frau zu. "Ich gehe davon aus, dass ihr wisst, wer wir sind. Und dass Vecor unsere Existenz duldet, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Erzählt also eure Geschichte, und dient damit eurem Gott."

Weitere Worte hielt er für unnötig. Wenn sie zu dem verrückten alten Priester gehört hatte, gäbe es keinen Grund für sie, nicht zu erzählen, was sie wusste. Es sei denn, ihr verletzter Stolz wäre wichtiger für sie als ihr Glaube.
Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Mauron am 13.08.2012, 18:46:48
Mit einem Hauch von Verärgerung drehte sich Mauron von Alvanon weg hin zu Mephala. Er wollte eine Antwort von ihr und konnte auf das Gerede des Elben verzichten.
Konnte oder wollte dieser Elb ihn nicht verstehen? Wieso musste er stets falsche Bedeutung in seine Worte legen? War es für ihn so schwierig, den Unterschied zwischen wiederholten Worten anderer und der eigenen Ansicht zu erkennen? „Nur weil ich den Sinn hinter dem von anderen Gesprochenen hinterfrage, stellt dies noch lange nicht meine eigene Meinung dar. Was bildet sich dieser Elb eigentlich ein? Auch wenn diese Elben hunderte von Jahren leben können, so macht sie das augenscheinlich nicht automatisch weiser und schon gar nicht fehlerfrei. Er braucht gar nicht glauben, mich mit einem Blick einschätzen zu können, zu wissen was ich denke und fühle.
Vielleicht wird es Zeit, dass ihn jemand von seinem hohen Ross holt und ihm seine Arroganz aus dem Gesicht schlägt.“

Aber diese Person würde nicht Mauron sein....zumindest noch nicht.

Ebenso überraschend, wenn auch nicht ganz so ärgerlich stimmten ihn die Erläuterungen Mephalas. Nachdenklich studierte er ihre ausdruckslose Miene und suchte nach dem, was er dort zuvor gesehen geglaubt zu haben. Hatte er sie falsch eingeschätzt, oder hatte sie sich bereits in ihrer kurzen Zeit des Untodes verändert? Die Ideale, die sie nun predigte, schienen sich in ihr bereits voll und ganz festgesetzt zu haben. Unweigerlich musste Mauron darüber nachdenken, ob sie nicht vielleicht in bestimmten Punkten recht haben könnte. Als sie ihre Hand in das Feuer hielt, zuckte er gedanklich zusammen, denn noch immer verband er dies mit Schmerzen. War das wirklich nur noch ein Reflex aus seinem „alten Leben“ ? Etwas dass er wie eine alte Angewohnheit ablegen sollte, ja gar ablegen musste, wenn es nach Mephala ging? Mussten sie sich alle tatsächlich „entweltlich und unmenschlich" zeigen? Und mit dem "zeigen" würde es dann ja auch nicht getan sein, sie würden wirklich so werden müssen, um dies auf Dauer glaubhaft vermitteln zu können.

War es überhaupt möglich, seine Menschlichkeit in so kurzer Zeit abzulegen? Mauron waren viele Geschichten bekannt, in denen Personen, die einst blühende, hilfreiche Mitglieder der Gesellschaft waren, sich von dieser abwandten und auf den Pfaden der Bösartigkeit schritten. Aber diese Geschichten hatten gemeinsam, dass dieser Wandel immer langsam von statten ging. Schritt für Schritt, zunächst immer von einem Zögern begleitet, ein Zurückschrecken vor den Grenzen, die in jedem normalen Menschen verankert waren. Auch fasste in diesen Geschichten keiner den direkten Entschluss, so werden zu wollen. Im Gegenteil, viele hatten sich vorgenommen, nie so werden zu wollen, nur um dann am Ende, wenn sie endlich ihr eigentliches Ziel erreicht hatten, festzustellen, dass sie genauso geworden sind. Nie wachte eine normale Person auf und war plötzlich genau gegenteilig zu seinem sonstigen Verhalten.
Allerdings musste sich Mauron auch eingestehen, dass er noch nie eine Geschichte über Personen, die plötzlich als Untote auferstanden sind, gehört hatte.
Führte der Untod hier also zwangsläufig zu einem anderen Ergebnis? War es möglich, diese Gefühle einfach wie einen Schalter abzuschalten? Und wenn dem so war, woran lag es dann genau?

War es nur der nächste Schritt - unterbewusst bei den einen, ganz bewusst bei anderen, der von einem nichts fühlenden Körper hinweg führte? Er selbst hatte ja schon bemerkt, dass er keine wirklichen Schmerzen mehr fühlte, sondern nur einen dumpfen Nachklang dessen, das einmal da gewesen war. Mit der Zeit würde auch dieser Nachklang verblassen, wie eine Erinnerung aus alter Zeit. So lange, bis er nur noch wusste, dass da irgendwann mal etwas war, aber schon gar nicht mehr was genau. Aber auch dies würde dann wieder einen längeren Vorgang darstellen und nicht plötzlich stattfinden. Sollte es auch möglich sein, diese Gefühle einfach zu bewusste zu unterdrücken, ganz so wie man auch eine Erinnerung verdrängen konnte? Hatte Mephala dies eben in aller Deutlichkeit demonstriert?
Führte nun dieses Fehlen von physischem Schmerzempfinden unweigerlich auch zum Verlust von menschlichen Emotionen, emotionalem Schmerz? Würden ohne einen fühlenden Körper auch bei einem normalen Menschen die Emotionen derart abstumpfen? Lag es also lediglich an dem Gefühl des eigenen Körpers, dass ein Mensch in der Lage war, Gefühle auf emotionaler Ebene zu entwickeln? Würde man einem Untoten wieder Gefühle für seinen Körper geben, würde er dann auch emotional auf eine menschliche Ebene aufsteigen?
Oder waren Untote, wie man gemein hin glaubte einfach von Grund auf böse, ohne eine Möglichkeit sich zum guten zu entwickeln? Vom Schicksal gezeichnet, von den einen Göttern geduldet, ja sogar erstrebt, von den anderen bis in alle Ewigkeit verhasst? Die von dem Kosmos bestimmten Gegenspieler zu den von Natur aus guten Wesen?
Der Gedanke hatten einen bitteren Nachgeschmack für Mauron und wollte dadurch auch nicht recht plausibel erscheinen. Für den Entdecker des kosmischen Klangs sollte nichts vorherbestimmt sein,  durfte nichts vorherbestimmt sein, ja war auch nichts vorherbestimmt! Es war einfach nicht glaubhaft, dass so etwas einfach vorgeschrieben war, ohne dass jeder einzelne es für sich selbst bestimmen konnte.
Aber wenn nun jeder für sich bestimmen konnte, ob er seine Gefühle abschaltete oder nicht und es trotzdem diese feste Überzeugung, ja Überlieferung in der normalen Bevölkerung gab, dass Untote von Grund auf böse wären, würde dies nicht bedeuten, dass auch der Großteil aller Untoten tatsächlich böse sind und sich dementsprechend für diese Seite entschieden hatten? Oder musste er hier unterscheiden, zwischen den Untoten, die noch selbstständig Denken konnten und denen, die dies nicht mehr vermochten? Wäre eine solche Differenzierung nicht zu simple, zu sehr auf das gewünschte Ergebnis bezogen? Gab es nicht auch Tiere, die von Natur aus eher sanftmütig waren und sich lediglich verteidigten wenn sie bedroht wurden? Inwieweit also unterschieden sich solche Tiere von den gedankenlosen Untoten?

Fragen über Fragen drängten sich weiter in seinem Kopf, drehten sich im Kreis, widersprachen sich mal und stimmten sich das nächste mal zu. Nur zu gerne hätte er seine Überlegungen mit irgendjemandem diskutiert. Sein Blick schweifte kurz über die anderen Könige. Nein, sie würde er erst gar nicht darauf ansprechen müssen. Von ihnen würde er wohl keine hilfreichen philosophischen Auseinandersetzungen erwarten können, das hatte sich bereits bei der letzten Diskussion gezeigt. Auch waren sie in ihren Ansichten einfach zu festgefahren. Alvanon würde sich hochmütig und als Elb dem allem von vornherein überlegen geben. Mephala, mit ihrer neuen Ansicht, würde solche Überlegungen als sinnlos und schwächlich abtun. Bei Nicos konnte er wohl in keiner Frage eine Antwort erwarten, die tatsächlich dessen eigener Meinung entsprach und nicht nur für alle anderen Anwesenden aufgesetzt war. Clavius letztlich schätze er einfach nicht als Mann für solche Diskussionen ein, er schien zu sehr auf das tatsächliche,  eben praktisch orientiert zu sein.
Mauron seufzte. Also würden wohl auch diese Überlegungen ungehört verblassen. Vielleicht sollte er sie beizeiten niederschreiben, auf das ein anderer in ein paar Jahrhunderten sich damit befassen könne.

Mit seinen Gedanken nun wieder im hier und jetzt, bemerkte Mauron, dass Nicos in der Zwischenzeit wohl etwas gesagt hatte. Anscheinend erwartete er jedoch von ihm direkt keine Antwort, sodass sich Mauron einfach vornahm, dessen Gesagtes aus den Reaktionen der anderen herzuleiten. Viel nütze ihm dies freilich nicht, da kurz darauf der Alb wieder in den Raum zurück kehrte und ihnen so gleich seine Gefangene präsentierte.
Interessiert ging Mauron auf die elbische Vekorianerin zu und betrachtete sie eingehend, fast so, wie man es mit einem seltenen, exotischen Tier tun würde. Eine Elbin, die Seheiah zu Gunsten von Vecor abgeschworen hatte, war wohl nichts, das man alle Tage zu sehen bekam. Direkt begannen seine Gedanken über die diversen Götterkonzepte zu sinnieren und deren Einfluss auf das Verhalten des Einzelnen zu analysieren. Jedoch hatte er bereits einen Teil des Gesprächs verpasst und wollte sich nicht weiter aus dem Geschehen ausschließen, sodass er beschloss, diese Überlegungen auf später zu verschieben.
Zum Glück für Mauron, denn so war es ihm möglich, die Worte des Alben zu vernehmen. Die Geschichte des Elbenfürsten Imbrâsîl kam ihm seltsam vertraut vor, jedoch entzogen sich die Einzelheiten noch seinem Gedächtnis. Vielleicht würden diese Erinnerung später wieder wie aus dem Nichts erscheinen, wer mochte das schon sagen. Zu oft verliefen Maurons Gedanken in diesen wirren Bahnen und nicht selten konnte er sich nicht erklären, woher ein bestimmter Gedanke plötzlich geflogen kam.
Die Geschichte über die Alben und das Licht wies eine gerade zu ironische Parallele zu den Untoten auf, den so wie Mauron es verstanden hatte, würden sie von einer solchen Licht-Magie ebenfalls verletzt werden. Umso interessanter war diese Magie der Zwerge, die auch die Alben heilen konnte. Auch der Umstand, dass die Alben mit den Zwergen Handel betrieben erstaunte Mauron. Und ein Zwerg sollte unter den Alben leben? Meinte der Alb das so, wie er es sagte, oder war das seine Formulierung für einen Gefangenen?
Was es auch war, Gast oder Gefangener, Mauron würde nur zu gerne die Möglichkeit nutzen, sich mit diesem zu unterhalten. Mochten seine Gefährten denken was sie wollten und ob der Alb die Frage als ernsthaft und intelligent erachtete oder nicht.

"Wäre es möglich, das wir uns später mit diesem Zwerg unterhalten könnten?"
Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Nicos am 14.08.2012, 17:37:12
So hochphilosophische Gedanken wie Mauron kamen Nicos nicht. Er würde weiter sein Netz aus Intrigen spinnen wollen und die ganze Unterscheidung von Alvanon zwischen Unsterblichkeit und Todlosigkeit hielt Nicos für Wortklauberei. Er hatte die Chance ewig zu bestehen, wie man das denn eigentlich nennen sollte, war ihm völlig egal.

Manchmal war die Wahrheit bitter. Vor allem diejenige, die den Tzâ-alas betraf. Môr Tahâs kannte sie bestimmt, aber er würde sie als Lüge und Elbengeschwätz abtun. Auf Menthirs Gesicht würde dabei bestimmt ein Lächeln entstehen. Môr Tahâs würde die Wahrheit verleugnen müssen, weil er ein Alb war. Nicos wusste wenig, aber das bisschen, an das er sich jetzt erinnern konnte, war auf einmal ungeheuer wertvoll.
Seine Gefährten wussten von der Wahrheit über den Tzâ-alas vielleicht nichts und womöglich würde er sie einfach weiterhin im Unklaren lassen. Es gab ab jetzt ohnehin wenig Möglichkeiten, sie allzu unauffällig über seine Erinnerungen zu informieren. Wenn Môr Tahâs seine Worte mitbekäme, würde Nicos einen offenen Streit mit ihm riskieren. Das wollte der Nekromant nicht.

"Der Tzâ-alas ist ein Ort der Verführung schlechthin. Mir würde dieser Brunnen aber wohl wenig ausmachen, selbst wenn ich nicht untot wäre. In meinem Auftrag wurden Morde und Folterungen begangen. Mein untoten Diener waren ehemalige Leichen aus meinem eigenen Volk. Ich bin näher an den Schatten dran als am Licht und der Brunnen könnte mir viel an wertvollem Wissen bescheren. Das einzig schlimme könnte sein, dass ich mich von einem Untoten in einen lebenden Alb verwandeln könnte." Wenn sie Alben werden würden, müssten sie auf jeden Fall auf Seiten ihres neues Volkes kämpfen. Viel würde ihnen nicht übrig bleiben. War das von Anfang an der Plan von Môr Tahâs? Hatte er Visionen, die darauf hindeuteten? Konnten die Schatten aber überhaupt einen Untoten großartig verändern? Fragen über Fragen. Eine ganz sichere Antwort hatte Nicos darauf noch nicht.

Was auch immer der Fall sein würde, noch würde Nicos das Spiel des Alben mitspielen. Nicos sagte erst einmal aber etwas zu Clavius, bevor er den Alben ansprechen würde. Denn trotz all der Überlegungen hatte er schon noch Clavius' Bemerkung mitbekommen. "Uns wurde ja zuvor gesagt, dass diese vecorianische Inquisitorin Dhurek vernichten wollte. Sie wird deswegen wohl eher glauben, dass sie auch uns vernichten muss. Wahrscheinlich ist sie eine verblendete Fanatikerin. Das würde mich bei einer Vecorianerin überhaupt nicht verwundern."

Dann schaute Nicos direkt zu Môr Tahâs und sagte zu ihm: "Ich muss schon sagen, dass ich ja glaube, dass Euch das bestimmt einiges an Überwindung gekostet haben wird eine Elbin und Dienerin des Sonnengottes am Leben zu lassen. Habt Ihr mit unserer Ankunft durch Visionen gerechnet und diese Elbin extra wegen uns am Leben gelassen? Oder gab es einen anderen Grund warum Ihr sie noch nicht getötet habt? Von Alben hätte ich ja eher erwaret, dass ihr uns eine elbische Leiche zeigt und sie mittels Magie befragt. Ich muss allerdings gestehen, dass man mit Lebenden leichter reden kann. Mich interessiert nämlich brennend, was sie denkt und was ihre Geschichte ist."
Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Menthir am 14.08.2012, 19:52:52
10. Jantus 1214 - Ein langer Sonnenuntergang - 17:19 Uhr

Môr Tahâs blickte Clavius hinterher, wie er sich ohne den Alben eine Frage zu stellen, sofort um die Elbin kümmerte. Sorge musste er keine haben, zumindest machte der ehemalige Hüter von Tzâ-alas nicht den Eindruck. Wenn Clavius diesen Gedanken hatte, als er das Haus des Alben verließ, waren die vielen, schemenhaften Bogenschützen im umgebenden Nebel ein deutlicher Hinweis auf die betonte Ruhe des Albenblutes innerhalb des Hauses. Und so ließ der Alb es geschehen, dass Clavius sich mit der Elben unterhalten mochte, selbst wenn er sich auf das Gespräch mit seinen anderen Gästen konzentrieren musste. Vielleicht hatte er zuerst vor, auch dem Gespräch auf das Genauste zu lauschen, um die untoten Könige besser kennenlernen zu können. Er ließ diesen Gedanken gehen und blickte zu Mauron. Der Alb nickte und lehnte sich in seinem Stuhl zurück.
"Selbstverständlich könnt ihr euch mit diesem Zwergen unterhalten. Ich werde ihn bei nächster Gelegenheit rufen lassen.", verkündete er Alb mit freundlichem Unterton in der Stimme und war auch jetzt nicht verlegen, ein paar zusätzliche Worte zu dem Bärtigen zu verlieren. "Sein Name ist Sa'Nexar Blutaxt Carracan[1], also ein Abkömmling eines der sieben großen Stämme der Zwerge. Ihr werdet in ihm einen sehr aufgeschlossenen und freigeistigen Zwergen erkennen, dessen Weitsicht jene Weisen vieler anderer Völker in den Schatten stellt." Der Alb musste unwillkürlich über seine Wortwahl lächeln, fuhr dann aber mit ernsterer Miene fort. "Meinethalben könntet ihr mit ihm sogar in verlassenem Raume sprechen, wenn es euch so gefiele, allerdings will ich euch warnen, dass er auf Bedrohungen und Einschüchtern, wie auf falsche Sanftzüngigkeit äußerst gereizt reagieren mag. Der alte Carracan war einstmals ein Berater des Triumvirats[2]. Er hatte diese Spielchen satt, ihr versteht also, dass er eine gewisse Reaktion darauf entwickelt hat, welche heißem Wachse gleicht, dass man mit eisigem Wasser zu löschen trachtet[3]."

