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Archiv => Archiv - Online-RPGs Pathfinder => Aradan - Stadt der Toten => Thema gestartet von: Sternenblut am 11.10.2014, 20:19:57

Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 11.10.2014, 20:19:57
Will warf sich verzweifelt hin und her. Sie verfolgten ihn! Er rannte, obwohl seine Muskeln brannten wie Feuer. Wenn er es nicht tat, würden sie ihn fressen. Er hatte es gesehen! Nicht nur einmal, nein, immer wieder...
Er bog ab in eine Seitengasse. Und da standen sie vor ihm. Lissie, Pip und all die anderen Kinder. Ihr Blick war leer, hungrig. Er stolperte zurück, doch sein Rücken stieß gegen eine Wand, die noch vor einer Sekunde nicht da gewesen war. Es war vorbei, er konnte nicht entkommen. Pip sah zu ihm auf, grinste ihn an mit Zähnen, die rasiermesserscharf aufblitzten. "Wir haben solchen Hunger, Will. Dein Fleisch wird uns sättigen. Es ist so lieb von dir, Will, dass du uns dein Fleisch überlässt..."
Dann kamen sie näher...

Er stieß einen Schrei aus, als er sich aufrichtete. Hektisch, fast panisch, sah er sich um. Er hatte geträumt. Pip war nirgendwo zu sehen, ebenso wenig Lissie und die anderen. Und, zum Glück, auch keine sonstige untote Kreatur. Und mit diesem Gedanken kamen die Erinnerungen.

Die Sonne schien ihm ins Gesicht, doch das war vermutlich das einzig Schöne an diesem Morgen. Die Stadt Aradan war gefallen. Er war unterwegs nach Hause, kam zurück von einem Auftritt, als das Chaos über ihn hereingebrochen war. Sofort kamen die Bilder wieder, die wandelnden Leichen, die gnadenlos über die Lebenden herfielen, sie fraßen und, sofern etwas übrig blieb, sie damit zu den ihren machten. Die Bilder überstiegen alles, was er sich je für seine Stücke ausgedacht hatte.

Nachdem er erst einmal seine eigene Haut in Sicherheit gebracht hatte, machte er sich sofort auf den Weg zu Lissie und den Kindern. Es hatte lange gedauert, und die Götter selbst mussten ihn beschützt haben, so viele Male war er nur knapp dem Tod entronnen. Aber er schafft es bis zum Waisenhaus - nur um festzustellen, dass sie fort waren. Er fand keine Spur von Lissie und den Kindern.
Eine Pferdekutsche stand umgestürzt in der Nähe des Hauses, Kutscher und Pferde aufgefressen. Ein Sarg war aus der Kutsche gefallen - ein Leichentransport also. Wer auch immer in dem Sarg gelegen hatte, hätte sich keinen besseren Zeitpunkt zum Sterben aussuchen können.

Vielleicht hatte der Angriff auf die Kutsche Lissie gewarnt. Vielleicht hatten die Untoten sich lange genug mit dem Kutscher und den Pferden beschäftigt, damit sie hatten fliehen können.

Aber wohin? In die Stadt? Er selbst hatte nur mit viel Glück und Geschick überlebt. Wie sollte eine Frau mit einer Horde Kinder ohne jeden Schutz überleben?

Er konnte nur das Beste hoffen. Er hatte nicht einmal den Hauch einer Spur, keinen Hinweis darauf, wohin sie geflohen waren. Und als er die nächste Horde Untoter auf sich zukommen sah, entschloss er sich auch, keine weitere Zeit in die Suche nach Hinweisen zu investieren. Er floh, zurück in die Stadt, wo er immer wieder zumindest zeitweise Schutz gefunden hatte.

Irgendwann verschlug es ihn in einen Weinkeller. Es war das Haus eines Aristrokraten, vollständig aus Stein gebaut und von einem großen Garten umgeben - und damit weit genug weg von den brennenden Nachbarhäusern. Denn ja, die Invasion der Untoten war nicht genug, die Stadt war auch noch von Flammen verschlungen worden.

In dem Keller hatte er es lange ausgehalten, bis - ja, bis die Flammen auch hierher vordrangen! Sie flossen die Treppe herunter, den blanken Stein, als hätte dort jemand Öl verteilt, und verbreiteten sich im Raum! Will konnte sich kaum noch an die Details erinnern, er wusste nur, dass er aus dem Raum gehechtet, über die Flammen hinweg nach oben geflohen war, aus dem Haus heraus. Sekunden später erfüllte eine Feuersbrunst das Gebäude.

Und so ging es weiter, immer auf der Flucht. Jede kurze Ruhepause wurden von weiteren Untoten oder den alles verschlingenden Flammen unterbrochen. Eine Nacht und einen Tag verbrachte er so, bis er meinte, dass es endgültig aus mit ihm war. Eine Horde verfolgte ihn, zwei-, dreihundert der hungrigen Kreaturen. Er war erschöpft, kaum noch schneller als seine Verfolger. Er war kurz davor, sich in sein Schicksal zu ergeben. Ruhte sich an einer Wand aus, eine Sekunde des Verschnaufens, in der er ernsthaft überlegte, ob er noch dazu in der Lage war, weiter um sein Leben zu kämpfen.

Und dann fiel eine Leiter neben ihm herab.

Oben auf der Mauer stand ein Mann. "Schnell, komm hoch!" rief er ihm zu. Und Will war die Leiter hochgeklettert, hatte seine letzte Kraft investiert, um dem Tod ein weiteres Mal zu entkommen. Der Fremde zog die Leiter hoch, und die wandelnden Toten konnten ihn nicht mehr erreichen.

Will sah sich um. Er kannte den Ort, der ihm das Leben gerettet hatte. Es war das Smaragd-Theater, ein exklusives Amphitheater für die Reichen und Mächtigen der Stadt. Zweihundert Sitze in fünf Reihen, nicht mehr. Hier gab es nur beste Plätze. Und ein Ort, der für die Reichen und Mächtigen gebaut worden war, war selbstverständlich auch gut abgesichert. Die hohen Mauern dienten nicht nur der Inszenierung, sondern auch dem Schutz. Es gab nur einen Eingang, wie sich Will erinnerte, schwer abgesichert. Diesen Ort zu verbarrikadieren war leicht.

Dennoch, irgendwie hatten es zwei der Untoten ins Theater geschafft. Der Fremde half ihm auf die Beine, und gemeinsam schafften sie es, die Kreaturen zu töten. Nur kurz hatten sie sich im Theater umgesehen, geprüft, ob sie hier wirklich sicher waren, ob noch weitere Gefahren drohten. Und dann... es war, als wäre die Szene für die aufgebaut worden. Ein Schlafzimmer auf der Bühne, mit zwei Betten. Und sie waren darin eingeschlafen.

Will sah sich um. Die Körper der toten Zombies lagen keine zehn Meter von ihm entfernt, auf dem Boden vor der Bühne. Sein Retter, der sich als Arjen vorgestellt hatte, lag in dem anderen Bett, und sah ihn fragend an. Offenbar hatte Will ihn mit seinem Schrei aufgeweckt.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 12.10.2014, 01:28:31
Es war dunkel. Arjen dachte dabei nicht nur an die Dunkelheit der Nacht, nein, sondern an die in seinem Inneren. Er hätte inzwischen längst tot sein sollen. Hingerichtet dafür, dass er den Mörder seiner Familie hingerichtet hatte. Getötet. Befreit.

Stattdessen war, wenige Stunden, bevor es soweit sein sollte, irgendetwas passiert. Ein Angriff auf das Gefängnis, so dachte er zumindest zuerst. Die Wachen erzählten etwas von Nekromanten, schienen sich ihrer Sache aber auch nicht ganz sicher. Sie zogen sich aus ihren Bereichen zurück, bis in die Zellentrakte - so weit waren die Feinde schon fortgeschritten. Sie ließen die weniger gefährlichen Gefangenen frei - einfach so, sie legten ihnen nicht einmal Ketten an!

Drei Männer blieben in den Zellen. Ein Mann namens Viskrot, ein Frauenschänder, der mehr als zwei Dutzend junge Mädchen auf dem Gewissen hatte. Er sollte am gleichen Tag hingerichtet werden wie Arjen. Tungok, ein Bauernjunge, den man verdächtigte, einen Jungen aus seiner Bauernschaft getötet zu haben - der aber wohl aus Mangel an Beweisen freikommen würde. Und Arjen.

Der Wachmann vor ihm hatte ihn mit zweifelndem Blick angesehen. Rennock war sein Name. Er war einer der Wenigen, die Arjen gut behandelt hatten, hatte ihn sogar mitfühlend angesehen, wann immer er ihn gesehen hatte. Fast, als würde er ahnen, dass mit Arjens Fall etwas nicht stimmte. Er kam zur Zellentür, und sah Arjen fest in die Augen. "Da draußen sind wandelnde Tote, und zwar viele von denen. Zwei Dinge, Arjen. Ich will dich hier nicht verrecken lassen, und wir hier können so viel Unterstützung brauchen wie möglich. Wenn ich dich also rauslasse... gib mir dein Wort, dass du mit uns kämpfst, nicht gegen uns."
Arjen hatte einen Moment überlegt, und dann genickt. Nach dem, was Rennock erzählte, waren die Aussichten, zu sterben, ziemlich gut. Vielleicht ein besserer Tod als der durch einen Henker.

Viskrot trat an die Zellentür. "Hey, und was ist mit mir? Ich will hier drin auch nicht verrecken! Lass mich auch helfen."

Rennock sah ihn an. Er öffnete Arjens Tür, gab Arjen ein Schwert in die Hand und schritt dann zu Tungoks Tür. Er schloss sie auf, behielt aber Viskrot im Auge. "Komm raus, Junge. Du bist wahrscheinlich sowieso unschuldig. Lauf, versuch, aus der Stadt zu kommen!"

Der Junge zögerte keinen Moment. Er war verschwunden, noch bevor Rennock vor Viskrots Tür stand. Der Wachmann sah ihm tief in die Augen. "Wenn diese Monster hier hereinkommen, Viskrot... ich werde sie persönlich zu dir in die Zelle lassen. Und was auch immer sie mit dir tun, wird noch viel besser sein als alles, was du verdient hast."

Als sie dann wirklich kamen - und Rennock hatte nicht übertrieben, es waren Dutzende! - verteidigte der Wachmann seinen Gefangenen, so gut er konnte. Bei allem Hass konnte er wohl doch nicht aus seiner Haut. Bis zu dem Moment, an dem er von einer der Kreaturen in den Arm gebissen wurde. Sekunden später hatte er sich ebenfalls in einen Untoten verwandelt - und Viskrot, der gerade einer der wandelnden Leichen den Kopf gegen die Gitterstäbe geschlagen hatte, einfach in den Hals gebissen.

Der Moment, als er Viskrots Blut spritzen sah, war der Moment, in dem Arjen floh. Und seit dem tat er nichts anderes mehr.

Er hatte keine Ahnung, was eigentlich mit der Stadt passiert war. Sie war überrannt worden, aber wer dafür verantwortlich war, oder ob es noch weitere Überlebende gab... sicher, Arjen hatte noch andere Leute gesehen. Aber entweder hatte er sie nur in der Ferne flüchten sehen, oder er hatte ihren Tod mit ansehen müssen. So viele waren gestorben...

Arjen versteckte sich, eine Nacht und einen Tag lang. Er kämpfte nur, wenn er es musste. Er hatte genug gesehen, um zu begreifen, dass diese Monstren einen nicht auf die übliche Weise umbringen mussten, um einem das Leben zu nehmen. Ein Biss, so klein er auch sein mochte, reichte aus. Und so bereit Arjen auch für den Tod war, ganz bestimmt war er nicht dafür bereit, seine Existenz als geistloser wandelnder Toter in alle Ewigkeit fortzuführen.

Irgendwann hatte er sich auf die Suche gemacht. Er konnte nicht immer nur fliehen, von einem Ort zum nächsten. Er brauchte einen sicheren Unterschlupf, etwas, wo er etwas länger bleiben konnte. Und so zog er durch die Stadt, suchte nach in Frage kommenden Gebäuden, und erkundete die Umgebung. Am Ende fiel seine Wahl auf ein kleines Amphitheater. Er hatte zwar einmal seltsame Geräusche in der Nähe gehört, aber bei den Göttern: Wo hörte man das in der Stadt nicht im Moment? Und er war sich nicht einmal sicher, dass sie überhaupt aus dem Theater kamen.

Schließlich suchte er in den umliegenden Häusern nach einer Leiter, die hoch genug war, um die acht Meter hohe Mauer des Theaters zu erklimmen. Er stieg hoch, zog die Leiter wieder nach oben, und... ja, und dann hatte er ihn gesehen. Einen einzelnen Mann, auf der Flucht vor einer großen Horde Untoter. Es war knapp, aber er hatte es geschafft, ihn zu retten.

Das war gestern abend gewesen. Im Theater hatten sie zwei Betten entdeckt, ein Bühnenbild. So weich hatte Arjen schon lange nicht mehr geschlafen... oder jemals? Sie hatten noch zwei der Untoten erledigt, die es irgendwie in das Theater geschafft hatten (oder waren sie schon drin gewesen, und hatten sich dort verwandelt?). Danach hatten sie nur noch eine kurze Runde gemacht, um sicherzugehen, dass ihnen keine Gefahr drohte. Minuten später waren sie vor Erschöpfung eingeschlafen, alle beide.

Es war der nächste Morgen, und Arjen lag schon einige Minuten wach. Er spürte die Wärme der Sonne auf seiner Haut. Er lag dort, unter freiem Himmel in einem weichen Bett, anstatt am Strick zu baumeln. Doch Will, der Fremde, den er gerettet hatte, schrie plötzlich auf! Arjen sah zu ihm - nur ein Alptraum oder war irgendetwas passiert?
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 12.10.2014, 11:12:31
"Pip! Lissie! Freddy, Tommy, Mitzi, Greta!" rief Will, bevor er seine Sinne beisammen hatte und begriff, dass er diese schreckliche Szene nur geträumt hatte. Nach einem panischen Rundumblick erinnerte er sich wieder an alles, was passiert war, und barg sein Gesicht in den Händen. "Und ich war nicht da!" murmelte er. "Ihr wart ganz allein, bei allen guten Göttern, Lissie, es tut mir leid! Ein Ale war's nur, nach der Vorstellung, zum Feiern, weil's so gut gelaufen war, das ganze Ensemble zusammen. Sonst wär ich bei dir gewesen, sonst hättest du das nicht allein durchstehen müssen, verzeih mir!"

Arjen fiel auf, dass die Handgelenke des Mannes ringsum vernarbt waren, als wäre er für längere Zeit in Ketten geschlagen gewesen. Auch an Armen und Oberkörper trug er etliche Narben, von denen einige offenbar von Peitschenhieben stammten.

Nachdem Will sich eine ganze Weile lang vor- und zurückgewiegt hatte, sah er auf, wischte sich über die Augen und sprang aus dem Bett. Dies war nicht der richtige Zeitpunkt für Gefühle, ob Trauer, Schuld oder Wut. (Woher die Wut kam, konnte er sich zudem nicht so recht erklären.) Rasch schlüpfte er in Hemd und Stiefel, bevor er auch die Lederrüstung wieder anlegte und das Schwert umgurtete. Es gab viel zu tun.

"Als erstes sollten wir von oben nachschauen, wie es auf den Straßen ausschaut. Vielleicht war das ganze ja nur ein Nachtspuk. Und dann sollten wir das Theater durchsuchen nach allem, was uns nützlich erscheint. Essen vor allem. Und dann... dann schauen wir weiter."

Will sah seinen Retter von letzter Nacht erwartungsvoll an, was dieser zu den Vorschlägen sagen würde.

Seine Kleidung war bunt, wie Arjen erst jetzt im Hellen sah, fast schon ein wenig lächerlich bunt, aber trotz diverser Verzierungen einfach und vor allem praktisch geschnitten. Seine Rüstung und Waffe waren ebenso einfach, aber tauglich. Dass er damit umzugehen wusste, hatte er gestern beim Kampf gegen die beiden Untoten schon bewiesen—auch wenn sein Kampfstil äußerst eigenartig gewesen war. Fest stand: bei der Armee war dieser Kerl sein Lebtag nicht gewesen.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 12.10.2014, 13:53:51
Als Arjen die Augen aufschlug, schaute er durch das Rund des Theaters in den Himmel. Der Wolkenteppich war fadenscheinig geworden. Hier und da war die Röte der aufgehenden Sonne zu erkennen, aber immer noch zogen Rauchschwaden der brennenden Stadt um ihn herum gen oben. Es war also kein Alptraum gewesen - der freie Himmel über ihm anstelle des Mauerwerks der Zellendecke und der Rauch der brennenden Gebäude bezeugten es.

Das realisierend blickte er hinüber zu den beiden Leichen, die er und sein neuer Begleiter - Will, wie er sich vorgestellt hatte - gestern mit Müh und Not... ja was? - getötet hatten. "Ob "getötet" das richtige Wort ist für diese Kreaturen? Ich wage, es zu bezweifeln." Jedenfalls rührten sich die beiden nicht mehr, und das würden sie auch nicht mehr tun. Bei beiden hatten seine und Wills Klingen tiefe Risse im Schädel hinterlassen und sie damit zu boden gebracht.

Als diese Kreaturen den Gefängnisblock gestürmt hatten, hatte er sich schlagartig an all die Jahre im Heer und sein Training erinnert. Parieren, auf die Deckung des Gegners achten. Falls dieser die Deckung öffnet, sofort eine der vitalen Stellen attackieren. Sobald der erste Tote in den Raum torkelte, hatte er geahnt, dass all diese Taktik völlig sinnlos und überflüssig war gegen diese Kreaturen. Und als sein Schwert der Kreatur in den Magenrube gerammt hatte, diese sich aber an dem Schwert hochzog, um nach ihm zu greifen, und es so noch tiefer in sich hineintrieb, war aus der Ahnung Gewissheit geworden. Irgendwann hatten sie durch Zufall erkannt, dass die Toten erst fielen, wenn man ihr Gehirn traf, und hatten sich nur noch auf Angriffe auf den Kopf konzentriert.

Aber es war zu spät gewesen. Arjen hatte sein Wort gehalten, aber er konnte Rennock nicht retten. Und als dieser gefallen war und er der Übermacht allein gegenüberstand, hatte er sich davon gemacht. Er dachte noch einmal an den Soldaten, dem er nun sein Leben - oder noch besser: sein nicht Untot-Sein - verdankte.
Plötzlich schrie sein Begleiter auf - nannte verschiedene Namen; wahrscheinlich geliebte Menschen. Arjen sah zu ihm hinüber, sagte aber nichts, stellte keine Fragen. Er wusste nicht mehr, wie oft er so aus dem Schlaf hochgefahren war - früher mit dem Mädchen mit den braunen Strähnen vor Augen, und in den letzten Wochen mit dem Bild seiner ermordeten Familie. Er wusste, dass eine Nachfrage zu diesem Zeitpunkt nichts bringen würde.

Und offenbar wollte Will auch nicht darüber reden. Er sprang auf und begann das weitere Vorgehen zu besprechen, als wolle er den Ausbruch überspielen. Arjen erhob sich ebenfalls und musterte die Kleidung und das Auftreten des Mannes. Anscheinend war Will ein - wenn auch im Kampf geübter - Schauspieler. "Ich sollte heute hingerichtet werden. Stattdessen scheint die ganze Welt unterzugehen, während ich noch immer lebe. Und ich bin hier in einem Theater, stehe auf einer Bühne mit eine Gefährten, der Schauspieler zu sein scheint. Das Schicksal entbehrt sicherlich nicht einer gewissen Ironie."

Während Will weitersprach, gurtete Arjen sein Schwert an. Wll erkannte, dass Arjen eine leichte Lederrüstung über einem einfachen Leinenhemd und einer ebensolchen Hose trug. Beides war wohl seinerzeit ungefärbtes Baige gewesen, aber inzwischen mit Braun und Grau des gestrigen Tages, sowie mit roten Spritzern von Blut und Schlimmerem übersät. An den Füßen trug Arjen Lederstiefel, ähnlich den Wachen der Stadt. Über seinem Rücken hing ein ebensolcher Holzschild. Sowohl beim gestrigen Kampf, als auch an seinen Bewegungsabläufen jetzt, war zu erkennen, dass der Mann Kampferfahrung hatte.

Als der Schauspieler mit seinen Ausführungen endete, nickte Arjen zur Zustimmung. "Ja - sehe ich genauso. Wir müssen uns ein Bild von der Umgebung machen. Ich glaube zwar nicht, dass die Lage sich geändert hat - diese Toten wandeln inzwischen seit fast zwei Tagen herum, so einfach hören sie nicht damit auf - aber vielleicht gibt es noch andere Menschen, die sich in der Nacht zu diesem Ort oder einem in der Nähe durchgeschlagen haben. Falls ja - sollten wir ihnen helfen. Außerdem hat jemand vielleicht weitere Neuigkeiten darüber, woher diese Kreaturen kommen."

Mit diesen Worten schaut sich Arjen im Rund des theaters um und sucht nach einer Treppe an der Innenseite der Mauer, oder einem anderen Weg nach oben. Unbewusst hofft er, dass sein Blick auch nicht auf eine weitere von diesen Kreaturen oder etwas ähnliches stößt, was sich in der Nacht hineingeschlichen haben mag.[1]
 1. Perception: 17
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 12.10.2014, 14:37:33
"Dann streifen sie auch tagsüber herum?" fragte Will. "Ich hatte gehofft... Gestern hatte ich mich nämlich den ganzen Tag in einem Keller verbarrikadiert, bis das Feuer mich vertrieb, deshalb wusste ich nicht, ob... Man soll halt nicht zuviel hoffen, nicht wahr?"

Er hinkte Arjen so schnell er konnte hinterher. Alle paar Schritte verkrampfte sein rechtes Bein und auf der Treppe musste er mehrmals anhalten, um die Muskeln zu dehnen. Das war in den letzten beiden Nächten einfach zuviel Anstrengung gewesen und dann die Kälte! Auch in dem Weinkeller war es eisig kalt gewesen, und er hatte verkrampft auf dem unbequemen Steinboden gesessen.

Oben angekommen schirmte Will seine Augen mit der rechten Hand ab und spähte ebenfalls umher, wobei er sich auf die näheren Straßen und Häuser konzentrierte, da er in die Ferne eh nur verschwommen sah. Obwohl, heute war alles verschwommen, ob nah oder fern.[1] Er konnte die Augen nicht fokussieren, egal welchen Trick er anwandte. (Mit den Fingern auf diese beiden Punkte drücken half normalerweise, oder auf jene... aber heute war nichts zu machen.) Auch mit seinem Gehör war nicht viel los. Das Klingeln und Pfeifen war so laut wie noch nie und ein kreisendes, pulsierendes Rauschen war hinzugekommen. Will vernahm kaum Arjens Schritte neben sich.
 1. Perception=5
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 12.10.2014, 15:04:51
Eine Treppe führte zwischen den Zuschauerrängen hindurch nach oben, bis zur Mauer. Eine weitere, seitlich angelegte Treppe führte dann hinauf, auf den Mauergang. Letzte Nacht hatten sie von der Mauer aus einfach Arjens Leiter genutzt, weil sie im Dunkeln, erschöpft wie sie gewesen waren, die Treppe nicht gesehen hatten. Diese stand noch immer dort, gute fünf Schritt links neben der Treppe.

Oben auf der Mauer angekommen, sahen sich die beiden Männer um. Viel war von der Stadt nicht übrig geblieben, so viel stand fest. Das Feuer hatte ganze Arbeit geleistet. Allerdings hatte es wohl auch viele der Untoten vernichtet: Die toten Körper lagen verstreut auf den Straßen herum und regten sich nicht mehr.

In das Theater selbst hatte sich keine dieser Kreaturen hereinschleichen können, doch draußen konnte Arjen noch die eine oder andere schlurfende, wankende Gestalt erkennen. Eine Horde, wie die, die Will letzte Nacht gejagt hatte, sah er aber nirgends.

Dann hörten sie ein Geräusch. Es klang ein wenig wie ein unterdrücktes, gepeinigtes Stöhnen, aber seltsam unwirklich, gedämpft, und... definitiv nicht menschlichen Ursprungs. War es überhaupt ein Stöhnen gewesen? Vielleicht auch nur irgendeine Maschinerie des Theaters, die unter irgendeiner Last ächzte? Nur bei einem war sich Arjen sicher: Es war das gleiche Geräusch gewesen, dass er schon früher in der Nähe des Theaters gehört hatte. Diesmal aber war er sich sicher, dass es aus dem Theater kam, nicht von außen.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 12.10.2014, 22:36:45
Als Arjen merkte, dass sein Gefährte humpelte, verlangsamte er seine Schritte. Gleichzeitig ließ er aber einen prüfenden Blick auf Will fallen - waren da etwa Verletzungen an seinem Bein zu sehen, eventuell Bissspuren dieser Kreaturen? Das könnte fatal sein für sie beide. Doch er erkannte recht schnell, dass Will weder Blut noch Verbänder an seinen Beinen hatte, und das hieß, dass es keine frische Wunde sein konnte. So wie der Mann humpelte, erinnerte es eher an die althergebrachten Verletzungen, die einige der Veteranen beim Heer hatten. Und außerdem: wäre der Mann gebissen worden, dann hätten sie beide warscheinlich bereits in der Nacht ein böses Erwachen gehabt und würden nicht hier an diesem Morgen lebendig nebeneinander gehen.

