10. Xocotli - 5200 tunob seit Beginn mazticischer ZeitrechnungDie Stadt Tukan - südlich des Haus des Tezca
So ungewohnt ist für Mirrasshi das Leben in der Zivilisation, dass ihr gar nicht erst der Gedanke kommt, einfach ein Gasthaus aufzusuchen. Gold und Jade hatten sie genug um eine der Unterkünfte aufzusuchen, welche vor allem von den Trägern und Fernhändlern genutzt wurden. In Ermangelung von Lasttieren, wurden Waren in der wahren Welt nämlich von großen Trägerkolonnen transportiert. Die Unterbringung in solchen Unterkünften war einfach, aber alle Mal bequemer als erneut unter freiem Himmel, oder inmitten der Gebäude zu rasten.
Schließlich nehmen die Gefährten ihre Habe, dazu noch einen letzten Schluck Wasser und wollen sich von Tlacatl angeführt auf die Suche machen. Doch kaum, dass sie sich aufgerafft haben, da ertönt plötzlich der Klang eines lauten Hornes, welcher nicht nur die Gefährten, sondern auch alle Anwesenden zusammen zucken lässt. Es klingt fremdartig und lauter selbst als die Hörner welche in den Bergen von Lopango geblasen werden. Kurz darauf ist in schneller Abfolge das Schlagen von Trommeln zu hören und eine große Volksmenge versammelt sich auf dem zentralen Marktplatz der Stadt, was durchaus Erinnerungen an die träumende Stadt Mictlanec wach ruft.
Musikempfehlung zu dieser Szene (http://www.youtube.com/watch?v=PgZTX2PNiUk&feature=share&list=PLA587795B8B0C70C2&index=12)
Ungläubig betrachten die Gefährten was sich da abspielt ... eine große Gruppe von Menschen zieht in die Stadt ein, doch es sind keine Besucher aus Lopango oder Kolan. Ihre hochgewachsenenen Leiber sind von dunklem Eisen besetzt, doch wo ihre Gesichter oder Haut frei liegen wirken sie blass wie Geister. Einige von ihnen tragen lange Lanzen oder die gefürchteten Donnerstöcke, welche Tlacatl bereits kennen gelernt hat. Das Dröhnen von Horn und Trommel wird begleitet vom lauten Auftreten Dutzender metallbeschlagener Stiefel und lässt die Bewohner von Tukan respektvoll zurückreichen.
Insgesamt mögen es etwa 100 der Fremdlinge sein ... doch wo kommen sie her? Sicher nicht aus dem Norden wo das Haus des Tezca lag. Hatte Yaotlchone gelogen und die Eroberer hatten Lopango doch unterworfen und griffen nun nach dem nächsten Stadtstaat den sie unterwerfen konnten? Kaska fühlt sich beunruhigt an ein ganz ähnliches Schauspiel in Ulatos erinnert, während Mirrasshi ihre Hoffnung begraben muss diese Schlächter jenseits von Tezcas Haus niemals wieder zu sehen. Für Necahual und Xocoyotl, welche diese fremdartigen Gestalten zum ersten Mal sehen, ist der Anblick aber sicher noch einschüchternder. Yaotlchone hingegen scheint wie zur Salzsäule erstarrt ...
Mitten auf dem Marktplatz baut sich plötzlich einer der Fremden auf einem höher gelegenen Podest auf. Sein Gesicht ist von einer eisernen Maske besetzt, was ihn noch unheimlicher wirken lässt, gemeinsam mit dem roten Umhang, der von seinen Schultern wallt. Neben ihm rammt ein Legionär eine Standarte in den Boden, an welcher eine Flagge im Wind flattert, bemalt mit einem goldenen Adler, das Zeichen der güldenen Legion.
Seine Stimme erklingt laut, bedrohlich und fremdartig, gedämpft durch die Maske:
¿Hay alguien entre ustedes los salvajes, que habla nuestro idioma?[1]
11. Xocotli - 5200 tunob seit Beginn mazticischer ZeitrechnungDie Stadt Tukan - Im Palast des Pipiltin Caxal
Nacheinander erwachen die Gefährten nach einer ruhigen und gut durchschlafenen Nacht. Auch wenn die Legion in der Stadt ist, so bieten die Mauern Caxals Schutz, ebenso wie seine Diener und Wächter. Schließlich dringen die Strahlen Tezcas immer stärker durch die Fenster in den Gästeraum hinein, welcher sich zusehends aufwärmt, im Vergleich zum Haus des Tezca aber stets kühl und angenehm, von Schatten erfüllt bleibt.
Als Tlacalt von seiner Schlafstatt aufblickt, sieht er schließlich auch wie Necahual den Raum betritt, welche offenbar die ganze Nacht über an Yaotlchones Seite gewacht hat. Noch in den frühen Morgenstunden haben einige Diener wohl Schüsseln mit Wasser bereitgestellt, so wie frisch gebackenes Maisbrot und Früchte.
Eine Nacht war nun vergangen ... hatte sie Caxal, hatte sie Tlacatl weitere Klarheit gebracht? Doch viel drängender war wohl die Frage: Was würde die Legion nun tun? Sicherlich könnten die Gefährten nicht damit rechnen einfach weiter in Caxals Haus zu verbleiben und von den Fremden ungestört zu bleiben.