Dann schaute der genesene Alb mit den nun dunkleren Haaren zu Nicos und folgte seinen Worten an Clavius und an sich selbst. Nicos schient nach wie vor eine besondere Aufmerksamkeit durch den Alben zu genießen, weil er ihn in Gegensatz zu den meisten länger musterte. "Eure versuchte Empathie ist aller Ehre wert, Nicos, aber ich bin kein Tier, welches einen Hetztrieb entwickelt, nur da es einen Elben wittert. Ich wünschte, ich wäre so und als ich ein junger Mann war und meine Blutkommunion[4] feiern wollte, war ich sicher deutlich näher an diesem Ideal. Aber diese Zeiten sind vorbei. Es hat nicht mehr denselben Reiz. Es ist, als würdet ihr ein Löwe sein wollen, der eine Gazelle reißt und feststellen müsst, dass ihr nur noch ein Geier seid, der Aas frisst." Môr Tahâs zwinkerte mit dem rechten Auge, und machte so keinen Hehl daraus, dass er das Elbenvolk noch immer verachtete, wenn auch nicht so, dass er sofort mit Totschlag reagieren würde.
"Aber es wäre doch einfach ärgerlich, wenn ich eventuell Könige von euch demütigte, weil er gar ein gutes Verhältnis zu den Elben pflegte. Abgesehen von der Tatsache, dass sich eine lebende Person wirklich angenehmer befragen lässt, da gebe ich euch Recht."

Doch dann driftete die Aufmerksamkeit des Alben doch ab, als die Elbin Clavius zu antworten begann. Ihre herausgebrüllter Ärger und die Schmerzen, welche sie jetzt Richtung Clavius rausschrie, bannten die Aufmerksamkeit des Alben, auf dessen Züge sich eine morbide Zufriedenheit ausbreitete. Mit einer gönnerhaften Handbewegung lud er die Könige ein, diesem Schauspiel zu folgen.
"WAS FÄLLT EUCH EIN, BESTIE?", sie spuckte Clavius ins Gesicht, während die Alben ihre lädierten Schlüsselbeine drangsalierten und sie damit zu schrillen Schreien brachten. Von Schmerzen geschüttelt, sprach sie nun mit gepressten Lippen weiter, während dem König auffiel, dass ihre kalten, eisblauen Augen kristallin-gewordener Hass waren. "Der unsterblichen Sonne nachsagen zu wollen, dass sie euch dulden würde! Würde ich nicht vor euch im Dreck liegen, würde Vecor euch sicher nicht dulden, Bestie!"
Abermals spuckte sie aus, diesmal jedoch auf den Boden vor Clavius, weil die beiden Alben, die sie hielten, zeitig reagierten.
"Dhurek war ein Verräter an der Sonne, weil er die Macht für sich und seine Häresie wollte! Doch ihr werdet das Triumvirat nicht stürzen! NIEMALS!", sie versuchte sich zu wehren, doch der Griff der Alben war noch zu stark, wie auch der Wille der Elbin noch zu stark war, um sich als gefügige Gesprächspartnerin zu geben.
 1. Astak Miyasad schuf der Legende nach sieben Zwergenpaare, welche die ersten sieben Clans der Zwerge gründeten (In der Reihenfolge der Clangründung): Trebor, Skarnog, Kelgac, Torr, Carracan, Skirven und Tallam.
 2. Gemeint ist das Triumvirat der Sonne.
 3. Wachsexplosion (https://www.physik.uni-bielefeld.de/eventphysik/index.php/versuche/thermodynamik/wachsexposion.html)
 4. Zum Ritus der Blutgemeinschaft/Communio Sanguinis: Wissen (Geschichte, Religion oder Arkanes) SG 25
Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Nicos am 14.08.2012, 20:42:30
Nicos ging nun auch etwas nach vorne. Auch damit ihn Clavius noch besser verstand. Genau wie der Alb konzentrierte sich Nicos jetzt voll und ganz auf die Elbin. Nicos grinste mit einer hämischen Fratze im Gesicht. Er klatschte sarkastisch in die Hände für die Rede der vecorgläubigen Elbin. "Applaus! Ihr erfüllt wirklich alle Vorurteile, die ich gegenüber Euch im Vorfeld schon gehegt habe. Ich stehe nah genug an Euch dran, wenn Ihr wollt, könnt Ihr auch mich jetzt anspuken. Die Lüge kann durchaus mächtig sein, das gebe ich zu, aber manchmal kann auch die Wahrheit ein scharfes Schwert sein. Glaubt mir Vecorianerin oder glaubt mir nicht, aber ich war bei Dhureks Tod dabei und starb in hellem Sonnenschein Vecors. Selbst die Zah'rah in Stahlgolem-Form haben uns nichts getan, obwohl wir untot sind. Ich brauche es ja vor Euch jetzt nicht mehr geheim halten, Ihr wisst ja offenbar schon längst, was wir sind. Er seid eine brave Vecor-Gläubige, die vor Fanatismus blind ist. Das habe ich aber auch irgendwie erwartet. Wenn es nur solche Vecor-Gläubigen in Euren Reihen gibt, ist Zhuras tatsächlich nicht mehr zu retten. Dhurek war ein seniler, alter Trottel, der mit seiner Macht durchaus mehr hätte tun können, aber selbst solch ein Greis wie er war weiser als Ihr es seid. Er war zumindest kein blinder Fanatiker."

Nicos musterte die Elbin gespannt, wie sie weiter reagieren würde. Ihre Qual bereitete dem Nekromanten Freude. So jemand wie sie hatte es seiner Meinung nach nicht anders verdient.
Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Robin Brighthide am 16.08.2012, 11:24:16
Clavius trat einen Schritt zurück, und stieß einen leicht genervten Seufzer aus. "Ich habe meine Zweifel, dass diese Fanatikerin überhaupt in der Lage ist, zu akzeptieren, dass ihr Sonnengott Personen wie uns für bestimmte Zwecke duldet. Töten wir sie und befragen ihren Geist?"

Obwohl die Frage offenbar an Nicos gerichtet war, sah Clavius dabei die Frau an.
Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Nicos am 16.08.2012, 14:42:27
Nicos stand in der Nähe der Elbin und schaute sie eine Weile an. Er wirkte fast so wie ein aufrecht stehender Toter. Der Nekromant hatte sich ganz und gar in seine Rolle als Untoter eingefügt. Er schien auch über die Worte von Clavius nachzudenken, wenn man in sein Gesicht sah, aber er überlegte nicht allzu lange. "Das Schicksal dieser Elbin ist mir egal. Wir können sie hier und jetzt töten und ich könnte ihren toten Körper mittels Nekromantie befragen, wir können sie aber auch noch etwas am Leben lassen. Sie denkt, dass sie im Jenseits bei ihrem Gott in hellem Sonnenlicht sein wird, aber sie denkt falsch. Sie wird dumm sterben und das wird ihr ihr Gott niemals verzeihen. An ihrer Stelle würde ich mir auch krampfhaft einreden, dass alles, was wir sagen, nur Lügen sind. Wenn Zhuras allerdings lauter so Personen wie sie hat, dann ist es dem Untergang geweiht. Kein Alb, Ork, Untoter oder irgendeine andere Macht braucht irgendetwas dazu tun. Was redet Ihr da außerdem von Eurem ach so geschätzten Triumvirat? Es ist doch Thuras IV., der die Kirche anführt. Euer hoch geschätztes Triumvirat ist anscheinend ziemlich schwach geworden, es hat nicht die höchste Position der Vecor-Kirche im Reich inne."
Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Mauron am 16.08.2012, 16:50:31
Mit einem zufriedenen Nicken kommentierte Mauron die Antwort des Alben. Dies würde eine nahezu einmalige Gelegenheit darstellen, neues Wissen und Geschichten zu erfahren. Sollte er dann noch etwas mehr über diese Magie der Zwerge erfahren, ja diese vielleicht sogar selbst erlernen können um sich damit zu heilen, wäre er einen großen Schritt weiter auf seinem Weg zur Unabhängigkeit von dem Nekromanten.

Kurz noch lauschte er den weiteren Worten des Alben, bevor er dessen „Einladung“ folgte und ebenfalls die Reaktion des Elbin beobachtete.

Bei der Erwähnung der Blutkommunion musste Mauron an die Geschichte eines alten Magiers denken, die dieser ihm einmal bei ein paar Bechern Wein erzählt hatte. Dieser hatte behauptet, er habe ein altes Buch eines Magiers Namens Honorius gefunden, in dem dieser beschrieb, wie es zum Erwachsen werden eines Alben gehörte, Jagd auf Elben zu machen und deren Blut zu trinken. Mittels spezieller Blutzauber würde ihnen dadurch ein Teil der Stärke ihrer besiegten Feinde zu fließen und sie so noch stärker machen. In dem Buch seien sogar die notwendigen Zauber genau beschrieben, jedoch aufgrund der Einwirkungen der Zeit auf das Buch nicht mehr alle lesbar. Natürlich, wie hätte es auch anders sein können, immer waren die wichtigen Teile nicht mehr lesbar, sodass nur die Geschichte übrig blieb, aber nicht die Tatsachen als Beweis dafür.
Im gemeinen Volke sagte man den Alben vieles nach, die übelsten Gräueltaten die sich die Erzählenden ausdenken konnten und mit jedem mal erzählen wurden sie noch schlimmer. Wie es schien steckte zumindest in dieser hier ein Kern Wahrheit, wenn man die Aussage des Alben betrachtete.

Zusammen mit den anderen betrachtete er nun, wie sich die Elbin in ihren Schmerzen wandte. In seinem früheren Leben hätte er wohl Mitleid für sie empfunden, doch wie Mauron feststellen musste, verspürte er nun lediglich Gleichgültigkeit. Wenn sie könnte, würde sie ihn ohne mit der Wimper zu zucken direkt hier und jetzt auslöschen. Was kümmerte ihn also ihr Schicksal?
Oh ja, der Fanatismus war wahrlich stark in dieser Vecorianerin und mit guten Worten allein würde man sie wohl kaum zum reden bewegen können. Dennoch war er überrascht, wie schnell Clavius bereit war, sie direkt zu töten und den Nekromanten ihre Leiche befragen zu lassen. Lag es an der Reaktion der Ellbin, durch die er sich beleidigt fühlte? Oder vertraute er dem Nekromanten nun doch mehr, als es ausgesehen hatte? Wusste er, wie sicher dieser Zauber war? Könnte es sein, dass dieser fehlschlagen würde und sie dann einfach mit einer toten Elbin ohne Informationen hier stehen würden?
Mauron kannte sich mit dieser Art Zauber nicht aus, hatte aber ebenso wenig Lust, Nicos danach zu fragen, wenn es nicht unbedingt notwendig war.
Nachdem Nicos und Clavius weiter auf die Elbin einredeten, erkannte Mauron, dass sie es nun mit Drohungen und Einschüchterungen versuchten. Vielleicht mochten sie die Elbin so zum reden bringen, aber wer wusste schon, ob sie auch tatsächlich aus Angst heraus die Wahrheit sagte und sich nicht nur  verstellte und sie an log um ihnen zu schaden oder in der Hoffnung dadurch zu überleben? Zu stark verwurzelt war da noch die Erinnerung an ihren letzten Gefangenen, der nun neben ihnen stand.
Auch wenn es ihm eigentlich widerstrebte, etwas von seinen Fähigkeiten preiszugeben – vorallem gegenüber dem Alben, wollte er also zunächst einmal etwas anderes versuchen. Vielleicht würde es ihm auf lang Sicht nützlicher sein, wenn die anderen um einen Teil seiner Macht wussten. Es war eine Sache, sie über den Großteil im Unklaren zu lassen, sodass sie nie wussten, was er sonst noch vermochte, aber eine andere, gar nichts seiner Macht vorzuführen. Sonst würden sie wohl kaum den Rest fürchten können.

Nach dem sein Entschluss nun gefestigt war, nahm er wiedereinmal seine Panflöte zur Hand, fixierte die Elbin und begann eine sich wiederholende Melodie zu spielen. Für das ausgewählte Opfer dieser kosmischen Klangmacht schien die Melodie immer lauter und eindringlicher zu werden, jeden Gedanken in einem mesmerisierenden Strudel von Tönen hinweg zu schwemmen, bis es nur noch in der Lage war den Spielenden gedankenlos anzustarren.
Schon oft genug hatte Mauron die Kraft dieser Melodie eingesetzt, doch das letzte Mal fühlte sich eine Ewigkeit entfernt an – und war es genau genommen auch. Mit seiner Leistung nicht ganz zufrieden, ging er dennoch direkt zum nächsten Teil über.
Mit fester Stimme und fixierendem Blick sprach er zur Elbin „Du solltest ihnen besser ihre Fragen beantworten, bevor unser Nekromant hier seine finstere Magie wirkt und deine Seele in einer Flache einsperrt, aufdass deine Seele nie zu Vecor gelangen, sondern auf Ewigkeiten sein Spielzeug bleiben wird.“
Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Menthir am 17.08.2012, 00:47:11
10. Jantus 1214 - Ein langer Sonnenuntergang - 17:21 Uhr

Der kristalline Hass brach wie angeschmolzenes Eis auf einem Fluss, von der Strömung zerstört, in Schollen, nur um weiter zu brechen und zu schmelzen. Die Strömung war im Fall der Elbin der Fluss an Tränen, die ihr Antlitz nicht entwürdigen konnten. Konfrontiert mit der unmittelbaren Endlichkeit ihres Seins brach sie in bittere Tränen aus, wissend, dass all ihre Hoffnung wahrscheinlich vergebens war. Kurz hob sie den Kopf, als würde sie sich in Trotz ergehen wollen, sich nicht brechen lassen wollen, doch es war zu spät. Trotz der Schmerzen in den traktierten Schlüsselbeinen ließ die Elbin die Schultern hängen, womit die Alben keine Mühe mehr hatten, sie im Zaum zu halten. Es war schwer zu sagen, wie alt die Elbin war, auf jeden Fall jung genug, um noch an ihrem Leben zu hängen. Es zeigte sich, dass Elben und Alben sich gleichermaßen schwertaten sich mit dem nahenden Tod abzufinden wie auch Menschen damit kämpften, daran änderten auch die Jahrhunderte Vorsprung an Lebenserwartung nichts, auch wenn die Zeitwahrnehmung sicherlich eine andere war. Die Elbin ließ die Lippen beben und versuchte in ihrer Trauer Worte zu finden, als Mauron begann mit seiner Panflöte zu spielen.

Der Entdecker des kosmischen Klangs, er wurde von der Elbin behandelt, als wäre er lediglich ein Entdecker eines komischen Klanges gewesen, denn statt sich vom Spiel des untoten Königs gefangennehmen zu lassen, gab sie sich ihrem Schicksal hin, auch wenn sie haderte. Sie nutzte die Zeit des Spiels, um nachzudenken, sich Worte zurechtzulegen und zu sinnieren, wie sich vielleicht ihrem Schicksal entgehen konnte. Sie blickte sich langsam mit Tränen in den Augen um, versuchte die Umgebung wahrzunehmen. Was mochten ihre Elbensinne noch mehr an Drohung und Gefahr entdecken, was den untoten Königen verborgen blieb? Welche Hoffnung konnte sie an diesem Ort schöpfen? Die Barriere ließ kein Entkommen und innerhalb ihrer orangenen Opaleszenz gab es nur Alben und vielleicht, wenn die Legenden stimmten, graue Reißer. Vecor war fern an diesem Ort, so schien es und wahrscheinlich war es auch so.

Ihre Augen zeugten davon, dass sie brach wie ein Stück Kreide an einem Küstenfelsen. Die Gezeiten waren zu stark für ihren Willen, ihren Geist, ihre Hoffnung. In der nun orangen, ehemals grauen Einöde zwischen zerfallenden Wäldern, schmelzenden Schnee und der Kälte der Alben war Vecor nur noch eine fahle Scheibe, derer man sich erinnerte, doch welche die Glieder nicht mehr erwärmen mochte. Sie dachte sicherlich daran, sich zu ergeben oder gar um Gnade zu betteln. Ein letzter Zug des Trotzes entwickelte sich, sie kniff die Augen zusammen und straffte die Schultern wieder. Sie würde sich dem Willen beugen und ihre Geschichte erzählen, aber sie würde ihren Feinden nicht den Gefallen tun, für sie zu leiden und zu winseln wie ein getretener Hund. Ihre Tränen trockneten langsam, als sie mit noch brüchiger Stimme zu erzählen begann. Ihre Angst war so groß, dass sie Mauron weiterhin nicht beachtete, wenn auch unbewusst. In ihrer Furcht vor Nicos und Clavius, konnte sie Maurons sanftere Stimme kaum wahrnehmen. Sie war fasziniert, gebannt, aber auch verschreckt von der pragmatischen Gleichgültigkeit, die ihr entgegenschlug.