Also beruhigte sich Arjen wieder. Als Will bei einer Stufe aufächzte, hielt er kurz komplett inne und fragte: "Geht's?" Als Will aber nickte und weiterging, machte er sich auch weiter an den Aufstieg.

Oben angekommen besah er sich die Umgebung. Ein sehr trostloser Anblick, der sich ihnen beiden da bot. Er hatte gehofft, irgendwo doch irgendwo Überlebende zu sehen - eine Art Anfang für den Ausweg aus dieser Hölle, in die sich diese Stadt verwandelt hatte. Aber anscheinend gab es diesen Anfang nicht. Die Hölle hatte sich lediglich kurz abgekühlt und gab den Blick frei auf den eigenen Vorhof.

Mit einem Seitenblick zu Will erkannte Arjen, dass es dem Schauspieler auch hier oben noch nicht gut ging. Wer sollte es ihm verdenken, nachdem er seit fast zwei Tagen nur noch auf panischer Flucht vor diesen Monstren gewesen war. Arjen war selbst erschöpft und ausgelaugt - aber dieser Mann war zudem auch noch verletzt und hatte anscheinend keine Felderfahrung, die ihn zumindest ansatzweise hätte auf sowas vorbereiten können. "Umso mehr muss man hochschätzen, dass er geschafft hat, diese Tortur zu überleben. Und gestern hat er sich beim Kampf gegen die beiden Untoten hier gut gemacht - auch wenn sein Stil ungewöhnlich ist. In dem Mann steckt mehr Kraft, als auf den ersten Blick erkennbar ist", dachte er.

Er wollte etwas sagen, doch als ein gedämpftes Stöhnen durch das Rund des Theaters hoch hallte, hielt er inne und versuchte genau darauf zu lauschen.[1] "Verdammt", murmelte er, und sah dann zu Will hinüber. "Dieses Stöhnen habe ich bereits gestern Nacht gehört - kurz als du aufgetaucht bist. Ich weiß nicht, woher es damals kam, aber nun kommt es aus dem inneren des Theaters - und das gefällt mir nicht. Wir haben im Rund nichts gesehen, wahrscheinlich ist dieser Untote in einem der Seitenbereiche oder im Keller, falls es einen gibt.

Arjen wandte sich Will zu und machte einen Schritt auf ihn zu. "Hör zu, Mann. Ich sehe, du bist nicht in der besten Verfassung. Und ich habe gehört, wie du aus dem Schlaf gefahren bist. Aber wir müssen das Theater durchsuchen, wie du gesagt hast, um sicher zu gehen, dass wir hier in Sicherheit sind. Alles andere - auch Ruhe für dein Bein - kommt danach. Wir überleben am ehesten, wenn wir zusammen bleiben. Wenn dieses Stöhnen von einem von diesen Untoten kommt, kann das blutig werden. Ich würde voran gehen, du würdest meinen Rücken decken, und wir nehmen uns Raum für Raum das Theater vor - das wäre mein Vorschlag. Was meinst du - schaffst du noch eine Runde mit diesen Dingern?"
 1. Perception 11 - Arjen versucht zu bestimmen, woher genau im Theater das Stöhnen kommt: Rund, Seitenbereich, Keller?
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 13.10.2014, 10:26:50
Auch Will versuchte, die Quelle des Geräusches genauer zu identifizieren. Sein Vorteil war, dass er sich mit Theatern auskannte. Das Geräusch war zwar durch irgendetwas gedämpft, aber was immer es dämpfte, geschah nicht im Theater selbst; der Ton erreichte sie hier oben klar und deutlich. Es gab nur einen Punkt im Theater, der darauf ausgelegt war, jede Geräuschquelle perfekt im gesamten offenen Gebäude zu verteilen: Die Bühne.

Dort allerdings war, wie sie bereits wussten, nichts zu sehen. Also musste die Quelle des Geräusches unterhalb der Bühne sein. Was auch erklärte, wieso das Geräusch so gedämpft erklang.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 13.10.2014, 11:26:33
"Mach dir da mal keinen Kopf, ich bin dabei", sagte Will. "Das hier ist nur ein kleiner Krampf. Ich wach morgens immer etwas steif auf, vor allem bei der Scheißkälte. Sobald die Muskeln erstmal wieder warm gelaufen sind, leg ich dir einen doppelten Salto nach dem andern hin."

Will war abermals stehengeblieben und hatte die Rückseite seines Oberschenkels massiert. Jetzt trat er an die Balustrade, hielt sich dort mit beiden Händen fest, um den Oberkörper zu fixieren, und schwang dann sein rechtes Bein mitsamt Hüfte fast eine halbe Pirouette herum; es tat einen hörbaren Knacks.

"Ah", seufzte Will. "Besser. Auf geht's. Das Stöhnen kommt von unter der Bühne, glaub ich.[1] Aber wenn's eins von den Viechern wär, wieso hat's uns in der Nacht nicht angefallen? Doch wo wir gerade von Nacht und Viechern reden: danke für gestern. Ich weiß nicht, ob ich das noch verständlich 'rausgebracht habe, bevor ich ins Bett gefallen bin."

Ohne zu humpeln marschierte er auf die Treppe zu und sprang sie—beinah schon leichtfüßig—hinunter. Als sie sich der Bühne näherten, zog Will vorsichtshalber sein Schwert. In sicherer Entfernung wartete er, dass Arjen die Führung übernahm, und folgte diesem dann.
 1. Perception = 21, s. Post o.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 13.10.2014, 13:35:21
Bei Wills Antwort lächelte Arjen. Die theatralische Übertreibung mit dem Salto war wohl der Schauspielerei geschuldet, aber der Barde schien das Herz am rechten Fleck zu tragen. Als Will sich bedankte, nickte Arjen nur. "Gern geschehen. Aber ich denke, das sollte selbstverständlich sein." Mit einem Blick zur Bühne, die Will als Quelle der Geräusche ausgemaht hatte, fügte er in einer Anwandlung von schwarzem Humor hinzu. "Und jetzt lass uns herausfinden, wie viel meine Hilfe überhaupt wert war."

Als Will sich dehnte und dann mit gezücktem Schwert die Treppe hinabzusteigen begann, zog auch Arjen seine Klinge schloss auf.

Beim zugehen auf die Bühne sagte er: "Eventuell gibt es unter der Bühne einen Hohlraum. Vielleicht ist dieser so tief, dass die Kreatur, nicht alleine herauskommen kann. Oder die Falltür ist verschlossen." Dort angekommen, sah sich Arjen wieder um, diesmal nach einem Eingang zum Bereich unter der Bühne.[1]
 1. Perception 8
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 18.10.2014, 00:38:41
Auf den ersten Blick konnten Arjen und Will nichts finden, was einer Öffnung glich. Doch das Geräusch, bei dem sich ihnen die Nackenhaare aufstellten, so unwirklich klang es, ertönte noch einmal, und nun waren sie sicher: Es kam von unterhalb der Bühne!

Sie suchten alles sehr genau ab, bis Will schließlich zwischen zwei Holzdielen einen dünnen, fast durchsichtigen Faden entdeckte. Er zog daran - und nach unten klappte eine Falltür auf, direkt vor ihm. Der Weg führte eine steinerne Treppe hinunter in einen tiefdunklen Raum, aus dem ein stickiger, fauliger Gestank nach oben drang.

Aber das war nicht alles. Hörten sie da ein leises Schluchzen, irgendwo unten in der Dunkelheit?
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 18.10.2014, 12:06:41
Will sah sich rasch auf der Bühne nach einem kleinen, stabilen Gegenstand um und fand einen Stiefelknecht in der Nähe, den er sich schnappte. Er konzentrierte sich kurz auf das, was er erreichen wollte, und murmelte dann in den Worten des weisen Sultan Farakirs: "Nachts erst ist es schön, an das Licht zu glauben." Der Stiefelknecht begann, hell wie eine Fackel zu leuchten.[1]

Dann lauschte Will noch einmal mit dem rechten Ohr, ob er da unten außer dem Schluchzen etwas hören konnte. Waren da Schritte? Schlurfende Schritte?[2] Nein, nur ein leichtes Rasseln wie von einer Kette, irgendwo tief im Kellerraum.

"Hörst du das auch?" wisperte er. "Da unten scheint jemand angekettet. Zumindest rasselt da jemand mit einer Kette. Also, soll ich?"

Er deutete eine Wurfbewegung mit dem Stiefelknecht an. Wenn die Idee Zustimmung fände, würde er ihn die Treppe hinunterwerfen.
 1. zaubert Licht (http://www.d20pfsrd.com/magic/all-spells/l/light)
 2. perception = 20 (% 90)
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 18.10.2014, 14:30:31
Als Will die Falltür entdeckte, brach Arjen seine erfolglose Suche ab und begab sich zu ihm. Er sah, wie Will einige Worte murmelte und der Stiefelknecht in seinen Händen zu leuchten begann. Dabei zog der Krieger kurz überrascht die Augenbrauen hoch. "Ein Schauspieler, der nicht nur mit dem Schwert umgehen kann, sondern auch zaubert - aha."
   
Bei Will angekommen kniete sich Arjen neben diesem hin und spähte durch die Falltür in die Dunkelheit. Bei dem Rasseln der Ketten und dem nun lauter zu vernehmendem Stöhnen lief es ihm wieder kalt den Rücken runter, wie jedes Mal, wenn er auf diese Kreaturen traf. Vor seinem geistigen Auge tauchten wieder die blutigen Fratzen der Untoten auf, die ihm fast zwei Tage lang auflauerten. Diese toten Augen, die vor Geifer triefenden Zähne und eben dieses inzwischen unverkennbar gewordene Stöhnen, das auch jetzt von unten heraufdrang. Kurz schloss Arjen die Augen. "Oh ihr Götter, was genau soll mir das alles sagen? Ich habe die Strafe für meine Verbrechen angenommen. Reicht das nicht? Warum lasst ihr mich nicht zu meiner Frau und meinem Sohn. Warum gewährt ihr mir nicht einfach einen sauberen Tod?"

Als der Barde seinen Vorschlag unterbreitete, nickte Arjen nur knapp. Mit leichtem Kopfschütteln versuchte er die Gedanken zu vertreiben und sich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Gleichzeitig griff er nach hinten und holte seinen Schild von seinem Rücken. Während er den linken Arm durch die Schildgurte führte, festigte er mit der Rechten den Griff um sein Schwert. Gespannt schaute er nach unten, in der Hoffnung, im Licht des fallenden Stiefelknechts die Quelle der Geräusche und auch alles andere, was sich unten verborgen hielt, zu erkennen.[1]
 1. Perception: 9
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 18.10.2014, 17:31:29
Düstere Gedanken streiften durch Arjens Kopf, als er den Gang hinunter blickte. Doch die Götter antworteten ihm nicht. Fast mochte man glauben, dass sie diese Welt im Stich gelassen hatten, so wie sie heute aussah...

Wills leuchtender Stiefelknecht fiel in die Dunkelheit, an gut zwanzig schmalen Stufen vorbei, bis sie unten auf dem Boden aufkam. Doch schon vorher konnten Will und Arjen dort unten eine Silhouette erkennen, eine Person. Ihr Blick wurde klarer, als sich das Licht nicht mehr bewegte, die Quelle des magischen Scheins nur einen halben Meter von dem Mann entfernt, der dort hockte.

Ein einzelner Mensch, zusammengekauert, das Gesicht in den Armen vergraben, saß dort am Fuß der Treppe. Sein einst schneeweißer Mantel war über und über mit dreckigem Blut überzogen. Kinnlanges glattes, strahlend blondes Haar verdeckte das Gesicht.

Die Gestalt sah irritiert zu Wills Wurfgeschoss, und dann nach oben. Er war dreißig, vielleicht fünfunddreißig Jahre alt, und trug einen Bart, der ihm vermutlich erst in den letzten zwei Tagen gewachsen war. Er blieb in seiner Position, hob nur eine Hand nach oben, um seine Augen gegen das von oben fallende Licht zu schützen.[1]

"Was... was tut ihr hier? Geht weg! Weg von hier!"

Und in der Tat schien der "Vorschlag" des Mannes aus Wills Sicht gar keine so schlechte Idee. Er hatte ein Raunen gehört, von der Art, wie es die Untoten von sich gaben - aber dunkler, grollender, irgendwie... größer?!
 1. Will, bitte einen Knowledge (Local) Wurf
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 18.10.2014, 21:22:18
Will riss erstaunt die Augen auf: es war ja doch ein Mensch dort unten! Er hätte schwören können, dass dieses Stöhnen nicht menschlichen Ursprungs war. Aber es war ein Mensch, ein lebender Mensch, der ihm außerdem bekannt vorkam. Ganz sicher hatte er den Mann schon gesehen, oft sogar, ohne ihm vorgestellt zu werden. Ein Schauspieler? Dann müsste er ja den Namen kennen. Ein häufiger Theatergast? Eigentlich hätte Will ja nicht gedacht, dass Leute, die das Smaragd-Theater frequentierten, sich auch dazu herablassen würden, im Tamburin einzukehren.[1] In der Linde war es jedenfalls nicht gewesen, da war Will sich sicher.

Nachdem er eine ganze Weile herumüberlegt hatte, in welchem Zusammenhang dieser Kerl ihm seinerzeit aufgefallen sein mochte, gab er auf und wollte ihn gerade ansprechen, da hörte er ein schreckliches Grollen.[2] Er machte einen Satz zurück und hob sein Schwert schlagbereit.

"Da unten ist noch so ein Monster! Es klingt wie ein besonders großes!" Er hatte eigentlich wispern wollen, aber vor Schreck sprach er laut. Und weil's dann eh egal war, rief er dem kauernden Mann zu: "Schnell, kommt da raus! Bevor es Euch anfällt!"
 1. Knowledge (local) = 18
 2. perception, SL-Wurf
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 18.10.2014, 21:40:45
Doch statt zu flüchten, stieß der Mann nur ein verzweifeltes Lachen aus, das gleich in ein kurzes Schluchzen überging. "Ich bin das wahre Monster hier, ich allein. Schließt die Luke, geht!"
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 19.10.2014, 10:57:37
Arjen schaute irritiert auf das, was sich unten abspielte. Der Mann sprach und das bedeutete, dass er kein Untoter war. Gleichzeitig war nicht zu verstehen, wie er zwei Tage lang unten überlebt haben könnte. All das Blut, dass an seinem Mantel klebte zeigte deutlich, dass er bereits mehr Bekanntschaft mit den Untoten gemacht haben musste, als ein unbewaffeter Mann für gewöhnlich überleben konnte.

Das Raunen hallte unter der Bühne und ließ Arjen den Griff um sein Schwert abermals festigen. In seinem Inneren rangen mehrere Kräfte um die Vorherrschaft. Es war mehr als deutlich, dass sie sich hier in Gefahr begaben, wenn sie nach unten gingen. Sollten sie vielleicht einfach hier oben stehen und auf den Mann einreden, bis dieser zur Vernunft kam und nach oben lief? Oder war es wirklich das Beste, die Falltür zu schließen, sie mit Steinen zu beschweren und alles zu vergessen? "Nein - das können wir nicht tun. Wir können diesen Mann nicht unten lassen."

Da fasste Arjen einen Entschluss. Er sah zu Will hinüber: "Also für mich sieht er wie ein Mensch aus - nicht wie ein Monster. Wir müssen ihn da rausholen." Dann wandte er sich an den Mann unten in der Dunkelheit und rief. "Wir kommen jetzt runter und holen Sie. Stehen Sie auf! Kommen Sie mir entgegen!"

Mit diesen Worten machte der Krieger einige Schritte die steinerne Treppe hinunter. Er versuchte möglichst schnell einige Stufen zurückzulegen, damit sein Kopf unterhalb der Decke war und er selbige überblicken konnte. Nicht dass eins von diesen Monstren sich an der Decke festgekrallt hatte, nur ein paar Fuß von der Falltür entfernt, und ihn überraschend anfallen könnte. Als er diese Position erreicht hatte, verlangsamte er seinen Schritt und schaute sich im Raum um, um die Quelle des Raunens und eventuell auch die rasselnden Ketten auszumachen[1]. Sich derart die ganze Zeit umsehend und Schwert und Schild erhoben ging er langsam weiter die Treppe zu dem Mann hinunter.
 1. Perception: 10
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 19.10.2014, 11:23:04
Der Fremde schüttelte den Kopf, hob dann seine beiden Hände hoch und winkte abwehrend. "Nein! Nein, bleibt oben! Hier unten gibt es nichts mehr. Nur den Tod! Geht weg!"

Als Arjen einige Schritte nach unten gegangen war, sah er das Gesicht des Mannes genauer. Er hatte dunkle Ringe unter den Augen, wirkte schwächlich und fahl. Vermutlich hatte er seit ein, zwei Tagen nichts gegessen, vielleicht sogar nichts getrunken. Wenn das stimmte, dann wartete er hier vermutlich auf seinen Tod. War es das, was er mit seiner Aussage gemeint hatte? "Nur den Tod"? Oder bezog er sich auf tödliche Gefahren hier unten?

Wills Lichtquelle reichte nicht sehr weit. Sie erleuchtete den Bereich direkt um den Fremden, doch viel weiter konnte Arjen nicht in den Raum sehen. Auch das Tageslicht drang nicht weit genug herein, um die hinteren Bereiche des Kellers in Augenschein zu nehmen. Was auch immer dort im Dunkeln lag, lag noch immer verborgen.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 19.10.2014, 11:36:03
"Ich meinte nicht ihn. Da ist noch jemand unten mit ihm zusammen! Hörst du das nicht?"

Um nichts in der Welt wäre Will freiwillig da hinunter gestiegen, aber Arjen sah das wohl anders und marschierte einfach los, wenn auch mit gebotener Vorsicht. Nun. Ich wäre gestern nacht schon gefressen worden, wäre er nicht die Art Mensch, die ihr Leben für andere riskieren. Also schlich Will ihm fast ohne zu zögern hinterher. Er versuchte, um Arjen herumzuspähen, doch die Treppe war zu schmal.[1]

"Was redet Ihr da?" rief er dem immer noch auf dem Boden kauernden Mann zu. "Sprecht nicht in Rätseln. Überhaupt, ich kenne Euch von irgendwoher. Wer seid Ihr?"
 1. Vergesst den "Wurf"; hatte sich überschnitten
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 19.10.2014, 11:40:49
Wills letzte Aussage schien den Fremden zu irritieren, er sah genauer zu den beiden Männern hoch, die ihm da entgegen kamen. Ein leises, kehliges Lachen entfuhr ihm. "William Kid Marlowe. Und so ist der Welt zumindest ein großer Künstler erhalten geblieben. Was euch zugestoßen ist, ist eine Tragödie." Er schwieg einen Moment, schüttelte den Kopf. "Aber das spielt alles keine Rolle mehr. Bringt euch nicht selbst in Gefahr. Geht!"
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 19.10.2014, 12:10:38
Arjen schüttelte ob der deplazierten Unterhaltung nur den Kopf und machte einige weitere Schritte hinunter auf den Mann zu. "Anscheinend hält er es für angebrachter, über alte Bekanntschaften zu philophieren, anstatt uns auf die unmittelbaren Gefahren hier unten hinzuweisen. Der Mann muss völlig durcheinander sein."

Bei diesem angekommen, packte er seinen Schild wieder auf den Rücken und nahm den Stiefelknecht vom Boden auf. Mit der Lichtquelle erhoben, leuchtete er in alle vier Richtungen. Er würde sich zunächst vergewissern, dass ihnen keine Gefahr droht, bevor er sich irgendetwas anderem zuwandte. Und das hieß für ihn, dass er zunächst alle vier Wände des Raumes ausmachen musste, um sicher zu gehen, dass sie hier unten allein waren.[1]

Während Arjen sich umsah, erkannte er, dass Will ebenfalls die Treppe hinunter kam. Er sagte nichts - anscheinend kannte Will den Mann - oder zumindest kannte dieser ihn. Er fand es besser, den beiden das weitere Gespräch zu überlassen. Falls der Mann was Sinnvolles sagen könnte oder doch zur Vernunft kam und die Treppe hinaufstieg, dann würde er es bei einem Bekannten wohl eher tun, als bei einem Fremden, wie Arjen.
 1. Perception: 19 ;Sollte Arjen weder die Wände erkennen, noch irgendetwas anderes, wird er langsam einige Schritte nach hinten ur Treppe machen, um die Wand zu sehen, an die diese anlehnt und dann daran entlang die anderen Wände suchen (Take 20)
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 19.10.2014, 13:11:01
"Dabei waren Tragödien mir früher lieber als Komödien. Tja, so ändern sich die Zeiten!" Auch Will ärgerte sich darüber, dass der Mann ihnen so gar nicht verraten wollte, was sie dort unten erwartete. "Aber sagt, seid Ihr gebissen worden oder was ist los?"

Er folgte Arjen bis zum Fuß der Treppe, wo er nur einen hastigen Rundumblick warf und es darüberhinaus erst einmal seinem Begleiter überließ, den Raum genauer zu untersuchen. Dafür trat er auf den Theaterfreund zu und versuchte festzustellen, ob dieser Verletzungen, insbesondere Bisswunden trug. Stand der Mann vielleicht sogar kurz davor, sich in eines der Monster zu verwandeln?[1]

"Wir müssen wissen, was hier unten los ist, sonst sind wir da oben auch nicht sicher", versuchte er zu erklären. "Also, was wisst Ihr? Was ist hier geschehen?"
 1. perception=18
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 19.10.2014, 13:38:05
Der Mann sah zu Will auf. In seinem Blick lag pure Verzweiflung. Will sah ihn genauer an. Im ersten Moment dachte er tatsächlich, dass der Fremde sich kurz davor befand, sich zu verwandeln. Doch dann begriff er. Was er sah, war ein Mann, der seit vermutlich zwei Tagen nichts gegessen und nichts getrunken hatte. Er kannte diesen Anblick, er hatte ihn in der Zeit bei Lissie und den Kindern das eine oder andere Mal gesehen, wenn ein neues Kind in die Gruppe kam. Der Mann, der dort unten so verzweifelt auf der Treppe saß, war vermutlich kurz davor, körperlich zu kollabieren. Dass es um seine Psyche offenbar nicht besser bestellt war, machte die Lage sicherlich nicht einfacher.

Arjen stellte schnell fest, dass der Raum länger als breit war. Gute drei Schritt zur einen, und weitere drei Schritt zur anderen Seite, bis er auf eine Wand stieß. Aber das andere Ende des Kellers lag, im Moment, noch im Dunkeln. Auf dem Boden konnte Arjen Blutflecken erkennen, ebenso an den Wänden.

Er ging weiter hinein in die Dunkelheit, in die Richtung, aus der sie das Rasseln gehört hatten. Dann stieß er auf die erste Leiche. Ein Mann in einem Kostüm: Wie ein Hofnarr gekleidet, mit Glöckchen an seinem absurd wirkenden Hut, lag dort vor ihm. Irgendjemand hatte ihm den Schädel eingeschlagen, aber da war noch etwas: Ihm fehlte der rechte Unterarm.[1]

Am Rand des Lichtscheins konnte er eine weitere, blutbedeckte Hand erkennen, die Hand einer Frau, soweit Arjen das bis jetzt sagen konnte.

"Ich nicht, nein," beantwortete der Fremde Wills Frage, ob er gebissen worden sei. Er schüttelte den Kopf, und eine einzelne Träne floss über sein Gesicht. "Ich habe das nicht gewollt. Ihr Götter, ich habe Schreckliches getan! Es ist meine Schuld!"
 1. Für eine genauere Untersuchung bitte einen Heilkunde-Wurf gegen SG 10.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 19.10.2014, 14:51:30
"Die ganze Menschheit hat Schreckliches getan, dass die Götter uns derart strafen. Nehmt nicht zuviel auf Euch!"

Will begriff endlich, dass er nichts Kohärentes aus dem Mann herausbekommen würde. Der Kerl brauchte dringend etwas Wasser. Was ihm darüber hinaus fehlte, konnte Will nicht sagen. Zwar hatte er einmal mit großem Erfolg einen Heiler auf der Bühne verkörpert, doch schienen seine Zeilen aus dem Stück hier nicht sonderlich zu passen: Die Schwindsucht ist's, ja hört Ihr's nicht? // Das Rasseln in der Lunge spricht // des armen Kindes Schicksal. // Der Tod, mein Herr, der Tod kommt bald, // verlöscht der Unschuld Lebenslicht.

"Arjen, siehst du was? Wenn keine Gefahr in der Nähe droht... der Mann hier braucht dringend Wasser. Ich würd oben was holen. Oder schaffen wir ihn gemeinsam hoch?"
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 19.10.2014, 15:08:31
Plötzlich sah sich der Mann zu Arjen um, als würde er erst jetzt begreifen, was sein vermeintlicher Retter dort tat. "Nicht weiter! Er wird euch auch töten!"
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 19.10.2014, 20:16:04
Als Arjen die Leiche auf dem Boden sah, spannte er instiktiv die Beine an, um schnell reagieren zu können. "Der Kopf ist eingeschlagen - also war dieser Mann schon zu einem Untoten geworden und ein Mensch hat ihm den Kopf eingeschlagen - vielleicht unser Verwirrten hier?"