Einstweilen plätschert draußen der Brunnen und ein Tukan klappert vor dem Fenster mit dem Schnabel ...
Ganz so als gingen die Dinge ihren normalen, friedlichen Lauf, als wäre Yaotlchone nicht gestorben.
Necahual bleibt allein mit Tlacatl und der gedeckten Tafel zurück. Unsicher schreitet sie den Tisch entlang und greift dann zu den Kaktusfeigen. Im Dschungel Payits sind ihr diese Früchte bisher verborgen geblieben, doch hat sie das saftige Fleisch besonders bei der Durchquerung von Tezcas Haus zu schätzen gelernt. Sie schaut auf den steinernen Boden und folgt mit ihrem Blick den einzelnen Rillen bis hin zu Tlacatls Füßen. Dann blickt sie auf und ihrem Bruder ins Gesicht. "Bruder, als ich Yaotlchone begleitete, liess mich der Couatl bei den Zwillingsgesichtern der Itza von seinem Rücken absteigen. Ihr Anblick erinnerte mich an die Prophezeiung von Quotals Rückkehr in Zeiten größter Not. Ich habe die Worte des Quotal Priesters noch wie damals in meinem Ohr obwohl es in meiner Kindheit war." Necahual schaut Tlacatl eingehend an und macht eine Pause dann beginnt sie die Worte der Prophezeiung erneut zu sprechen:
"Der Couatl wird kommen, um ihnen den Weg zu zeigen,
Meine gefiederte Schlange der Weisheit und des Könnens,
Meine auserwählte Tochter soll sie an der Küste begrüßen,
Erkennt sie, sie wird den Mantel der Einen Feder tragen,
Und das Eis des Sommers, gefroren unter Hitze und Feuer,
Wird den Weg zu meinem Tor bereiten."
Für einen Moment lässt sie die Worte wirken und fügt dann hinzu: "Der See der Götter war bedeckt mit Eisschollen, Yaotlchone und ich ritten auf Couatls Rücken..." Die Schamanin zögert: "Diese Vision, sie war zu mächtig um sie al bloßen Traum bei Seite zu tun. Ich bin mir nun sicher, dass wir die Tochter Quotals finden müssen. Mit Quotal wird den Menschen helfen und unsere Mutter, unser Land von der Krankheit der weißen Teufel reinigen!"
Im Palast des Caxal:
Tlacatl lauscht aufmerksam als Necahual von ihrer Vision erzählt, im fernen Lopango, wo die Verehrung Tezcas hochgehalten wurde, fand Quotal nur noch schwache Verehrung. Und so hatte der Lopangonese im Gegensatz zu Necahual noch nie von dieser Prophezeiung gehört, obschon ihre Worte einen Sinn zu ergeben schienen. Kurz sinnt der Hühne noch nach, ehe er zu seiner Antwort ansetzt.
"Der Ausbruch des Zatal, die Nacht der Klage ... und nun noch deine Vision. Immer mehr glaube ich, dass all dies einen tieferen Sinn hat, dass im Hintergrund höhere Mächte walten. Nexal ist gefallen, wenn Quotal nun tatsächlich zu dieser Zeit zurückkehren will, dann könnte er die Menschen der wahren Welt vielleicht endlich davon abbringen Zaltec, Tezca und den anderen Blutgötzen zu opfern. Und gemeinsam geeint, könnten wir das Joch der Weißen abwerfen. Aber nicht mit Gewalt, wie es unsere übrigen Gefährten tun wollen. Zaltec hat die wahre Welt zu lange in einer Spirale der Gewalt gefangen gehalten, vielleicht gelingt es Quotal uns einen anderen Weg aufzuzeigen?" Tlacatl scheint dabei besonders daran interessiert ob Necahual eine ähnliche Meinung wie Xiuhcoatl, Mirrasshi und Kaska verfolgt, schließlich war sie während ihrer langwierigen Debatte am gestrigen Abend noch in ihrer Traumvision.
"Lass uns einstweilen die Augen nach dieser Frau mit dem Mantel der einen Feder aufhalten. Vielleicht ist sie bereits hier, vielleicht wird sie der Weg noch hierher führen. In Tukan befindet sich der größte Tempel der gefiederten Schlange den ich je gesehen habe, wenn sie es ist, die den Weg zu Quotals Tor bereiten wird, dann sicherlich hier. Vielleicht haben die Geister dir diese Vision geschickt, weil sie unseren Schutz benötigen wird."
Tlacatl und Necahual (Anzeigen)Verwirrt blickt Tlacatl auf, als Necahaul wie von der Tarantel gestochen aufspringt und davon rennt. Noch immer ist ihm nicht klar ob auch Necahual dem Weg der Gewalt abschwören würde, doch er ist froh über ihre Worte und ihren Dank. Doch nun rennt sie los, hinein in diese Stadt, die nun in der Hand der Legion ist.