"Ich bin Elyana Ir'Sarhal, Inquisitorin des Lichts, rechte Hand des Barnabas[1]." Ihre Stimme verdeutlichte, dass sie nicht mit den Titeln prahlen wollte, sich brauchte die Zeit, um sich zu sammeln und machte dies der Vollständigkeit halber. "Ich gehöre zu einer Kongregation, welche Novaral dient und als Novarals Wiege bezeichnet wird. Novaral ist einer der zwölf, großen Heiligen, welche die wahren Söhne Vecors sind. Er trägt die aufgehende Sonne eines neuen Morgens in seinen Armen." Ihre Stimme war vor Furcht beinahe mechanisch. Sie suchte nach Worten, welche ihr nicht den sofortigen Tod bescherten, doch auch nicht zu flehend oder anbiedernd wirkten. "Von Neuanfängen sprechen viele dieser Tage, gerade da der wahnsinnige König Thuras das Triumvirat eingekerkert hat. Er hält sie gefangen, aber tötet sie nicht, um sie vor den verschieden..." Das Wort fiel er sehr schwer. "Häresien nicht zu Märtyrern werden zu lassen. Thuras nennt auch uns eine Häresie, eine Abomination[2] und so ist es, dass jeder Strahl der Sonne, den nächsten Strahl für eine solche Abomination hält, doch am ehesten und am schwersten trifft dieser Begriff wohl euch."
Sie schluckte schwer und blickte sich zwischen Clavius, Nicos und auch Mauron um, den sie so anschaute, als wäre sie erst jetzt seiner gewahr geworden. "Dhurek, der Verlassene, wie er auch von den letzten beiden Mitglieder des Triumvirats genannt wird, hatte seinen Plan vor versammelter Konklave geäußert, als Thuras IV. die Kirchenführung entmachtete und sich selbst zum Herr über Heil und Welt proklamierte. Er starb beinahe an diesem Tag, aber er überlebte und hinterließ nur blanke Furcht und Verwirrung, da er nur sagte, was er vorhatte, doch nicht wie und wo und wann, und was das bedeutete, doch manche, manche wie Barnabas, sie wussten mehr..." Sie hatte Nicos und Clavius zu lange angeschaut, sodass ihre Stimme wieder versagte. Instinktiv drehte sie ihren Kopf zur Seite, aus Furcht geschlagen zu werden...
 1. Barnabas ist eigentlich aramäisch und bedeutet Sohn des Trostes.
 2. Abomination (Bibel) (http://en.wikipedia.org/wiki/Abomination_(Bible))
Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Nicos am 19.08.2012, 00:36:50
Nicos musste etwas vorsichtig sein, wie er nun weiter vorging. Der genaue Weg, den sie einschlagen würden, stand noch nicht fest. Noch konnte keiner so genau sagen, ob sie zu Feinden des Reiches werden würden und der Vecor-Kirche den letzten Todesstoß verpassen würden oder ob sie die letzte Hoffnung des Reiches würden, an was der alte Trottel Dhurek so sehr glaubte. Selbst wenn Nicos sich schon festgelegt hätte, wäre es in Anwesenheit der Alben und der Elbin dumm, sich schon zu einer Seite zu bekennen, denn dann würde man sich bei der anderen Seite unbeliebt machen. Denn was die Elbin noch wert war, wenn sie mit allen Informationen herausrückte, konnte Nicos noch nicht sagen. Vielleicht gab es noch irgendeine Verwendung für sie, aber nur möglicherweise. Es schien momentan ein Ding der Unmöglichkeit doch konnte man die Elbin am Ende vielleicht doch irgendwie auf ihre Seite bringen? Falls Barnabas allerdings gesagt hat, dass sie- die Untoten- einmal für die Zerstörung von Zhuras verantwortlich sein würden, würden die Verhandlungen schwierig werden. Außerdem hatten sie sich bei der Elbin durch ihre Drohungen nicht gerade beliebt gemacht. Trotzdem würde Nicos alles von dieser Elbin alles erfahren wollen, was sie wüsste. Ihr Wissen könnte für sie noch einmal von Nutzen sein. Nicos nahm sich vor, für einen Moment die Drohungen sein zu lassen. Er musste die Elbin mit etwas Hoffnung locken. Nur, wenn das nichts half, würde er mit unterschwelligen oder vielleicht sogar direkten Drohungen weiter machen.

Die Elbin konnte Nicos nicht in seiner Ehre verletzen, denn eine Vecorianerin musste fast schon zwangsläufig in einem Untoten eine Abomination sehen. Ihr Glaube diktierte ihr Denken. Solche Vecorianer wie Dhurek dagegen waren eine Seltenheit. Gab es mehr von ihnen oder war Dhurek etwa die einzige Ausnahme? Wenn man den Worten Elyanas folgte, waren nicht viele auf Dhureks Seite. Es gab allerdings bestimmt Dinge, die Nicos mehr verwundern würde. Bevor er weitere Informationen von der Elbin fordern würde, sprach Nicos am Anfang noch einmal von Dhurek.

"Dhurek war ein Narr, so offen mit der versammelten Konklave über seine Pläne zu reden. Aber dass er ein Narr war, ist ja für mich nichts neues.

Ihr müsst uns allerdings schon alles sagen, was Ihr wisst Elyana, nur so könnt Ihr Euch selbst helfen. Jetzt in ein Schweigen zu verfallen, wäre keine gute Alternative für Euch. Es ist schwer mich zu beleidigen. Egal, was Barnabas womöglich von uns Untoten hielt und Euch sagte, teilt es uns mit. Ihr seid unsere Gefangene. Solange Ihr nichts wirklich unglaublich Dummes anstellt, geschieht Euch hier und jetzt zunächst einmal nichts weiter, darum werden wir uns kümmern. Aber falls Ihr mich mit Eurem Verhalten dazu zwingt, kann ich Euch auch eine ganz andere Seite von mir zeigen."


Eigentlich wollte Nicos ja ursprünglich keine Drohungen in seine Rede einbauen, aber er enschied sich letztlich spontan doch dagegen. Ein kleines bisschen Druck musste er schon aufbauen, sonst würde die Elbin am Schluss womöglich bloß noch schweigen, wenn er auf ganzer Linie wie ein schwächlicher gutmütiger Kerl wirken würde. Im Moment war Nicos tatsächlich noch am Leben und der Unversehrtheit der Elbin interessiert. Das sagte er auch ganz offen und es war die Wahrheit. Aber sobald sie wertlos für Nicos war- durch welchen Umstand auch immer- könnte sich seine Meinung schnell ändern. Doch noch war dieser Zeitpunkt nicht gekommen und Nicos würde erst später eine definitive Wahl treffen, wie er in solch einer Situation weiter vorgehen würde.
    
Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Robin Brighthide am 20.08.2012, 00:20:24
Scheinbar ungerührt hörte Clavius der Elbin, und anschließend Nicos zu. Er nahm die Informationen auf, nickte, schien sich aber ansonsten nicht weiter dafür zu interessieren. In seinem Inneren aber sah es anders aus. Ein Bild formte sich, eine Szenerie, von einem Reich, in dem sie einen Platz hatten. In dem sie nicht die Last der Königsbürde tragen müssten, und doch Macht und Einfluss hatten. Und in dem sie nicht mehr die Macht Vecors fürchten mussten.

Er musste es für sich behalten. Würde er seine Vision seinen Gefährten vorschlagen, würde es wieder nur zu Streitereien kommen, vielleicht sogar zu Hinterlist und Verrat. Nein, er musste sie dazu bringen, selbst auf die gleiche Idee zu kommen. Der Weg dahin würde nicht einfach werden, aber der Preis war die Mühe wert.

Mühsam unterdrückte er ein Lächeln, als er sich mit einem Fingerschnipsen an den Alben wand. "Nicos hat Recht. Die Elbin soll leben, und ihr soll kein weiteres Leid zugefügt werden. Jedenfalls nicht, so lange sie sich kooperativ verhält."

Er näherte sich der Priesterin, Schritt für schweren Schritt, bis er direkt vor ihr stehen blieb und ihr Kinn mit seinen Fingern umfasste. "Verflucht diesen Moment nicht. Ihr werdet es verstehen, wenn die Zeit reif ist."
Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Menthir am 29.08.2012, 13:52:13
10. Jantus 1214 - Ein langer Sonnenuntergang - 17:23 Uhr

Was sollte die Elbin von diesen beiden Männern halten? Erst versprachen sie Tod und Verderben und nun spielen sie die Gönnerhaften? Die Elbin war unsicher darüber, was das zu bedeuten hatte, auch wenn sie als Inquisitorin sicher einige Erfahrung im Umgang mit Befragungen und Verhören gesammelt hatte. Die Inquisition, das Untersuchen, drehte sich schließlich um Belange der vecorianischen Kirche und in der Art war es als Untersuchende ihr Auftrag genau sowas in Erfahrung zu bringen. Sie kannte wahrscheinlich einen oder zwei Kniffe der Befragung, doch was sie zögern ließ, war nicht diese Abwechselung zwischen Todesdrohung und der willfährigen Andeutung, doch nur das Beste für die Befragte zu wollen. Es war der Punkt, dass sie diesen beiden untoten Wesen diese Wandlung im Sein nicht abzunehmen vermochte. Die vorher ausgesprochene Bedrohung war derartig real und umgreifend, dass diese deutlich sanfteren Worte wie blanker Hohn in ihren Augen klingen mochten. Vielleicht war es aber auch die Art, wie Clavius argumentierte. Er sah, wie sie seine Worte still, aber die Lippen bewegend, wiederholte. Sie hätten aus einem Verfahrungsbuch eines Vecorinquisitors stammen können. Diese selbstverliebte Gewissheit das Leben des Gegenübers in der Hand zu haben. Die Gewissheit über Leben und Tod entscheiden zu können und es jederzeit willkürlich tun zu können, nur durchbrochen durch den gnadenvollen Akt das eigene Handeln an selbstformulierte Dekrete zu binden. Es schloss die Willkür nicht aus, aber würde jemand, der wie ein Vecorianer spricht anders als einer handeln? Sie musste über dieses Thema nachdenken und schwieg vor sich hin, sodass die Alben bereits ungeduldiger wurden und die Schmerzen an ihren malträtierten Schlüssel stärker wurden. Es führte sie wieder zu den gestellten Fragen. Sie wand sich nicht aus Clavius Berührung, welche ihr Gänsehaut bescherte.

"Ich kann euch nicht alles erzählen, was ich weiß.", sagte sie schließlich mit zusammengepressten Lippen, den Schmerz unterdrückend. An den Schläfen sah man feine Äderchen pulsieren. "Ich weiß zu viel, um euch aus der Hüfte alles erzählen zu können, was ich weiß. Drum kann ich euch nur konkrete Fragen beantworten. Dass Blätter im Sommer grün und im Herbst in Gelb-, Rot- und Brauntönen sind, wird euch kaum interessieren. Dass Regen aus Wolken fällt und Feuer Luft zum Brennen braucht, wird euch auch nicht interessieren. Dass Elben spitz zulaufende Ohren und hohen Wangenknochen haben, dürfte für euch ebenso nicht von Interesse sein. Also formuliert eure Fragen so, dass ich sie beantworten kann." Etwas Trotz war wieder in der Elbin erwacht über diese Worte, welche sich von ihres Volkes Hochmut nährten. Sie verstand, dass die Untoten ein Interesse an der Geschichte haben mussten und solange diese Interesse vorhanden war, sie vorerst in Sicherheit wahr. Die Inqusitorin kannte ihr Handwerk. In ihren Augen war noch immer die Furcht vor Clavius und Nicos zu erkennen, dennoch wagte sie sich mit ihrem Wissen vor.
"Barnabas...", begann sie stotternd, scheinbar sich darüber gewahr werdend, dass sie Clavius und Nicos provoziert haben könnte, "Barnabas hatte von Dhureks Umtrieben gehört. Still und heimlich hatte der oberste Archivist eine Expedition zusammengestellt, um an das alte Wissen zu kommen, welches mit den Gaahl untergangen schien. Doch Barnabas und Dhurek wussten es besser. Das Wissen der Gaahl wurde von Gläubigen des weißen Mondgötzen[1] gesammelt und in einen Tempel gebracht. Er wurde von den Vecorianern allerdings vor 200 oder 300 Jahren gebrandschatzt, doch die geheimen Kammern konnte niemand öffnen. Sie sollten immer geöffnet werden, doch man vergaß den versunkenen Tempel des weißen Mondgötzen einfach wieder. Nur die Archivisten der Kirche wussten mehr..."
Sie schien wieder ihre Rede abzubrechen, doch diesmal sprach sie noch weiter.
"Dhurek fand einen Weg in die geheimen Kammern, aber Barnabas hatte seine Männer hinterhergeschickt, um ihn zu beobachten. Barnabas selbst gewann einen Blick auf die alten Steintafeln, welche von einem unbeschreiblichen Ritus sprachen. Ein Ritus der fahlgrünen Hand[2], welcher sogar längst vergessene Seelen aus dem Totenreich zerren könnte. Wenngleich nur bestimmte Seelen. Seelen, über welche die Formel der damnatio memoriae gesprochen wurde. Die auf ewig, weil kein Gott sich ihrer erbarmen wollte, in der Halle des letzten Ganges dahinsiechen mussten. In einer Zwischenwelt, in der es keine Zeit, aber auch keinen Frieden gäbe. Barnabas kannte wie Dhurek das Geheimnis der Reichsführung und wusste um das verhängte Vergessen. Er wusste, was Dhurek vorhaben musste. Er wusste, dass er nur an diesem Ort diesen Ritus, eure Gruft, nutzen könnte, da alleine die Formel des Vergessens schon von den Gaahl-Riesen stammte. Und so sandte er uns aus, um euch zu vernichten. Uns fünfzig."
Der Trotz leuchtete langsam auch wieder in ihren Augen. Die Furcht schwand langsam und wurde ersetzt durch den Mut der Verzweiflung und der Erinnerung daran, dass sie vielleicht aus einem guten Grund ihr Leben gab.
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Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Nicos am 29.08.2012, 21:42:44
Nicos hörte der Vecorianerin aufmerksam zu, als sie endlich von wichtigen Dingen berichtete. Sein Gesicht verzog sich nun allerdings zu einer bösartigen Fratze, als er die folgenden Worte aussprach: "Ihr seid nicht in der Position, um aufmüpfig zu sein. Stellt Euch doch mal Vecor-Anhängerin vor, die in einen Untoten transformiert wird. Das ist doch eine interessante Vorstellung, nicht wahr? Antwortet mir lieber schnell auf meine Fragen: Sind diese fünfzig alle zusammen in diese Gegend aufgebrochen? Oder habt ihr euch- aus welchen Gründen auch immer- aufgeteilt? Sind sie momentan in diesem albischen Gebiet wie Ihr gefangen? Sind diese fünfzig in etwa gleich mächtig? Falls nicht: Wer sind die mächtigsten unter diesen fünfzig und wie heißen sie? Worin liegen die genauen Stärken dieser Mächtigsten? Hat Barnabas neben diesen fünfzig noch weitere Vecorianer über den genauen Plan von Dhurek informiert? Ich hoffe, dass diese Fragen für Euch nun genau genug sind."
Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Menthir am 31.08.2012, 20:31:26
10. Jantus 1214 - Ein langer Sonnenuntergang - 17:24 Uhr

Ihre Augen musterten das fleischige und doch irgendwie vergangene Gesicht, welches Nicos ihr fratzenhaft entgegenreckte. Sie hielt ihre Spucke diesmal zurück, zumal Clavius noch immer ihren Kopf in seinen untoten, behandschuhten Pranken hielt. Sie wehrte sich nicht dagegen und ließ die Worte des Untoten an sich abprallen. Sie hatte wieder einen Zweck in ihrem Leid gefunden, den sie vor Furcht für einen Moment verloren glaubte. Das Orange der Barriere ließ die Szene ungewöhnlich wirken, denn es tauchte alles in ein ungeheures Zwielicht, welches nebelförmig in der Entfernung nahe des Boden waberte und die schussbereiten, albischen Schemen in schwarz-orangenen Silhouetten abbildete. Waren die Bögen auf die Elbin gerichtet oder doch eher auf die Untoten? Môr Tahâs betrachtete die Szene weiter gespannt, auch wenn er aus den Augenwinkeln besonders Alvanon beobachtete, der sich gänzlich aus dieser Unterredung herauszuhalten schien. Sein Blick fiel wieder auf Nicos und die Vecorianerin.