Nachdem er die blutbedeckte Hand der Frau erblickt hatte, wollte er bereits weiter in diese Richtung gehen, da hörte er den Ruf des Mannes hinter sich, der ihn warnte. "Oh ihr Götter!", fluchte er innerlich. "Kann dieser Mann nicht einmal offen sprechen und nicht in Rätseln? Es rangen wieder unterschiedliche Gedanken in ihm um die Vorherrschaft. "Wenn wir schon hier sind, sollten wir uns alles ansehen. Wir könnten für Sicherheit sorgen und eventuell gibt es hier unten ja Vorräte." Doch zugleich wollte Arjen das Schicksal nicht überstrapazieren. "Wir sind hier runtergekommen, um ihn zu retten. Also machen wir das jetzt auch und kümmern uns um den Rest später", dachte er sich schließlich.

"Also gut, Will", antwortete er. "Zieh ihn auf die Beine, versuch es. Ich komme jetzt zu euch, helfe dir, ihn hoch zu schaffen und decke den Rückzug nach oben." Und genau das setze Arjen dann auch um, allerings mit einem kleinen Umweg: er machte noch einen letzten Schritt in Richtung der Hand der Frau, um ihren Körper zu sehen. Falls ihr Kopf nicht eingeschlagen war, würde er das mit einem Hieb seines Schwertes ändern, bevor er zu Will und dem verwirrten Fremden zurückging. Falls der Kopf bereits lädiert ist, oder der Körper am Arm fehlt, würde er gleich zurückgehen.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 19.10.2014, 21:28:03
Arjen ging ein, zwei Schritte nach vorne, damit er die Frau genauer sehen konnte. Ihr Oberkörper lag am Rand einer Stufe - eine weitere Treppe, dachte er im ersten Moment, bevor ihm klar wurde, dass dies in einen tieferen Bereich des Kellers führte. Die Decke blieb gleich hoch, aber nach unten ging es weiter herunter. An der Decke konnte er Seile und mechanische Konstruktionen sehen.
Etwas stimmte nicht mit dem Körper. Zuerst glaubte er, ihre Beine hingen über den Rand der Abstufung nach unten, aber etwas fehlte... dann begriff er. Ja, etwas fehlte. Und zwar ihr gesamter Unterkörper! Irgendetwas hatte ihren Leib in der Mitte zerrissen, und nichts als blutige Fetzen hingen aus ihrem Bauch heraus.

Die Frau, oder was von ihr übrig war, trug ein buntes Sommerkleid und einen dazu passenden Strohhut. Beide waren blutbesudelt, doch durch den Hut konnte Arjen nicht genau sagen, ob die Frau nicht doch noch untot war. Vorsichtig streckte er den Arm, mit dem er den Stiefeldiener hielt, aus, um den Hut damit anzuheben. Seine Muskeln waren angespannt, bereit, sofort zu reagieren, wenn sich die Frau doch als untot herausstellen sollte.

Zentimeter für Zentimeter hob er den Hut hoch. Dann sah er es: Eine tiefe Wunde in ihrem Schädel; ein fingerdicker metallener Stab ragte einen guten Zentimeter aus ihrem Kopf heraus. Was auch immer mit ihr geschehen war, sie würde nicht wieder auferstehen.

Dann hörten Will und Arjen wieder das Rasseln. "Lauft!" rief der Fremde Arjen zu. Doch dann sah Arjen bereits, was dort in der Dunkelheit das Raunen und Stöhnen verursacht hatte. Ein Gesicht kam auf ihn zu, menschenähnlich, aber mit groben Gesichtszügen, mit einem langen, dunklenbraunem Bart, und vor allem: Überdimensional groß! Alleine der Kopf der Kreatur musste in etwa so groß sein wie Arjens Oberkörper, die Augen so groß wie seine Fäuste, und das Maul... es war eindeutig groß genug, dass es den Unterkörper der toten Frau hätte verschlingen können!

Milchige Augen starrten Arjen an, und die Kreatur stieß ein dumpfes, dröhnendes Raunen aus, und schnappte hungrig nach ihm. Wieder hörte er das Rasseln der Kette, und der Kopf des Monstrums wurde zurückgezogen, als es den Rand erreichte, keine Armlänge von Arjen entfernt! Hungrig, wütend, raunte es und zerrte an der Kette, die ihn gefangen hielt.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 20.10.2014, 09:14:50
Als Arjen begann, den Raum zu erkunden, wurde es dunkel um Will und den Mann herum; zwar konnte man sich noch erkennen, aber nur als Schatten. In Wills Phantasie verzerrten sich die Gesichtszüge des anderen sofort zu einer dämonischen Fratze. Ja was! Wenn der Kerl auch die ganze Zeit behauptet, ein Monster zu sein!

"Von wem redet Ihr da, wer wird uns töten? Und wenn Ihr das nicht wollt, dann steht doch bitte auf und kommt nach oben mit uns, ich habe dort ein wenig Wasser und einen Happen zu essen." Er zog den Mann kurzerhand auf die Beine, was dieser geschehen ließ, hilfreich wie eine Puppe. Schließlich stand er da auf zitternden Beinen. Will warf einen Blick zu Arjen hinüber und sah, dass dieser Leichen auf dem Boden untersuchte.

"Jetzt auf!" sagte er schaudernd und schob den Mann in Richtung Treppe.

Am Fuß der Treppe beschlich ihn aber ein ungutes Gefühl. Die Leichen dort drüben, offenbar fühlte der Mann sich für ihren Tod verantwortlich, aber wieso bezeichnete er sich deshalb als Monster? Will hatte in den vergangenen beiden Nächten auch einigen Leuten, die einmal Leute gewesen waren, den Schädel eingeschlagen, ohne sich deshalb wie ein Monster vorzukommen. Hatte der Mann vielleicht mehr getan, als sich gegen die wandelnden Toten zu wehren? Andererseits: das was Will am meisten belastete war das eine Ale, das er zur Feier des Abends getrunken hatte und weswegen er nicht bei Lissie und den Kindern war, als sie ihn am dringendsten benötigt hätten. Das Gewissen hat manchmal eine recht seltsame Sicht auf die Dinge. Wer weiß schon, was diesen Mann plagt und ob das rational ist oder Hirngespinst?

Ein fürchterliches Grollen und das harte Schlagen einer Kette, an der mit Gewalt gerissen wurde, ließ Will herumfahren; Entsetzen auf der Stelle erstarren. Was macht ein solches Vieh in einem Theater...? Er setzte einen Fuß auf die Treppe, doch glaubte er schon nicht mehr, dass sie es alle drei nach oben in Sicherheit schaffen würden, bevor das Monster dort freikam.[1]

"Oh Lissie", murmelte er verzweifelt und packte sein Schwert fester. Er tat sogar einen Schritt in Arjens Richtung, obwohl ihm die Knie schlotterten. Einen Helden auf der Bühne zu spielen war eben nicht das gleiche wie ein Held sein...
 1. Ini=6, falls benötigt
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 20.10.2014, 12:56:40
Als das riesige Gesicht auf Arjen zugeschossen kam, machte der Krieger instinktiv einen Schritt zurück und erhob das Schwert in Verteidigungshaltung. Ein übel riechender Windstoß fegte ihm beim Raunen der Kreatur ins Gesicht und fasst kam es ihm so vor, als würde er von einigen Spritzern des Geifers getroffen. "Bei allen sieben Höllen - was ist das denn für eine Kreatur?", schoss es ihm durch den Kopf.

Aber jetzt war nicht die Zeit, um das rauszufinden. Arjen machte einige eilige Schritte rückwärts zu den beiden Männern und der Treppe, drehte sich dann, als er diese erreicht hatte, um, übergab Will den Stiefelknecht, um eine Hand frei zu haben, und Griff dem Mann unter die freie Schulter, um Will beim Stützen zu helfen. Er versuchte alles, dass sie möglichst schnell die Treppe hochkamen. Sobald sie oben sein würden, würde er die Falltür zunächst zuziehen.

Während er all dies tat, ließ ihn jedoch ein Gedanke nicht los. "Dieses Monster war in Rage. Anscheinend frisst es seine Opfer. Dem Mann fehlte ein Arm. Und der Frau der ganze Oberkörper. Aber es ist wohl nicht intelligent genug und es würde sich wohl auch nicht die Mühe machen, gezielt die Köpfe seiner Opfer einzuschlagen. Das muss jemand anders gemacht haben." Sein Blick wandert zu dem Mann im weißen Mantel, den sie gerade stützend nach oben hieven. "Und wenn es jemand anders gemacht hat, dann hat dieser Jemand die Leichen dann auch dort vor dieser Treppe abgelegt. Oder: die zerstückelten Leichen wurden erst durch diese Bisse infiziert und mussten danach durch die kopftreffer außer Gefecht gesetzt werden."

Arjen beschloss, den Mann - sollten sie den sicher oben ankommen - genau im Auge zu behalten, so lange dieses Rätsel nicht gelöst war.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 20.10.2014, 22:51:30
So schnell sie nur konnten, flüchteten die beiden Gefährten nach oben, und zogen dabei den Fremden mit sich. Oben auf der Treppe hörten sie erneut das wütende, grollende Raunen, ein weiteres Rasseln von Ketten - und ein Geräusch, als würde Stein zerstrümmert werden! Hatte die Bestie sich losgerissen?!

Arjen ließ die Falltür herunterknallen. Wenn sie Glück hatten, würden sie es nie herausfinden.

Der Fremde sah Arjen und Will mit verzweifeltem Blick an. "Warum habt ihr das getan? Warum habt ihr mich nicht einfach da unten sterben lassen? Er... er war beinahe ruhig, lethargisch. Er wäre keine Gefahr mehr gewesen. Und jetzt..."

Ein heftiger Schlag von unten erschütterte den Boden; das Holz, aus dem die Bühne gebaut worden war, quietschte und knarzte für einen Moment.

"Das Theater ist nicht sicher", sagte der Mann, den Will und Arjen gegen seinen Willen gerettet hatten.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 21.10.2014, 14:14:52
"Warum wollt Ihr unbedingt sterben?" rief Will verärgert aus. "Glaubt Ihr nicht, es könnte einen Grund haben, dass Ihr bis jetzt überlebt habt? Und wenn Ihr Euch wirklich für ein Monster haltet, das unaussprechliche Dinge getan hat, meint Ihr nicht, Ihr tätet besser daran, anstatt jammernd auf den Tod zu warten, lieber das Euch geschenkte Leben zu nutzen, um diese schrecklichen Taten an anderen Menschen wiedergutzumachen? Es wird wahrlich jede Hilfe gebraucht in dieser Stadt!"

Die heftigen Schläge gegen den Bühnenboden unterbrachen Will in seiner Tirade.

"Arjen, was meinst du? Ich habe noch nie gegen etwas gekämpft, das nicht wenigstens vor seinem Tod ein Mensch war. Was ist das für ein Monster? Schaffen wir das oder hauen wir ab? Draußen ist es auch nicht sicher..."

Die Todesangst stand Will ins Gesicht geschrieben und nur der harte Zug um den Mund herum zeugte von etwas anderem. Wenn Arjen sich für den Kampf entschied, so wäre er dabei.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 21.10.2014, 14:30:49
Arjen nickte bei Wills Worten. Das Ding sah nicht so aus, als sollte es nur von zwei Männern bekämpt werden. Andererseits hatte der Krieger noch deutlich die Schrecken außerhalb des Theaters vor Augen. Es gab keine Garantie dafür, dass sie den Tag überleben würden, wenn sie aus dem Theater rausgingen. Auch keine dafür, dass dieses Ding sie nicht binnen Sekunden eingeholt hätte, falls es sich tatsächlich losgerissen hatte. Und wenn sie es irgendwie besiegen konnten, wäre das Theater weiterhin ein sicherer Zufluchtsort - nicht nur für sie, sondern vielleicht auch für andere Überlebende in der Stadt, die man hierher führen könnte. Arjen schüttelte den Kopf. "Wir sind gerade dabei, von einem untoten Ungeheuer verspeist zu werden, und ich male mir hier Rettungsaktionen aus - was für eine Zeitverschwendung.

Er schaute in Wills Richtung: "Ja - du hast recht: draußen ist es auch nicht sicher. Lass uns von der Bühne runtergehen auf die steinernen Sitzbänke oder die Treppe. Vielleicht ist das Monster noch angekettet, oder anders behindert. Auf jeden Fall wird es nicht gleich komplett durch die Bühne brechen können. Es dürfte zunächst in der Bresche steckenbleiben. Sobald das passiert, versuchen wir, ihm den Gar auszumachen, bevor er sich vollends nach oben kämpfen kann. Was sagst du?"

Sollte Will zustimmen, würde Arjen auf sicherer - steinerner - Plattform, möglichst nahe an der Bühne Position beziehen. Noch während er auf Wills Entgegenung wartete, holte der Krieger wieder seinen Schild vom Rücken und führte den linken Arm durch die Gurte.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 21.10.2014, 18:56:31
Arjen brauchte nicht lang auf Wills Entscheidung zu warten: er hatte noch nicht ausgeredet, da schnappte sich dieser schon seine Habseligkeiten von neben dem Bett[1] und zog den undankbaren Theaterfreund, sollte sich dieser nicht zu sehr sträuben, mit sich in Richtung der von Arjen angezeigten Position. Dabei sah er immer wieder angstvoll über die Schulter.

Auf die Frage seines Begleiters antwortete er, unter Andeutung einer Verbeugung: "Es war mir eine Ehre, dich kennengelernt zu haben."

An ihrer Stellung angekommen, überlegte er sich rasch, welche Rolle er im bevorstehenden 'Scharmützel' darstellen wollte. Fabrizio, beschloss er. Fabrizio kannte keine Angst.[2]
 1. Falls das zeitlich noch drin ist und das Monster nicht bereits durch den Boden bricht; sonst zieht er nur den Theaterfreund mit sich.
 2. Evtl. und wenn möglich würde ich gern in der Runde, bevor das untote Monster unsere Stellung erreicht, eine Inspire Courage beginnen.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 31.10.2014, 19:30:39
Der Fremde, den Arjen und Will gerettet hatten, kam zwar mit ihnen, hob aber gleichzeitig abwehrend die Hände. "Ihr könnt nicht gegen ihn kämpfen! Er ist viel zu stark. Wenn ihr überleben wollt, dann müsst ihr hier weg!" Ängstlich sah er in Richtung des jetzt wieder geschlossenen Kellereingangs. Ein dumpfer Schlag ertönte von unten, und ließ den Boden erzittern.

Der Mann schlang die Arme um seinen Oberkörper. "Ich bin dafür verantwortlich. Ich habe immer nur auf die Zahlen geachtet. Mehr Erfolg, weniger Kosten. Ich habe ihn nie gesehen, aber er ist wegen mir da drin. Und wegen mir sind alle aus dem Theater tot." Jetzt liefen Tränen über sein Gesicht, ohne dass er es zu bemerken schien. "Dabei habe ich immer alles nur für sie getan, für die Künstler..."[1]
 1. Will, wenn du magst, darfst du noch einen Wissenswurf (Lokales) machen
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 02.11.2014, 08:31:32
"Nicht ohne Euch", sagte Will entschieden, denn genau dies hätte Fabrizio gesagt. Der Gerettete redete noch immer wirr. Wie konnte sparsame Truppenleitung ein Monster unter der Bühne auftauchen lassen? Will hatte schon mehrmals erlebt, dass Menschen, die zu lange der Kälte ausgesetzt waren, völlig durcheinander gerieten und kein vernünftiges Wort mehr rausbrachten. Vielleicht galt bei Durst ähnliches.

"Überhaupt, was redet Ihr da? Das Monster kann unmöglich wegen Euch da sein. Durst und die Ängste der letzten beiden Nächte reden Euch das ein. Was Ihr braucht ist Wasser und Schlaf und ein sicheres Plätzchen, dann könnt Ihr uns erzählen, was hier passiert ist."

Die Tränen des Mannes erschreckten ihn. Nein, nein, nein, bitte verlier nicht ausgerechnet jetzt den Kopf, guter Mann! Lass uns erst einmal die nächsten Atemzüge überleben!

"Jetzt reißt Euch doch zusammen!" entfuhr es ihm. Bei Neodor und allen Sternengöttern, er wollte dem Mann ja helfen, ganz gewiss wollte er das, aber dessen Hoffnungslosigkeit und Schuldgefühle erstickten schier den eigenen, mühsam zusammengehaltenem Überlebenswillen. "Ihr seid nur ein Mensch! Es steht Euch nicht zu, Euch selbst zu richten, gar das Todesurteil auszusprechen, wenn die Götter Euch bis jetzt haben überleben lassen. Seht Ihr nicht, dass Ihr es ihnen schuldet, um Euer Leben zu kämpfen? Zu überleben?"[1]

Ein krachender Schlag ließ die gesamte Bühne erzittern, Holz barst, und Will machte einen Satz nach hinten.
Fabrizios Gottvertrauen verließ ihn und er fragte, eine Quinte höher als normal: "Verdammte Scheiße, was ist das für ein Vieh? Was macht sowas in einem Theater?"

Er tat noch einen Schritt nach hinten, während sein Blick panisch umherhuschte, als suche er nach einem Fluchtweg.[2]
 1. Diplomatie = 9 (nat. 1)
 2. Perception = 10
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 02.11.2014, 08:54:56
"Ein Hügelriese", erklärte der noch immer Namenlose ohne Regung in der Stimme. "Was er da macht? Er sollte Maschinen bewegen. Seilzüge, Hebel, Pumpen... alles, was es braucht, um eine perfekte Aufführung zu erschaffen. Darsteller an Seilen fliegen lassen, mit Hintergründen bemalte Wände austauschen... ihr kennt das alles."

Ein neuer Schlag ließ den Boden erzittern. Holzlatten flogen durch die Luft; die Bühne war kurz davor, zu bersten. "Ich hatte ein Angebot bekommen. Einmalige Kosten für ihn, statt dauerhafter Kosten für zahlreiche Hilfsarbeiter bei jeder Aufführung." Er schüttelte den Kopf. "Ich sah nur die Zahlen. Was gut war für das Theater."

Die ganze Zeit war sein Blick auf die Bühne gerichtet. Er schüttelte den Kopf, dann sah er zu Will. "Wenn die Götter wollten, dass ich lebe, warum haben sie mich dann hierher geführt? Mir vor Augen geführt, wie sehr ich den Tod verdiene?" Er begrub das Gesicht in seinen Händen, und sank zusammen. "Als die anderen sein panisches Heulen hörten, wollten sie nachsehen, was da unter der Bühne ist. Ich wollte sie aufhalten, aber sie hörten nicht auf mich. Als sie unten waren... ich weiß nicht wie, aber da hatte er sich bereits verwandelt."
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 02.11.2014, 11:10:52
Arjen stand mit angespannten Gliedmaßen auf seinem Posten und beobachtete den Bühnenboden, der unter immer neuen Schlägen von unten malträtiert wurde. Holzsplitter flogen durch die Luft und der Kämpfer überlegte fiebarhaft, ob sein Plan die richtige Wahl war.

"Ist es so weit, Diana? Komme ich jetzt zu dir und Lukas?", schoss ihm die Frage durch den Kopf. Er musste sich eingestehen, dass wahrscheinlich genau diese Aussicht unbewusst dafür gesorgt hatte, dass er sich für den Kampf und nicht für den Rückzug entschieden hatte. Ein Freitod - nein, das konnte er nicht machen. Aber im Kampf gefallen; das wäre verdient und richtig. Insbesondere gegen so einen Gegner. Der könnte ihn zerquetschen, ohne dass er als Untoter wiederauferstehen würde.

Doch dann hörte er plötzlich Will zu dem verwirrten Mann sprechen und ihm stockte fast der Atem. Es schien so, als würden die Götter den Barden zu ihm sprechen lassen, ohne dass dieser es selbst wusste: "Ihr seid nur ein Mensch! Es steht Euch nicht zu, Euch selbst zu richten, gar das Todesurteil auszusprechen, wenn die Götter Euch bis jetzt haben überleben lassen. Seht Ihr nicht, dass Ihr es ihnen schuldet, um Euer Leben zu kämpfen? Zu überleben?"

Arjen konnte nicht anders - er musste zu Will und dem Mann hinüberschauen, als die Worte gesprochen wurden. Vor seinem geistigen Auge sah er Diana und Lukas, wie sie ebenfalls auf der Bühne standen. Friedlich, sich der Gefahr nicht bewusst, lächelten sie ihn an. Dann verblassten ihre Abbilder wieder. Der Kämpfer schloss die Augen. "Oh ihr Götter - ich möchte so sehr zu meiner Familie. Doch wenn ihr wollt, dass ich weiterlebe, warum habt ihr mir dann alles genommen?"

Derweil antwortete der verwirrte Mann. Ein Tränenschleier bedeckte Arjens Sicht, als er die Augen wieder öffnete, doch sein Gehör war einwandfrei. Er blinzelte die salzige Flüssigkeit weg und sah - immer noch leicht verschwommen - die beiden Männer. "Egal, ob der Barde recht hat, oder nicht - selbst wenn ich mir den Tod wünschen darf, darf ich nicht noch mehr Unschuldige mit mir mitreißen."

Mit diesem Gedanken schluckte der Kämpfer den Kloß im Hals herunter und rief rüber: "Will! Ich habe gegen Hügelriesen gekämpft - oben, im nordischen Hochland. Wir brauchten eine Überzahl - zehn zu eins, um sie zu bezwingen. Und ich habe mehr Männer verloren, als je zuvor. Das schaffen wir nicht zu zweit. Wir müssen hier weg."

Der Kämpfer sagte dies, rührte sich aber noch nicht und blieb weiterhin bereit, sich und seine Gefährten bei einem Durchbruch des Riesen zu verteidigen. Er wartete auf die Antwort des Barden.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 02.11.2014, 15:05:46
Und was wäre anders gewesen, wenn statt dessen zwölf untote Hilfsarbeiter die Leute angefallen hätten? Nichts! Denn Euer Riese ist nicht schuld daran, dass in der ganzen Stadt die Toten sich erheben! Jetzt steht schon auf und kommt mit uns." Will zerrte am Arm des Mannes, um ihn wieder auf die Beine zu bringen, doch dieser machte sich schwer wie ein Sack Weizen.

Und so beschwor Fabrizio verzweifelt seinen Freund Angelo, der unbedingt den Hügel halten wollte, obwohl der Hauptmann längst gefallen war, der dies befahl:

"Auf, Kamerad, keine Schande ist's
Zu flieh'n vor einer Übermacht.
Nur wer heute flieht und überlebt,
Kämpft morgen weiter für sein Vaterland!
Du nennst es Mut, was du hier tust;
Ich nenn es Feigheit, schau nicht so!
Den Tod erzwingen, weil vorm Leben es dir graut,
Ist Feigheit, Hybris, Sünde gar!"
[1]
 1. bardic performance, rallying cry (http://www.d20pfsrd.com/classes/core-classes/bard/archetypes/paizo---bard-archetypes/arcane-duelist), intimidate=15—Auch Arjen verspürt eine leicht bestärkende Wirkung (der Schrei wirkt gegen Furcht und Verzweiflung)
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 02.11.2014, 21:26:35
Ein Lächeln, zum ersten Mal erschien ein echtes Lächeln auf dem Gesicht des Fremden. Er richtete sich auf, und sah Will an. "Der Hauptmann, er ist gefallen..." Er legte seine Hand auf Wills Schulter, mit Mühe, so schwach war er inzwischen. "Ich komme mit euch, wenn ihr unbedingt darauf besteht. Aber nicht um meinet-, sondern um euretwegen."

In dem Moment erschütterte ein neuer Schlag den Boden, und die Bühne zerbrach in der Mitte. Möbelstücke und Holzplanken flogen durch die Luft, und ein schauerlicher Ruf war von unten aus dem Keller zu hören. Der Weg war frei für den Hügelriesen, nun würde er heraufkommen...
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 03.11.2014, 08:14:54
Zunächst stutzte Arjen bei den Worten von Will, doch dann stahl sich ein kleines Lächeln auf sein Gesicht. Irgendwie schaffte es sein neuer Begleiter, in dieser Düsternis ein wenig Optimismus zu verbreiten, und war dieser auch noch so deplaziert.

Als auch der Fremde anscheinend zu sich zu kommen schien, gab Arjen seine Position auf und lief zu den beiden hinüber. Dabei hörte er, wie die Planken der Bühne zerbarsten und der Weg für den Riesen frei wurde. Während er lief, rief er: "Will, ich komme zu euch und wir laufen nach oben. Ich schlage vor, wir seilen uns über den gleichen Weg ab, wie du gestern reingekommen bist."

Die Gedanken des Kriegers überschlugen sich. Gab es eventuell einen schneller erreichbaren Ausgang? Die Tore des Theaters waren versiegelt und das war auch gut so, bedachte man, was draußen auf sie wartete. Wenn sie diese nicht rechtzeitig genu öffneten, oder wenn vor dem Tor eine Untotenansammlung wartete, wären sie in einer Falle. "Nein - sich von oben abzuseilen lässt uns wohl die besten Optionen offen", dachte er.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 03.11.2014, 10:27:04
"Ja, die Leiter steht noch da", antwortete Will auf Arjens Vorschlag. "Schnapp sie dir, wir zwei folgen dir, so schnell wir können!"

