Verkehrte Welt - der Schrecken geht weiter...
Unruhig hüpfte er von einem Bein auf das andere, kurze Beine, mit edlen Stoffhosen, gebunden, geschnürt an den Knien, darunter ein paar kühne Lederstiefel. Den Hut auf, wie immer, dasselbe Hemd, die Hände fuchtelnd in die Luft gereckt - das Gesicht zu einem Grinsen verzogen: Er war wieder da - Gelik Ebberschwinge! Nach über einem Tag Suche war er von selbst zum alten 'neuen' Basislager der Gefährten zurückgekehrt, Halas Martain hatte ihn gesucht. Ischiro hatte ihn gesucht - und der Rest? Der Rest war verschwunden - und Valash sogar für immer! Noch immer halten die Bilder der Erinnerung in ihren Köpfen wieder und bei dem Gnom schienen sie eine besondere Wirkung entfaltet zu haben. Gelik sprang in einer sandigen Pfütze getrockneten Blutes umher! Sein Hemd zerrissen und dreckig - der Hut schief, die schmucke Feder abgebrochen und ausgefranst, das Schuhwerk besudelt und die Hosen beschmiert. Das Grinsen, kein freches und vorlautes - ein wahnsinniges! Und genau dieser Wahnsinn hatte sie alle hier im Lager getroffen. In der Nacht, in der sie kamen...
Die Barbaren hatten das Basislager angegriffen und überrascht, überfallen und siegreich 'Beute' davon getragen. Es war ein harter Kampf gewesen, ein scheußlicher Kampf, und so sah es hier auf der Lichtung auch noch immer aus: Sämtliche Lagereinrichtungen und Befestigungen waren zerstört und niedergerissen, die Segeltuchplanen gar angezündet und verbrannt. Ein jämmerlicher Anblick, doch nicht traurig - traurig war, dass die Kannibalen in ihrem fürchterlichen Blutrausch Valash mit in den Tod gerissen hatten. Ihm an Ort und Stelle den Schädel eingeschlagen und ihn blutend am Boden liegen gelassen, den Kampf mit aller Gewalt, mit roher Gewalt fortgeführt, die Gefährten zersplittert und erschüttert. Gekämpft hatten sie alle, sich gewehrt - besonders Aerys, gar Tascha hatten ihr Bestes gegeben. Die Männer im Lager mussten quasi zuschauen, wie sich die Beiden unerbitterlich in die Schlacht warfen, an erster Front kämpften, Seit an Seit, als wäre nie etwas Anderes von Belang gewesen. Gelik wurde von drei Kannibalen in die Enge getrieben und entwischte ihnen schließlich geschickt durch die Beine wieselnd. Halas zog sich nach und nach zurück und musste sich eingestehen, dass sie auf so einen Ansturm nicht vorbereitet gewesen waren, zu schlecht gerüstet, zu schwach - zu alleine. Alleine war auch Ischiro geblieben, eine Meute von Barbaren hatte ihn umstellt, aus zahlreichen klaffenden Wunden blutete er, doch tapfer kämpfte er weiter und vermochte es schließlich die letzten Angreifer in die Flucht zu schlagen. Gefällt hatten sie allerdings keinen der Hünen. Nur Verlust erlitten: Valash war grausam niedergestreckt worden und die Barbaren hatten seinen toten Körper mitgeschliffen, Aerys und Tascha waren bewusstlos hinweggezerrt worden - ihr drohendes Schicksal wollte sich lieber keiner von den Überlebenden ausmalen. Kannibalen - Menschenfresser - es fügte sich so, wie es wohl dem Rest ergangen war, tiefer im Dschungel der Schmugglerinsel?!...
Halas hatte sich nach den Schrecken der Schlacht schnell wieder zu Ischiro gesellt, der ermattet und schwer verletzt in den Trümmern ihres Basislagers dahinsiechte. Er hatte ihn verbunden und gemeinsam hatten sie sich eine sichere Bleibe für die Nacht und den Gnom Gelik gesucht: Mit einem irren und gleichsam furchterfüllten Lachen war er vorhin in die Wälder abgetaucht. Die kommende, fast schlaflose Nacht - ohne Gelik an ihrer Seite, er blieb verschwunden - war eine der schlimmsten, die sie je erlebt hatten. Jeder Schatten erschien als Kannibalenkrieger mit geschwungener Axt oder erhobenem Säbel. Die Bäume streckten ihre Äste schützend über sie, aber tief im Innersten waren sie erschüttert worden, wie nie zuvor auf der Schmugglerinsel. Sie waren nicht alleine, nicht mehr - eine Gruppe Kannibalen war auf der Insel unterwegs und vermutlich auch ansässig: Nicht unbedingt die erhoffte Bekannt- und Gesellschaft auf einem verlassenen Eiland...