Sofort springt er auf, lässt sein Essen einfach stehen und liegen, ergreift eilig seinen Schild, denn sein Beil war noch immer fort und er würde es nie wieder aufheben. Und schnell hat er die junge Frau eingeholt, mit seinen großen, athletischen Beinen. Gemeinsam hasten beide durch die leeren Gassen Tukans, wobei Tlacatl im Augenwinkel noch sehen kann, wie Caxal neugierig sein Haupt hebt, als er die beiden vorbeisprinten sieht.
Schnell hat Necahual ihr Ziel gefunden, die große, bunte Pyramide des Quotal ist nicht zu übersehen, egal wo in Tukan man sich befindet. Und so eilt sie, immer ein Stück vor Tlacatl, welcher seiner kleinen Schwester den vermeintlichen Sieg zu überlassen gedenkt. Es grenzt an ein Wunder, dass beide in ihrer Eile nicht in eine Patrouille hinein rennen, doch schließlich erreichen sie den großen Marktplatz von Tukan, wo Yaotlchone erst gestern sein Ende fand ... wo genau in diesem Augenblick auch Kaska, Mirrasshi und Xiuhcoatl versteckt lauern, ohne dass die beiden sie bemerken.
Tlacatl beendet seinen Sprint und kommt zum Stehen ... traurig blickt er sich um, als er die Bilder des gestrigen Tages noch einmal vor Augen sieht, der Schmerz ist noch immer frisch und sitzt tief. Dann blickt er zu Necahual, die voller Neugier weiter auf die Pyramide zugeht, als er noch etwas erblickt. Zwei Gestalten laufen über den Marktplatz und es dauert nicht lange, bis er erkennt, dass eine davon ein Mann und noch dazu ein Legionär ist. Necahual, welche gebannt den Tempel anstarrt, scheint diese im ersten Augenblick nicht zu bemerken.
"Necahual!" ruft Tlacatl laut, dann stürmt er erneut nach vorn und baut sich vor seiner kleinen Schwester auf, dabei reckt er den Schild in die Höhe und stellt sich schützend vor sie, während er die Linke zur Faust ballt. Die junge Hexe schrickt auf und erblickt nun auch die beiden Gestalten. Eine Priesterin des gefiederten Gottes, wie ihr Federschmuck anzuzeigen scheint, sowie ein Mann der Legion ... jedoch ohne einen Donnerstock. Mit seinem Hemd aus Kettengliedern und der stählernen Waffe an seiner Seite, sieht er dennoch wehrhaft aus ...
Miguel und die Priesterin (Anzeigen)Die junge Frau verlangsamt ihre Schritte und nickt als Miguel sie erneut anspricht. "Die Nacht der Klage? Ja sie mag vielleicht Zehn Tage her sein ... ihr wusstet nicht davon? Dann muss dies während eurer Reise hierher geschehen sein? Mitten am Tage, verdunkelte Tezca sein Antlitz und Dunkelheit legte sich über die wahre Welt."
Miguel überlegt kurz, doch da er Tezca als Sonnengott kennengelernt hat, kann auch er sich an diese Sonnenfinsternis erinnern, welche viele Stunden angedauert hat. Da war seine Expedition noch mitten auf dem Meer und viele der Legionäre verfielen in Panik ob eines solch bösen Omens.
"Dann spieh der Zatal, der große Berg des Feuers, Unmengen von Glut und Asche und begrub Nexal unter sich. Wir Priester haben den Untergang Nexals in Visionen gesehen ... und so schrecklich all dies auch sein mag, ist dies vielleicht die Chance für die wahre Welt endlich die blutigen Wege Zaltecs hinter sich zu lassen, welche durch die Nexalaner in alle Winkel Mazticas gebracht wurden. Es sei denn, dass eure eisernen Gefährten unsere Länder nicht erneut in Blut baden."
Plötzlich erschallt ein lauter Ruf "Necahual!" und beide blicken sich um, in ihr Gespräch vertieft hatten sie nicht bemerkt, dass zwei weitere Personen den Platz betreten. Ein gewaltiger, bronzener Hühne steht dort und reckt einen mit Leder bespannten Schild in die Höhe, während er sich schützend vor eine junge Frau mit wildem Haar und noch wilderen Augen stellt. Gebannt stehen sich die vier Personen gegenüber.
Kaska, Mirrasshi, Xiuhcoatl (Anzeigen)Hoch von den Dächern oder versteckt in den leeren Markständen, beobachten die drei weiterhin aufmerksam den Legionär und seine scheinbare Gefangene, als diese über den leeren Platz marschieren.
[1] Doch plötzlich kommen zwei weitere Personen hinzugehastet und verlangsamen ihre Schritte, als sie den großen Platz erreichen.
Wenig später ertönt ein Ruf:
"Necahual!" und tatsächlich können die drei nun auch erkennen, dass es tatsächlich Tlacatl und Necahual sind, die sich unabhängig wohl auch auf den Weg hierher gemacht haben. Der Lopangonese nimmt dabei schützend Aufstellung vor seiner Schwester und reckt den Schild in die Höhe. Angespannt stehen sich die vier Personen gegenüber, während Mirrasshi, Xiuhcoatl und Kaska weiter versteckt bleiben.