Während er sprach, steckte Will sein Schwert zurück in die Scheide, verstaute sein Bündel halbwegs sicher über der linken Schulter, und zog den Theaterfreund—Theaterbesitzer?—auf die wackeligen Beine. Entschlossen legte er sich dessen Arm über die Schulter und fasste ihn um die Hüfte. Den geschwächten Mann solchermaßen unterstützend, hielt Will schnurstracks auf die Treppe zu, die auf den Mauergang führte.

Während er hinter Arjen die Stufen erklomm, welcher anders als sie zwei Stufen auf einmal nahm, überlegte Will bereits fieberhaft, wohin sie fliehen sollten. Gab es irgendein Gebäude in der Nähe, das sowohl den Brand überstanden haben würde als auch ähnlich gut verteidigbar war wie dieses? Wohin im besten Fall auch andere Überlebende geflüchtet sein mochten? Aber leider kannte er sich in diesem Teil der Stadt nicht wirklich gut aus. Selbst zu seinen großen Zeiten hatte er, bis auf ein gelegentliches Stelldichein, im Viertel der Reichen und noch Reicheren nichts zu suchen gehabt.[1]

"Wohin?" fragte er seinen Begleiter deshalb, als sie fast schon oben waren. "Ein sicheres Versteck in der Nähe, habt Ihr eine Idee?"
 1. knowledge (local) = 9
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 03.11.2014, 12:13:56
An der Mauer angekommen, gab es zumindest eine gute Nachricht: Auf den Straßen waren - im Augenblick - keine wandelnden Toten zu sehen. Sie würden also gefahrlos das Theater verlassen können. Während sie die Stufen hinaufstiegen, ragte aus dem Theaterkeller eine gewaltige Pranke hervor, und suchte an der Oberfläche nach Halt.

Der namenlose Fremde sah Will nachdenklich an. "Es gibt eine Zitadelle, zwei Straßenzüge weiter. Offiziell ein Wachposten der Stadtwache, aber finanziert durch die Bürger des Viertels, für zusätzlichen Schutz. Vielleicht steht sie noch." Er deutete in Richtung der aufgehenden Sonne. "Dort... ich... mir wird schwindlig..." Und mit diesen Worten sackte er in Wills Armen zusammen, bewusstlos.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 03.11.2014, 13:25:34
Will fluchte, als der Mann so kurz vorm rettenden Ziel zusammenbrach und ihn dabei fast mit zu Boden riss, doch zögerte er keinen Augenblick. Sofort nahm er den Kopf des Mannes in beide Hände und murmelte ein Stoßgebet:
 
"Zida oder Neodor, wer immer mich erhört!
Helft mir jetzt, dann mögt ihr knobeln,
Wer von euch des Künstlers Seele
Am End' für alle Ewigkeit erhält."
[1]

Er atmete auf, als der Götter heilender Segen durch ihn hindurch in den Bewusstlosen floss—tatsächlich war er sich nicht sicher gewesen, ob einer der beiden seinem Ruf überhaupt antworten würde, ob die Welt und die Menschheit nicht von allen guten Göttern verlassen sei, so wie es schien!—doch auch wenn die Antwort schwach war, sie war unverkennbar.[2]

Danach verharrte er atemlos, ob der Mann rechtzeitig wieder zu sich kommen würde. Er wusste selbst nicht, warum es ihm so wichtig war, dass der Mann überlebte. Ein gewisser Trotz gegenüber dem Schicksal mochte da eine Rolle spielen. Die wenigen, die bis jetzt überlebt hatten, durften einfach nicht sterben! Man würde sich zusammenrotten und gemeinsam die Toten aus Aradan vertreiben. Aus der Asche würde die Stadt neu auferstehen. Aufgeben konnte, wer seinen letzten Atemzug getan hatte!

Bei all dem ließ Will aber weder die Bühne aus den Augen noch Arjen, der mit der Leiter beschäftigt war.[3]
 1. cure light wounds, heilt 4 lethal und 4 non-lethal Schaden und bringt ihn hoffentlich zu Bewusstsein
 2. @Meister - Arcane Caster hin oder her, so wie ich Heilmagie verstehe, kann sie nur direkt von den Göttern kommen, ich hoffe, das passt auf deiner Welt?
 3. Arjen, ich hoffe, es ist OK, dass Will dich einfach zum "Leitermann" abbestellt hat...?
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 04.11.2014, 08:25:28
Der Fremde kam wieder zu Bewusstsein, jedenfalls irgendwie. Will spürte, wie das Gewicht nachließ, wie der Mann sich wieder selbst halten konnte. Aber er schien in eine Art Delirium zu fallen - vermutlich eine Auswirkung des Flüssigkeitsmangels.

"Wi... Wisst ihr, dass ich eure erss..." Seine Augen fielen fast wieder zu. Eine leichte Ohrfeige Wills brachte ihn wieder zurück. "Gefördert ha... have... hab an euch geglaubt... vom ersten Tag... unauchals... als... wieder Freiheit..."

Arjen hatte inzwischen die Leiter über die Mauer auf die Straße gehievt. Wills Einschätzung nach würden ein paar Meter Weg den Geist des Mannes genug klären, damit er die Leiter eigenständig herunter gehen konnte. Aber alles in allem würden sie nicht besonders auf ihn zählen können. Trotz des Heilzaubers war er schlicht am Ende seiner Kräfte. Ohne Will und Arjen wäre er vermutlich innerhalb der nächsten paar Stunden gestorben - auch ohne lebende Tote, die ihn fressen wollten.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 04.11.2014, 09:48:38
Oben angekommen, griff Arjen sofort nach der Leiter, und positionierte diese an der Mauer. Hinter sich hörte er die Worte des Mannes, seinen Zusammenbruch und Wills Gebet. Sobald die Leiter an die Wand gelehnt war, eilte der Krieger zurück zu den beiden Gefährten. Dabei fiel sein Blick auf die riesige Pranke, die aus dem Bühnenboden ragte und das Kommen des Riesen ankündigte.

Arjen ging vor den beiden Männern in die Knie und griff dem entkräfteten Theaterfreund unter die Arme. Er versuchte ihn wieder auf die Beine zu ziehen. "Wir haben nicht mehr viel Zeit - der Riese wird gleich durch die Bühne brechen. Wenn es diese Zitadelle tatsächlich gibt, von der er spricht, sollten wir uns dorthin durchschlagen."

Mit diesen Worten versuchte Arjen den zusammengebrochenen Mann zur Wand und der Leiter zu ziehen und hoffte, dass dieser so weit zu sich kommt, um die Treppe hinuntersteigen zu können.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 04.11.2014, 11:52:33
Und so machten sich Will und Arjen sowie der Fremde, der zumindest klar genug war, um die Leiter zu meistern, an den Abstieg. Sie ließen sich nicht die Zeit, zu beobachten, wie der Riese seinem Gefängnis entkam - ganz im Gegenteil, je weiter sie bis dahin von ihm entfernt waren, desto besser.

Die Straßen der Umgebung schienen sicher - für den Moment jedenfalls. Will wusste noch zu gut, wie er denselben Gedanken kurze Zeit in der letzten Nacht gehabt hatte, bis ihn plötzlich die Horde verfolgt hatte. So ließen sie sich keine Zeit, zu verweilen. Eine Nacht echten Schlafes, so unruhig er auch gewesen war, hatte den beiden Männern geholfen, ihre Kräfte zu regenerieren.

Das einst prächtige Viertel lag in Ruinen. Was die Todlosen nicht zerstört hatten, war dem Feuer zum Opfer gefallen. Selbst hier, wo die Verbundhäuser eher eine Seltenheit waren, hatte das Feuer reichlich Nahrung gefunden: Die Reichen von Aradan hatten es schick gefunden, ihre Häuser aus einer Mischung von Holz und Stein zu bauen. Und tatsächlich hatte es gut ausgesehen, hatte der Stadt ein natürliches, gewachsenes Aussehen gegeben. Doch von all dem Holz war kaum mehr als Asche übrig, und Stein, der von Holzbalken gehalten worden war, hatte nun seine Stabilität verloren. Links von sich sahen Will und Arjen ein Haus, das ganz einfach zur Seite weggerutscht war, wie ein von einem Kind gebautes Papierhaus, das man zu heftig nach links gedrückt hatte. Vor ihnen war die halbe - zum Glück nur die halbe! - Straße versperrt, weil ein privater Wachturm umgefallen war wie ein Streichholz, das man umgepustet hatte. Kopf und Schultern einer Frau mittleren Alters ragten aus den Trümmern hervor. Sie musste von dem Gebäude erschlagen worden sein, und doch reckte sie ihre Hände nach vorne, und starrte die drei Männer aus milchig-gelben Augen gierig an. Sie öffnete den Mund, doch kein Geräusch drang hervor, bis auf das Klappern ihrer Zähne.

Der Geruch von Rauch lag noch immer in der Luft, obwohl das Feuer inzwischen abgebrannt war. Nur hier und da fand sich noch ein glühender Funken Kohle, winzige Spuren eines Feuers, das eine ganze Stadt verwüstet hatte.

Sie liefen durch die Straßen, in die Richtung, die der Fremde ihnen gesagt hatte. Einmal sahen sie in einiger Entfernung eine einzelne, wankende Gestalt, die schlurfend in entgegengesetzter Richtung lief. Doch der Untote war keine Bedrohung, und so gingen sie, möglichst leise, daran vorbei. Schließlich konnten sie die Zitadelle erkennen, die der "Theaterfreund", wie Will ihn nannte, angekündigt hatte. Es war die Miniaturform einer großen Festung; vier Mauern, an jeder Ecke ein Turm, der gute fünfzehn Meter in die Höhe ragte, und damit einige Meter höher war als die meisten Gebäude der Umgebung. Sie konnten die Wachzitadelle über die Dächer der anderen Gebäude hinweg erkennen, vielleicht noch hundertfünfzig oder zweihundert Meter von ihnen entfernt.

"Versucht es gar nicht erst", ertönte plötzlich eine Stimme hinter ihnen. "Die Zitadelle ist gefallen. Die Wachen in ihrem Inneren sind wandelnde Tote."
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 04.11.2014, 17:54:45
"Ausgebrannt", schoss es Arjen durch den Kopf, als sie durch die Ruinen des einstigen Nobelviertels eilten. "Diese Stadt ist ein Spiegelbild meiner Seele."

Der Krieger schüttelte den Kopf, um den Gedanken zu verscheuchen und eilte zusammen mit seinen Gefährten durch die Gassen. Als sie an der feststeckenden, untoten Frau vorbeikamen, nahm er seinen Schild vom Rücken und umfasste den Griff seines Schwertes stärker. Beim Anblick der Zitadelle, glaube Arjen ungäubig, dass sie diesmal wirklich ohne unliebsame Überraschungen ans Ziel gelangen würden, doch dann ertönte die Stimme hinter seinem Rücken und zerstreute diesen Gedanken.

Arjen wirbelte bei den Worten in seinem Rücken herum und versuchte die Person zu erspähen, die sie angesprochen hatte. In dieser Umgebung wollte er niemandem ungesehen in seinem Rücken haben - auch keine Stimme, die scheinbar wohlwollende Warnungen ausstieß.[1]
 1. Perception: 9
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 04.11.2014, 18:12:48
Auch Will drehte sich nach der Stimme um. War der Sprecher allein? Sah er freundlich oder feindselig aus? Wenn ersteres—und wenn ein Rundumblick auch sonst keine unmittelbaren Gefahren erkennen ließ[1]—würde Will den Augenblick nutzen, um seinen Wasserschlauch aus dem Sack mit den Kostümen zu holen und seinem erschöpften Begleiter ein paar Schluck daraus einzuflößen. Sollte der Sprecher aber eine Waffe gezogen habe, wäre Wills Hand gleich beim Schwert. Wer wusste schon, was für Plünderer hier womöglich durch die Gassen zogen?
 1. perception = 13
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 04.11.2014, 18:20:01
Im Eingang einer ausgebrannten Ruine hinter ihnen stand ein Mann mittleren Alters. Sein dunkelbraunes Haar und sein Bart waren von deutlichen grauen Strähnen durchzogen, sein Gesicht zeigte die Furchen eines Menschen, der viel Zeit in freier Natur verbracht hatte. Er trug praktische, dunkelgrün gehaltene Kleidung - ein Jäger vielleicht, oder ein Spurenleser -, und hatte keine offensichtliche Waffe in der Hand. Im Gegenteil: Er hob seine Hände vor die Brust, so dass Arjen und Will seine Handflächen sehen konnten.

"Ich freue mich, Menschen zu sehen. Also, lebende Menschen." Er sah zu seiner Linken. "In dieser Richtung ist eine kleinere Horde unterwegs, solltet ihr meiden. Wenn ihr Interesse habt, kann ich euch zu dem Ort führen, den ich zu meinem Zuhause gemacht habe. Ein sicherer Ort. So sicher, dass ich meine beiden Töchter dort alleine lasse, während ich nach Überlebenden suche."
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 05.11.2014, 10:20:37
Arjen beäugt den Mann genauer, während dieser zu ihnen spricht. Dieser scheint sich in dem Viertel recht gut auszukennen. Auch die Tatsache, dass er von einem ort spricht, den er bereits gesichert hat, ist beeindruckend - immerhin sind erst zwei Tage seit dem Ausbruch dieses Wahnsinns vergangen. Unbewusst regt sich Misstrauen in Arjens Hinterkopf "Ein sicherer Ort und ein Mann, der nach Überlebenden sucht, anstatt sich irgendwo möglichst weit zu verkriechen - das kling ein wenig zu gut, um wahr zu sein."

Doch dann versucht der Krieger, diesen Gedanken zu verjagen. "Dieser Mann spricht genau davon, was auch ich gerne versuchen würde. Einen sicheren Ort finden, und möglichst viele Menschen dorthin führen - das war mein Plan für das Theater gewesen. Es ist nicht fair, ihm dafür zu misstrauen."

Mit diesen Gedanken lässt Arjen die Schwertklinge absinken, so dass sie gen Boden zeigt, bleibt jedoch in Bereitschaft, sie bei Gefahr wieder zu heben. "Sagt - wo ist dieser sichere Ort? Und wie viele seid ihr?"

Während er diese Fragen stellt, schaut der Krieger auch kurz zu seinen beiden Begleitern hinüber und sieht, wie Will dem Mann Wasser einflößt. Unbewusst macht er noch ein, zwei Schritte in die Richtung der beiden, um sie im Fall der Fälle decken zu können.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 05.11.2014, 11:31:14
Die Schultern des Mannes senkten sich. "Bisher nur ich und meine Töchter. Die Wenigen, die ich fand, wollten entweder nicht mitkommen, sind weitergezogen, um jemanden zu suchen, oder..." Er zögerte, und sah bei seinen nächsten Worten zu Boden. "Oder sie haben verschwiegen, gebissen worden zu sein."

Er sah wieder auf. "Wie ist es bei euch? Wurdet ihr gebissen?"
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 05.11.2014, 14:38:14
"Wie weit ist dieser Ort entfernt? Unser Kamerad hier klappt uns nämlich gleich zusammen." Will ließ nicht nach in seinem Bemühen, dem Mann, den er in Gedanken 'Angelo' getauft hatte, das dringend benötigte Wasser zu verabreichen.

"Gebissen? Nein. Und die Suche nach den Lieben, ja, da wüsst ich im Augenblick gar nicht, wo anfangen. Zuhause war niemand. Deshalb würd ich gern erst einmal die Leute, die wir bereits gefunden haben, in Sicherheit wissen."

An dieser Stelle blickte er wild um sich, weil er—in seiner übersteigerten Phantasie?—nicht allzuweit entfernt ein Krachen gehört zu haben meinte.

"Können wir nicht dort reden? An Eurem sicheren Ort? Wir mussten nämlich aus dem Theater fliehen, als wir einen untoten Hügelriesen unter der Bühne entdeckten. Wenn der uns gebissen hätte, glaubt mir, das würdet Ihr sehen! Da würde der halbe Arm fehlen! Aber jetzt weiß ich nicht, ob er sich von der Mauer aufhalten ließ oder ob er die acht Schritt einfach runtergesprungen ist und uns verfolgt."

In seinen Beteuerungen, dass sie nicht gebissen worden seien, wirkte Will ein wenig übereifrig, das merkte er selbst. Er stöhnte innerlich. Übertreibung war der Erzfeind jedes Schauspielers! Was das Spiel glaubwürdig machte, waren die kleinen Gesten... Und dass ein Hügelriese womöglich ihre Fährte verfolgte, das hätte er besser nicht erwähnt! Überhaupt, Angelo hier sah schon verdächtig krank aus...[1]

Abgesehen davon, dass sie sich bei diesem so ganz sicher eigentlich nicht sein konnten. Doch wenn es stimmte und Angelo hatte sich tatsächlich dafür eingesetzt, dass Will nach seiner Entlassung überhaupt wieder Aufnahme als Schauspieler gefunden hatte, und sei es auch nur auf einer kleinen Bühne wie dem Theater bei der Linde, dann wäre er es ihm schuldig, alles zu versuchen, sogar—falls dies nötig werden sollte, um ihn vor einem noch schrecklicheren Schicksal zu bewahren—ihm eigenhändig den Schädel zu spalten.

"Will ist mein Name", fügte er hinzu in der Hoffnung, dass es schwerer sei, Menschen dem sicheren Schicksal des Gefressenwerdens zu überlassen, deren Namen man kannte, "und das da ist Arjen, und den hier will ich mal Angelo nennen. Wir haben alle drei die Nacht im Theater verbracht, und wenn einer von uns gebissen worden wäre, wäre er sich inzwischen längst... einer von ihnen."
 1. Diplomatie = 9, schon wieder eine nat. 1!
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 06.11.2014, 09:03:10
Arjen fiel ebenfalls auf, dass Will etwas übereifrig in seinen Erklärungen war, aber kein Wunder - sie hatten in den letzten Tagen genug erlebt, um etwas außer Form zu sein und Will musste sich auch noch um den labilen Begleiter kümmern, den sie gerettet hatten.

Der Krieger nickte bei Wills Worten und sprach ebenfalls zu dem Mann. "Wie Will schon gesagt hat - unser Begleiter braucht dringend einen Platz zum Ruhen. Wir sind nicht gebissen worden, auch wenn es oft genug knapp war. Wenn wir an dem sicheren Ort sind, von dem Ihr sprecht, dann könnt ihr uns alle drei in Ruhe besehen und euch überzeugen. Aber dafür ist hier keine Zeit."

Arjen machte eine kurze Pause und führte dann fort: "Ich weiß, dass es schwer ist, in so einer Umgebung Vertrauen zu Fremden zu fassen. Das gilt auch für uns, genauso wie für Euch. Ich vertraue Euch, dass Ihr uns wirklich an einen sicheren Ort führen wollt. Vertraut Ihr darauf, dass wir die Wahrheit sagen."[1]
 1. Diplomacy: 25, natürliche 20
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 07.11.2014, 17:12:47
Der Fremde nickte. "In Ordnung. Mein Name ist Luca. Wir brauchen etwa zehn Minuten von hier aus. Kommt mit."

Er deutete auf eine Gasse, gute fünf Meter von Will und Arjen entfernt. "Dort entlang. Es gibt dort einen Park, von einer breiten Mauer umgeben. Darauf kann man gut laufen, und ist für die Wanderer unerreichbar. Damit überwinden wir fast die Hälfte der Strecke."

Luca hatte nicht zu viel versprochen: Nachdem sie ihm ein kurzes Stück in die Gasse gefolgt waren, stießen sie auf die Steinmauer. Man hatte eine Vielzahl größerer Steine mit Lehm zu einer gut zwei Meter hohen Mauer angelegt, die tatsächlich gerade breit genug war, damit Will den neu "getauften" Angelo vorsichtig neben sich her bugsieren konnte. Es war nicht ganz leicht, aber es ging.

In dem Park selbst war ebenfalls alles niedergebrannt. Es machte im Grunde keinen Sinn: Das Feuer hätte gar keine Basis gehabt, um sich hier auszubreiten. Und doch war alles verbrannt, Bäume, Sträucher, und auch die einst kunstvoll angelegten Parkbänke. Der eine oder andere Wanderer, wie Luca die Toten genannt hatte, lief durch den Park, ziellos auf der Suche nach lebendigem Fleisch. Die meisten bemerkten sie nicht, doch nach einigen Minuten gab es zumindest drei der Kreaturen, die ihnen in einigem Abstand an der Innenseite der Mauer entlang folgten. Durch ihren langsamen, schlurfenden Gang allerdings wurde der Abstand immer größer.

Schließlich erreichten sie den Punkt, an dem der quadratisch angelegte Park auf dieser Seite endete. Vorsichtig stiegen die Männer die Mauer hinab, und Luca deutete auf eine weitere Gasse. "Ab hier wird es gefährlicher. Es gibt immer wieder vereinzelte Streuner. Ich ziehe es vor, sie nicht zu töten, sondern einfach einen Bogen um sie zu machen. Wer weiß schon, welche Krankheiten sich ausbreiten, wenn die Leichen hier in der Sonne liegen bleiben."

Es war offensichtlich, dass sich Luca in der Gegend gut auskannte. Er führte sie von einer Seitengasse in die nächste, mied die großen Straßen und brachte sie immer schnell außer Sichtweite, wenn einer der besagten "Streuner" ihren Weg kreuzte. "Das ist leider nicht alles", warnte Luca seine Begleiter. "Es gibt hier auch noch andere Lebende. Ich bin ihnen noch nicht begegnet, aber... den Spuren, die sie hinterlassen haben. Leute, für die all das hier eine Chance ist, sich endlich nicht mehr an die Gesetze halten zu müssen, wenn ihr versteht."

Wenige Wegminuten später kamen sie an einer Wegkreuzung an: Vier breite Straßen trafen sich, und in der Mitte, auf dem Platz, der sich dazwischen bildete, stand die Ruine eines viergeschössigen Gebäudes. Wenig war davon übrig geblieben: Die Wände, vermutlich aus Holz, existierten nicht mehr, das Innere war nichts als Schutt und Asche. Lediglich die vier steinernen Säulen an seinen Eckpunkten ließen das Skelett des Gebäudes noch stehen. Der Boden der einzelnen Etagen war teilweise eingebrochen, und es gab keine Treppen mehr, die hinauf führten.

Luca deutete auf die oberste Etage. "Dort oben. Seile sind der einzige Zugang. Man hat alle vier Himmelsrichtungen im Blick, und kann, sollte das jemals nötig werden, eben auch in alle vier Richtungen fliehen. Ich habe schnelle Fluchtmöglichkeiten vorbereitet. Das Dach ist weitgehend intakt, so dass wir geschützt sind, und durch die wenigen Löcher können wir Regenwasser sammeln." Er sah zu Will, dann zu Arjen. "Wenn ihr noch immer wollt, dann könnt ihr mit hochkommen."

Angelo war inzwischen an einem Punkt, an dem er kaum noch weiter laufen konnte. So wie Will es einschätzte, würde der gute Mann vermutlich bald wieder zusammenbrechen.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 07.11.2014, 21:01:38
Auf dem Weg zu Lucas Versteck besah sich Arjen die Umgebung. Die "Wanderer", wie ihr Begleiter sie nannte, wirkten immer noch verstörend auf ihn. Dieser leere Blick und die dumpfe, langsame Gleichmäßigkeit, mit der diese Kreaturen ihnen durch den Park folgten, als sie auf der Mauer waren, ließen den Krieger nicht kalt.

"Wenn ich sie mir nur als gefühl- und verstandlose Zombies vorstelle, wird es leichter", dachte er. "Aber die Wahrheit ist, dass ich mir etwas vormachen würde - dieses Monster da mit den heraushängenden Eingeweiden und dem Blut um das Maul - nicht mehr "den Mund" - vor zwei Tagen war es wahrscheinlich noch ein lebensfrohes junges Mädchen gewesen. Mit all den Träumen, die ein solches Mädchen haben kann. Vielleicht müssen wir das verdrängen, wenn wir überleben wollen. Aber damit opfern wir auch einen Teil unserer Menschlichkeit - das muss uns klar sein. Andererseits - ich habe meine Menschlichkeit vor den Göttern schon vor langer Zeit verspielt.

Wiederum versuchte Arjen mit einem Kopfschütteln diese Gedanken zu vertreiben. Er registrierte, dass Luca sich in der Umgebung sehr gut auskannte und nahm an, dass der Mann noch vor Ausbruch dieses Chaos in diesem Viertel gelebt haben musste. Als sie am Versteck des Mannes ankamen, konnte Arjen seine Enttäuschung nur schwerlich verbergen. Er konnte sich nicht helfen - er war sechs Jahre beim Heer gewesen. Einen "sicheren Ort" assozierte er mit der Sicherheit von wehrhaften Mauern, auch wenn ihm durchaus der Vorteil einer erhöhten Position und eines guten Überblicks klar waren. "Diese Plattform mag für uns und Lucas Töchter reichen, aber es wird sicher kein Ort sein, an dem eine größere Gruppe von Überlebenden ausharren oder sich organisieren kann. Und - falls diese "anderen Lebenden", von denen Luca spricht, uns entdecken, können sie vielleicht nicht heraufkommen, aber nichts hindert sie daran, uns auszuhungern."