"Es wäre ein unbeschreibliche Schmach den Untod erdulden zu müssen. Sehen zu müssen, wie Dagur sich meiner Seele bemächtigt. Eine Bestie zu werden, wie ihr es geworden seid. Ein Wesen, deren Emotionen und deren Sinn für Recht und Wahrheit vergeht. In einer Todlosigkeit zu leben, in der man den eigenen Verfall sehen muss, bis nur noch Erinnereungen an ein Leben über sind und alles in sich deswegen dem Hass, der Wut und dem Neid auf alles Lebende hingibt.", bekannt die Vecorianerin offen, deren Mut trotz ihrer unterlegenen Position wiedergekehrt war. Dennoch verließ sie sich nicht nur auf ihren kühlen Trotz, sondern beantwortete auch weiter Nicos Fragen.
"Alle fünfzig sind in diesem Wald, um jeden Häretiker und jedes Wesen, welches sich Novarals Jüngern in den Weg stellt, aus eben jenem zu räumen. Mit Schwert, mit Wort, mit Tat. Tot oder lebendig. Sie reisen aber nicht durch den Albenwald in großen Gruppen, um nicht aufzufallen. Das Spiel mit den Schatten können nicht nur Alben und Untote.", sie rang sich ein kaltes, herzloses Lachen ab, welches wieder die Überheblichkeit ihres Volkes spiegelte. "Aber wie soll ich ihre Macht in Relation zu jedem Einzelnen setzen, Wesen Dagurs? Ich weiß, dass sie stark genug sind, eurer Plage ein Ende zu setzen. Dazu braucht es nicht alle fünfzig. Sie sind gleich ausgebildet und teilen deswegen die Stärke, Dagurs Wesen und Wesen der Schatten zu jagen. Ihr Anführer heißt Sir Rushford. Ich kann euch sagen, dass seine Schwäche darin liegt, erst Untote zu Staub zu verwandeln und dann die Fragen zu stellen.", wieder dieses herzlose Lachen als hätte sie sich auf das Ableben eingestellt. Vielleicht hielt sie sich inzwisch für eine Märtyrerin. "Denn eine von euch haben wir bereits gefangen. Eine unvorsichtige, untote Göre. Aber als Sir Rushford sie sah, schlug ihr mit der Sonnenaxt den untoten Schädel von den schmalen Schultern." Sie schwieg lange genug, um ihr Schweigen wie eine beginnende Provokation wirken zu lassen, ehe sie ihre Stimme wieder erhob. "Sie sind hier. Und sie jagen euch. Sie alleine. Barnabas schickte nur uns. Er informierte keinen. Es würde das Recht der damnatio memoriae verletzten, wenn zu viele von euch wüssten. Sie kommen. Ich höre sie schon."
Sie verdrehte sie Augen ein wenig und lauschte dem Wind, dem Rasseln ihrer eigenen, schweren Atmung und dem Rauschen des Windes in den Blättern. Den Tautropfen der Schneeschmelze, welche von den Bäumen fielen...[1]
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Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Alvanon am 02.09.2012, 22:42:11
Lange Zeit fiel Alvanon in eine scheinbar reglose Starre. Für einen Unwissenden musste es wirken, als wäre er in seinem eigenen Geist gefangen, da er auf nichts reagierte. Weder auf die Antwort des Alben, noch auf die Musik, die Mauron von sich gab. Er wirkte wie tot, zumal er nicht einmal mehr atmete. Eine Plastik des Elben, der er einst war, ewig gefangen in einem Moment der Gedankenlosigkeit und dazu bestimmt, für immer ein Mahnmal der Damnatio Memoriae zu sein.

In ihm jedoch war ein wahrer Sturm entbrannt. Natürlich stimmte es, die Alben beherrschten keine Heilmagie, deswegen fragte Alvanon. Und so war es eine logische Folge, dass dieses Volk entweder andere Wege der Heilung finden musste, oder sich Verbündete suchte, um körperliche Gebrechen auf magischem Wege zu bereinigen. Dass nun ausgerechnet die Zwerge diese Verbündeten waren, löste in Alvanon eine Mischung aus Empörung und Belustigung aus. Empörung darüber, dass sich die Zwerge mit Alben abgaben, welche nach Meinung des Elben nicht in das Weltbild der Bergbewohner passten, und Belustigung, weil die Zwerge in natürlicher Konkurrenz zu den Elben lebten und sich dennoch mit den Alben abgaben. Welche Hintergründe diese Zusammenarbeit wohl haben mochte? Ob beträchtliche Mengen an Gold geflossen waren, dass es zu dazu gekommen war? Oder war die Verbundenheit tiefer, als man vermuten mochte? Schließlich hatte sich immerhin einer dieser Zwerge in diesem Wald niedergelassen. Für die Alben war dies sicherlich kein Nachteil – immerhin war die Kunst der Heilung so stets in der Nähe, wenn etwas anlag. Er dachte an die Wunden des Alben, die mittlerweile geschlossen waren. Wer weiß, ob der Zwerg nicht sogar näher an uns dran ist, als wir glauben. Dieser Wald steckt voller Überraschungen.

Überrascht war Alvanon davon, dass der Alb so offen über den Zwergen sprach. Dieser sank immer mehr in Alvanons ansehen, auch wenn er es nach dieser Antwort nicht mehr für ein Wunder erachtete, dass dieser Zwerg sich den Alben angeschlossen hatte, wenn es denn stimmte, dass er zuvor für die Vecorianer gearbeitet hatte. Scheinbar waren die Alben eine Art Abfalleimer, welches alles aufnahm, was bereits im Vorwege in Gedanken korrumpiert gewesen ist. So wie die Elbin, deren Körper gefangen war, deren Geist jedoch noch nicht gefesselt schien. So deutete Alvanon zumindest ihre Worte, welche ihm groß erschienen. Doch ihr Selbstvertrauen, selbst im sprichwörtlichen Angesicht des Todes, begründete sie zugleich mit den fünfzig Jägern, die derweil noch den Wald durchquerten, auf der Suche nach den Untoten. Ob sie wohl Erfolg gehabt hätten, wenn die Untoten nicht auf den albischen Gefangenen getroffen wären? Wer wusste das schon. Dennoch, es war eine interessante Nachricht, dass sie von fünfzig Mann gejagt wurden. Man schien ein großes Interesse daran zu haben, dass die untoten Könige diesen Wald nicht verließen. Das erklärte zugleich auch, warum Dhurek mit Söldnern unterwegs war. Nicht nur wegen der Alben, sondern auch aus Furcht vor Vergeltung aus eigenen Reihen. Alvanon fragte sich lediglich, warum die Alben die Begleiter von Dhurek erschossen hatten. Auf der einen Seite schienen auch sie verhindern zu wollen, dass sie zum Leben erwachten, auf der anderen Seite waren sie nun allerdings ein fester Bestandteil ihrer Pläne.

Er erwachte erneut zum Leben. Sie hatte Angst vor dem Untod, vielleicht konnte er damit etwas anfangen. Sie redete zwar, doch vielleicht waren da noch mehr Dinge, die sie vielleicht zum Besten geben konnte? Sie war noch zu selbstbewusst für den Elben, das wollte er ihr nicht lassen, denn sie verdiente es für ihren Frevel des Volksverrats nicht, dass sie sich so sicher fühlen durfte. Andererseits war er sich auch sicher, dass sie Angst verspürte, denn sie war in diesem Moment alleine und wehrlos im Angesicht ihrer größten Feinde. Sie verbarg es gut, aber er wusste, dass dort Angst war. Wären seine Sinne noch die eines lebenden Alben, würde er diese Angst auch riechen können, dessen war er sich sicher. Und tatsächlich bildete er sich ein, dass ihre Angst in seine Nase stieg. Vielleicht war dies aber auch nur seine Hoffnung. Seine Fassade bröckelte und unter dem knirschenden Protest seiner Knochen bewegte er sich, um die Elbin anzulächeln und ihre Gesichtszüge genau zu studieren. Schließlich drehte er sich weg, um sein Kunstwerk zu vollbringen. Er holte seine Schminkpalette heraus und begann, seine Maske zu modellieren. Er versuchte, die Gesichtszüge der Elbin darauf darzustellen, gab sich dabei besondere Mühe, um sie realistisch zu halten. Die Elbin fürchtete den Untod, also wollte er ihr zeigen, was der Untod aus ihrem Gesicht machen konnte. Fäulnis sollte ihre Wangen zieren und der Unterkiefer zu sehen sein. Vergänglichkeit sollte ihr Gesicht zieren, welches fortan auf seiner Maske zu sehen war.[1]

Schließlich drehte sich Alvanon zurück und sah der Elbin in die Augen. “Du fürchtest den Untod, Elyana. Und dennoch, sieh dir an, was er mit dir anstellen wird. Wie er deinen ach so perfekten Körper zersetzen wird. Bald wird der Untod dich holen kommen.“  Alvanon stellte sich ein düsteres Orchester vor, dessen Klänge aus dem Graben ertönten und den Zuschauern die passende schaurige Untermalung des Geschehens boten. Er sah sich als den Spiegel, den er ihrer Seele vorhalten konnte. Es wurde Zeit, das Trugbild komplett zu machen. Er hatte genug von ihr gehört, um ihre Stimme kopieren zu können, er hoffte nur, dass er das mit seiner neuen Sprechfähigkeit ähnlich gut hinbekam, wie mit seiner ursprünglichen Stimme.[2] Mit verstellter Stimme sprach er weiter. “Deine Freunde werden vielleicht kommen, aber sie werden keine Untoten finden. Nur dich. Und du wirst ihnen in den Rücken fallen, ehe sie merken, wer du wirklich bist. Ich frage mich sowieso, warum sie dir nicht helfen. Sind sie am Ende zu schwach, um dich aus dieser illustren Runde zu befreien? Oder kümmert es sie nicht, dass eine von ihnen weg ist, weil es noch immer 49 von ihnen gibt? In diesem Fall scheint der Zusammenhalt der Gruppe nicht besonders groß zu sein. Keine Herausforderung für uns.“ Er machte eine kurze Pause.

“Dieser Sir Rushford scheint ja ein mächtiger Mann zu sein. Aber Ritter neigen dazu, bequem zu sein, das heißt, dass sie ein Lager haben. Eine Art Operationsbasis. Sag mir alles dazu, sag mir, wo diese zu finden ist, oder du wirst bald dieses Gesicht tragen und zu dem werden, was du verabscheust!“[3] Gespannt wartete er ihre Reaktionen ab, versuchte in ihrem Gesicht zu lesen, was sie bei diesem Schauspiel empfinden mochte.[4]
 1. Verkleiden=17
 2. Bluffen zum Stimme verstellen: 19
 3. Einschüchtern: 12
 4. Motiv erkennen: 9
Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Nicos am 04.09.2012, 21:39:44
Mauron hätte das Verhör fast behindert durch sein Musikspiel und Alvanon machte seinen Plan, den er hatte etwas schwieriger. Wenn der Feind nicht so genau hinschauen würde und die Schminke bei der Elbin im Gesicht bleiben würde, würde man sie für ein feindliches Wesen halten. Mit einer Erpressung hätte man sich etwas Zeit erkaufen können, aber Nicos musste etwas umdenken. Nicos sprach nun folgendes zu Môr Tahâs: "Ich sehe keinen Grund, warum die Elbin lügen sollte. Sie hat auch bestimmt bessere Sinne als ich und ihre Leute könnten tatsächlich kommen. Bereitet Euch und Eure Alben bitte sofort auf einen Angriff vor! Dieses Mal werden Euch die einst gefallenen Könige unterstützen! Wir haben einen gemeinsamen Feind. Auch die Alben, die ihre Kraft durch die Schatten beziehen, werden die Vecorianer als Feinde sehen. Lasst uns gemeinsam Seite an Seite kämpfen. Ich war einst ein mächtigerer Nekromant und es hat sich einiges geändert, aber so schwächlich bin ich keinesfalls, dass ich es nicht mit verblendeten Fanatikern aufnehmen könnte, die den Tod vedient haben!"
Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Menthir am 04.09.2012, 22:15:26
10. Jantus 1214 - Ein langer Sonnenuntergang - 17:26 Uhr

Alvanon erkannte, dass die Elbin seine Verkleidung entweder durchschaut hatte oder seine Worte nichts an ihrem Gemüt ändern konnte. Sie war eingeschüchtert, gebrochen und gerade noch so bei Bewusstsein, dass sie versuchte ihr Leben zu retten. Furcht war nichts, was ein Alchemist in einem Reaganzglas messen oder ein Alphestäer[1] auf einer Waage gegenwiegen konnte, obzwar es gewisse Personen sicherlich versuchten. Furcht war nicht wie ein Schwert, man sah nicht wie weit es im Gegner steckte oder ob es ihn nur eine Fleischwunde zugefügt hatte. Alvanon sah aber, dass das Schwert immerhin in ihr steckte, denn er sah sie schwer schlucken, wie ihr Kopf noch immer von Clavius umfasst wurde. Der Untod bereitete ihr Unbehagen, soviel war sicher, aber das letzte bisschen Stolz in ihr, es ließ sich nicht brechen. Sie war wie ein aufgescheuchtes Tier, welches um seinen Niedergang wusste. Wie ein tödlicher Löwe, der dass letzte Mal sein Pack verteidigte, ehe er zugrunde ging. Auch wenn diese Löwin nur noch brüllen könnte. Die Alben hielten sie weiterhin in einer unbequemen Position, welche ihr Gesicht zu einer schmerzzerfressenen Visage werden ließ. Dennoch trotzte sie sich nur bissiges Lächeln ab, als Alvanon in weiblicher Pose sie fragte, warum die anderen ihr nicht helfen kämen. Sie hatte sie schließlich schon angekündigt.

Nicos erkannte den Ernst der Lage schnell genug und wandte sich an den Alben, der mit einer eher entspannten Haltung saß und sich das Schauspiel anschaute. Als Nicos ihn darum bat, die Alben auf einen Angriff vorzubereiten, nickte er jedoch entschieden und stand dann auf. "So'heras ila'i ne doca'i!"[2], gab er einen durchdringenden Befehl und die beiden Alben entließen die Elbin aus ihrem schmerzhaften Griff, worauf sie aus Clavius Hand rutschte und von Schmerzen gequält zu Boden glitt. Die beiden Alben zogen ihre Bögen und gingen in das Haus. Zu ihrer Verwunderung lösten sich die schattenhaften Schemen im Rande des Nebels auf als hätte es sie nie gegeben. Môr Tahâs nahm sein Zwergenschwert vom Tisch und stellte sich an die Tür. "Wir verteidigen uns hier.", sagte er wieder in der Sprache der Menschen, die ihm erstaunlich leicht fiel. "Zeigt, was ihr könnt, ihr untoten Könige."
Der nahende Feind hatte Alvanon die Möglichkeit genommen mehr über Sir Rushford zu erfahren, zumindest für den Moment. Und nun waren sie wieder in der Nähe einer mehr als karg eingerichteten Hütte, umgeben von einer unbekannten Anzahl von Feinden, welche sich diesem Haus näherten. Es könnte ein unliebsames Déjà-vu werden, doch immerhin schienen diesmal die Loyalitäten geklärt. Für den Moment.

Der Nebel wurde dichter, als würde ein Drachen unweit des albischen Dorfes atmen und die Luft mit schwerem Dunst belegen. Die Schneeschmelze ging unvermindert voran und die kurze Sicht würde die Bögen der Alben relativ nutzlos machen. Dann hörten sie alle die gepanzerten Schritte, welche Äste und Zweige unter ihrem Füßen brachen. Gepanzerte Personen rückten an. Tod lag im Nebel[3].
 1. Alphestes (http://wiki.darkenfalls.de/index.php/Alphestes)
 2. 
Albisch (Anzeigen)
 3. Weiter geht es in des Knochenmanns Vorhalle (http://games.dnd-gate.de/index.php/topic,7231.msg793706.html#msg793706)
Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Menthir am 14.09.2012, 13:05:37
10. Jantus 1214 - Ein langer Sonnenuntergang - 17:26:24 Uhr

Mephala ging zu Alvanon und sagte zu ihm: "Vielleicht könnt Ihr Euch mit diesem Zauber erfolgreich an die Feinde anschleichen, wenn er näher kommt. Ein Angriff macht Euch allerdings wieder sichtbar und die Vecorianer könnten Gegenmittel haben. Passt bitte auf!"

Nicos sagte zu Clavius: "Ich glaube Elyana hat ihren Wert verloren. Sie will auch bestimmt nicht mehr weiter reden. Tötet sie bitte, bevor sie dem Feind noch irgendetwas wichtiges verrät, Clavius." Der Tod dieser Vecorianerin würde Nicos sehr befriedigen und in Nicos Augen spiegelt sich das Gefallen an ihrem möglicherweise schon baldigen Ableben. So eine Närrin hatte nichts anderes verdient. Nicos entschloss sich, während er immer mal wieder zur Elbin schaute seine Position etwas zu ändern. Er positionierte sich nördlich von Môr Tahâs. Er erwartete Fanatiker und bereitete einen Zauber vor, der den ersten Feind in Reichweite schwächen würde.

Alvanon verstand die plötzliche Aufregung nicht, denn er hatte nichts mitbekommen, was auf einen Angriff oder eine Gefahr schließen lassen würde, die über die Alben hinausging. Er selbst hatte nichts gehört, aber den anderen war anscheinend etwas zu Ohren gekommen, weswegen er sich von Mephala ohne Widerstand unsichtbar machen ließ. Für ihn war dies ein Segen, da er im Kampf wenig machen konnte. Seine Fähigkeiten bezogen sich mehr auf das Reden. Schöne Worte waren sein Stil, doch wenn es zu einer Auseinandersetzung kommen sollte, wusste er zumindest, welchen Teil seiner Waffe er nach vorne halten musste. Leise raunte er Mephala zu: “Ich werde in der Nähe sein, auch wenn ihr mich nicht seht oder hört.“

Ihm gefiel weniger, was Nicos mit der Vecorianerin vorhatte. Ihm fiel noch ein Mittel ein, mit dem man Informationen aus der Gefangenen herausbekommen konnte. Er hoffte, dass die Gefangene am Ende dieser Begegnung noch immer ihre Gefangene sein würde, dann würde er es mit dem Wahrheitsserum versuchen, welches er stets mit sich herumtrug. Dann hörte auch er die Schritte. Schwer gepanzert und laut im Nebel. Er versuchte, die Anzahl der Angreifer zu erlauschen, um sich halbwegs auf das einstellen zu können, was ihn erwartete[1]. Er war sich nicht ganz sicher, raunte den bei ihm stehenden allerdings leise zu: "Es sind mindestens fünf Angreifer!" Weiterhin zog er seine Klinge und harrte der Dinge, die dort kamen. Er befürchtete, dass die Angelegenheit wieder eskalieren und einer von ihnen dabei seinen Körper verlieren würde.