Schließlich, am nächsten Tage gelang es den beiden Überlebenden dann Gelik Ebberschwinge aufzuspüren. Zitternd und fluchend saß er in einer Art Erdloch, in das er gefallen war - vielleicht eine Tierfalle - aber wie dem auch war: Alleine war er dort nicht mehr hinausgekommen. Sie befreiten ihn und verpflegten seine ersten Wunden, doch etwas konnten sie nicht heilen: Gelik schien verrückt geworden, sein Charakter war wie ausgewechselt. So war der Gnom erst recht zu Nichts mehr zu gebrauchen, und das war nur all zu offensichtlich. Keine gute Ausgangsposition, wie Halas kurzerhand feststellen konnte. Ischiro hatte er zwar inzwischen magisch heilen können, aber dennoch war er kaum zur körperlichen Arbeit zu gebrauchen. Leichen gab es zu allem Überfluss dieses Mal nicht zu begraben - ihnen war ein Anderes Schicksal bestimmt, Valash zumindest. Und für die beiden Frauen war es vermutlich auch nur noch eine Frage der Zeit...
Die nächste Zeit verbrachten die verbliebenen Gefährten damit sich ein kleines Notlager unweit ihrer alten Basis zu errichten. Mit der Lichtung selbst verbanden sie alle nun all zu schlechte Erinnerungen, da war Nichts mehr für sie zu holen und Nichts mehr, was sie hielt. Die Zeit verging, doch die Situation wollte sich nicht bessern. Bis eines Morgens schließlich[1] ein Knacksen von der Lichtung zu hören war auf denen ehemals ihr Lager gestanden hatte. Halas Martain wurde von dem unerwartetem Laut unsanft aus dem Schlaf gerissen - auch Ischiro erwachte und hielt sich schmerzverzerrt den Oberarm, nachdem er aufgefahren war und auf seiner Matte saß, noch immer plagten ihn die alten Wunden! Gelik schlief unbeirrt weiter, zusammengekauert in seine Decke gerollt. Der Morgen war nebelig und unangenehm kühl - es hatte geregnet in der Nacht und weit im Süden stiegen schwarze Wolken auf, welche leicht rötlich glimmten - oder bildeten sie sich das nur ein?! Was auf jeden Fall real war, war eine Stimme, die durch den Morgennebel schallte:
"He! Valash, Halas, Gelik - wo seid ihr alle - Tascha, Aerys?! Ischiro?!"
Nevos.
Ungewollt musste Gelik Ebberschwinge sogar ein klein wenig grinsen, als Halas Martain sich selbst hochnahm. Aber dann verfiel er schnell wieder in seine alte Mimik - er war nicht zufrieden mit der Situation. Und er hatte etwas dagegen ihrem Verderben - den Kannibalen - auch noch entgegen zu laufen! Doch er fügte sich der Gruppe wortlos, alleine bleiben wollte er hier auch nicht...
Nevos war schon einige Meter voraus und kämpfte sich durchs Gestrüpp. Mit grimmiger, aber entschlossener Miene nickte Ischiro Halas Martain dann zu. Der Mystiker schien das Ausmaß ihrer Lage begriffen zu haben. Und sein Vorhaben die Insel schnell zu verlassen, war sicherlich kein schlechter Plan. Aber eben auch nur ein Plan...
Die dunklen Geheimnisse der Schmugglerinsel hatten sich offenbart, gezeigt und waren dabei die Überhand zu gewinnen. Momentan blieb den verbliebenen Gefährten also auch gar nichts anders übrig als dagegen anzukämpfen. Und das würden sie nun tun: Kämpfen!...
Ende des Zwischenspiels. (http://games.dnd-gate.de/index.php/topic,6727.msg825190.html#msg825190)