Dennoch - Angelo dürfte bald zusammenbrechen und sie waren nicht in der Position, sich ihr Domizil frei auszusuchen. Sie mussten dankbar sein, Luca getroffen zu haben, auch wenn Arjen sich wieder fragte, warum der Mann so hilfsbereit war. Der Krieger nickte. "Es mag keine Festung sein, aber in der heutigen Zeit, ist es sicherlich ein viel besserer und sicherer Ort, als diese Straßen hier. Vielen Dank, dass Ihr uns anbietet, diesen mit Euch zu teilen." Sein Blick ging zu Will und dem entkräfteten Angelo. "Was meinst du, Will - schafft er es über die Seile nach oben, oder müssen wir ihn hochziehen?"
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 07.11.2014, 21:18:00
Will lachte gequält. Auch er war sehr enttäuscht von dem sicheren Ort, obwohl es im Nachhinein völlig logisch erschien. Wenn die Wanderer eines nicht konnten, dann an Seilen hochklettern.

Er leider auch nicht.

"Angelo schafft es auf keinen Fall", antwortete er auf Arjens Frage, "aber es kann sein, dass ihr mich ebenfalls hochziehen müsst." Er hob seine nutzlosen Hände. Weder konnte er die Finger ganz strecken, noch ganz einrollen; Kraft hatte er auch keine darin. "Die sind mir in den letzten Jahren ein paarmal zu oft gebrochen worden... Aber lasst es mich versuchen. Wo sind die Seile, von denen Ihr sprecht?" wandte er sich an Luca.

Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 07.11.2014, 21:46:23
Luca lächelte. "Keine Angst, ihr müsst nicht klettern. Wir haben eine Seilwinde, und eine kleine Plattform. Wartet noch kurz. Wenn ich unterwegs bin, haben meine Töchter die Anweisung, die Umgebung im Blick zu halten. Sobald sie..."

In dem Moment konnten die Gefährten erkennen, wie etwas an einer der Steinsäulen heruntergelassen wurde. Eine metallene Platte, gut einen mal einen Meter groß, an einigen Seilen befestigt. Aber die Konstruktion würde nicht einfach heruntergelassen; sie schien an der Säule entlang zu gleiten. Offenbar hatte Luca dort etwas angebracht, was das Tragekonstrukt sicher nach oben und unten führte.

"Falls ihr eine Festung erwartet habt", erklärte Luca, während sie auf die Plattform warteten, "das wäre weniger sicher, glaubt mir. An so etwas denkt jeder zuerst. Es weckt Begehren. Unser kleines Versteck da oben nicht. Und bis jetzt haben wir noch mehr Platz, als wir brauchen."
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 08.11.2014, 11:47:29
Will sah zunächst die Konstruktion, dann Luca mit offenem Mund an. Was, während andere um ihr nacktes Leben rannten, baute dieser Mensch allein und in aller Seelenruhe eine Hebevorrichtung in eine Ruine ein? Und die beiden Töchter bedienten oben die Seilwinde, wo Angelo in seinem Theater dafür einen Hügelriesen benötigt hatte? Da war doch etwas oberfaul. Da musste man sich doch fragen, ob es nicht vielmehr ein paar kräftige Männer waren, die dort oben die Winde bedienten, um Arjen und ihm dann einen Knüppel über den Schädel zu ziehen, sobald man den obersten Stock erreicht hatte.

Und so besah Will sich ihren neuen Bekannten noch einmal ganz genau. Was für ein Mensch war das? Was machte er, in seiner doch eher für den Wald geeigneten Kleidung, hier im besten Viertel der Stadt? War er vielleicht einer jener gesetzlosen Meute, die er angeblich noch nicht zu Gesicht bekommen hatte, sondern nur deren Spuren? Aber Arjen und Will besaßen nicht, warum sollte Luca sich die Mühe machen, sie in eine Falle zu locken?

Nun gab es über Schauspieler die seltsamsten Missverständnisse. Die meisten Leute schienen zu denken—wie auch Albertis Anwalt vor Gericht—dass Menschen wie Will und sein Ensemble, als 'professionelle Lügner', die Lügen anderer durchschauen müssten. Nichts wäre weiter entfernt von der Wahrheit! Als Schauspieler war Will darauf angewiesen, die 'Lügen' seiner Kollegen für bare Münze zu nehmen! Man stelle sich vor, er stünde auf der Bühne und überlegte sich die ganze Zeit: das war aber jetzt unglaubwürdig von dir, mein Freund! Nein, er musste ganz in seiner Rolle versinken, musste das Spiel der anderen für echt halten! Wenn der Schurke sein Leben bedrohte, musste er um sein Leben bangen; wenn die Dame ihm ewige Liebe versprach, musste er vor Glückseligkeit seufzen! Nur wenn er glaubte, glaubte auch das Publikum!

Über Stückeschreiber hieß es, sie seien geniale Beobachter ihrer Umwelt und der Mitmenschen, sie kennten sich aus mit allem, was menschlich war, mit den niederen Motiven wie den hehren; von den besseren Dichtern sagte man gar, sie hielten der Welt einen Spiegel vor, damit diese sich selbst erkenne. Nun stimmte es zwar, dass Will seine Mitmenschen genau beobachtete, dass er diese auch zu durchschauen vermeinte in ihren Absichten und Beweggründen, dass er sofort und überall Zusammenhänge erblickte, die andere nicht erblickten—aber ob dies alles auch nur ein Körnchen Wahrheit enthielt, das war ihm doch schnurzegal! Da machte er sich keinerlei Sorge drum, verschwendete keine Zeit und Gedankenkraft, um es zu überprüfen, nein, für ihn zählte allein: wie verwerte ich das in meinem nächsten Stück?

Als Mensch wurde Will daher täglich von seinen Mitmenschen überrascht, im positiven wie im negativen. Und das war auch gut so, sonst wäre das Leben langweilig, wie das Stück eines mittelmäßigen Dichters, bei dem der Kenner jede "Wendung" voraussah und keiner der Charaktere ihn je bestürzen, erstaunen oder aus der Fassung bringen konnte.

Für diesen Luca nun hatte Will, ohne groß zu überlegen, gleich vier Theorien parat, die sein Auftreten erklärten und die Will in einem Stück allesamt, mit den richtigen Worten und Kniffen, dem Publikum als glaubhaft hätte verkaufen können—er selbst aber hatte nicht die geringste Ahnung, woran er mit dem Mann war.[1]

Daher stellte er die Frage, die seinen plötzlichen Zweifel ausgelöst hatte, einfach laut. "Und Eure beiden Töchter bedienen oben die Seilwinde? Im Smaragd-Theater hat man dafür einen Hügelriesen gebraucht."
 1. sense motive = 7
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Beitrag von: Arjen Bucalo am 08.11.2014, 12:15:44
Auch Arjen stutze überrascht, als die Hebeplattform heruntergelassen wurde. Es verlangte viel Wissen und Können, in so kurzer Zeit und unter den gegebenen Umständen so etwas zusammenzubauen. Wills Zweifel verstand er, auch wenn er wusste, dass Seilwinden ja genau dazu da waren, um Kräfte zu potenzieren - insofern war es durchaus möglich, dass die beiden Töchter von Luca die Seilwinde allein bedienen konnten.

Er wusste nicht genau, woran es lag - vielleicht daran, dass er als gelernter Soldat und noch im guten Besitz seiner Kräfte, sich sicherer fühlte, als Will in seinem Zustand - doch noch wollte er Luca nicht misstrauen. "Was genau soll dieser Mensch von uns wollen? Wir besitzen nichts, nicht einmal Proviant oder brennbares Material, geschweige denn Wertvolleres."

Er entschied sich jedoch dafür, falls sie mit der Plattform hochfuhren, abwehrbereit zu sein. "Wenn die Sache faul sein sollte, dann lasse ich mich zumindest nicht überraschen."

Ansonsten wartete er zunächst auf die Antwort Lucas auf Wills Frage.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 08.11.2014, 12:59:26
Luca nickte; in seinem Gesicht zeigte sich Stolz. "Bevor... all das hier passierte, lebten wir zusammen draußen im Wald vor der Stadt. Ich habe alles, was wir brauchten, selbst gebaut. Am ersten Tag nach dem Fall Aradans gab es noch zwei Männer, die mir bei dem Bau geholfen haben. Zu dem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass ein Biss..." Er führte den Satz nicht zuende. "Jedenfalls ist die Konstruktion fast ohne Muskelkraft zu bewegen - zumindest solange niemand drauf steht. Um hochzukommen, müssen wir mit anpacken, das schaffen die Mädchen nicht alleine."

Schließlich kam die Plattform unten an. Doch Luca lief nicht gleich los. Einen Moment lang richtete sich sein Blick in eine unbekannte Ferne. "Ich wünschte, ich könnte zurück, in den Wald. Wir waren glücklich dort. Bis..." Er biss die Zähne aufeinander, und Tränen stiegen ihm in die Augen. Er schüttelte den Kopf, und ging ohne weitere Erklärungen in Richtung der Plattform.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 08.11.2014, 13:21:23
Arjen sah, wie Luca die Tränen in die Augen stiegen. Und auch der unausgesprochene Satz sagte genug aus. Er stellte sich vor, wie es gewesen sein musste, als zwei Helfer, die mit ihm zusammen den Unterschlupf vorbereitet hatten, plötzlich wie Bestien über ihn und seine Kinder herfallen wollten.

Mit langsamen Schritten ging er zu Will und Angelo und griff dem entkräfteten Mann unter den Arm. "Lass es uns versuchen", sagte er zu dem Barden. Sollte Will einwilligen, würde er ihm helfen, den Mann auf die Tragfläche zu führen und dort dann Luca bei der Seilwinde unterstützen.

Dabei ging ihm jedoch auch eine weitere Aussage von Luca durch den Kopf. "'Wir waren glücklich im Wald, bis...' - heißt das, dass dieses Chaos nicht nur in Aradan herrscht, sondern überall in Liur? Oder gar darüber hinaus? Die Götter müssen wahrlich verrückt geworden sein", dachte er düster. Sobald sie auf der PLattform wären, hatte er vor, Luca zu fragen, aber erstmal mussten sich seine Begleiter dazu entschließen.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 08.11.2014, 14:02:41
Gute Vorstellung, dachte Will. Vielleicht sogar die Wahrheit. Wenn nicht, werden wir's bald merken. Wenn doch... dann habe ich womöglich ein ganz anderes Problem am Hals. Wie wird Luca wohl reagieren, wenn er erfährt, weswegen ich drei Jahre lang in einem Straflager Steine geklopft habe? Wenn Angelo erst wieder klar im Kopf ist, wer weiß schon, was er dann noch alles ausplaudert? Zweimal hat er die Sache schon angedeutet und meinen vollen Namen gleich als erstes ausposaunt, nachdem ich mich vorsichtig nur als Will vorgestellt hatte. Vielleicht reicht ja auch mein Name allein. Vielleicht hat Luca seinerzeit, wenn er doch einmal in Aradan war, um Vorräte aufzufrischen oder was auch immer, doch etwas von dem Skandal mitbekommen, der immerhin über Wochen Stadtgespräch war. Ja, und was wird ein Vater von zwei Töchtern schon tun, wenn er erfährt, dass er sich einen verurteilten Vergewaltiger ins Haus geladen hat?

Will hatte eine Vision—eine sehr kurze Vision—wie ein buntgekleiderter Mann von einem vierstöckigen Gebäude in die Tiefe stürzte und gleich hier vor seinen Füßen auf dem Steinboden aufschlug, dass die Knochen nur so barsten und der Kopf wie eine Melone platzte.

Doch hier stehen bleiben konnte Will auch nicht. Er sah Arjen an und nickte zögernd seine Zustimmung. Dann traten sie zu dritt auf die Plattform zu.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 08.11.2014, 17:35:27
Und so stiegen die Männer gemeinsam auf die Plattform, die Luca - angeblich, wenn Wills Befürchtungen stimmten - gebaut hatte. Bei näherer Betrachtung wurde die Geschichte realistischer: Die Metallplatte schwankte stark hin und her, wenn sie an den Seilen zogen, geriet auch schnell in Schieflage, und einige Male rutschten sie wieder ein Stück abwärts, nachdem sie sich mühsam hochgearbeitet hatten. Luca lächelte schief. "Es ist noch nicht ganz ausgereift. Aber es funktioniert."

Und so ließen sie Stockwerk für Stockwerk hinter sich. Schließlich kamen sie dem obersten Stock näher, und dann, endlich, konnten sie Stück für Stück die Etage sehen. Wills Zweifel waren bis zuletzt geblieben - waren sie in eine Falle geraten? Erwartete sie hier eine Meute Schläger?

"Alles in Ordnung! Ich habe Freunde mitgebracht!" sagte Luca laut genug, um oben gehört zu werden. Der Wind pfiff hier stark um ihre Ohren, und ließ die instabile Plattform noch mehr schwanken. Dennoch war die Reaktion derer, die sie oben erwarteten, deutlich zu hören. "Papa! Papa!" hörten Will und Arjen die Stimmen zweier Mädchen - Kinder, ihren Stimmen nach zu urteilen.

Und dann kamen sie oben an. Zwei Mädchen, Will schätzte sie auf etwa sechs und acht Jahre, rannten auf sie zu, und als Luca von der Plattform trat, umarmten sie ihren Vater sofort.

Die Etage selbst war geräumig: Es gab keine abgetrennten Räume, auf der Fläche von gut zwölf mal zwölf Metern standen ein halbes Dutzend Betten, einige kleine Schränke, Fässer und ähnliches.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 08.11.2014, 19:59:24
Als Will die beiden Mädchen sah, hellte sich sein Gesicht auf. Das waren ja noch Kinder! Ihm fiel ein Stein vom Herzen. Mit Kindern kannte er sich aus, da kam er gut mit aus. Da konnte ihm auch keiner eine Missetat nachsagen.

"Hallo ihr zwei! Ich bin der Will. Und wer seid ihr? Da habt ihr ja ein richtiges Baumhaus hier, einfach famos. Sagt, welches Bett ist denn noch frei, wo dürfen wir unseren erschöpften Kameraden hier ablegen?"
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 08.11.2014, 23:00:09
Die jüngere der beiden klammerte sich noch an ihren Vater. Sie hatte langes, rotblondes Haar, und trug ein dreckiges Sommerkleid mit rot-weißen Längsstreifen. Ihre Schwester trat einen Schritt von Luca zurück, hielt aber eine Hand um die Hüfte ihres Vaters. Ihre Haare waren ebenfalls rotblond, aber kurz geschnitten. Im Gegensatz zu ihrer Schwester trug sie ein kariertes Baumwollhemd und eine braune Stoffhose.

Sie hob leicht ihre Hand, und lächelte schüchtern. "Hallo. Unsere Betten sind da hinten an der Wand. Die weiter im Raum sind wieder frei. Ich bin Lissa."
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 08.11.2014, 23:36:48
"Lissa? Das ist..." Will schluckte. Er hatte plötzlich einen Kloß im Hals. "Das ist ein sehr schöner Name. Meine Ge— meine beste Freundin heißt Lissie. Und du bist genauso mutig wie sie. Wenn du etwas älter bist, schenk ich dir 'ne Bratpfanne."

Bevor er erklären konnte, was es mit der Bratpfanne auf sich hatte, brabbelte Angelo etwas Unverständliches vor sich hin und sackte dann stöhnend in die Knie. Will und Arjen schleiften ihn zum nächsten Bett und ließen ihn daraufplumpsen. Sofort legte Will seinen Kostümsack ab, kramte abermals den Wasserschlauch hervor sowie etwas Brot und setzte sich auf die Bettkante. Erst flößte er Angelo etwas Wasser ein, dann versuchte er sein Glück mit dem Brot, wobei er nur das Weiche verwandte. Dabei redete er die ganze Zeit beruhigend auf den Mann ein.

"So, mein Freund. Nun sind wir in Sicherheit. Und nachdem Ihr mir erzählt habt, was Ihr alles für mich getan habt, ohne dass ich es je ahnte, lasst mich etwas für Euch tun. Aber dabei müsst Ihr mir auch helfen. Mund aufmachen, kauen, schlucken... so ist's gut. Wir sind hier unter Freunden, klar? Jeder wird gebraucht. Jeder hilft dem anderen. Keiner gibt auf. So, und darauf trinken wir jetzt noch einmal."
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 09.11.2014, 10:32:17
Während Will sich um 'Angelo' kümmerte, ging Luca zu einem der Schränke im hinteren Bereich, holte einen kleinen Tonkrug hervor, entkorkte ihn und goss etwas Flüssigkeit in einen Zinnbecher auf einem nahen Schreibtisch. Anschließend füllte er den Becher mit Wasser aus einer ebenfalls zinnenen Karaffe auf.

"Gebt ihm das", ordnete Luca an, während er auf Will zuging. "Es stärkt ihn gegen Krankheiten. Er ist so schwach, wenn er jetzt krank wird, könnte ihn das töten."

Angelo, der etwa die Hälfte von dem angenommen hatte, was Will ihm gegeben hatte, lag nun halb liegend, halb sitzend auf dem Bett, die Augen ins Leere gerichtet. "Es schmeckt nicht besonders. Ihr müsst ihn vermutlich zwingen, es zu trinken. Ihr wisst schon, Mund auf, Trunk rein, Nase zu. Er muss es ganz auftrinken, ich habe nicht mehr viele Vorräte."
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 09.11.2014, 10:46:38
Die ganze Zeit auf der hochfahrenden Plattform versuchte Arjen die Anspannung hoch zu halten. Auch wenn er Luca glaubte, waren da immer noch die Instinkte des Soldaten, die zur Vorsicht mahnten, zur Sachlichkeit. Dann rief Luca seine Töchter und helle Mädchenstimmen antworteten ihm. Als Arjen ihren Klaing hörte, durchfuhr ihn dieser bis ins Mark.

Dann kamen sie oben an und er sah, wie die beiden auf ihren Vater zuliefen und ihn umarmten. Der Krieger half Will mit automatischen Bewegungen, Angelo auf dem Bett abzulegen. Doch dann konnte er nicht anders als reglos und stumm darzustehen und sich die Mädchen anzusehen. Nachdem er den Mörder seiner Familie getötet hatte, war er sofort festgenommen worden. Es war das erste Mal seit dem Tod von Frau und Sohn, dass er wieder Kinder sah und Kinderstimmen hörte.

"Lukas..." murmelte er kaum hörbar mit bebender Stimme und schaute weiter auf die beiden. Vor seinem geistigen Auge erschien sein siebenjähriger Junge, der genau wie die beiden Mädchen freudestrahlend auf der Plattform stand. Arjen blinzelte, um das Bild besser fokussieren zu können. Auch wenn er wusste, dass es ein Trugbild war, wollte er diesen Eindruck so lange es ging, festhalten. Da stand sein Junge und lächelte ihn an. Abermals blinzelte der Krieger - nur um die Auge zu schließen und den Blick abrupt abzuwenden. Lukas' Gesicht hatte sich in das des braunhaarigen Mädchens verwandelt - von damals, dem nebligen Novembermorgen. "Ihr Götter - ich dachte, dieses Bild hätte ich tief genug begraben", schoss es ihm durch den Kopf.

Mit einem Schütteln vertrieb der Krieger die Gedanken, in der Hoffnung, dass sein kurzer Aussetzer nicht allzu sehr aufgefallen war. Er versuchte sich wieder auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren, wo Luca gerade Will half, Angelo zu verarzten. "Ihr wart ehrlich zu uns, Luca", sagte er zu ihrem Gastgeber. "Entschuldigt, dass wir Zweifel hatten. Und habt dank für Eure Hilfe" Während er sprach, sah er, dass bei Angelo wohl seine Hilfe nicht mehr gebraucht wurde. Also trat der Krieger an einen Rand der Plattform und versuchte sich einen Überblick über die Umgebung zu verschaffen, doch er konnte sich nicht so recht konzentrieren. Einmal hing ihm immer noch der Schock der Trugbilder nach, und da war auch Lucas Aussage von vorhin, die ihn nicht losließ.[1]

Also gab der Krieger den Versuch auf und sprach die Frage laut aus, die ihm auf der Seele lag. "Ihr sagtet vorhin, dass ihr vorher im Wald gelebt habt, "bis...". Was meintet ihr damit? Heißt das, dass diese Seuche, die die Menschen in Untote verwandelt auch außerhalb der Stadt tobt?"
 1. Perception: 3
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 09.11.2014, 11:02:59
Luca sah Arjen einige Sekunden schweigend an, als dieser seine Frage gestellt hatte. Jedes Lächeln, jede Freude war nun aus seinem Gesicht verschwunden. "Lissa, gehst du rüber zu euren Betten und erzählst deiner Schwester die Geschichte vom Einhorn?"
Lissa sah ihren Vater an, und wollte zunächst widersprechen. Dann aber nickte sie nur, und nahm ihre Schwester an die Hand. "Komm, Ani. Ich erzähl dir eine Geschichte."

Die beiden Mädchen gingen in den hinteren Bereich des Raums, und Luca setzte sich im Schneidersitz auf den Boden. Er schien plötzlich sehr erschöpft.

"Wir hatten eine Hütte im Wald. Die Mädchen, ihre... ihre Mutter und ich. Eines Morgens wachte ich auf, weil wir draußen Geräusche hörten. Ich ging zur Tür, Helena zum Fenster. Plötzlich schrie sie auf. Sie hatte einen Fensterladen leicht geöffnet, nur um nachzusehen, und..."

Lucas Hände zitterten, als er erzählte. Er biss die Zähne aufeinander, und atmete mehrfach heftig ein und aus. "Sie haben sie durchs Fenster gezogen. Sekunden später hörten ihre Schreie auf. Wir hatten ein Versteck, für Notfälle, unterhalb des Bodens. Ich bin mit den Mädchen runter, bis es draußen ruhig wurde. Wir flüchteten nach Aradan, gut eineinhalb Tagesreisen entfernt. Am Morgen, als wir ankamen, war die Stadt seit einigen Stunden gefallen."
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 09.11.2014, 12:48:13
Als Arjen die heftige Reaktion des Mannes sah, rügte er sich innerlich für die Direktheit, mit der er die Frage gestellt hatte. "Ich habe auch meine Frau verloren", gab er plötzlich zu - er wusste nicht genau, warum er diesem Mann, den er fast gar nicht kannte, das erzählte, aber irgendwie konnte er nicht anders. Als er Lucas fragenden Blick sah, verneinte er mit einem Kopfschütteln. "Nein - nicht die Untoten. Es geschah vor zwei Monaten - ein Monster in Menschengestalt, ja, aber ein lebendiges."

Der Krieger schaute über die Schulter und sah die beiden Mädchen, wie Lissie Ani gerade eine Geschichte erzählte. "Ihr habt wunderschöne Töchter", sagte er. "Mein Sohn wäre jetzt ungefähr in ihrem Alter gewesen, doch er starb mit seiner Mutter. Ihr habt das Glück, dass eure Töchter leben, und ihre Mutter durch sie ebenfalls."

Dann fiel Arjens Blick auf Will und Angelo, und ihm wurde bewusst, dass er wohl laut genug gesprochen hatte, dass neben Luca auch die beiden ihn hätten hören können. Unbewusst strafften sich seine Züge. "Wie geht es euch?", fragte er in richtung Angelo, doch der fragende Blick, der auf Will ruhte, machte deutlich, dass die Worte wohl eher an den Schauspieler gerichtet waren.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 09.11.2014, 13:57:24
Will roch an dem Gebräu, das Luca ihm reichte, und verzog das Gesicht. "Das wird lecker, Freund", sagte er und leckte sich die Lippen, bevor er sich über Angelo beugte und leise rezitierte: "Natterzung' und Spinnenbein, // Fliegenflügel, Gänseklein, // Kommt alles in den Topf hinein. // Egelblut und Rattenschwanz, // Tollkirsch, Faulwurz, Teufelsglanz, // Dreimal geht herum mein Tanz. // Brodel, Kessel, zisch und spei, // Dass mein Hexentrank bald fertig sei!"

Dann hielt er Angelo den Becher an die Lippen und bat ihn noch einmal direkt und inständig, doch bitte brav zu schlucken[1], doch sollte Angelo sich wehren, würde er ihm halt, wie Luca vorgeschlagen hatte, die Nase zuhalten und hoffen, dass das Zeug dem armen Kerl nicht den Magen umdrehte und alles wieder hochkäme.

Während Angelo sich würgend mit dem Trank abmühte, lauschte Will dem Gespräch der beiden anderen, welches sich—unweigerlich vielleicht—dem Thema Familie zuwandte. Und dann war es Wills Magen, der sich umdrehte: der eine hatte seine Frau, der andere gleich die ganze Familie verloren. Wie hohl mussten Wills aufmunternde Worte in ihren Ohren klingen! Doch war Hoffnung am Ende nicht genauso schrecklich? Der Gedanke, dass Lissie da draußen war, allein mit den Kindern... die Vorstellung, jeden Augenblick könnte einer von ihnen oder auch alle gefressen oder gebissen werden...

Will begriff nicht sofort, dass Arjens Frage an ihn gerichtet war.