Auch wenn sich das noch nicht so offensichtlich zeigen sollte, hatte Clavius ganz andere Pläne als Nicos. Clavius wollte der Elbin alledings beweisen, dass er nicht davor zurückschrecken würde eine Frau zu verletzen, falls es darauf ankam. Ein Angriff würde sie womöglich noch mehr einschüchtern und Clavius' Macht zeigen. Clavius wollte die Frau nicht töten, aber etwas verletzen war sicherlich nicht so schlimm. Er überließ es seiner Gottheit Iben, ob die Verletzung erfolgreich sein würde und probierte die Elbin mit negativer Energie anzugreifen.
 1. Wahrnehmung: 11
Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Menthir am 14.09.2012, 13:07:06
10. Jantus 1214 - Ein langer Sonnenuntergang - 17:26:30 Uhr

Im Nebel waren weiter Schritte zu hören, sie näherten sich, doch durchstießen nicht die Nebelwand. Irgendwo in der grauorangen, wabernden Tristesse hörte man das Einrasten von metallenen Riegeln. Sollten diese Männer auch so eine monströse Armbrust haben, wie schon Rokers Männer sie mitführten oder was bereiteten sie vor? Wer scharfe Ohren hatte, konnte Stimmen ausmachen. Eine davon war beißend, bellend. Es war die Stimme eines älteren Mannes, er gab Befehle als war es das natürlichste der Welt. Die Schritte hielten inne. Auch die Gegensatz unternahm Vorbereitungen, bevor sie die Lichtung stürmten.

Clavius legte seine Hände auf die malträtierten Schlüsselbeine der Elbin, welche diesem Griff vor Schmerz nicht ausweichen konnte. Sie lag ermattet auf dem Boden, als Clavius seine dunklen Energien in die Inquisitorin fließen ließ. Sie schrie ihren Schmerz raus, und Clavius spürte, dass in diesem gebrochenen Körper ein wahrlich trotzender Geist steckte. Ihr Aufbegehren im Trotz war keine gespielte Reaktion gewesen. Mit einer gewissen Zufriedenheit konnte er trotzdem sehen, wie diese unheilige Kraft ihre Wirkung zeigte. Blut troff aus der Nase der Elbin, welche sich vor Schmerzen auf dem Boden wand, aber noch lebte sie. Wie viel würde sie noch aushalten?

Môr Tahâs sah sich die Szene entspannt an, auch wenn die Lippen auffällig kräuselte. Vielleicht war er verwundert, warum die Untote keine Deckung gegen einen noch nicht sichtbaren Feind suchten und somit nicht im Haus, sondern außerhalb des Hauses die Verteidigung beginnen wollten. "Ich und meine Alben decken eure Flanken.", sagte er bestimmt, aber bewegte sich dabei nicht von der Stelle. Dann schwieg er und lauschte dem Wind, während die beiden Alben ihre Bögen spannten. Wann kam der Feind?

Nicos überlegte etwas und er versuchte sich eine Taktik zu überlegen gegen eine Vielzahl von Gegnern. Hatten sie in ihrer momentanen Position wirklich eine Chance gegen ihre Feinde? Vielleicht war ihr Feind arrogant und sie konnten womöglich den Kampf zum Hauseingang verlegen. Dort hatte man Nicos' Meinung nach ein paar taktische Vorteile. Nicos sagte letztlich zu seinen anderen Verbündeten: "Vielleicht sollten wir uns demnächst alle in das Haus zurückziehen und dessen taktische Vorteile nutzen. Bitte wartet aber noch bis ich einen Zauber zu Ende gewirkt habe. Ich werde mich mit diesem Zauber selbst um die Elbin kümmern. Es reicht schon, wenn Mauron vorgegangen ist."

Dann wirkte Nicos einen Zauber, der Oger-Zombie beschwören sollte, der sich um die Elbin kümmern sollte, während sich die anderen in das Haus demnächst zurückziehen würden.

Mephala war absolut nicht feige und obwohl sie jetzt einen schützenden Illusionszauber auf sich wirken würde, ging sie nicht vorzeitig in die Hütte. Sie zeigte keinerlei Angst. Das geziemte sich ihrer Meinung nach für eine Untote nicht und außerdem hatte sie ihren Stolz. Der Zauber, den sie letztlich auf sich wirkte, war ein Spiegelbild-Zauber.

Zunächst war Mauron von der plötzlichen Betriebsamkeit der anderen überrscht, hatte er doch gerade mehr oder weniger interessiert die Befragung der Elbin verfolgt und sich Gedanken über die mögliche Nutzung des neu erlangten Wissens gemacht. Nachdem dann auch in sein Gehirn durchgesickert war, dass sich ihnen Feinde näherten, handelte er umso rascher. Alte Gewohnheiten legte man eben doch nicht so schnell ab.

Mit bedachten aber schnellen Schritten entfernte er sich zunächst von der Front und zog sich zur der Hütte zurück, bis er die Wand in seinem Rücken spüren konnte. Wenigstens würde ihn so kein Feind von Hinten angreifen können. „Zumindest kein Feind mit dem ich rechne.“ durchzuckte es ihn, als er wieder an all die Geschichten über den Verrat der Alben denken musste.

Als nächstes spielte er auf seiner Flöte einen kurzen Walzer und führte selbst ein paar Tanzschritte aus. Bei jeder seiner 6 Drehungen dieser kurzen Darbietung entstand an genau der Stelle ein Duplikat seiner Selbst. Diese schlossen sich darauf seiner Darbeitung an und am Ende war nicht mehr ersichtlich, wer Original und wer Kopie war. So würde er hoffentlich einen gewissen Schutz vor direkten, gezielten Treffern durch was für Geschosse auch immer haben.
Diese Illusionen würde ein paar Minuten anhalten, er konnte sie also direkt jetzt verwenden, auch wenn es noch ein paar Augenblicke dauern würde, bis sich der erste Feind zeigen würde.
Bei seiner nächsten Verteidigungsschicht konnte er sich diesen Luxus leider nicht leisten und so beschränkte sich Mauron darauf, sein geliebtes Horn aus seinem Beutel zu holen und gebannt auf den Nebel zu starren. Sobald sie sich zeigten, würde er bereit stehen.

Mit einem zufriedenen Lächeln sah Clavius auf die Elbin hinab. "Ihr habt noch eine Rolle zu spielen, meine Liebe. Eure Zeit ist noch nicht gekommen. Das Dunkle ist nun auch in euch, ebenso wie das Licht", flüsterte er ihr zu.

Kurz warf er noch einen Blick zu Nicos. "Lasst die Elbin. Ihre Zeit ist noch nicht vorbei."

Die Augen nach vorne gerichtet, zog sich Clavius in Richtung der Hütte zurück und zog dabei sein Schwert. Er würde die Hütte nicht betreten, wollte sich aber die Möglichkeit eines schnellen Rückzugs sichern.

Die Situation verschärfte sich. Die Feinde kamen näher und eine Konfrontation stand unmittelbar bevor. Der Vorschlag, in die Hütte zurückzukehren, schien Alvanon allerdings wie eine Falle, aus der sie im Zweifelsfall nicht entrinnen konnten, wenn sich das Kampfglück gegen sie wandte. Nach einem kurzen Überblick über das Gebiet des Kampfes entschied er sich dafür, eine andere Deckung zu suchen, die allerdings erst durch seine Unsichtbarkeit wirklich Wirkung entfaltete. Leise ging er zum Rand der Hütte[1], und versuchte, auf das Dach zu klettern[2], um von dort den Feinden in den Rücken stoßen zu können.
 1. Heimlichkeit: 24
 2. Klettern: 22
Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Menthir am 14.09.2012, 13:08:36
10. Jantus 1214 - Ein langer Sonnenuntergang - 17:26:36 Uhr

Und so positionierten sich die ehemaligen und inzwischen untoten Könige vor dem Haus und trafen ausreichende Vorbereitungen, um dem Feind zu begegnen. Alvanon kletterte behände auf das Dach des Hauses kletterte. Die Hütte bot seinen geschickten Füßen ausreichend Halt, sodass er die Szenerie in aller Ruhe aus einer Höhe von etwas mehr als drei Metern beobachten konnte. Während Mephala und Mauron ihre Spiegelbildern wirkten, um sich vor plötzlich auftauchenden Feinden, zusätzlichen Schutz zu verschaffen, sah auch Nicos, dass er nach all den Jahrhunderten - wie durch ein Wunder, ein Segen Menthirs - den Einsicht in die Mächte Dagurs nicht verlernt hatte. Aus dem Nichts erschien ein drei Meter großes Ungetüm, dessen Fleisch in Fetzen von seinem Gesicht und seinem Körper hing. Ein starker Geruch der Verwesung ging von seinem massiven Körper aus. Die Haut, wie wahrscheinlich einmal helle Gelbtöne hatte, war inzwischen in ein gesprenkeltes Schwarz verödet. Sein massiver Kopf schnaubte und sein übriggebliebendes Auge fixierte die Elbin fleischlüstern, die sich gar nicht getraute, ihren Kopf zu wenden. "Uuuuuaaaaaahhhhh", ließ das massive Wesen mit stumpfen und abgebrochenen Zähnen verlauten, während sich zum Abschluss des Beschwörungszaubers noch ein massiver Baumstamm in den Händen des Wesens, welches wohl mal ein Oger war, manifestierte, den es wie eine Keule schwingen würde. Die Elbin wurde bleich.

Mauron reagierte zuerst, in dem er das Horn spielte, als Gestalten aus dem Nebel traten. Fünf Männer in Leinenumhängen, welche von grauer Farbe waren, machten die ersten Schritte aus dem Nebel. Es waren Menschen, alle um die sechs Fuß hoch groß, von meist schlanker Gestalt. Sie trugen schwere Armbrüste bei sich, welche aus dunklem Holz gearbeitet waren. Ihre körperumschlingenden Umhänge verbargen sonst fast alles, was sie an ihrem Körper trugen. Nur die breite des Umhanges ließ darauf schließen, dass die Männer darunter sehr wohl gerüstet waren. Einzig die Brosche, welche den Umgang zusammenhielt, zeugte von Schmuck, denn es war eine stilisierte Sonne, welche über einen Horizont stieg. Eines der vielen Zeichen Novarals: der neue Tag. Hinter ihnen kam zwei auffälligere Gestalten aus dem Nebel gestiegen. Ein blonder Mann ohne diesen Umhang, aber mit gräulicher Metallrüstung, welche mit schmuckvollen Intarsien aus Bronze veredelt war. Über den Schultern trug er einen Zweihänder, dessen Spitze abgetrennt worden war, mit einiger Absicht: ein zwergisches Henkersschwert, nur eine Nummer größer. Das Schwert gab ein leichtes Summen von sich und schien den Nebel hinter sich sogar zu verstärken. Seine kantigen Gesichtszüge waren nachdenklich, als er die vorbereiteten Wesen vor sich erblickte.
Doch dann trat noch ein älterer Mann aus dem Nebel, dessen langes, braunes Haares bis auf seine Schultern reichte. Sein Gesicht war von einem Vollbart und seiner zerfurchten Stirn geprägt. Er trug die typische Kleidung eines Kardinals, nur dass sein Talar nicht wie bei Vecorgläubigen üblich, in farbiger Pracht erstrahlte, sondern in einem ernsten und biederen Grau, welches jedoch mit Goldfasern durchwirkt war. Um den Hals trug er eine stilisierte Sonne, halb Sonne, halb Auge. Eines der vielen Sonnensymbole Vecors. Mit der linken Hand umschlossen trug er einen hözernen, knorrigen Stab an dessen Kopfende pures Sonnenlicht zu scheinen schien.

Er runzelte seine zerfurchte Stirn, als er die Inquisitorin auf dem Boden zwischen den Beinen des Ogerzombies hindurch sah und die Verteidigungshaltung der untoten Könige. "Ergebt euch, Wesen Dagurs.", sagte er mit entschlossener und erstaunlich erhabener Stimme, welche an die eines alten Gelehrten erinnerte. "Und Novarals Jünger werden euch nicht in tausend Sonnenstrahlen vertilgen. Wehrt euch, und ihr vergeht wieder dorthin, woher ihr entkrochen seid. So wahr ich Sir Cairnat d'Moira bin." Scheinbar verlangte der alte Priester tatsächlich, dass die Untoten sich einfach ergaben. Môr Tahâs lächelte nur, hielt sein Schwert quer vor sich in einer ungewöhnlichen Verteidigungshaltung, aber schwieg. Genauso wie die Alben noch nicht ihre Bögen zum Einsatz brachten, wohl aber spannten. Der Alb erwartete interessiert, wie die Untoten darauf reagieren würde und eröffnete den Angriff nicht. Wahrscheinlich noch nicht.

Nicos Einschätzung nach sollte man es in dieser Situation erst einmal mit der Kraft der Worte probieren, bevor man weiter mit Waffengewalt vorgehen würde. Denn die Kraft eines vecorianischen Priesters Untote mit positiver Energie zu vernichten, war dem Nekromanten nicht fremd. Es war eine heikle Situation, aber vielleicht würde eine gute Lüge sehr hilfreich sein. Nicos Meinung nach musste er einfach alles auf eine Karte setzen. Mit kalter Stimme und emotionlosem Gesicht sagte er zu dem Vecorianer, der sie zuvor ansprach: "Und was bringt uns eine Kapitulation? Werden wir dann für alle Zeiten eingesperrt in einer Zelle verrotten? Ist es das, an was Ihr gedacht habt? Damit bin ich nicht einverstanden. Diese elbische Schlampe dort auf dem Boden weiß ja längst nicht alles. Der Alb, der rechts neben mir steht, sagte uns vor dem Treffen mit der Elbin, dass dieses Gebiet von Alben umstellt ist und wir keine Dummheiten anstellen sollten. Der Nebel und Unsichtbarkeit verbergen sie. Die Alben sind außerdem die Meister der Schatten. Das sollte Euch doch bekannt sein. Kämpft gegen uns und Ihr werdet in einem Pfeilhagel sterben oder zieht Euch zurück und lebt weiter."

Mephala verzog derweil auch keine Miene. Sie zog sich nicht ins Haus zurück und versteckte sich dort. Die Magierin war allerdings gespannt, ob Nicos Worte überhaupt irgendetwas bei diesen Vecorianern brachte. Bevor sie jemand attackieren würde, würde sie einen Schritt gen Nordosten gehen und einen sengenden Strahl auf Sir Cairnat d'Moira zauber, bevor dieser angriff.

Da standen sie nun, die Häscher sie zu töten. Noch hatten sie nicht angegriffen, aber das würde nur eine Frage von Sekunden sein, sollten sie sich nicht direkt ergeben. Für diese Vecorianer waren sie doch nur Abominationen des Lebens, keine Wesen die man gern als Nachbar haben möchte. Und wenn sie noch nicht angriffen, dann wohl nur weil sie die Lage zuvor besser analysieren wollten. Vielleicht hingen sie auch an der Elbin und wollten diese nicht gefährden. Obwohl das wohl kaum zu dieser Art von Personen passen würde. Sie waren Fanatiker, dumm genug sich freiwillig in den Albenwald zu begeben, nur um ein paar auferstandene Könige zu vernichten. Bereit ihr Leben für ihren Glauben und diese Mission zu opfern. Auf Verhandlungen würden sie sich wohl kaum einlassen.

„Besser also ich führe den ersten Streich aus. Das ist die Gelegenheit, meinen neuen Trick auszuprobieren“

Mit möglichst ausdrucksloser Miene führte er langsam seine Panflöte an den Munde und began ein weiteres mesmerisierendes Muster zu spielen. Einem aufmerksamen, in der Musik nicht vollkommen unbewanderten Beobachter, würde auffallen, dass hierin Teile der von Mauron im Haus geübten Melodie enthalten waren.

Nun den Mann mit dem Zweihänder fixierend, konzentrierte sich Mauron auf seine Erinnerungen an Marionetten und formte für den Rest unsichtbare, silberne Fäden. Zu seinem großen Missfallen lösten sich diese jedoch direkt wieder auf, ohne ihm auch nur eine Sekunde der Kontrolle zu ermöglichen.
Vielleicht hätte er diesen Trick doch erst ausgiebiger testen sollen.

Kaum oben angekommen vernahm der Elb das Geschehen unter ihm. Er hatte gehofft, dass die Situation ohne einen Kampf auskommen würde, doch das schien nun schwer zu werden. Er wusste um seine eigene Zunge, mit der er sich bereits aus vielen Situationen herausgeredet hatte, und spürte, die Zeit gekommen war, ein wenig Silber ins Spiel zu bringen. Kurz trauerte er noch der Anstrengung nach, die ihn das Klettern zu Lebzeiten sicherlich gekostet hätte, und sprang dann herunter vom Dach, um sich unten behände abzurollen und auf die Beine zu kommen. Er nahm die nichtbenutzte Maske in seine linke Hand. “Mephala, löst bitte den Unsichtbarkeitszauber.“

Er wartete zwei Sekunden und sprach dann, ohne das Ergebnis seiner Bitte abzuwarten, schaute dabei auf seine Maske: “Ein Drama, freilich, so würde man diese Situation einordnen, wenn man auf der Seite des Friedens stünde – eine Komödie hingegen, würde derjenige sagen, der dieses improvisierte Stück aus reiner Unterhaltungssucht anschaut. Oh sprich zu mir, Geist in dieser Maske, wie gedenkst du diese Situation zu beurteilen? Du lachst, und doch weinst du. Sind es Tränen der Heiterkeit? Oder weinst du, weil du bereits siehst, was die tapferen Ritter unseren Körpern antun werden?“

 Der Elb wandte sich den Rittern zu und verbeugte sich, wie ein Künstler nach getaner Vorstellung, hielt dabei die Maske hinter seinen Rücken, um klarzustellen, dass die Ritter nun auch seine Aufmerksamkeit genießen durften. “Mein Name ist Alvanon, Auferstanden durch eine Handlungswendung in den Regieanweisungen des Lebens. Gebt mir einen Augenblick, unser Verhalten zu erklären und entscheidet dann, wie ihr verfahren wollt.“ Er wagte es, einen Augenblick lang seinen Blick auf seine Füße zu richten um zu schauen, ob er seine Aufführung nur für sich selbst machte, oder auch für alle anderen.