"Lissie und die Kinder sind irgendwo da draußen", sagte er dann. "Ich war unterwegs, als... Aber ich mach mir keine Sorgen. Lissie hat ihre Bratpfanne dabei. Was redet der Mann da? fragt ihr, ist sein Verstand schon dahin? Aber ihr habt Lissie noch nie eine Bratpfanne schwingen sehen. Als ich sie kennengelernt habe, hat sie mir damit um ein Haar den Schädel eingeschlagen, und ich kann mich viel schneller wegducken als so ein Wiedergänger. So einer hätte keine Chance!"

Doch kaum hatte er geendet, wurden seine Augen schreckensweit. "Wenn ihr etwas zustößt... wenn ich sie niemals wiederseh..." Die Erkenntnis durchfuhr ihn wie einen Blitz. "Sie ist die erste Frau, die... die erste Frau, die..." Er konnte den Satz nicht einmal zu Ende denken, geschweige denn sprechen. Wozu auch? Es war ja zu spät. "Wenn ich es ihr bloß gesagt hätte, vor drei Nächten. Da hab ich's schon gedacht. So was ähnliches jedenfalls. Sie hätte es verstanden."

Etwas verspätet bemerkte er, dass sein Gesicht glühend heiß war—und damit wohl auch feuerrot—und er beugte sich rasch wieder über Angelo.
 1. Diplomatie = 17
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 09.11.2014, 14:47:01
Luca seufzte. "Vor alledem hier habe ich als Druide in den Wäldern gelebt. Ich kümmerte mich um das Gleichgewicht der Natur. Die Bewahrung der Ordnung. Doch nun herrscht eine neue Ordnung. Neue Regeln. Wir konnten vieles nicht tun, was wir gerne getan hätten, und wir sind gezwungen, Dinge zu tun, die wir lieber nicht tun würden." Sein Gesicht verzog sich. "Als sich einer unserer ersten Begleiter verwandelte... ich hatte keine Bratpfanne, nur einen schweren Stein, der hier herumlag."

Er schüttelte den Kopf, als wolle er damit die Bilder in seinem Geist loswerden. "Ich weiß nicht, ob das, was geschehen ist, nur hier in Aradan und der näheren Umgebung von Liur geschehen ist. Oder ob... ob es weiter reicht. Aber hier, an diesem Ort, gelten neue Regeln, und wir werden nur überleben, wenn wir uns damit abfinden. Ich spreche nicht nur von Notwendigkeiten. Als Druide... ich spüre, dass die Welt sich verändert hat. Was immer geschehen ist, geht viel tiefer, als nur das Erwecken der Toten aus ihren Gräbern." Sein Blick fiel auf seine Töchter. "Jeder muss entscheiden, was seine Prioritäten sind."
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 09.11.2014, 16:27:47
"Prioriäten", sagte Will. "Das setzt voraus, dass man sich schon über mehr als den nächsten Augenblick hat Gedanken machen können. Bei Euch mögen die Prioritäten offensichtlich sein, aber bei mir... ich wüsst', wie gesagt, nicht 'mal, wo ich anfangen sollte mit der Suche."

Falls es Angelo für den Augenblick gut gehen sollte, würde Will sich erheben und ans nächste Dachfenster treten und ebenfalls einen Blick über die Stadt werfen. Würde er sie in ihrem neuen Gesicht überhaupt wiedererkennen? So viele Wahrzeichen und Erkennungsmerkmale waren verbrannt und eingestürzt. Würde er überhaupt den ungefähren Standort des Waisenhauses von hier aus erraten können?[1] Was gab es dort in der Nähe, wohin mochte Lissie mit den Kindern geflohen sein? Sie würde vielleicht so wie Luca denken: an die kleinen, weniger offensichtlichen Schlupfwinkel, nicht die großen, an die jeder denken würde. Aber es musste Platz für zwanzig Kinder sein. Was gab es da?[2] Doch Wills Gedanken waren viel zu wirr und sein Blick verschleiert.

"Wie meint Ihr das, Ihr spürt, dass die Welt sich verändert hat? Was hat sich verändert? Mein erster Gedanke war, dass die Götter uns verlassen haben oder gar bestrafen wollen, aber als Angelo vorhin zusammenbrach, habe ich meine Götter um Hilfe angerufen, und sie haben geantwortet. Also zumindest Zida und Neodor haben uns nicht verlassen."
 1. perception = 12
 2. knowledge (local) = 7
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 09.11.2014, 20:51:29
Nachdem Will Angelo den Trank aufgezwungen hatte, schlief dieser kurz darauf ein. Zuerst atmete er heftig; dann wurde er ruhiger und schien in einen tiefen, erholsamen Schlaf zu sinken.

Als Arjen die Ruinenstadt betrachtet hatte, waren seine Gedanken zu verstreut, um wirklich zu sehen, was vor ihm lag. Will betrachtete die Stadt etwas genauer - wenn auch seine Aufmerksamkeit nicht gänzlich den Resten der Schillernden Stadt galt. Von hier oben aus wirkte die Verwüstung fast noch schlimmer, als wenn man durch die Straßen lief. Will sah nicht nur die verwüsteten Häuser um sich herum; er konnte sehen, wie sich die Zerstörung über die Weite der Stadt erstreckte. Und überall lagen sie, wie Murmeln, die ein unachtsames Götterkind verloren hatte: Die toten Körper der Menschen, Elfen und anderer Völker, die einst hier gelebt hatten. Ebenso wie die toten Körper jener Wanderer, die schließlich durch das Feuer umgekommen waren.

Schwarz vor Ruß und ausgebrannt, in sich zusammengestürzt, leblos: Aradan sah aus, als hätte eine Armee roter Drachen die Stadt dem Erdboden gleich gemacht. Die Vernichtung war absolut. Eine halbe Million Einwohner, Reisende nicht mitgerechnet, waren gestorben. Kaum mehr als eine Handvoll schienen überlebt zu haben. Zumindest soweit sein Blickfeld es zuließ, konnte Will nichts erkennen, was wie ein Rückzugsort der letzten Streiter aussah, eine Festung, in der sich die letzten paar tausend Überlebenden zurückgezogen hatten. Vermutlich, weil es so etwas nicht gab.

Sicher, es gab das eine oder andere Gebäude, in dem vielleicht noch jemand überlebt haben mochte; irgendwo in der Ferne konnte Will das berüchtigte Sanatorium von Aradan erkennen, in einer anderen Richtung die legendäre Festung des Schwertmeisters Ashan (ein Mann, dessen Leben man ohne viel umzuschreiben in gleich ein Dutzend Theaterstücke hätte verarbeiten können). Doch ob dort irgendwo tatsächlich noch jemand lebte, konnte Will nicht sagen.

Er ahnte, in welcher Richtung das Waisenhaus liegen musste, doch wo genau, ließ sich von hier schwer sagen. Es war auf jeden Fall eine weitere Reise, irgendwo zwischen zwei und vier Stunden, wenn man die neuen Gegebenheiten in der Stadt mit rechnete. Denn immer wieder musste man umkehren, neue Wege finden, weil irgendwo eine Straße versperrt war oder einem eine Horde entgegen kam.

Schließlich gab er es auf: Welches Mauseloch sich Lissie und die Kinder auch gesucht hatten - er konnte nur hoffen, dass sie eines gefunden hatten -, von hier aus würde er sie nicht finden.

Luca schüttelte mit dem Kopf. "Es lässt sich schwer erklären. Die Götter sind noch da, Magie funktioniert noch immer, ohne jede Veränderung. Aber..." Er kaute einige Sekunden auf seiner Unterlippe, und schien dabei nach den richtigen Worten zu suchen. "In der Welt, in der wir noch vor wenigen Tagen gelebt haben, waren die Kreaturen, die die Stadt verwüstet haben, etwas Widernatürliches, etwas, was das Gleichgewicht gestört hat. Etwas, das nicht sein sollte. Wir selbst mögen es immer noch so empfinden, weil wir aus dieser Welt kommen. Doch in der neuen Ordnung... sie sind ein Teil der Welt, sie gehören hier her. Das ist, was ich gespürt habe. Was das über diese Welt sagt..."

Er ließ seinen Satz unvollendet. Sein Blick wanderte wieder zu seinen beiden Mädchen. Ani lag inzwischen im Bett, ihren Kopf auf dem Schoss ihrer ältern Schwester, die Augen kurz davor, ganz zuzufallen.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 10.11.2014, 09:09:40
Als Arjen Wills Ausbruch hörte - mehr eine Art Geständnis, als eine Aussage, musste er den Blick wieder abwenden. All diese Tage und Wochen seit dem Tod seiner Familie hatte er immer wieder wiederholt, dass er alles dafür geben würde, wenn nur Diana und Lukas am Leben wären.

Doch - jetzt, in diesem Zeiten - war der Tod nicht ein gnädigeres Schicksal, als die ungewisse Flucht vor den Wanderern, während die ganze Welt, wie Luca sagte, im Wandel schien. "Nein", dachte er trotzig. "Ich würde viel dafür geben, wenn Diana und Lukas nun Zusammen mit Wills Familie da draußen wären - am Leben, und möge die Chance noch so klein sein."

Er trat an Will heran und schaute mit ihm über die Stadt. "Wahrscheinlich haben sie sich ebenfalls einen Unterschlupf gesucht, wie wir. Wenn du sie suchen willst, dann helfe ich dir. Aber erstmal müssen wir uns darüber klar werden, wo wir sie überhaupt in Sicherheit bringen könnten."

Arjen war nie der große Redner gewesen und das wurde ihm wieder bewusst. Seine Worte klangen sachlich - so, als würde er einen Schlachtplan entwerfen. Er wusste, dass in solchen Augenblicken emotionaler Beistand gefragt war und weniger sachliche Ratschläge, und mochten sie noch so gut sein. Das hatte ihm auch Diana oft genug gesagt, wenn er wieder Mal Lösungsvorschläge für Probleme unterbreitet hatte, anstatt sie einfach zu trösten. Aber so war er nun einmal, das ließ sich nicht ändern. Er hoffte trotzdem, dass seine Worte Will ein wenig halfen.

Er wandte sich an Luca und sagte. "Ihr sagtet, dass ihr nicht mehr viele Vorräte habt. Bevor wir aus dem Theater fliehen mussten, hatte ich den Gedanken, ihn zu einem sicheren Ort auszubauen, nach weiteren Überlebenden zu suchen - wie ihr. Ihr habt uns eure Gastfreundschaft angeboten. Wenn ihr also wisst, wo wir weitere Vorräte finden können, oder weitere Überlebende, oder falls andere Hilfe benötigt wird, so sagt es und ich helfe gerne, wenn ich kann."
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 10.11.2014, 09:34:08
Luca schüttelte den Kopf. "Ich meinte nur die Medizin. Wir haben jede Menge Wasser, geräuchertes Fleisch und andere Dinge. Damit kommen wir eine Weile aus." Er überlegte. "Trotzdem komme ich sicher noch darauf zurück. Aber jetzt kommt erst einmal hier an. Ruht euch aus, sammelt Kräfte. Morgen reden wir über weitere Pläne."

Er sah zu seinen Töchtern, dann wieder zu Arjen und Will. "Wenn ihr wieder abreisen wollt, sagt es mir frühzeitig. Ich möchte nicht, dass sich die beiden an euch gewöhnen, und ihr dann gleich wieder weg seid."
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 10.11.2014, 14:15:42
"Danke", erwiderte Will auf Arjens Angebot, ein wenig verlegen. Die beiden mussten ihn für ziemlich einfältig halten, dass er sich in dieser Lage noch Hoffnung machte. "Dazu bräuchten wir einen Zufluchtsort, der Platz für zwanzig Kinder hätt'. Und ja, es sind alles unsere." Er versuchte zu grinsen, doch es gelang ihm nicht.

Denn es konnte eigentlich nicht sein, dass Lissie das geschafft hatte. Auch wenn die Kinder gut gedrillt waren, wenn ein jedes genau wusste, wer sich um wen zu kümmern hatte, und dies auch aus dem Schlaf gerissen ohne Verzögerung hinbekommen hätte, zumal sie Lissie ohne Wenn und Aber auf das Wort gehorchten—jeder General wäre neidisch!—selbst dann konnte es eigentlich nicht sein, dass sie alle den Toten entkommen waren. Aber Lissie, Lissie hätte keins von ihnen zurückgelassen, niemals, mit dem letzten Atemzug hätte sie ihre Kinder noch verteidigt!

Und dann kam Will der schrecklichste Gedanke von allen: was, wenn Lissie gebissen worden wäre, wenn sie sich verwandelt und dann auf die eigenen Kinder gestürzt hätte, ihnen wie ein Raubtier Krallen und Zähne in die schutzlosen kleinen Leiber geschlagen und das Fleisch in Fetzen heruntergerissen hätte... Entsetzt keuchte er auf. Das sollte nichts Widernatürliches sein? Das war die neue Ordnung? Das war der Wunsch der Götter[1], dass jemand, der so durch und durch gut war wie seine Lissie, zu einer Bestie wurde ohne eigenes Verschulden, sondern vielmehr weil sie so gut war?

Er fand sich zusammengekauert auf dem Boden wieder, die Arme um den Kopf geschlungen, während sich Szenen der vergangenen beiden Nächte in seinem Kopf mit schonungsloser Deutlichkeit wiederholten. Männer, Frauen, Kinder wurden vor seinen Augen von der hungrigen Meute in Stücke gerissen und er konnte nichts tun als kopflos weiterlaufen, alle Hilfe war zu spät, er selbst kaum in der Lage, das Gesehene auch nur zu begreifen, er hatte es eigentlich noch immer nicht begriffen, hatte seitdem noch nicht innegehalten, um darüber nachzudenken.

Die wandelnden Toten gehörten hierher? Das konnte nicht sein, das weigerte er sich zu akzeptieren! Der Mann übertrieb, stand selbst noch unter Schock, weil er mitansehen musste, wie seine Frau von ihnen zerfleischt wurde... Davon verlor man schon den Verstand? Wenn man sich nicht einmal vorwerfen musste, dass man nicht zuhause, sondern im Wirtshaus war?

Oh Lissie! Soll es mein Fluch sein, immer dem nachzutrauern, was ich verloren habe? Niemals zu erkennen, welchen Schatz ich besitze, solange er noch mein ist?

Er hörte ein Schluchzen und hielt es für Angelos. Schon wollte er sich aufraffen, um diesen zu trösten, da bemerkte er, dass es die eigene Kehle war, die an den Tränen schier erstickte.
 1. knowledge (arcana) = 9
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 10.11.2014, 18:53:35
Arjen sah, wie Will weiter in seinem Leid versank. Ein anderer hätte vielleicht die richtigen Worte des Trostes in so einem Augenblick gefunden, aber was er an Trost zu bieten hatte, hatte er bereits gesagt. Und außerdem erinnerte er sich noch zu gut an den Tag, an dem er Diana und Lukas ermordet vor ihrem Haus gefunden hatte. Er erinnerte sich an seine Verfassung - an Tränen und Rotz. Er erinnerte sich daran, wie alle gekommen waren, um ihm sein Beileid auszusprechen, ihre Hilfe anzubieten oder ihn zu trösten. Und er erinnerte sich noch allzu gut, wie hohl das alles in seinen Ohren geklungen hatte. Nein - dieser Augenblick mochte bitter sein, aber den konnte Will wohl keiner ersparen. Und es war sein Augenblick, der nichtdurch profane Durchhalteparolen entwertet werden sollte. Diese Tränen sollten rollen. Und irgendwann würde Will wieder zu sich finden - und dann galt Arjens Hilfsangebot immer noch.

"Vielleicht ist es sogar besser, dass er es jetzt durchmacht", dachte der Krieger. "Hier in Sicherheit, und nicht auf der Straße, umgeben von den wandelnden Toten." Und dieser Gedanke brachte ihn wieder zurück zu Lucas Äußerungen. Er wandte sich abermals an ihren Gastgeber: "Versteht bitte meine Worte nicht falsch. Wir haben nicht vor, wieder zu gehen. Um ehrlich zu sein, wir haben derzeit gar nichts vor - wir müssen erst überlegen, was wir tun sollten. Und sicher habt Ihr recht, wenn ihr sagt, dass wir uns erst ausruhen sollten."

Er ging zu einem der Feldbetten in der Nähe von Luca und setzte sich darauf. Erst jetzt merkte er, dass auch durch den kurzen aber ereignisreichen Tag ermüdet war. "Eine neue Ordnung sagt ihr. Wenn die Wanderer Teil dieser neuen Ordnung sein sollen, wenn sie nicht mehr die Absonderheit sind, sondern diejenigen, die hierher gehören - dann stellt sich die Frage, ob wir Lebenden noch Platz in dieser neuen Welt haben. Oder ob wir nun die Absonderheit sind, die von ihrem Antltz getilgt wird."

Arjen schaute auf die beiden Mädchen, die einige Betten weiter zusammen lagen. "Wisst ihr, ich war sechs Jahre lang beim Heer von Liur", sagte er. "Ich habe in dieser Zeit einiges gesehen, was dafür sprechen würde, dass wir Menschen Platz machen auf der Welt für etwas besseres. Und auch danach habe ich einiges davon gesehen. Aber ich habe auch einiges gesehen, was mich wieder an die Menschen glauben ließ und wofür es wohl zu leben lohnt. Ich hatte das beinahe vergessen, aber eure Töchter erinnern mich daran."

Der Krieger schaute wieder zu Luca. "Es ist beeindruckend, was ihr geschafft habt - der Weg nach Aradan, dieses kluge Versteckt. Ihr habt eure Töchter gerettet. Und uns. Wenn das stimmt, was ihr sagt. Wenn die Plage überall herrscht, dann müssen wir versuchen, weitere Menschen zu finden. Uns in einer größeren Gruppe zu organisieren. Vielleicht nicht heute. Und vielleicht nicht morgen. Aber am Tag danach. Nur so werden wir länger als ein paar Wochen überleben können."

"Und wieder arbeitest du an einem Schlachtplan, anstatt diesem armen Mann Ruhe zu gönnen. Neun Jahre auf dem Gestüt, aber du bist immer noch der Hauptmann des Heeres, der du beim Dienstaustritt warst", rügte sich Arjen dabei, aber anscheinend funktionierte er so. Dennoch entschied er sich, falls Luca nicht auf seine Worte einging, den Wunsch des Gastgebers zu respektieren, und sich schweigend auszuruhen, ohne ihn weiter zu belästigen.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 10.11.2014, 22:33:12
Nach einer Weile hob Will den Kopf. "Verzeiht den Ausbruch. Ich wollte nicht... Das mit Eurer Frau, Luca, tut mir leid. Mit Deiner Familie, Arjen. Und ich bin derjenige, der sich anstellt!"

Er setzte sich neben Angelos Bett auf den Boden, schlang die Arme um die angewinkelten Beine und starrte tränenblind vor sich hin. Lucas Worte zur "neuen Ordnung" vermischten sich in seinen Gedanken mit den eigenen.

Wir selbst mögen es immer noch als widernatürlich empfinden, weil wir aus der alten Welt kommen. Doch in der neuen Ordnung, sind die Wiedergänger ein Teil der Welt, sie gehören hierher. In der neuen Ordnung haben die Toten dasselbe Recht wie die Lebenden, durch unsere Straßen zu wandeln...

Was immer die Welt der Toten von der Welt der Lebenden trennte, es schien aufgehoben. Welche Grenzen es auch immer gegeben haben mochte, die die Welt eingegrenzt und geschützt hatten, sie waren eingerissen worden.

Für seinen Nekromant von Eschmerat, aber auch für den Kaufmann, hatte Will damals eifrig die düstersten Aspekte der Magie recherchiert. Woher rief ein Nekromant seine finsteren Mächte? Welch Paraphernalia waren vonnöten, um einen neuen Geist in einen Leichnam zu locken? Und wie verhielt es sich mit Dämonenpakten: welch Dienste konnte man erbeten, was musste im Gegenzug man versprechen? Bald schon wurde er vom Bibliothekar und den Magiern, die er direkt befragte, misstrauisch beäugt und schließlich unter Herbeirufen bewaffneter Wachen beiseite gezogen und nach seinen Absichten befragt.

Seine Antwort hatte keinesfalls all ihre Bedenken zerstreut. 'Diese Dinge sind viel zu ernst und das Wissen darum nicht für das gemeine Volk gedacht!' argumentierten sie. 'Überhaupt, sind Eure Schlachtenspektakel nicht bereits blutrünstig genug? Müsst Ihr auch noch derart abartige, widernatürliche Verbrechen auf der Bühne darstellen allein für den billigen Effekt, für die paar Kupfermünzen mehr, die der Pöbel Euch dafür zahlen wird, weil er es nicht besser weiß, als sich an so etwas zu ergötzen?' Doch Will hatte selbstbewusst erklärt: 'Ginge es mir um billige Effekte, um mehr Geld für meine Arbeit, würde ich ja wohl kaum so viel Zeit auf sorgsame Recherche verschwenden! Und ja, auch solch abartige Dinge müssen wir Dichter ansprechen. Schließlich folgt die Kunst nur den Wegen, die das Leben vorgibt. Alles, was gelebt wird, muss sie treugestalt darstellen dürfen.'

Und so hatte er, bevor man ihm den Zugang auf Lebenszeit verbat, zumindest eines gelernt: so wenig sich die gelehrten Herren Magier auch einig waren, wie man die schützenden Grenzen nennen oder sich vorstellen sollte—ob als Schleier, Astralnebel, Urebene, Weltenmeer oder Seelenall—eines, das zweifelte keiner von ihnen an: es existierten Welten neben dem Diesseits, die mit diesem überlappten, nein, sogar Punkt für Punkt denselben Ort einnahmen, wenn auch nicht dieselbe Dimension—was auch immer das heißen mochte. Eine dieser Welten aber, die mit dem Diesseits auf diese Weise koexistierte—so die Herren Gelehrten einstimmig—war das Totenreich. Und genau diese Grenze musste—wenn man Luca Glauben schenken durfte—durch irgendetwas zerstört worden sein.

"Die Hölle kennt keine Grenzen, noch ist sie beschränkt
Auf einen Ort, denn wo wir sind, da ist sie auch,
Und wo sie ist, müssen wir auf ewig sein."


Prophetische Worte, die er da rezitierte! Ersonnen hatte er sie vor über vier Jahren.

"Wenn ich das Stück geschrieben hätte", sagte er unvermittelt, allerdings erst nachdem er sich vergewissert hatte, dass die Kinder schliefen, "dann hätte ein hochangesehener, mächtiger Magier im fünften Akt ein schwarzmagisches Ritual gewirkt. Zu welchem Zweck, fragt ihr? War es Rache? Oder wollte er Unsterblichkeit erlangen, indem er alles Leben um sich herum vernichtete und gierig in sich aufsog? Nein. So wie ich mir das denke, verlor er im ersten Akt die geliebte Frau, die Kinder vielleicht auch, und versucht seitdem mit immer verzweifelteren Mitteln sie wiederzuerwecken, bis es ihm am Ende—nachdem er die eigene Seele zum Tausch geboten hat—mithilfe eines Dämons dann gelingt, doch nicht im mindesten so, wie er es sich vorgestellt hat! Nicht nur die Lieben holt er zurück, sondern alle Seelen, nicht in gesunde Leiber fahren sie ein, sondern erheben sich aus ihren Krypten und Gräbern. Um die seinen zurückzuholen, hat der Mann—von infernalen Geistern geleitet!—die Grenze zwischen dem Diesseits und dem Totenreich zerstört. Warum hätte ich das so geschrieben? Denke ich etwa, dass Liebe an allem Übel dieser Welt schuld sei? Nein, nicht die Liebe. Alles Übel dieser Welt geschieht, weil Menschen zu sehr nach etwas gieren, das ihnen weder gehört noch zusteht. Dieses Verlangen, dieser Hunger, den wir alle in uns spüren, der durch nichts gestillt werden kann als durch Erfüllung oder unser eigen Untergang."

Er wischte sich die letzten Tränen aus dem Gesicht und wandte sich an Luca. "Ich würde gerne erst einmal hier bleiben und Euch helfen, Eure Töchter zu beschützen. In der Hoffnung, dass irgendwo da draußen jemand dasselbe für Lissie und die meinen tut."
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 17.11.2014, 22:55:23
Luca sah Will eine ganze Zeit lang schweigend an. Die Worte des Barden schienen ihn nachdenklich gemacht zu haben. Sein Blick fiel auf seine schlafenden Töchter. "Ist es zu viel verlangt, wenn ich das Überleben meiner Töchter sichern will? Wenn ich bereit bin, mein Leben und meine Seele zu geben, damit sie überleben?" Er schüttelte den Kopf. "Ist es nicht meine ureigenste Aufgabe als Vater, sie zu schützen? Kann ich danach zu sehr hungern, wie ihr es genannt habt?"

Nur zögerlich wandte er seinen Blick wieder den beiden Männern zu. "Ihr könnt bleiben, solange ihr wollt. Aber es gibt eine Regel. Baut keine Beziehung zu den Mädchen auf, solange ihr euch nicht entschlossen habt, dauerhaft zu bleiben." Dann fiel sein Blick auf Arjen. "Ihr seid ein Mann mit großen Zielen. Nur weiß ich nicht, ob diese Welt noch Platz für Männer wie euch hat. Wir werden sehen, welche verschlungenen Pfade das Schicksal noch vorbereitet hat."

Er stand auf, und deutete auf die beiden noch freien Betten. "Ruht euch aus. Ich weiß, es ist noch früh, aber nach dem, was ihr erzählt habt, habt ihr einiges durchgemacht. Ich bringe euch etwas zu trinken und werde Wache halten."
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 18.11.2014, 01:07:58
Will sah Luca verdutzt hinterher. Aber er hatte ihm doch versichert, er wolle dabei helfen, seine Töchter zu beschützen, was redete der Mensch da, als hätte Will ihm das Recht absprechen wollen? Offenbar hatte er Wills fiktive Erklärung für die wandelnden Toten auf den Straßen irgendwie auf sich bezogen, glaubte, er werfe ihm vor, seine Seele verkaufen zu wollen zum Schutz der Töchter! Wie kam er nur darauf?

Manche Menschen—die meisten, mit denen Will seit seiner Entlassung zu tun hatte—lebten leider so ausschließlich in der realen Welt, dass sie sich nicht einmal vorstellen konnten, dass die erfundenen Welten für Will genauso real waren, dass er dort mehr Wahrheit erfuhr als anderswo, echte Erkenntnisse gewann, echte Gefühle durchlebte. So wie er es gerade ersonnen hatte, so mochte es passiert sein! Und wenn nicht, was machte das schon? Sie würden wohl kaum je erfahren, was wirklich geschehen war, also warum sich nicht mit einer erfundenen Erklärung trösten—denn es war ein Trost, der in dieser Tragödie lag! Denn Will ertrug es nicht, wenn das Wie und Warum der Geschehnisse um ihn herum sich seiner Kenntnis entzog, wenn er die Gesetze nicht erkannte, die Logik, die dahintersteckte, wenn alles um ihn herum nur Willkür und Zufall schien!

Er wagte doch den Versuch einer Erklärung, falls Arjen ihn ebenfalls missverstanden hatte: "Und ich war über zwanzig Jahre beim Theater. Alles, was ich vom Leben erfahre, verdreh ich oder bieg's zurecht und schon fügt sich ein neues Stück daraus. Verzeiht, wenn ich laut Trost darin gesucht habe, ein schwarzmagisches Ritual als Ursache für die Wiedergänger zu ersinnen, welches aus Liebe und Verzweiflung begangen wurde. Die Tragik darin mag einem Herz und Seele zerreißen, doch die Alternative wäre noch unerträglicher: dass jemand uns aus Bosheit und mit voller Absicht ins Verderben gestürzt haben könnte. Es mag Euch seltsam erscheinen, aber mit solch Gedankenspielen tröste ich mich darüber hinweg, dass wir die Wahrheit nicht kennen und wohl niemals erfahren werden."

Dann rutschte er näher an Arjen heran und lehnte sich mit dem Rücken an die Kante des Bettes, auf welchem dieser saß. Will selbst wäre am liebsten gleich aufgesprungen und hätte mit der Suche nach Lissie und den Kindern begonnen. Müde war er nicht. Der Schreck saß ihm noch tief in den Gliedern, er zitterte am ganzen Leib, ihm fehlte jeglicher Plan, Überblick oder auch nur der kleinste Funke einer Idee, was zu tun war, aber die Vorstellung, den ganzen Tag still in dieser kleinen Dachkammer hocken zu müssen, ließ ihn schaudern. Er hatte nicht einmal Karten oder Würfel dabei.

"Ein Mann braucht ein Ziel, Arjen", sagte er leise. "Ohne Ziel lebt er nicht, ist nur ein wandelnder Toter. Luca hat sein Ziel. Ich hab meines, so unmöglich es mir auch erscheinen mag. Und du tust recht daran, dir auch eines auf die Fahne zu schreiben. Mag es so groß sein wie es will, so unerreichbar scheinen wie das meine: wenn es das ist, was du tun musst, und was ich tun muss, dann werden wir uns eben in kleinen Schritten daraufzuarbeiten. Und wenn wir dabei fallen, nun, so haben wir wenigstens bis zu unserem letzten Atemzug gelebt. Der Soldat und der Träumer, bis zum Schluss ihrer Rolle treu."
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 18.11.2014, 13:24:32
Bei Wills letzten Worten huschte ein trauriges Lächeln über Arjens Antlitz - der Barde hatte seine Gedanken genau getroffen. Er schaute kurz zu ihm hinüber und nickte leicht. "Unsere Ziele ähneln sich in gewisser Weise, und dann doch wieder nicht.", dachte er. "Will will wieder zu seiner Familie. Und genau das will ich auch. Er muss dafür überleben. Ich bräuchte nur einen sauberen Tod. Aber anscheinend verwehren mir die Götter das Wiedersehen mit Diana und Lukas. Und so lange das der Fall ist, werde ich versuchen, etwas von dem Blut, dass an meinen Händen klebt, wiedergutzumachen."

Luca hatte Recht, sie hatten einiges durchgemacht. Allerdings hatten sie das Glück gehabt, einige Stunden ungestörten Schlafs im Theater zu haben, so dass Arjen nicht wieder das Bedürfnis verspürte, zu schlafen. Doch vielleicht hatte ihr Gastgeber damit Recht, dass sie zunächst zu Ruhe kommen sollten.

Mit der linken Griff er in eine der Taschen seines Leinenhemds und förderte ein kleines Klappmesser zu Tage. Er hatte es immer wieder gegen seinen Körper schlagen gespürt, aber erst jetzt war er sich sicher, dass er es richtig eingeordnet hatte. Dann schaute er sich im wandlosen Raum um und fand in einer der Ecken ein kleines Stück Holz, vielleicht je eine Elle breit und tief und zwei Ellen lang. Er stand auf, schlenderte kurz hinüber und hob das Stück Holz auf. Dann kam er zurück und setzte sich wieder auf das Bett.

Langsam klappte er das Messer auf und begann ohne Eile zu schnitzen. "Ich will nicht schlafen", sagte er leise zu Will. "Ich werde mich ein wenig hiermit beschäftigen. Wenn du willst, leg dich hin."
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 18.11.2014, 16:36:38
Nach kurzem Überlegen tat Will genau das, nur dass er sich nicht schlafen legte, sondern bäuchlings auf dem Boden zwischen Arjens und Angelos Betten ausstreckte, mit dem Kopf zu deren Fußenden, weil dort das Licht besser war. Dann kramte er seine wertvollsten Besitztümer aus den Tiefen seines Kostümsackes hervor: ein Federmäppchen mit zwei Federn, das dick mit Socken und Tüchern umwickelte, halbvolle Tintenfässchen, und ein leeres Blatt Pergament, wovon er nur noch vierzehn Stück besaß. Wenn er klein und eng schrieb und nicht zuviel korrigieren oder durchstreichen müsste, würden ihm diese genau für ein Stück reichen.

Was ihm dagegen vorschwebte, war eine Tragische Trilogie: das erste Stück, um die Ursache des Untergangs zu schildern; im zweiten dann würden wackere Männer in den Ruinen der Stadt ums Überleben und das ihrer Lieben kämpfen, aber auch um ihre Würde, Ehre und Menschlichkeit; das dritte dachte er sich zwanzig, dreißig Jahre in der Zukunft, wenn Aradan zu einem guten Teil wieder aufgebaut wäre, die jungen Leute den Spuk nur noch aus den Erzählungen der Alten kannten, und die Einwohner der Stadt sich bereits wieder so weit erholt hatten, dass sie die gleichen Fehler begingen wie ihre Vorväter...

Als erstes brauche ich einen Titel für das Gesamtwerk, dachte er, während er mit routinierten Bewegungen seine Feder anspitzte. Zorn der Götter? Tage des Zorns? Schuld und Sühne? Nein, das klingt alles furchtbar! Auch die nächsten zehn, fünfzehn Ideen verwarf Will gleich wieder, weil sie entweder zu theatralisch oder zu kitschig-moralisch klangen. Ben Heywood würde ihn auslachen und wieder ein so gnadenloses Spottpamphlet verfassen wie seinerzeit zu Wills Massaker. Nein, für einen derart epischen Stoff braucht man einen Titel, der trügerisch einfach klingt! Und so schrieb Will schließlich, in seiner kleinsten noch lesbaren Schrift, an den obersten Rand seines Zettels:

Aradan, Stadt der Toten

Und der Titel des Stücks? Er wollte mit dem zweiten anfangen. Das erste hatte er ja schon in den Grundzügen umrissen. Also, wie wäre es mit: Die Überlebenden? Die Lebenden und die Toten? Die Lebenden Toten? Nein, alles Mist!

Da drang das gleichmäßige Geräusch von Arjens Schnitzwerk an Wills Ohr oder vielmehr in sein Bewusstsein und er musste lächeln, als er weiterschrieb:

Der Tragödie 2. Teil: Aus diesem Holz sind wir geschnitzt

Und die Namen? Etwas fremdländisches, aber heldenhaft klingendes für Arjen—Felipe? Pedro? Álvaro?—für ihn selbst aber etwas einfaches, einen Allerweltsnamen, der sich leicht abkürzen lässt—Benjamin? Thomas? Richard? Hm, ihm gefiel Pedro. Und am besten machte er gleich einen Don Pedro daraus, um zu zeigen, dass in den Ruinen, zwischen den wandelnden Toten, alle Menschen plötzlich gleich waren, dass sich hoch und niedrig zusammenraufen musste, um zu überleben, dass zwei Menschen aus so unterschiedlichen Welten wie Arjen und er, die sich unter normalen Umständen nie getroffen oder allenfalls im Vorbeigehen ein Nicken oder einen abschätzigen Blick getauscht hätten, dass zwei solche Menschen in ihrer Not einander beistanden, Vertrauen fassten, Respekt für den anderen gewannen, zum Schluss Freunde wurden.

Dramatis Personae: Don Pedro, Soldat und Edelmann aus Barios; Thomas, der Reimer: Sänger und Spielmann aus Aradan

Natürlich musste am Ende des Stückes einer der beiden sterben—sich heldenhaft für den anderen opfern—sonst wäre es ja keine Tragödie. Aber so weit wollte Will nicht vorausdenken. Noch kannte er die beiden nicht gut genug, um zu wissen, zu wessen Charakter und Lebensgeschichte der Heldentod besser passte... wessen Tod das Publikum mehr rühren würde... Das würde sich alles beim Schreiben von selbst finden.

Nachdem Will schon eine ganze Weile lang herumgekritzelt hatte—die erste Szene war quasi fertig—sah er plötzlich auf und wandte sich an Arjen. "Danke übrigens für das, was du vorhin sagtest. Dein Angebot, mir bei der Suche zu helfen. Das ist wirklich sehr anständig von dir, das hätte nicht jeder zu versprechen gewagt."

Dann beugte er sich wieder über sein Werk.

Don Pedro: So hat in einer einz'gen Nacht // Das Schicksal alle Menschen gleichgemacht. // Sei du mein Bruder, Tom, und ich der Deine // Zusammen schaffen wir, was niemand kann alleine.

Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 19.11.2014, 23:57:59
Und so machten sich beide Männer ans Werk: Arjen vertrieb sich die Zeit mit dem Schnitzen, während Will seiner großen Leidenschaft, dem Schreiben, nachging. Er ließ sich Zeit, dachte über jede Zeile genau nach, um Korrekturen zu vermeiden, wo er nur konnte. Hier und da waren sie unumgänglich, doch er nutzte das Papier gut aus. Und mit all den Gefühlen, die die letzten Tage in ihm hinterlassen hatten, gelang ihm auch ein sehr emotionaler Einstieg in das Stück.

Zwei, vielleicht drei Stunden vergingen, die Sonne stand inzwischen recht hoch am Himmel, in denen Luca immer wieder von einer Seite zur anderen lief, die Umgebung im Blick. Einmal rief er Will und Arjen zu sich; in der Ferne hatte er Rauchwolken bemerkt. "Das ist seltsam", kommentierte er seine Entdeckung. "Überall sind die Feuer niedergebrannt, aber dort steigt wieder Rauch auf."

Er nahm ein Messer zur Hand, und markierte mit tiefen Schnitten auf einem der Schreibtische die Richtung. "Es ist zu weit, um einfach nachzusehen. Ich beobachte es erst einmal. Vielleicht ist es nichts weiter, vielleicht eine Chance, vielleicht eine Gefahr." Nur wenige Minuten später verschwand der Rauch wieder.

Schließlich wandte sich Luca Angelo zu. Er setzte sich auf Knien neben den schlafenden Mann, und nahm sanft seinen Arm. Mit zwei Fingern fühlte er dessen Puls. Dann verfinsterte sich seine Miene. Er richtete sich auf, und hielt sein Ohr über Angelos Mund. Unsanft gab er ihm plötzlich eine Ohrfeige, doch Angelo reagierte nicht.

Luca sank wieder auf seine Knie. "Oh nein..."
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 20.11.2014, 11:28:09
Will, der gerade seine Schreibutensilien wieder verpackt hatte, sprang auf.

"Nein nein nein nein nein nein nein nein nein!" rief er. "Was, er kann doch nicht tot sein! Wie... ich mein... ihm fehlte doch bloß... ein bisschen Wasser, dachte ich! Und nach Eurem Trank... es schien ihm doch besser zu gehen!"

Auch Will tastete nach einem Puls, doch raste der eigene zu heftig, als dass er hätte sagen können, ob Angelo noch einen besaß oder nicht.[1]

Was, woran sollte er gestorben sein? War er doch gebissen worden? Nach Bisswunden zu suchen wäre zwecklos, schließlich hatten Zida und Neodor dem Mann auf Wills Bitte hin ihren heilenden Segen gewährt. Vielleicht sah man noch Spuren an der Kleidung, dass diese irgendwo wie von einem Biss zerfetzt war? Oder gab es gar erste Anzeichen, dass er sich gleich erheben würde?[2]

Und du, Will, liegst direkt daneben und bemerkst es nicht einmal, weil dein Kopf in den Wolken steckt. Träumer, Nichtsnutz, gedankenloser Narr! Einen Hund dürfte man dir nicht anvertrauen!

Noch während er all dies dachte, umschloss er schon mit beiden Händen Angelos Kopf und sandte erneut sein Gebet an die einzigen Götter, die ihn je erhört hatten: "Zida oder Neodor, wer immer mich erhört! // Helft mir jetzt, dann mögt ihr knobeln, // Wer von euch des Künstlers Seele // Am End' für alle Ewigkeit erhält."[3]
 1. heal = -1 (nat. 1)
 2. perception=15
 3. Cure light wounds => 5 Punkte positive energy
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 20.11.2014, 12:13:32
Erneut spürte Will, wie die heiligen Energien seinen Körper durchfluteten, und durch ihn als Kanal auf Angelo übergingen. Er spürte, wie die heilenden Kräfte von ihm auf den anderen Körper hinüberflossen - doch taten sie dort keine Wirkung. Angelo erwachte nicht.

Luca schüttelte den Kopf. "Vermutlich war er bereits zu entkräftet. Vielleicht auch eine Krankheit... so schwach, wie er war, kann eine einfache Erkältung oder ähnliches tödlich sein." Er legte sein Hand auf Angelos Stirn, und ließ sie einen Moment dort liegen. "Ich bin kein Heiler, aber ich glaube, wir können nichts mehr für ihn tun."

Er nahm seine Hand zurück; sein Blick senkte sich zu Boden. "Es tut mir leid."
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 20.11.2014, 12:44:02
"Ich kenne nicht einmal seinen richtigen Namen. Oder seine Geschichte. Jetzt werde ich niemals erfahren, was er für mich getan... nicht, dass es noch eine Rolle spielt, aber..." Will schluckte und sank auf die Knie. "Er war ein guter Mensch. Was immer er glaubte, dass seine Schuld gewesen sei, die Götter werden sie ihm vergeben."

Mehr brachte er nicht heraus, bevor er den Kopf zur Seite wenden musste. Tränen, die sich aus der kurzen Bekanntschaft heraus eigentlich nicht erklären ließen, rannen ihm still über das Gesicht. Wut und Trauer lagen darin zu gleichen Teilen. Und seine Geschichte! Nun werde ich sie niemals erfahren! Wie soll sich die Nachwelt denn an ihn erinnern, wenn der letzte Barde der Stadt seine Geschichte nicht kennt?

"Wohin mit der Leiche?" fragte er schließlich. "Wir sollten sie möglichst schnell von hier fortschaffen, bevor er... Ich hatte mir geschworen, dass falls er stirbt, ich dafür sorgen werde, dass er sich nicht erheben müsste. Eigenhändig. Soviel bin ich ihm schuldig. Wisst Ihr einen geeigneten Ort in der Nähe?"
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 20.11.2014, 12:51:43
Luca sah überrascht, aber auch sichtlich verärgert zu Will. "Sich erheben? Ihr habt mir versichert, dass keiner von euch gebissen wurde! War das eine Lüge?"
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 20.11.2014, 13:06:50
"Nein, es war keine Lüge", sagte Will. "Aber ich habe gesehen, dass ein paar Blutspritzer ins Gesicht ausreichen, um die Seuche der Toten auf die Lebenden zu übertragen. Zudem kenne ich mich mit Nekromantie nicht aus, kann also nicht sagen, ob die Seelen der Unglücklichen in ihren verwesenden Leibern gefangen sind oder aber erlöst. Da bin ich doch lieber zu vorsichtig als zu nachlässig!"

Schöne Worte, doch zu spät. Wenn ich bloß vorher nach ihm gesehen hätte, vielleicht hätte ich ihm noch helfen können!

"Verzeiht, ich... ich... Bitte helft mir nur hinab mit Eurem Konstrukt, dann kümmer ich mich um den Rest allein."
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 20.11.2014, 14:03:57
Lucas Blick wurde wieder freundlicher, dann wandte er sich dem Leichnam zu. "Nein. Wir erweisen ihm gemeinsam die Ehre." Er stand auf, und sah Will an. "Ihr könnt heilen. Seid ihr ein Priester? Ansonsten... ich bin zwar kein Priester, aber als Druide immerhin den spirituellen Kräften der Welt verbunden."

Dann sah er zu den Mädchen, die noch immer schliefen. "Lasst es uns schnell machen. Die Mädchen sollen es gar nicht erst mitbekommen."
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 20.11.2014, 15:29:01
"Ja, lasst uns schnell machen. Vielleicht könnt' ich nur noch kurz schauen, ob er irgendwas bei sich hat, das verrät, wer er war." Und Will durchsuchte die Kleidung des Toten, ob sich daran oder darin irgendetwas dergleichen fand: Wappen, Papiere, Briefe, Schlüssel oder sonstige Utensilien, oder ob Angelo irgendwelche Schmuckstücke trug, vielleicht gar einen Siegelring.[1]

"Priester, nein", erklärte er dabei. "Nur jemand, der einmal so tief in der Scheiße steckte, dass ihm klar wurde: 'Das war's, du bist am Ende, in diesem Dreck krepierst du also!' Und als ich mich in meiner Not an die Götter wandte, haben sie mir zu meiner Überraschung geholfen—und tun es seitdem, aber nur, wenn ich genau dieselben Worte benutze wie beim ersten Mal. Hab schon oft versucht, den einen oder den anderen Namen auszulassen, weil ich wissen wollte, welcher der beiden mich nun erhört hat—aber es klappt nur, wenn ich beide anrufe. Offenbar hat mich da jemand beim Wort genommen und will es mich bis zu meinem Tod nicht vergessen lassen."

Doch da drängte Luca auch schon—mit Blick auf die Töchter—zum Aufbruch und Will musste die Suche abbrechen. Nur eins ließ er sich nicht nehmen: Mit der locker geballten Rechten berührte er seine Lippen, Stirn und darauf mit der flachen Hand die Brust des Toten über dem Herzen, wie er es bei den Merao-Priestern gesehen hatte. Erst dann erhob er sich, um Angelo von hinten unter den Armen zu fassen und darauf zu warten, dass entweder Arjen oder Luca das Fußende übernahm.
 1. perception = 7
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 21.11.2014, 17:21:48
Arjen war mit Luca und Will an die Klippe getreten, um den Rauch zu beobachten, aber noch bevor sich ein Verdacht über den Ursprung formen konnte, nahm bereits das Zwiegespräch zwischen Luca und Will seinen Lauf. Die beiden waren aufgeregt, der Wortwechsel schnell und so beschloss der Krieger, sich erst einmal zurückzuhalten. Bei Wills Worten, 'Angelo' könnte sich wieder erheben, stutzte er, sagte aber nichts, da er Lucas Verdacht nicht nch befeuern wollte.

"Ich bin davon ausgegangen, dass nur die Infizierten nach dem Tod wiederauferstehen", dachte er bei sich. "Aber was, wenn das nicht so ist? Was wenn alle Toten wieder aufeerstehen - wenn der Biss keine Krankheit verbreitet, sondern nur den Tod herbeiführt? Und die eigentliche Krankheit - das Wiederauferstehen - bereits in allen von uns schlummert? Dan gäbe es kein Entrinnen - für keinen von uns."

Mit schmerzlicher Deutlichkeit stieg das Bild der frischen Gräber von Diana und Lukas in ihm auf, doch er hatte nicht den Mut, den Gedanken weiter zu denken. Er zwang sich, ihn abzubechen und sich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren.

Als er sah, dass Will eben Angelo unter den Achseln angehoben hatte, ging er hinüber und packte die Beine des Mannes. "Wir haben ihn da unten gemeinsam rausgeholt. Also bringen wir das auch gemeinsam zu Ende", sagte er zum Schauspieler. Dann blickte er zu Luca. "Zwei reichen für diese Aufgabe. Ihr könnt bei euren Töchtern bleiben, falls ihr sie nicht allein lassen wollt. Wir kommen wieder nach oben, sobald wir den Mann unten angemessen zu Ruhe gesetzt haben."
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 21.11.2014, 22:02:11
Luca schüttelte erneut den Kopf. "Die Mädchen sind hier sicher. Er ist hier, an dem Ort, den ich zu meinem neuen Heim gemacht habe, von uns gegangen. Auch ich möchte ihm die Ehre erweisen."

Gemeinsam brachten sie Angelo über die Plattform nach unten. Luca deutete auf ein Gebäude an der Straßenecke, das einst ein schönes Wohnhaus gewesen sein musste. Der große Garten war von einer weißen, geraden Steinmauer umgeben, die nicht ganz eineinhalb Meter hoch war. "Dort im Garten. Wir sind nah genug an der Plattform, um schnell nach oben zu kommen, wenn es nötig ist. Gleichzeitig ist die Steinmauer hoch genug, damit zufällig vorbeikommende Wanderer nicht sofort zu uns kommen. Und sollte jemand anders kommen... haben wir zumindest ein wenig Sichtschutz."
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 22.11.2014, 11:21:43
"Gut, passt ihr beiden bitte kurz auf", sagte Will, als sie zusammen den Garten betraten und den Toten neben zwei Stufen ablegten, die zum Haus hinaufführten. "Ich will ihn doch noch einmal genauer anschauen. Und Ihr seid sicher, dass er tot ist, Luca, und nicht nur in einer besonders tiefen Ohnmacht?"

Derweil durchsuchte Will bereits mit steifen Fingern Angelos Kleidung, kehrte dabei jede Tasche nach außen, klappte jede Falte und jeden Kragen um, öffnete Wams und Weste und fühlte den Stoff ab nach Innentaschen und versteckten Taschen, und bemühte sich nicht daran zu denken, was er danach vorhatte.[1] Trotz seiner Frage an Luca suchte er auch noch einmal sehr gründlich nach einem Puls.

 1. take 20 perception = 23
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 22.11.2014, 11:54:31
Als Will anfing, Angelos Kleidung zu durchsuchen, wollte er eigentlich sehr gründlich vorgehen - doch nach wenigen Momenten packte ihn Luca an der Schulter und zog ihn zurück. "Ist das eure Art, einen Toten zu ehren? Seinen Leichnam zu fleddern?" fragte er scharf. "Hört auf damit! Es reicht! Wir werden ihn jetzt ordentlich bestatten, auf dass seine Seele Ruhe findet. Kriegt euch ein!"

Sein Tonfall grenzte an Wut, und es war offensichtlich, dass er weitere Gegenworte Wills nicht gut aufnehmen würde.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 22.11.2014, 12:25:10
Auch Wills erste Reaktion war, dass in ihm die Wut hochkochte—fast hätte er Lucas Hand weggeschlagen, aber im letzten Augenblick besann er sich.

"Ihr tut mir unrecht", erklärte er ruhig. "Zwar versteh ich nichts von Begräbnisriten oder vom Seelenfrieden, aber wie man die Toten ehrt, das weiß ich sehr wohl: indem man der Nachwelt von ihren Taten erzählt, damit sie nicht vergessen werden. Aber wie soll ich seine Taten besingen, wenn ich nicht einmal seinen Namen kenne? 'Angelo' hab ich ihn nur genannt, nach einem Charakter in einem Theaterstück. Mit seinen letzten Worten deutete er an, dass er sein Lebtag Leute wie mich unterstützt habe, dass er auch mir vor etwas über einem halben Jahr zu einer Anstellung verholfen habe, damit ich wieder den Beruf ausüben könne, für den ich geboren wurde und der mir mehr bedeutet als mein Leben. Dafür, dachte ich, schuldete ich es ihm, sein Leben zu erhalten. Darin habe ich versagt. Ich will nicht auch noch bei seinem Nachruf versagen. Ich bitte Euch also, lasst mich nach Papieren oder einem Siegelring suchen oder nach sonst etwas, das mir verraten könnte, wer er war."[1]
 1. Diplomatie = 24
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 22.11.2014, 12:34:57
Als Arjen sah, wie die Emotionen zwischen den beiden Männern hochkochten, ging er dazwischen, versuchte sich zwischen sie zu stellen und sie zu beruhigen. "Beruhigt euch", sagte er zu Luca. "Will spricht die Wahrheit - der Mann war offensichtlich verwirrt, doch er hat mehrmals anklingen lassen, dass er Will aus seiner älteren Zeit kannte. Was glaubt ihr, wonach er sucht? Nach Gold? Um was zu tun - die Wanderer zu bezahlen?"