Clavius war sich nicht sicher wie gut diese Ablenkung von Alvanon funktionieren würde. Bestenfalls würde sie ihnen nur ein kleines bisschen Zeit verschaffen. Von den Taten seiner Mitstreiter war er nicht ganz begeistert. Vielleicht konnte man mit diesem Sir Cairnat d'Moira doch verhandeln. Wenn er ein Vecor-Kleriker war, hatte er bestimmt effektive Waffen gegen Untote. Ein Kampf mit ihm würde also gefährlich werden. Clavius vertraute daher erst einmal auf die Kraft der Worte und rief zu Sir d'Moira:

"Werter Sir Cairnat d'Moira, ich muss mich für das Verhalten meiner Männer, wenn man so sagen will, entschuldigen. Ich übernehme dafür voll und ganz die Verantwortung, wenn es sein muss, aber bitte hört mich erst an, was ich weiter zu sagen habe. Denn Drohungen, Lügen und Ablenkungen sind meiner Meinung nach der falsche Weg. Wie genau habt Ihr Euch denn unsere Gefangenschaft vorgestellt und warum genau wollt Ihr uns gefangen nehmen? Wir kommen doch durch die magische Barriere sowieso nicht aus dem Albengebiet heraus. Ich weiß zwar nicht wie viele Alben momentan in der Nähe dieses Kampfgebietes hier sind wegen dem Nebel, aber da es- wie schon gesagt- ihr Gebiet ist, werden hier in dem ganzen Gebiet, das durch die Barriere begrenzt ist, schon einige Alben sein. Das soll keine Drohung sein, sondern nur eine Feststellung. Wir sind momentan eigentlich Gefangene der Alben und wir können nicht weg wegen der Barriere. Hat Euer Auftrag denn irgendeinen Sinn, wenn wir eh schon gefangen genommen worden sind und hier festsitzen?

Ihr haltet Dhurek für seine Taten und seine Worte bestimmt für einen Verräter an seiner Gottheit Vecor, aber glaubt mir bitte eines: Dhurek starb in einem hellen Sonnenschein. Er muss also doch im Auftrag Vecors gehandelt haben, so paradox es auch klingt. Wenn Ihr glaubt, dass ich Euch anlüge, überprüft das bitte mit Magie, ich habe nichts zu verbergen. Was haltet Ihr außerdem von Thuras IV? Meint Ihr nicht auch, dass er eine Gefahr für das Reich ist? Ich würde hierüber gerne mit Euch sprechen, wenn Ihr nichts dagegen habt."
Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Menthir am 14.09.2012, 13:40:04
10. Jantus 1214 - Ein langer Sonnenuntergang - 17:27 Uhr

Alles, wirklich alles schien für einen Angriff zu sprechen. An Sir Cairnat d'Moiras Gesicht war es abzulesen gewesen, als der untote Nekromant versuchte, eine nur halbgare Behauptung aufzustellen, welche den Vecorianer nicht wirklich beeindruckte. Sein Gefährten blickten sich zwar zweifelnd und vorsichtig um, aber mit wenigen Handbewegungen ermahnte sie d'Moira zu Ruhe und trotz dieser durchaus möglichen Gefahr strahlten alle Vecorianer eine gefährliche Ruhe aus. Das änderte sich nicht einmal, als Mauron versuchte die Kontrolle des Zweihandwaffenträgers zu übernehmen, der als Reaktion jedoch nicht angriff, sondern lediglich auf den Boden ausspuckte, als würde er Mauron reizen wollen. Doch auch hier hatten des Priesters Handbewegungen den Mann von eigenen Taten abgehalten. Man konnte im Blick des Mannes sehen, dass er mit Cairnats Entscheidung unzufrieden gewesen war, aber die Hierarchie in der Gruppe war augenscheinlich sehr klar geregelt.

Derweil hatte Alvanon sich mit einem kunstvollen, wenn auch ungesehenen, Sprung vom Dach wieder auf den Boden der Auseinandersetzung bewegt und die Vecorianer schauten, nun da Alvanon wieder sichtbar war, seiner Aufführung zu. Allerdings verstanden sie dieses, so kunstvoll es war, eher als Gefahr, weshalb sie die Umgebung und die Bewegungen Alvanons genau im Auge ließen. Wieder konnten sie sehen, dass die Novaraljünger sich dabei mit Handbewegungen verständigten. Und dann waren dort noch die Bitten Alvanons und die Clavius, sich auf einfacher Ebene auseinanderzusetzen.

D'Moira erhob seine betagte Stimme, während er nicht dazu passende Gestiken nutzte, welche wohl wieder Kommunikation mit seinen Untergebenen bedeutete. "Verhandlung?" Er blickte zu Clavius und zuckte mit den Schultern. Scheinbar hatte seine Worte etwas bei dem alten Mann bewegt zusammen mit Alvanons kunstvollen Vorführung. "Doch dafür gibt es paar Voraussetzungen. Erstens soll das untote Ungetüm von der Inquisitorin weggehen und sie uns übergeben werden. Zweitens sind alle Angriffe jeglicher Art, ob magisch, physisch oder psychisch auf mich und meine Männer während unser Unterhaltung zu unterlassen. Drittens hört dieses furchtbare Geflöte auf. Kein Wunder, dass dieser Wald so ausgestorben wirkt."[1]
Seine Männer lachten bissig, vor allem jener Mann, der den Zweihänder trug und besonders Mauron in der Art fixierte wie ein wütender Stier ein rotes Tuch wahrnahm. Aber die Handbewegungen d'Moiras, die er permanent im Auge behielt, ließen ihn stillstehen wie einen Zwergen.

Es war augenscheinlich, dass der Priester den Untoten nicht traute und nicht vollkommen trauen würde, schon gar nicht mit dem Hintergrund ihrer Auseinandersetzung, den unterschiedlichen Idealen und den gescheiterten Versuchen, die Vecorianer hinter das Licht zu führen oder sie zu beherrschen. Cairnat gab sie dennoch erhaben über die Situation. Ein Verhalten, was zu diesem Mann passte. Er war es gewohnt, Befehle zu geben und dass andere ihm zuhörten. Aber im Gegensatz zu Môr Tahâs ging diesem Priester Arroganz ab. Vorsicht bestimmte sein Handeln.
"Eure Gefangennahme mag durch diese merkwürdige Barriere für den Moment gesichert sein, aber da sie nicht unserem Werk entspringt, kann ich kaum sagen, wie dauerhaft oder sicher diese Barriere ist. Der Grund einer Gefangennahme liegt vor allem in der Ankündigung des von euch benannten Dhurek Ghassor. Der Archivist Ghassor hatte am Ende seiner Amtszeit den Wahnsinn für sich entdeckt und drohte vor versammelter Ratskammer mit der Auslöschung der alten Strukturen. Wir hatten in Erfahrung gebracht, was dieses Auslöschen bedeutet: er meinte es wörtlich. Zumindest legen dies seine Aufzeichnungen nahe. Was also eure Motive, Ziele und Wünsche sein mögen. Wir müssen euch an einem Ort festsetzen oder zumindest fernhalten von der Hauptstadt." Er räusperte sich. "Aber dass Dhurek in hellem Sonnenschein starb, muss kein Segensspruch für den Einzelnen sein. Wenn ihr euch dazu entschließen solltet, meine Bedingungen nicht anzunehmen, würdet ihr auch in hellem Sonnenschein vergehen. Was ich durchaus dann als Segen wahrnehmen würde, solltet ihr angreifen, würdet ihr wahrscheinlich weniger als Segen wahrnehmen, sondern als Ende eures Unlebens. Ghassor war definitiv ein Verräter an seinem Glauben, denn was ein Vecorianer auch macht und welcher Sekte oder welchem Sonnenpfad er folgt, er würde niemals die Mächte des fahlen Hand nutzen." Seine Stirnt furchte sich wieder, als er über seine nächsten Worte nachdachte. Nach zwei, drei knappen Gesten mit der Hand schulterten die Novaraljünger ihre Armbrüste nur noch und zielten nicht mehr auf die Untoten. "Was Thuras angeht, das ist eine andere Geschichte. Aber sicher seht ihr richtig, dass wir eine geächtete Verbindung sind. Ihr seht, sehr viele Wesen beanspruchen Vecors Segen für sich. Es sind so viele, dass Vecors wahre Segen dieser Tage nur schwer zu sehen ist. Aber sagt, was wollt ihr darüber reden?"

Môr Tahâs Gesichtszüge zuckten kurz und unvermittelt[2], doch dann zuckte er mit den Schultern und verschränkte die Arme, das Zwergenschwert noch immer in der Hand haltend. "To Rhi'in", rief er nur in die Hütte zurück und man hörte darauf keine Bewegung. Der Befehl bedeutete nichts anderes als wachsam zu bleiben und so hielten die beiden Alben die Situation im Auge. Môr Tahâs wurde derweil immer passiver, während sich zwischen Vecorianern und untoten Königen ein Gespräch auf Augenhöhe zu entwickeln schien.
 1. Bis hierhin ging der Beitrag im Herausforderungsthread.
 2. 
Motiv Erkennen SG 15 (Anzeigen)
Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Nicos am 14.09.2012, 14:52:31
Nicos ist auch nicht begeistert davon, dass der Kampf zu Ende gegangen ist. Er hielt die Gegenseite immer noch für Fanatiker und Feinde. Clavius hat ihnen nur etwas Zeit erkauft und mehr nicht seiner Meinung nach. Besonders ärgerlich war es, dass er wohl nun den Zombie am besten entlassen musste.

Nicos blickte dann zuerst zu Môr Tahâs. Er konnte zwar seine Stimmung nicht deuten, aber es war seltsam, dass er nicht das Wort ergriff und sogar passiv blieb. Das war eine ganz andere Art von ihm. Aber Nicos Meinung nach hatte der Alb zu Recht sein Schwert nicht weggesteckt. Nicos plante derweil schon den nächsten Schachzug, falls der Kampf weiterging. Er würde die Untoten durch seine unheilige Kraft verstärken, falls Sir d'Moira wirklich versuchen würde sie mit der Kraft der Sonne Vecors zu zerstören.[1]

Nicos rief als nächstes zu dem Oger-Zombie: "Geh dorthin zurück, wo du hergekommen bist, mein untoter Oger!", daraufhin verschwand der Zombie, weil ihn Nicos mit diesen Worten entließ. Dabei verschrenkte Nicos seine Arme und schaute missmutig drein. Danach ruhte Nicos Blick auf Clavius. Was würde er wohl als nächstes sagen?

 1. Das ist eine vorbereitete Aktion: Bevor Sir d'Moira versucht höheres oder normales "Untoten vertreiben" einsetzen, verstecke ich Untote mit Rebuke Undead (siehe dazu näheres im Regelnwerk) eventuell wird ein Hero Point eingesetzt.
Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Robin Brighthide am 18.09.2012, 07:44:54
Clavius nickte. "Es spricht nichts dagegen, dass ihr eure elbische Gefährtin zu euch holt", gestand er seinem Gegenüber zu. "Ich ließ einen Götterspruch über ihr Schicksal entscheiden, und es zeigte sich, dass selbiges hier noch nicht sein Ende finden sollte."

Was er mit dem Götterspruch meinte, ließ Clavius offen. Es würde ihm nur zugute kommen, wenn die Vecorianer etwas mystischeres vermuteten, als tatsächlich geschehen war.

Nachdem D'Moiras Männer die Elbin geholt hatten, rammte Clavius demonstrativ sein Schwert in den Erdboden. Es war eine Geste, die das Ende des Kampfes symbolisierte. Aber er achtete auch darauf, dass er das Schwert ganz schnell wieder aus dem Erdboden herausziehen könnte, sollte es nötig werden.

"Es freut mich, endlich mit einem Mann von Vernunft zu sprechen. Derer scheint es im Augenblick nur wenige zu geben", begann er das eigentliche Gespräch dann mit ein wenig verbalem Honig. "Dass Dhurek wahnsinnig war, darüber muss man wohl nicht diskutieren. Er brachte uns zurück, ohne dass wir darum gebeten hätten, und gab uns eine Mission, an der wir kein Interesse haben. Würde es nur um ihn selbst gehen, wäre sein Vorhaben gescheitert. Ich selbst bin diesem Reich zutiefst verbunden, aber das gilt nicht für jeden meiner Gefährten. Die meisten von uns würden ihr unerwartetes Unleben schlicht in Freiheit genießen, wenn wir die Möglichkeit hätten."

Clavius ließ die Worte einen Moment wirken. Er achtete darauf, die untoten Könige nicht als gefährliche Monstren darzustellen, sondern als harmlose Männer und Frauen, die nichts weiter wollten, als ihr beschauliches - zufällig untotes - "Leben" zu führen.

"Doch im Anschluss an Dhureks Ritual ist etwas geschehen, dass er wohl selbst nicht erwartet hat. Die Zah'rah sind erschienen, und sie machten mehr als deutlich, was geschehen würde, wenn wir uns der Mission verweigern würden. Wir verfolgen ein Ziel, das uns von eurem Gott vorgegeben wurde. Und dieses Ziel ist das Ende von Thuras IV."
Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Nicos am 03.10.2012, 13:00:30
Mephala

Mephala konnte gut einschätzen, was Môr Tahâs wohl in etwa dachte. Ob sie von Alben wohl mittlerweile umzingelt waren? Môr Tahâs und seine Alben hatten hier große Macht. Mephala hielt nicht viel von Vecorianer, aber der Meinung der Magierin nach könnte es so oder so ein Kampf geben. Entweder gegen die Vecorianer oder gegen die Alben. Aber Mephala hatte keine Angst. Sie würde sich allem stellen, was da kommen würde. Aber das Wissen, was Môr Tahâs anbot, war sehr verlockend. Hoffentlich würde sie noch irgendwie an dieses Wissen kommen. Aber sie tat nun endlich das, was Alvanon wollte. Mit konzentriertem Gesicht sorgte sie dafür, dass der Zauber aufhörte zu wirken und Alvanon wieder sichtbar wurde.
Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Alvanon am 03.10.2012, 16:24:12
Sein Auftritt endete so jäh, wie er begonnen hatte. Noch als er die Reaktion seiner Gegenüber abwartete, sprang bereits Clavius ein und begann die Verhandlungen mit den vermeintlichen Angreifern und es entwickelte sich ein interessantes Gespräch. Er beschloss, dabei eher die Ruhe zu bewahren, denn so wie zu viele Köche den Brei verdarben, so konnten zu viele Diplomaten auch den Frieden gefährden, oder zumindest den kurzzeitigen Waffenstillstand. Im Endeffekt ist ja nun egal, wer von uns seine rhetorischen Künste anbringt, solange wir die nächsten paar Stunden überstehen.

Gleichzeitig verstimmte es den Elb jedoch, dass sie ihr Druckmittel gehen ließen. Ohne die Elbenfrau in ihrer Gewalt zu haben gab es nichts mehr, was die Vecorianer von einem Angriff abhalten würde, bis auf die schwarzgefiederten Pfeile der Alben, die aus dem Dickicht hervorschießen würden. Es lag wahrscheinlich an der erst kürzlich erlebten Situation, doch Alvanon achtete stets darauf, dass ihnen die Situation nicht erneut entglitt. Es mochte so sein, dass sich die Tür der Alben geöffnet hatte, als sich die Tür der Söldner schloss, doch muss der Raum hinter jeder Tür erst neu erkundet werden. Keine Bühne ist wie die andere, so sagt man, und jedes Publikum ist anspruchsvoller als das vorherige. Der Elb ertappte sich einen kurzen Moment dabei, wie er sich die Tage zurücksehnte, an denen er in seinem Thron einfach nur bedienen ließ, ohne Angst um sein Überleben haben zu müssen. Ebenso vermisste er die friedlichen Tage seiner Jugend, die er in den Wäldern seiner Heimat verbrachte. Er erlaubte sich einen Moment der Unachtsamkeit und blickte sich um. Hier fühlte er sich, trotz des Waldes um sie herum, kein bisschen heimisch. Es war mehr die verzerrte Version, die grotesk entstellte Version seiner Heimat aus Kindestagen, und er betete, dass es zu Hause anders aussehen mochte, wo auch immer dieses zu Hause nun sein mochte.

Er wurde von dem Geräusch des Schwertes, welches in den Boden gerammt wurde, wieder in die Szenerie geholt. Wehrlos? Ich lasse mich ja gerne auf Verhandlungen ein, aber das wird mir zu viel des Guten. Erst geben wir die Geisel ab und nun unsere Waffen? Braves Hündchen, sieh mal, dieser leckere Bolzen. Er schüttelte ungläubig wirkend den Kopf, sabotierte die Bemühungen von Clavius allerdings nicht, denn noch bestand die nicht geringe Möglichkeit, dass dies unblutig gelöst werden konnte, vor allem nach den Worten des kühnen Ritters, die jedoch einen unangenehmen Beiklang hatten. Alvanon hörte deutlich aus den ritterlichen Worten heraus, dass sie eine geächtete Organisation waren, was in seinen Ohren nicht von Vorteil für die Untoten war. Denn obwohl sie geächtet waren, machten sie Jagd auf die Könige und befolgten somit den Willen Vecors. Scheinbar wollten sie ihre Reputation zurückerlangen, und das war ein Punkt, der bewirkte, dass Alvanon sich lieber nicht entwaffnen ließ. Er fragte sich nur, wie er dies den anderen mitteilen sollte. Vorerst sah er keine Möglichkeit, ohne eine eventuelle Eskalation zu verhindern. Erst, wenn Rüstungen ausgezogen würden, würde Alvanon sich zu Wort melden und dies unterbinden.
Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Menthir am 03.10.2012, 20:41:15
10. Jantus 1214 - Ein langer Sonnenuntergang - 17:29 Uhr

Die Blicke eines Menschen konnten Bände sprechen, kaum ein anderes Volk lies sich so gut aus dem Gesicht lesen. Sir Cairnats Gesicht zeigte dementsprechend auch mehr als eine Reaktion, während der untote König Clavius sprach. Clavius, der jüngste der noch unlebenden Könige, sah besonders deutlich diesen Wechsel von Zufriedenheit oder zumindest einer Form der Genugtuung, was sich in einem milden Blick ausdrückte, als Clavius sein Schwert in den Boden stieß, zu einer Unzufriedenheit, die sich in einer zuckenden Augenbraue und einem Augenwinkel äußerte, sobald Clavius wieder einmal auf einen göttlichen Auftrag verwies.

Wer Môr Tahâs im Auge behielt, vermochte auch in seinem Blick eine gewisse Unzufriedenheit zu entdecken. Seine Stirn wurde von Falten des Zweifels geziert, als Clavius sprach. Wahrscheinlich hätte es den Alben nicht wundern sollen, dass er letztendlich einer Gruppe von Opportunisten begegnen musste in den gefallenen und weitestgehend vergessenen Königen. Doch der Alb hielt sich weiter zurück, während Sir Cairnat seine Mimik langsam wieder in den Griff bekam und einen nüchternen und neutralen Blick aufsetzte. Wieder sahen sie die merkwürdigen Handbewegungen und zwei der Männer mit Armbrüsten gingen vorsichtig ein paar Schritte vor, um Elyana zu packen und hinter ihre Reihen zu ziehen. In den vorsichtigen Blicken der Männer und dem vorsichtigen Tasten war zu sehen, dass jede Seite noch immer einen Angriff fürchtete und für äußerst realistisch hielt und wer wusste schon, wie die Alben letztendlich reagieren würden? Einfach auf beide Seiten schießen?

"Habt Dank für eure Einsicht.", sagte Sir Cairnat, als Elyana endlich vor Schmerzen stöhnend und fast im Delirium seiend hinter die eigene Linie getragen wurde. Er ließ das Licht auf seinem Stab als Zeichen des Entgegenkommens ebenfalls erlöschen, was den Mann mit dem Zweihänder einen sehr kritischen, fast fassunglosen Blick abrang. "Aber lasst mich noch einmal betonen, dass ich nichts von den Worten halten, wenn irgendjemand dieser Tage behauptet, er wäre im Auftrag der unbesiegbaren Sonne unterwegs. Diese heilige Formel wurde profansiert, in diesen Tagen der Krise herabgewürdigt zu etwas wie eine simple Begrüßung." Clavius stieß mit den Worten eines göttlichen Auftrags wiederholt auch wenig Gegenliebe durch den Jünger Novarals, dessen freundliche Fassade den innerlichen Ärger nur oberflächlich kaschieren konnte. Selbst der gemeinsame Feind, der Thuras zweifelsohne war, schien daran nichts zu ändern.
"Kennt ihr die Geschichte der Zah'rah?" Sir Cairnat ließ keinen Zweifel daran, dass er diese Geschichte unabhängig der Antwort erzählen würde. "Die Zah'rah sind benannt nach dem Propheten Zah'rah Alibasa. Er war der Anführer der ersten Vecorianer, welche sich in das heutige Gebiet von Zhuras vorkämpften, also die alten Elben, Alben und Riesen verdrängten. Er war ein sehr gewalttätiger Mission. Berühmt war er für die Gottesurteile, durch die er Ketzer richtete. Jeder Häretiker oder Gläubiger eines anderen Glaubens, der ihn herausforderte, wurde von ihm dazu gezwungen, ein geringe Menge Quecksilber zu trinken. Und was bedeutet dies? Sie sind Diener der alten Kirche. Ist das, wir ihr euch die Welt vorstellt und warum ihr euch für einen göttlichen Auftrag ausgewählt seht? Muss ich euch nur wieder Vecors Sonnenlicht unter die Nase halten, und schon haltet ihr es für einen göttlichen Auftrag und sucht für mich den Imperator[1]? Pah!" Er hatte sich jetzt in Rage gebracht und sein freundliches Gesicht war nun deutlich verzerrter. "Wenn wir eine Welt der Gewalt wollten, in der wir dem Leben eine geringere Rolle zugestehen als dem Unleben, ob nun Metal oder Knochen, dann könnten wir den Zah'rah oder Dhureks Schergen folgen. Die Zah'rah sind Konstrukte, Maschinen, und als solche gibt es jemanden, der sie steuern oder beeinflussen kann. Wir bleiben Freunde des Lebens, deswegen muss für das Leben ein neuer Morgen anbrechen."

Sir Cairnat kam einen Schritt näher und setzte wieder einen versöhnlicheren Blick auf. "Aber ihr wollt sicher davon sprechen, dass ihr gegen Thuras in Feld ziehen wollt. Darüber können wir gerne reden. Doch es bedingt dreierlei. Erstens, dass ihr euch dieser Sache verschreibt und nicht nur durch Druck, Folter und Zah'rah solches durchführt. Zweitens, dass ihr mir genaustens sagt, was ihr als Gegenleistung dafür wollt. Drittens, einen Schwur!" Er ließ das Wort wirken. "Einen richtigen Schwur[2]. Ein Schwur, der sicher gehen wird, dass ihr das Land nicht mit jenen Schrecken überzieht, die ihr selbst seid, und dass ihr keine Unschuldigen willentlich töten werdet. Und wenn ihr das einseht, können wir Auge zu Auge, ehrlich und wahrhaftig reden."
Das erste Mal entspannte der Mann mit dem Zweihänder ein bisschen, ohne seine Verteidigungshaltung aufzugeben. Die Könige im Blick behaltend, ging er nun zu Elyana rüber und flüsterte ihr etwas zu.
 1. Wissen (Arkanes) SG 10
 2. Wissen (Arkanes oder Religion) SG 15
Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Robin Brighthide am 03.10.2012, 21:43:52
Clavius hörte seinem Gegenüber aufmerksam zu, und verzog dabei keine Miene. Als Sir Cairnat geendet hatte, sah er ihn einen Moment lang nachdenklich an, und drehte sich dann einmal langsam im Kreis, um jeden der anderen untoten Könige anzusehen. Schließlich fiel sein Blick wieder auf den Vecorianer.

"Seht uns an. Jeder von uns war zu seiner Zeit ein Herrscher. Kein besonders guter, wie wir heute wohl alle einsehen müssen, aber das ist nebensächlich. Stellt euch vor, ihr müsstet eine Gruppe anführen, die nur aus Männern und Frauen besteht, die nicht nur eben so stark und fähig sind wir ihr, sondern auch einen nicht minder starken Willen haben. Wenn ihr ein Versprechen oder eine Zustimmung von uns als Gruppe wollt, dann müsst ihr es von jedem einzelnen einfordern. Weder ich noch irgendjemand sonst kann für die anderen bestimmen. Was ich euch aber sagen kann, ist folgendes."

Er deutete auf die elbische Vecorianerin, der er die Freiheit geschenkt hatte. "Ich habe zu meiner Zeit große Fehler begangen. Fehler, die ich heute einsehe. Doch trotz meiner Fehler hatte ich für das Reich stets nur das Beste im Sinn. Was ich damals tat, würde ich nie wiederholen, denn ich habe hinzugelernt. Was sich nicht geändert hat, ist meine Liebe zum Reich. Ich kämpfe, wenn es nötig ist, und ich töte, wenn es nötig ist. Aber ich empfinde keinen Spaß daran, Unschuldige zu töten. Trotz dem, was ich heute bin, bin auch ich ein Freund des Lebens, und ein Freund des Reiches, über das ich einst herrschte."

Dann drehte er Sir Cairnat den Rücken zu. Er fühlte sich nicht besonders wohl dabei, aber es war eine notwendige Geste. "Wir werden uns unterhalten müssen, und zwar ungestört. Nur dann könnt ihr eine gemeinschaftliche Antwort von uns erwarten."[1]

Langsam drehte er sich wieder um. "Und noch etwas möchte ich anmerken. Die Rolle der Zah'rah war mir in dem Ausmaß tatsächlich nicht bewusst. Aber es spielt auch keine Rolle. Ihr seid ein gläubiger Mann, nicht wahr? Mir geht es nicht anders. Und ich selbst habe heute genug erlebt, um zu wissen, dass die Zah'rah nichts weiter waren als ein Anstoß. Ihr könnt mir glauben oder nicht, aber der Weg, der von uns liegt, wird von der Sonne beschienen."[2]

Er hoffte, dass Sir Cairnat die kleine Lüge schlucken würde. Und er hoffte, dass seine Gefährten verstanden, was er vorhatte, und dass die Alben an nichts vom dem, was er sagte, zu sehr Anstoß nehmen würden.
 1. Diplomatie: 31
 2. Bluffen: 19
Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Mauron am 04.10.2012, 21:40:57
Dum.

Dum.

Dum.

Wie Paukenschläge machten sich wütende Gedanken in seinem Kopf bemerkbar. Jeder Schlag lauter und eindringlicher als zuvor. Schon sorgten sie dafür, dass andere Instrumente aus dem Takt gerieten. Es strauchelten die Violinen und verspielte sich der Flügel. Die Harfe hatte bereits ganz ausgesetzt und bemühte sich auch nicht, wieder das Spiel aufzunehmen.
Ein weniger begabter Dirigent hätte wohl in einer theatralischen Bewegung seinen Taktstock hinfort geworfen und seinen Dienst quittiert. Nicht so jedoch der fleißige Arbeiter in Maurons Kopf, der solche Situationen nur zu gut kannte und mit ihnen umzugehen wusste.  
Fließend integrierte er die Pauken in das Stück, unwillig ihnen auch nur ein einziges Solo zu gewähren und tatsächlich, schon nach wenigen Augenblicken waren wieder alle anderen Instrumente im Einsatz.
Manche lauter als zuvor, andere dagegen leiser und subtiler.

Auf solche Dinge konnte der Dirigent jedoch keine Rücksicht nehmen, wollte er nicht das ganze Stück gefährden.


Von alle dem war Mauron jedoch kein Bisschen anzusehen, mit ausdrucksloser Miene starrte er den alten Mann an.
Sollte dieser doch spotten, so viel er wollte.
„ICH bin der Entdecker des kosmischen Klangs. Durch ihn kann ich Kräfte erlangen, von denen du nicht einmal ansatzweise träumen könntest. Was kannst DU schon vorweisen? Armer schwächlicher Narr, du wähnst dich über mir und bist doch nichts weiter als eine kleine Made, die von dem lebt, was andere wegwerfen. Befiehlst über andere Maden und wähnst dich Herrscher? Was weißt du schon vom Flug der Raben? “

Auch der Mann mit dem Zweihänder erreichte mit seinem Gebaren nicht mehr als ein müdes Lächeln.
„Der Schoßhund der Made. Noch unbedeutender als die Made und doch voller Stolz ob deiner Leistung. Dümmlicher Tölpel.“

Die Arme nun mehr vor der Brust verschränkt, verfolgte er die weiteren Verhandlungen.Würde es jedes Mal das gleiche Spiel sein, wenn sie auf andere trafen? Irgendwie wurde er das Gefühl nicht los, das sie sich viel zu sehr von anderen herum stoßen ließen. Jede Gruppierung schien sich der ihren an Macht überlegen zu fühlen und sich somit in der Position ihnen ihre Bedingungen zu stellen. Wäre es nicht an der Zeit, dass sie das Zepter in die Hand nahmen?
In einer ruhigeren Minute würde er auch darüber mit den anderen Königen sprechen müssen. Selbst wenn es bedeutete, dass er rücksichtslos an seinen Kräften arbeiten musste, so konnte es nicht weitergehen.

Trotz seiner sehr doch recht aufmüpfigen Gedanken beteiligte sich Mauron nicht an dem Gespräch. Mit diesen Leuten zu diskutieren wäre wohl eine reine Zeitverschwendung.
Nur als Sir Cairnat den Imperator erwähnte, konnte er ein Schnauben nicht unterdrücken. „D'as kraa ssar korr, dro krata nir do'ir srassar.“ zitierte er den Spruch eines von ihm favorisierten Gelehrten in Drakonisch.[1]

„Da glaubt er nicht an solche Sachen und doch fordert er einen „richtigen“ Schwur und glaubt auch noch, der Kosmos würde ihn dabei unterstützen...“
 1. In der freien Übersetzung etwa: „Es gibt mehr Dinge im Dies- und Jenseits, als ein Sterblicher erahnen kann.“
Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Menthir am 05.10.2012, 21:08:51
10. Jantus 1214 - Ein langer Sonnenuntergang - 17:31 Uhr

Die Männer begannen im Hintergrund Elyana heilkundlich zu versorgen. Es war erkennbar, dass sie sich jetzt den Schmerzen hingab und in eine Bewusstlosigkeit gefallen war. Die beiden Männer entspannten dafür sogar ihre Armbrüste und banden sie auf den Rücken, um die Hände frei für die Wundversorgung zu haben. Vorsichtig entfernten sie die in den Schlüsselbeine eingedrungenden Albenpfeile, was Môr Tahâs mit einem listigen Lächeln von seiner Position aus begleitete. Leicht zog der Wind in diesen Minuten an und brachte eine gewisse Frische in die Umgebung und lichtete den unnatürlichen Nebel, der den Schauplatz im festen Griffe hatte, etwas. Es roch nach nach erloschenem Feuer, glimmenden Rauch. Es waren verbrannte Nadelhölzer.

Sir Cairnat kräuselte die Lippen und sein Blick verdunkelte sich zusehens je mehr Clavius sprach. Er griff sich schließlich mit der rechten Hand in die Augen und rieb sie scheinbar inzwischen genervt. "Ich erkläre es ein letztes Mal. Es gibt tausende von Menschen und anderer Wesen in diesem Reich, die glauben, dass sie Vecors Segen auf ihrer Seite hätten. Ich habe es jetzt zweimal gesagt und nun ein drittes Mal. Hört auf mit diesem Segensgesäusel. Ihr wisst nichts von Vecor und seinen Heiligen, also haltet euch mit euren nichtssagenden Segensdeutungen zurück, Aberration."
Sir Cairnat bekam zum wiederholten Male einen wütenden Blick des Zweihänderträgers und sie tauschten sich per Handgesten aus. Es dauerte diesmal über eine Minute, ehe die Männer sich in den Wald zurückzogen und die bewusstlose Inquisitorin mit sich nahmen. Cairnat und der bewaffnete Mann blieben zurück und der ältere Priester blickte schließlich wieder zu den Untoten, um sie als gesammelte Masse anzusprechen.
"Ihr verlangt viel von meiner Geduld und meiner Nachsicht. Ich werde sie euch trotz eures provozierenden Gebarens gewähren. Ich gebe euch eine Viertelstunde, um euch zu beraten und zu entscheiden. Sollte jedoch eine Falle vorbereiten werden in der Zeit oder nach dieser Zeit ein Angriff auf meine Männer erfolgen, wird Vecors Segen euch wahrlich noch an diesem Tag treffen."
Als er von provozierenden Gebaren sprach, schaute er eindringlich Clavius und Mauron an. Der Zweihänderträger stellte sich vor den Priester und mit zuerst zögerlichen, vorsichtigen Rückwärtsschritten zogen sie sich zurück in den Nebel. Die Viertelstunde lief.

Ein paar Sekunden waren vergangen, da klatschte der Alb langsam in die Hände. "Welch eine Meisterleistung.", sagte er, es klang zuerst spottend. "Eine Meisterleistung, dass sie euch trotz eurer Worte und eurer Art noch nicht umgebracht haben. Zeigt mir deutlich, dass sie selbst verzweifelt nach irgendwas anderem suchen und nicht nach eurer Zerstörung. Quasi ein Segen Vecors." Der Alb fing an zu lachen und ließ seine Männer die Bögen senken, die dennoch weiterhin misstrauisch in den Nebel starrten. Der Alb behielt sein Schwert in der Hand und sein Gesicht wurde ernst. "Ich bin gespannt, wie ihr diese Situation lösen wollt. Mein Volk verkaufen? Mich als Verhandlungsmasse nutzen? Oder weiter zerbrechen, wie ihr es den Söldner gegenüber getan habt?" Der Alb schaute die Untoten an, die einen Moment Zeit hatten, sie auszutauschen ehe die Jünger Novarals ihnen wieder auf den knöchernen Pelz rückten.
Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Nicos am 05.10.2012, 22:23:05
Nicos hörte die ganze Zeit aufmerksam zu und blieb wie angewurzelt stehen. Der Nekromant verzog keine Miene. Er war innerlich hin- und hergerissen. Auf der einen Seite war das Rachegefühl, das er gegenüber einem Volk hatte, dass ihn mit der Vergessenheit bestraft hat. Auf der anderen Seite wollte er keinen leichtfertigen Verrat an Clavius begehen. Falls Clavius irgendwie an die Macht käme, könnte er ein mächtiger Mann im Hintergrund werden, der dann seine Fäden entsprechend spinnt. Er musste alles nur ganz geschickt anstellen. Clavius hatte sich ihm zumindest ein bisschen schon genähert. Er schätzte seine Kraft der Nekromantie. Außerdem konnte Nicos Clavius Beschädigungen an seinem Körper mit negativer Energie wieder magisch entfernen. Er war so etwas wie ein effizienter Heiler für diese Gemeinschaft.

Nicos konnte sich letztlich nicht so recht entscheiden. Sollte er den Weg der Zerstörung oder den Weg der Herrschaft wählen? Doch eines war ihm klar: Diese Vecorianer waren aus verschiedenen Gründen schwach. Noch schwächer als alle einst gefallenen Könige zusammen. Hatten die Vecorianer wirklich eine bedeutende Rolle im Reich verdient? Nicos wünschte sich eher ihren Fall. Sie hatten nur die positive Energie auf ihrer Seite, um Untote zu zerstören, aber mehr nicht. Wenn das ihr einziger Vorzug war, war das wahrlich nicht viel.  

Als Nicos endlich seine Worte in seinem Kopf formuliert hatte, waren die Vecorianer schon weit fort und er wollte ihnen nicht hinterherbrüllen oder nachlaufen. Wahrscheinlich hätte seine Worte eh nur zu einem vorzeitigen Kampf mit den Vecorianern geführt. In Nicos Gesicht formte sich kurzzeitig ein unheimliches Lächeln als er in den Nebel schaute, doch der Blick, den er Môr Tahâs neben sich zuwendete, war emotionlos wie eh und je zu und sprach die folgenden Worte etwas leiser zu ihm, nachdem er seine anderen Gefährten näher zu ihnen hingewunken hat: "Ich hatte mir schon gedacht, dass solche Worte kommen würden, Môr Tahâs. Diese Worte entstammten nicht wirklich einer großen Unberechenbarkeit, um es einmal so zu sagen. Diese Vecorianer haben den Untergang verdient, wenn Ihr meine Meinung dazu wissen wollt. Wisst Ihr auch wieso, Môr Tahâs? Ich will es Euch einmal sagen: Wenn es eine Armee von Untoten bräuchte, um Thuras IV. zu stürtzen, ich würde sie erschaffen. Wenn man Hunderte von Leuten opfern müsste, um eine Millionen zu retten, dann würde ich das tun. Dass die Vecorianer solch einen Begriff wie 'Unschuldige' verwenden, zeugt von großer Dummheit. Wer ist schon wirklich 'unschuldig'? Vielleicht sogar ein einfacher Bürger, der nur aus Angst Thuras IV.-Anhänger ist, uns aber trotzdem auf jeden Fall verraten würde? Diese Vecorianer denken zu sehr schwarz-weiß und in blumigen Begriffen. Das ist ihr großer Fehler und dieser wird ihnen irgendwann einmal zum Verhängnis werden, wenn er es denn nicht schon längst bei ihrer momentanen Lage geworden ist.

Dieser Sir Cairnat könnte ein Kleriker von Vecor sein. Der Typ mit dem Zweihänder könnte ein Paladin der Tyrannei sein. Diese beiden Personen könnte uns zu Asche verwandeln. Ich will versuchen meine Gefährten gegen die Kraft der Sonne mit meiner Macht so gut es geht zu schützen, aber diese Vecorianer sind Spezialisten im Kampf gegen Untote. Eure Alben haben es da besser gegen die Vecorianer. Aus dem Hinterhalt oder erhöhter Position könnten sie viele von ihnen töten. Ich halte Euch für sehr mächtig Môr Tahâs, aber ich bin mir nicht sicher, ob wir diesen Kampf hätten gewinnen können. Sir Cairnat und der Zweihänderträger hätten schnell ausgeschaltet werden müssen, aber dafür waren auf dem Schlachtfeld zu wenig Mann, um das zu bewerkstelligen. Ich halte beide nämlich für sehr mächtig. Ich bin auf Eurer Seite, aber wollt Ihr denn immer noch ein Bündnis mit uns? Könnt Ihr uns so lange einen schützenden Unterschlupf gewähren bis Ihr die Vecorianer besiegt habt mit Euren Alben? Wenn Ihr unbedingt darauf besteht, dass wir selbst mitkämpfen, dann versuche ich meine untoten Gefährten mit all meiner Macht vor der vecorianischen Kraft der Sonne zu beschützen. Allerdings wird das ein sehr harter Kampf werden für uns Untote. Selbst wenn diese zwei Alben hier im Hintergrund wahrhafte Meisterschützen sind, bräuchten wir noch mehr Alben im Kampf gegen die Vecorianer. Wäre ein Hinterhalt und Unterstützung durch mehr Alben möglich? Gibt es einen Ort hier, den man noch besser verteidigen kann?"


Bevor Môr Tahâs antworten konnte, sagte Nicos noch- weiterhin leise- zu Clavius: "Entschuldigt Môr Tahâs, ich will noch schnell etwas zu Clavius sagen: Mit diesen Dummköpfen ein Bündnis einzugehen, ist meiner Meinung nach nicht so klug, Clavius. Ich habe schon dargelegt, warum ich nichts von diesen Vecorianern halte. Aber bitte lasst Euch nicht auf diesen Schwur ein. Es muss getan werden, was getan werden muss und irgendwelche Schwüre könnten uns dabei nur im Weg stehen. Durch ihr falsches Ehrgefühl sind die Vecorianer doch erst in ihre momentane Lage gekommen. Wenn wir nun durch einen mächtigen Schwur dieselben Grundsätze wie sie haben werden, wird ein Sturz Thuras IV. einfach scheitern. Gegen die Konsequenzen bei einem Schwurbruch sind ein paar Jahrhunderte in der Vergessenheit in der Zwischenwelt fast schon so etwas wie eine Belohnung. Und wir einst gefallene Könige kennen uns mit der Strafe des Vergessens schließlich aus."
Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Alvanon am 10.10.2012, 19:59:44
Ein Schwur wurde also gefordert, um einen Waffenstillstand zu erhandeln. Ein Schwur, um unsere Treue zu erkaufen, und wofür? Dafür, dass wir uns an die Vecorianer ausliefern, die uns als Werkzeug benutzen und hinterher entsorgen, weil wir außerhalb der Barriere wieder eine Sünde am Dasein darstellen. Vielleicht gar, um uns zu Handlungen zu zwingen, die wir ohne diesen Schwur niemals durchführen würden. Sollen die anderen doch ihre Lippenbekenntnisse abgeben, ich werde mich weigern! Er sah vor seinem inneren Auge, wie sie allesamt nacheinander diesen Schwur leisteten, auf den Namen Vecor am Ende noch, und sich dabei nicht wehren konnten, weil sie hilflos vor dem Schwurmeister knieten und sich in ihr Schicksal ergaben. Es war amüsant, sich vorzustellen, wie man sehenden Auges in diese ausweglose Situation tappte, die vielleicht eine Falle war, ganz sicher aber nicht förderlich für das Wohlergehen der untoten Könige. Alvanon verstand wenig von magischen Dingen, doch er verstand, dass Magie ein mächtiges Instrument sein konnte. Er war misstrauisch genug, einem Fremden in Sachen Magie nicht zu vertrauen und lehnte diesen Schwur innerlich bereits ab.

Zudem war es ein Schwur in einer delikaten Angelegenheit. Es ging noch immer um den Tod von Thuras IV, den inoffiziell scheinbar niemand wirklich positiv betrachtete. So fragte Alvanon sich, wie dieser überhaupt an die Macht gekommen und bei dieser verblieben ist. Je mehr er darüber nachdachte, desto unsinniger erschien es dem Elb, helfend in dieser Angelegenheit einzugreifen. Sollten die Dinge ihren Lauf nehmen, so erwartete Alvanon einen Bürgerkrieg, welcher wie eine reinigende Katharsis das Land überfallen wird. Aus der entstehenden Asche wird dann ein gestärktes Reich erstehen, da die schwachen Triebe vom Stamm entfernt wurden. Ist es nicht auch im Sinne Vecors, dass Stärke erhalten bleibt? Wahrscheinlich tun wir den Vecorianern den größeren Gefallen damit, dass wir abwarten und nichts tun. Handeln durch Nichthandeln. War da nicht einmal irgendwas in den Lehrbüchern zu dieser Weisheit? Wahrscheinlich brauchte das Reich einen Wechsel, denn festgefahrene Strukturen führen zu großer Sicherheit, welche wiederum zu unachtsamen Augen führt. Der positive Nebeneffekt am Nichthandeln ist dazu noch, dass der eigene, allzu fragile Körper dabei nicht in Gefahr geraten würde. Ein nicht zu vernachlässigender Effekt der ganzen Angelegenheit. In einem Theaterstück hieß es zwar, dass der heißeste Platz in der Hölle für all diejenigen bestimmt war, die in Krisenzeiten – und von diesen Zeiten konnte man aktuell wohl ohne schlechtes Gewissen sprechen – neutral blieben. Allerdings wusste Alvanon beim besten Willen nicht, für wen er Stellung beziehen sollte. Auf der einen Seite waren die Alben, deren Pfeile der Elb fürchtete, auf der anderen Seite die Vecorianer, deren Hass auf den Untod er fürchtete. Als untoter Elb wurde er von beiden Seiten nicht besonders gemocht, weshalb es ihm besonders schwer fiel, sich für eine der beiden Parteien zu entscheiden.

Überraschenderweise fand er dennoch schnell Zustimmung für Môr Tahâs Worte. Es war wirklich bewundernswert und zudem noch erstaunlich, wenn nicht gar ein Wunder, dass sie noch lebten. Er hatte bereits in mehreren Momenten Gedacht, dass es gleich zuende gehen würde. Aber sie lebten noch, und dieser Zustand sollte auch weiterhin erhalten bleiben. Es würde nur schwerer werden, wie die Fragen des Alben bewiesen, denn auch er hatte sich schon die Fragen gestellt, die die Weichen für eine lebendige Zukunft stellen würden. Allerdings waren die Fragen recht leicht zu beantworten. Sich gegen die Alben zu stellen war reiner Selbstmord. Es lauerte eine unbekannte Anzahl in den Schatten dieses Waldes, und Alvanon spürte die Pfeilspitzen schon förmlich auf seinem Körper. Dieses Gefühl trug nicht unbedingt zu seiner Beruhigung bei. Allerdings waren sie die besten Verbündeten, da die Könige sich auf deren Territorium befanden und selbst herzlich wenig von den hiesigen Gegebenheiten kannten. Die Vecorianer gaben sich zwar souverän, doch waren auch sie nur Blinde in einem nebelverhangenen Wald, deren einziger Schutz vielleicht ein oder zwei Zoll Stahl darstellte. Es war nur fraglich, wieso die Alben die Vecorianer in ihrem Gebiet duldeten.

Er folgte dem Wink von Nicos und trat in einen kleinen Kreis, der ihn stilistisch an eine Verschwörung erinnerte. Eine Gruppe von Verschwörern im Haus des Feindes, den sie als Verbündeten nutzten, um einen anderen Einbrecher zu vertreiben. Er hörte auf Nicos Worte und wartete, bis er ausgeredet hatte, ehe er antwortete: “Eine interessante Ansicht von Unschuld, die ihr da habt, Nicos. Ihr meint also wirklich, dass es keine Art von Unschuld gibt und dies nur von Dummen so gesehen wird? Dieser Bürger, den ihr erwähnt, hat gar keine Wahl, als sich eine Form der Schuld aufzuladen, die allerdings sehr subjektiv wahrgenommen wird. Wenn er Thuras nicht die Treue hält, ist er ein Verräter aus seiner Sicht, wenn er uns nicht die Treue hält, ist er ein Verräter aus unserer Sicht? Interessante Ansicht, dass ihr die Farbe weiß komplett streicht und lediglich das Schwarz in unterschiedlichen Schattierungen stehen lasst. Ich fühle mich inspiriert zu einer tragischen Geschichte über einen Philosophen, der auszog, um einen einzigen guten Menschen auf der Welt zu finden.
Aber zurück zu unserem Thema, ich schweife in letzter Zeit so schnell ab. Was meint ihr, was passieren wird, wenn untote Horden durch Zhuras streifen? Ich persönlich habe da so meine Zweifel, dass die sonnigen Gemüter des Vecor lange zuschauen, ehe sie eingreifen. Wir sollten sie nicht zu sehr auf die Probe stellen, ihre Geduld ist mit uns schon überstrapaziert, mein Freund.“
Er sprach das Wort Freund ohne Spott und Hohn, sondern mit aller Aufrichtigkeit, die in ihm steckte. “Und auch das Opfer von Hunderten würde wenig Anerkennung finden. Wahrscheinlich sollten wir immer noch schauen, dass Aufwand und Ertrag nicht aus der Waage geraten. Wir können nicht das Land verhehren, um unser Ziel zu erreichen, das würde nicht zu Wohlwollen uns gegenüber beitragen.

Im Übrigen – und nichts gegen euch und eure Alben, Mor Tahas – ich habe Sorge davor, mich in den Nahkampf zu begeben, wenn die Alben aus dem Hinterhalt heraus Pfeile abschießen. Ich will niemandem die Treffsicherheit absprechen, aber ich habe die Befürchtung, dass mindestens ein Pfeil einen der unseren Niederstrecken würde. Das muss nicht einmal Absicht sein, ein Versehen kann stets passieren. Allerdings stimme ich in zwei Dingen zu. Ohne Hilfe werden wir keine Chance haben, die Vecorianer zu besiegen. Und nichts anderes kann unser Ziel sein, denn ich werde mich ebenfalls auf keinen Schwur irgendeiner Art einlassen.“

Titel: Ein langer Sonnenuntergang
Beitrag von: Robin Brighthide am 14.10.2012, 23:14:18
Clavius fluchte innerlich, als der Vecorianer seinen Bluff erkannte - jedenfalls einen Teil davon. Dennoch ging sein Plan auf, und er sah dem Abzug der Vecorianer befriedigt zu. Schließlich wandte er sich dem Alben zu.

"Für jemanden mit eurer Lebensspanne seid ihr erstaunlich kurzsichtig. Erkennt ihr gar nicht die Chance, die sich uns hier gerade bietet? Diese Fanatiker sind für uns ein möglicher Schlüssel, um unsere Ziele zu erreichen." Er stoppte kurz, und sah den Alben einen Moment nachdenklich an. "Wobei ihr euch über eure wahren Ziele natürlich noch ausgeschwiegen habt. Wenn ihr wollt, das wir in die gleiche Richtung agieren, wäre es hilfreich, wenn ihr uns in der Hinsicht ein wenig mehr eröffnen würdet. Tut ihr es nicht, werden wir bei unseren Verhandlungen mit den Vecorianern nur unsere eigenen Ziele im Auge haben. Das könnte euch nicht passen, und das wollen wir doch vermeiden."[1]

Dann wandte er sich an seine untoten Gefährten. "Wenn wir es schaffen, die Vecorianer zu unseren Bündnispartnern zu machen, erhöht das unseren Zugriff auf das Reich enorm. Ein paar einfache Worte haben gereicht, um uns die Möglichkeit eines Gespräches in aller Ruhe zu geben. Wäre ich an seiner Stelle, hätte ich mich ganz sicher nicht zurückgezogen. Sicher werden wir aus ihm und seinen Mannen keine Marionetten machen, und das will ich auch gar nicht, aber wir können ihn dazu bringen, Aufgaben zu erledigen, die für uns selbst schwierig oder sogar unmöglich durchzuführen sind."

Kurz sah er in die Richtung, in die Sir Cairnat verschwunden war, als wolle er sich vergewissern, dass der feindliche Anführer es sich nicht doch plötzlich anders überlegt hatte. Dann wandte er sich wieder an die Könige. "Dieser Mann steht selbst am Rande eines Abgrunds. Er kämpft für seine fanatischen Überzeugungen, aber sein Einfluss und seine Möglichkeiten schwinden. Ich bin überzeugt, dass er sich auf einen Kompromiss einlassen wird."

Dann sah er Nicos an, und lächelte. "Sir Cairnat sprach davon, dass wir das Land nicht mit Untoten überziehen sollen. Tatsächlich glaube ich, dass wir davon absehen sollten, sonst werden uns am Ende doch noch die Zah'rah oder andere machtvolle Wesen im Dienste Vecors auf den Hals gehetzt. Das Land nicht mit Untoten zu überziehen heißt aber nicht, keine Untoten zu beschwören. Und was die Unschuldigen angeht - das ist ein kritisches Thema, wie Alvanon ja eben schon bewiesen hat. Wer ist unschuldig? Was passiert, wenn wir jemanden für schuldig halten, er sich aber im Nachhinein als unschuldig erweist? Alles, worauf wir uns einlassen können, ist das Versprechen, niemanden zu töten, den wir für unschuldig halten. Leisten wir den Schwur aber als Gruppe, trifft dieser Zustand nur ein, wenn keiner von uns die betreffende Person für schuldig hält. Etwas, was wohl nur selten eintreten wird."

Er sah sich in der Runde um, und beobachtete die Umstehenden. "Ich bin kein Magier, aber wenn ich mich recht entsinne, geht es bei Zaubern dieser Art doch stets um die Erfüllung des Wortlauts, oder?"
 1. Diplomatie: 34, damit der Alb ein wenig mehr über seine wahren Ziele verrät