Der Krieger machte einen Schritt zurück und deutet mit den Armen nach links und rechts. "Ihr sagt selbst - das ist die neue Ordnung. Gold spielt in dieser Welt ebenso wenig eine Rolle, wie im Unterreich, nachdem man die Überfahrt mit seiner letzten Münze bezahlt hat."[1]

Arjen schloss mit dem Gefühl, dass seine Worte etwas zu barsch waren. Er verstand die Gefühle von Luca, aber die Tatsache, dass sich die beiden Kameraden aufgrund eines Missverständnisses stritten, ärgerte ihn.
 1. Diplmacy 12
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 22.11.2014, 18:50:29
Luca runzelte die Stirn, ging Will aber nicht weiter an. Dennoch schüttelte er den Kopf. "Wenn er euch unterstützt hat, ohne es euch wissen zu lassen, vielleicht wollte er es dann genau so? Vielleicht wollte er gar nicht, dass jemand seinen Namen kennt. Und vielleicht ist eure Idee, ihn nach einem Charakter zu benennen, dann sogar die größere Ehre." Er kniete sich neben den Leichnam. "Auf jeden Fall finde ich es nicht gut, ihn so zu durchwühlen. Tut, was ihr meint, tun zu müssen, aber macht es schnell. Und dann bringen wir ihn unter die Erde."
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 23.11.2014, 01:38:44
Tut, was Ihr meint, tun zu müssen... Das wollte Will jetzt mal als Freibrief ansehen, seinen Plan zu Ende zu führen—auch wenn Luca darüber womöglich zu dem Schluss käme, dass er diesen Lebenden doch lieber nicht getroffen hätte. Er begriff nicht ganz, was Lucas Problem war. Angelo war tot; was mit seiner Leiche oder Habseligkeiten passierte, dürfte ihm da, wo er jetzt war, herzlich egal sein. Auch die Sache mit der Namensfrage konnte man anders interpretieren: wenn er wirklich hätte unerkannt sterben wollen, hätte er Will wohl kaum all die Hinweise gegeben.

Er beendete seine Suche so respektvoll wie möglich. Was immer er fand, steckte er zunächst unbesehen ein.[1] Dann umwickelte er Angelos Kopf fest mit der Weste, die er ihm ausgezogen hatte, und drehte den Toten auf den Bauch, sodass der Kopf mit dem Gesicht nach unten auf der oberen Stufe lag. Ein Blick durch den Garten ließ Will einen passenden Stein entdecken, den der Gartenbesitzer wohl zur Dekoration in ein Blumenbeet gelegt hatte. Diesen bereits erhoben, sah er unsicher auf Angelo hinab.

Übertreib ich's? Steiger ich mich da in etwas hinein? Ist meine Sorge nur meiner Phantasie geschuldet, welche von vielen Leuten gern als krank bezeichnet wurde? Aber der Mann war die ganze Nacht—die letzten beiden Nächte und den Tag!—da unten eingesperrt zwischen Wiedergängern. Er könnte gebissen worden sein oder etwas von ihrem Blut abbekommen haben. Und wer weiß schon, wie lange es dauert, bis man sich erhebt? Ja, die Verwandlungen, die ich bezeugen musste, geschahen innerhalb weniger Augenblicke, aber etliche der Kreaturen sahen auch so aus, als seien sie aus ihren Gräbern gekrochen, das will ich ihm ersparen... Überhaupt, kann meine Phantasie kränker sein als die Wirklichkeit?

"Du jedenfalls hast deinen Wunsch doch noch bekommen, Angelo. Den Tod. Möge er alle Schuld sühnen und die Nachwelt sich nur an deine guten Taten erinnern. Arjen, Luca, vielleicht wollt ihr zu eurem eigenen Schutz auf Abstand gehen."

Dann zog er sich sein Halstuch über Mund und Nase, ließ sich neben Angelo auf ein Knie hinab, und sammelte all seinen Mut, um zuzuschlagen.
 1. Wenn er nichts findet, pass ich den Satz an.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 29.11.2014, 22:32:38
Will fand einen kleinen Beutel, vermutlich mit Münzen gefüllt, ein Halstuch, das allerdings eher zu einer Frau als zu einem Mann passte, sowie eine schmale lederne Mappe: Eine Brieftasche, ein neuer modischer Trend, den sich nur die Reichsten leisteten. Die kleine, in der Mitte gefaltete Tasche bot wohl die besten Chancen, etwas über Will's Retter zu erfahren.

Als Will Angelo dann vorbereitete, verfinsterte sich Lucas Miene erneut - und ein neuerlicher Wutausbruch trat auf, als Will den Stein erhob. "Seid ihr jetzt vollkommen von Sinnen? Hat euch das Leben in der Fantasie endgültig den Verstand geraubt?" Er packte Will am Arm, und zwang ihn so, den Stein zu senken.[1]

Er sah, Unterstützung suchend, zu Arjen. "Was auch immer er erlebt haben mag, sein Körper ruht jetzt. Wir werden nicht riskieren, dass eure Taten seine wütende Seele in diese Welt zurückbringt!"
 1. Stärkewurf, wenn du dich dagegen wehren willst
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 30.11.2014, 00:55:27
Als Luca seinen Arm packte, hielt er reflexartig dagegen, doch sobald sein Verstand die Situation erfasste, gab Will nach. Von Sinnen, er? Das traf ja wohl eher auf Luca zu. Was tat der Mensch so überrascht, nachdem Will sein Vorhaben doch klar genug verkündet hatte? Zweimal sogar, weil Luca nachgefragt hatte. Und jetzt wollte der Kerl es nicht verstanden haben? Am wirrsten aber war die Begründung.

"Was redet Ihr da? Warum sollte Angelo wütend auf mich werden, wenn ich ihm als letzten Freundschaftsdienst den Schädel einschlage, um es ihm ganz sicher zu ersparen, als Wiedergänger aufzustehen? Ihr habt es bei Euren vormaligen Helfern doch auch so gehalten, weil es nun einmal die einzige Art ist, dass sie gewiss zu Boden gehen und dort bleiben. Habt Ihr nicht die Frau gesehen, die halb unter dem gestürzten Turm begraben ist? Soll das aus Angelo werden, wenn wir ihn ohne diese Vorsichtsmaßnahme verbuddeln?"

Doch seine Worte erreichten Luca nicht.[1] Die Augen des Mannes leuchteten in religiösem Eifer, der Wahn der Rechtschaffenheit hatte sein Gesicht verzerrt, er schnaufte vor entrüsteter Ehrbarkeit.

Was glaubt der Kerl? Ernsthaft? Dass die Seelen der Verstorbenen rachlüstern zurückkehren, wenn man ihre Leichen etwas ruppiger anpackt? Zida und Neodor, was soll man zu so einem Quatsch sagen? Da gibt es nichts zu sagen! Egal was ich sage, er wird mir nicht glauben, denn seht nur, er ist beseelt von der Wahrheit! Woher nimmt er die Gewissheit? Allzu viele Menschen kann er nicht unter die Erde gebracht haben, so allein in seinem Wald. Wie's im Straflager zuging, das hätte er sehen sollen!

Will ließ den Stein fallen und entblößte beide Handgelenke, um sie Luca unter die Nase zu halten.[2] Die Narben waren blasser geworden, aber noch immer unverkennbar. Wütende Worte lagen Will auf der Zunge, vielleicht sogar auf der Seele: Wenn einer von uns krepiert ist, was glaubst du wohl haben die Wächter mit der Leiche gemacht? Den Hunden zum Fraß vorgeworfen! Um sie auf den Geschmack zu bringen! Damit der Rest von uns nur wisse, was uns bei einem Fluchtversuch blühen würd. Und weißt du was, kein einziger von ihnen ist je als Rachegeist zurückgekehrt, dabei waren es ein gutes Dutzend pro Jahr, da möcht man meinen, wenigstens einer davon wäre rachsüchtig genug gewesen. Ja, nicht einmal Flint ist zurückgekehrt, und den haben die Hunde bei lebendigem Leibe zerfleischt!

Will, sei kein Narr! Luca hält dich eh schon für Abschaum. Wenn du ihm hierin nicht nachgibst, wird er dich nicht einmal die kommende Nacht mehr in seinem Versteck übernachten lassen. Und du hast noch immer keinen Plan, wohin, was tun, wie überleben! Ja, wenn du dich nur entscheiden müsstest zwischen Angelos Seelenfrieden und deinem eigenen jämmerlichen Leben, vielleicht würdest du dann Ehre genug in dir finden—obwohl, ehrlich, ich zweifel da sehr!—aber wenn Lissie und die Kinder tatsächlich irgendwo da draußen sein sollten...

Er schluckte also die bitteren Worte hinunter, trat einen Schritt zurück und ließ auch die Arme fallen.

"Schön. Ich richte mich nach Euch. Da Ihr so genau zu wissen scheint, was mit unseren Seelen geschieht, wenn wir sterben, übergebe ich die Sorge und Verantwortung für Angelos Seele ganz in Eure Hände." Er sah sich nach einem Schuppen um, in dem man Gartengeräte vermuten könnte. "Ich nehme an, Ihr habt die beiden anderen auch schon hier verbuddelt? Ist im Gemüsebeet noch Platz? Dort dürfte die Erde am besten gelockert sein. Schaufeln? Lasst uns an die Arbeit gehen."
 1. Ich würfel jetzt nicht noch einmal auf diplomacy, sondern geh von einem Misserfolg aus; es ist noch immer dieselbe Situation und derselbe Gesprächspartner; offenbar war die 24 oben nicht genug.
 2. Ich deute den missglückten Fortitude save mal zu einem missglückten Will save um.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 30.11.2014, 09:39:36
Als Arjen sah, wie sich Will und Luca abermals fast rauften, konnte er nur noch innerlich den Kopf schütteln. "Ach Will - warum musste es ein Stein sein?", dachte der er. "Ein sauberer Stich ins Ohr hätte wohl die gleiche Wirkung und würde das Andenken an den Mann nicht so entehren und Luca nicht so aufbringen."

Aber nun war die Situation so, wie sie nun einmal war. Und in gewisser Weise hatte Luca recht: Wie viel von seiner Menschlichkeit durfte man aufgeben, um zu überleben, bis nichts mehr von einem übrig blieb, was wert war, gerettet zu werden? "Und was mich angeht - so habe ich bereits sehr viel davon aufgegeben. Zu viel."

Nein - vielleicht war es nicht die einfachste, nicht die sicherste Entscheidung. Aber allem Anschein nach gab ihnen das Schicksal - oder der Zufall? - diesmal die Wahl. Und sie sollten sich gebührend verhalten. Sie beide - sowohl Will, als auch er - hatten seit Ausbruch dieses Alptraums genug Wanderer mit zerschmetterten Köpfen auf der Straße liegen lassen. Alles ehemals Menschen - Ehemänner, Ehefrauen, Väter und Söhne, Mütter und Töchter. Es war nicht anders gegangen. Aber diesmal ging es anders.

Als Will wieder sprach und einlenkte, nickte Arjen und schritt zu den beiden Männern. "Das sehe ich auch so. Wenn wir schon die Möglichkeit haben, dann sollten wir Angelo die Ehre erweisen. Wer weiß? Ich habe noch keine Toten gesehen, die sich aus den Gräbern wieder erhoben haben. Vielleicht verhindert ein ordentliches Begräbnis ja wirklich die Auferstehung."

Er glaubte selbst nicht recht daran - auch wenn es zu schön gewesen wäre. Wieder sah er Diana und Lukas vor seinen Augen. "Aber selbst wenn nicht", tröstete er sich in Gedanken, "dürften sechs Fuß Erde genug Gewicht haben, um einen Wiedergänger für immer unter der Erde unbeweglich zu halten."
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 30.11.2014, 11:54:53
Luca ließ Will's Arm los, warf ihm aber noch einen finsteren Blick zu. Dann sah er zu Arjen. "Ihr seid ein guter Mann", erklärte er. Dass er Will dabei nicht bedachte, verriet wohl, was er inzwischen von dem Barden hielt.

Dann ging er zu Angelo, und kniete sich neben ihm auf den Boden. "Schaufeln sind nicht nötig", erklärte er. Er berührte den Boden mit beiden Händen, und sprach dann einige Worte in einer Sprache, die Will und Arjen unbekannt war. Sekunden später bewegte sich auf der anderen Seite neben Angelo der Boden - und brach dann plötzlich nach unten hin weg! Wie ein Schlund öffnete sich der Boden, tiefer und breiter, bis sich schließlich eine Grube vor ihnen geöffnet hatte: Zwei Meter lang, einen Meter breit und gute zwei Meter tief.

Luca erhob sich, und sah zu Arjen. Will's Blick vermied er. "Ich denke, wir sind soweit."
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 30.11.2014, 12:25:13
"Öffne dich, Erde, zu meinen Füßen und verschlinge mich! Birg meine Schande, meine Untat, meinen Fehltritt vor der Welt!" murmelte Will, dem es beim Anblick der offenen Grube graute. In einem Punkt hatte Luca recht: Will hatte zu viel Phantasie, und diese Phantasie ließ ihn ausmalen, wie es wohl sein müsse, in seinem verwesenden Körper gefangen zu sein und dann auch noch in einem Grab, bei vollem Bewusstsein, egal wie sehr vom Wahn entstellt. Hatten die anderen noch nicht darüber nachgedacht, ob es am Ende nicht die eigenen Seelen waren, die dem toten Leib nicht entrinnen konnten?

Er wandte sich ab. Verzeih mir, Angelo, so leicht hab ich mich von dem stillen Versprechen abbringen lassen, das ich dir gab! Wie soll ich die Szene nur schreiben? Thomas, der Reimer kann doch nicht gleich im ersten Akt als Schuft entlarvt werden, dessen Wort nichts gilt!

Über die Schulter sagte er zu seinen beiden Begleitern: "Um Eure Frage von vorhin zu beantworten, Luca: sobald ich einen Plan habe, wo ich die Suche nach den meinen beginnen soll, seid Ihr mich los. Arjen, wenn du willst, entbinde ich dich gern von deinem Versprechen, das du voreilig gegeben hast, ohne meinen verdorbenen Charakter zu kennen. Da ich gerade selbst eines breche, kann ich schlecht darauf bestehen."

Damit ging er zur Gartenmauer hinüber, die in Richtung ihres Rückwegs lag, und hielt Ausschau nach Wiedergängern.[1]
 1. Es würfelt der Meister. Code, s. Status unter "Würfe" der oberste.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 30.11.2014, 12:33:09
Tatsächlich konnte Will einen einzelnen Toten entdecken, der in gut hundert Schritt Entfernung durch die Straßen wankte. Es war schwer zu sagen, ob er die kleine Gruppe schon entdeckt hatte, aber er lief - nun ja, schlurfte und stolperte - zumindest grob in ihre Richtung. Dabei zog er mühsam sein linkes Bein hinterher, in einer fast wütend anmutenden Bewegung, Schritt für Schritt. Doch wenn Luca die Grube ebenso schließen konnte, wie er sie geöffnet hatte, dann wären sie längst hier weg, bis die Kreatur bei ihnen angekommen war.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 30.11.2014, 14:53:41
Überrascht wich Arjen einen Schritt zurück, als Luca seine magische Formel sprach und der Boden neben Angelo aufbrach. "Bei den Göttern." Er kannte Magie, hatte sie bei seinen Einsätzen im Heer, aber auch anderso bereits bestaunen dürfen - und doch war sie ihm unheimlich geblieben. Und ihre jetzige Lage, mit wandelnden Tten im sie herum, in einer Welt, die aus den Fugen geraten war, machte alles noch unnatürlicher.

Dann hörte er Wills harsche Worte und schüttelte nur den Kopf. Er hatte sein Versprechen nicht voreilig und nicht leichtfertig gegeben und er sah auch nicht ein, was Angelos Begräbnis damit zu tun hatte. Sicher, Will schien enttäuscht zu sein, dass Arjen sich nicht auf seine Seite geschlagen hatte in diesem Disput, aber daraus auf Weiteres zu schließen - das war voreilig.

"Vielleicht bin ich zu lange unter Soldaten gewesen - straffe Hierarchien, Befehlsempfänger und Befehlserteiler. Keine Fragen. Das war einfacher", dachte er. Dann kam ihm wieder der schicksalafte Morgen in den Sinn, der alles verändert hatte. "Nein - war es auch nicht."

Er verscheuchte den Gedanken wieder und ging zu Luca hinüber. Wie vom Druiden aufgefordert, fasste er Angelos Leichnam an den Beinen und wartete darauf, dass Luca die Kopfseite aufnahm. Dann würden die beiden Angelo in die Grube legen.

Während er die Beine des Theaterfreundes umfasste, sprach er zu Luca. "Ihr tut Will Unrecht, Luca. Ich verstehe, dass das Zerschinden einer Leiche bei euch Entsetzen hervorruft, aber ihr wisst doch selbst: nur wenn der Kopf, das Gehirn des Toten Schaden nimmt, stehen die Verstorbenen nicht als Wiedergänger auf. Nur darum geht es. Ich kann nicht für euch sprechen - jeder muss da seine eigene Entscheidung treffen, welche Standards er anlegt. Und ich wollte auch nicht für Angelo sprechen, der uns seine Wünsche diesbezüglich nicht verriet. Aber ich kann für mich sprechen - und ich für meinen Teil will nach meinem Tod nicht wieder auferstehen. Insofern - wenn ich falle, erwarte ich von euch, dass ihr Will nicht daran hindert, das zu vollenden, was er bei Angelo nicht konnte. Und mehr noch - ich erwarte, dass ihr selbst dafür sorgt, falls Will nicht da ist. Ich denke, das ist ein Anrecht, dass jedem von uns zusteht, in dieser neuen Ordnung.[1]"

Bei den letzten Worten schaute Arjen zu dem Barden hinüber. "Du hast ein hitziges Gemüt, Will", dachte er bei sich. Sobald sie hier fertig waren, würde er ein paar Worte mit ihm wechseln.
 1. Diplomacy 19
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 30.11.2014, 20:09:25
Ein wütender Wiedergänger? Will erkannte sehr wohl, was er da tat: die eigene Stimmung auf die Welt übertragen. Was kam als nächstes? Würde sein nächster Schreibversuch 'zornige Fäuste' oder 'verliebte Finger' enthalten? Den nahenden Toten im Auge behaltend, atmete er ein paarmal tief ein und aus. Hinter ihm versuchte Arjen, die Wogen zu glätten, die Will aufgeworfen hatte. Eine Gesellschaft aus drei Leuten—fünf, wenn man die Kinder mitzählt—und nicht einmal hier kannst du dich einfinden! Selbst hier schwimmst du gegen den Strom!

Er schnitt eine spöttische Grimasse. Dann eilte er zu Arjen hinüber und warnte ihn leise: "Einzelner Wiedergänger, neunzig Schritt, Kurs auf uns. Macht nicht zu lange!" Und lief zur anderen Seite des Gartens, um dort ebenfalls nach Gefahr Ausschau zu halten.[1]
 1. Es würfelt der Meister.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 30.11.2014, 22:04:46
Doch auf der anderen Seite konnte Will, so genau er auch Ausschau hielt, keine weiteren Gefahren erkennen. Zum Glück.

Arjen und Luca hatten den Leichnam in der Zwischenzeit in die Grube gehievt, und waren danach wieder nach oben geklettert. Die beiden Männer standen vor der Grube, und warteten nur noch auf Will, um ein kurzes Ritual durchzuführen. Gemeinsam standen sie dann vor dem offenen Grab.

Luca senkte den Kopf, und sprach leise einige Worte. "Angelo, oder wie auch immer dein Name gewesen sein mag. Wir erweisen dir die Ehre, und danken für das, was du jedem einzelnen von uns zu geben hattest. Möge deine Seele in diesen unruhigen Zeiten Frieden finden. Sieh nicht auf den Schrecken dieser Welt, sondern auf das Paradies, das dieser weltlichen Zeit folgen wird."

Dann kniete er sich erneut hin, und sprach seine fremdartigen Worte. Und so, wie sich die Grube geöffnet hatte, schloss sie sich auch wieder. Sekunden später war Angelos Leib begraben, jede Spur von ihm verschwunden. Der Garten sah aus, als wäre hier nie etwas geschehen, der Rasen noch vor wenigen Tagen geschnitten.

Luca sah in Richtung des Wanderers, den Will erwähnt hatte. Gute fünfundzwanzig oder dreißig Schritt war er noch entfernt. "Lasst uns gehen."
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 02.12.2014, 10:59:24
Zu den aus seiner Sicht hohlen Phrasen, die Luca über dem Grab sprach, sagte Wills nichts. Wir danken für das, was du jedem einzelnen von uns zu geben hattest! Pfff. Hinzuzufügen hatte er nichts, denn sein Teil war längst verkündet und den Rest dachte er lieber still bei sich. Auch die fromme Geste von vorhin wiederholte er nicht. Rituale waren für die Überlebenden, nicht die Toten, und obendrein war für Will die Sache noch längst nicht abgeschlossen.

Man wandte sich zum Gehen. Den Wanderer auf der Straße besah Will sich so genau es nur ging, während die drei Gefährten sich anschickten, in die entgegengesetzte Richtung zu eilen; immer wieder sah er über die Schulter zurück. Außer der unter den Trümmern des Turms begrabenen Frau hatte er noch keinen von ihnen bei Tag gesehen, weil er den gestrigen Tag in seinem Kellerversteck verbracht hatte. Zudem war dies das erste Mal, dass er nicht in namenloser Angst vor dem Wanderer floh.

Was ihn interessierte, was ihn dazu trieb, dieses Exemplar zu studieren, sich jedes Detail einzuprägen, vor allem aber das Gesicht, die Augen: Leuchtete dahinter eine Seele? Leichen hatte er nun wahrlich zu Genüge gesehen: sah diese Kreatur wie ein Toter aus? Oder gab es ein Licht, ein wie auch immer eingeschränktes Verstehen in seinen Augen, die man ja auch Fenster zur Seele nannte? Hatte Will sich die Wut in seinem Gang nur eingebildet oder spiegelten sich tatsächlich Gefühle in den verwesenden Zügen? Auch mit Geisteskranken kannte er sich aus: für sein Massaker hatte er mehrere Wochen lang in einer Irrenanstalt recherchiert und auch die Insassen beobachtet und jene, deren Verstand noch nicht vollends dahin war, befragt. Einige von ihnen benahmen sich wie Tiere—waren eingepfercht wie diese—und doch konnte man dem tierhaftesten von ihnen das Menschsein nicht absprechen. War es ein Mensch, der sie dort verfolgte, gefangen in der tiefsten Hölle des Wahns?[1]
 1. Meister, muss ich da auf etwas würfeln? Auf was? (s. PM)
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 03.12.2014, 12:54:52
Arjen beobachtete stumm, wie Luca abermals die magische Formel sprach und der Boden über Angelo sich schloss. "Leb' wohl", sprach er stumm sein kurzes Gebet. Er hatte schon zu viele Männer fallen sehen - gütige wie entsetzliche. Und wenn der Tod kam, so starben sie auf unterschiedliche Weise und mit unterschiedlicher Haltung. Aber nachdem es vorbei war. Nachdem die Seele zu den Göttern wanderte und den Körper als leere Hülle zurückließ - da waren diese Hüllen ale gleich. Er war überzeugt davon, dass nichts mehr von Angelo in dieser leeren Hülle waren. Ebenso wie auch nicht in dem Wiedergänger, der ihnen hinterherschlurfte.

"Diese geschmückten Gräber, die wir errichten. Die balsamierten Körper, wie sie in den südlichen Ländern es handhaben - all diese Rituale sind nicht für die Toten, denn diese brauchen es nicht mehr. All das ist für uns, die Lebenden. Damit wir uns einbilden können, dass unsere Lieben nicht ganz und gar zu den Göttern entschwunden sind, sondern das etwas von ihnen noch da ist - bei uns. Aber da ist nichts - nur verwesendes Fleisch, geronnenes Blut und poröser Knochen. Ein Fetzen Stoff von ihrer Kleidung, ein Amulett, dass sie am Herzen trugen, sagt mehr über sie aus, als diese Überreste.

Und genau deswegen teile ich Wills Sorgen nicht. Diese Wiedergänger sind leere Hüllen - ohne Bewusstsein, ohne Verstand, ohne Seele; Marrionetten, an deren Strippen eine dunkle Macht zieht."


All das dachte er - und wusste nicht, wie viel davon ehrliche Überzeugung war, und wieviel er sich unbewusst einredete, um die neue Welt besser erfassen zu können. Was er aber wusste, war dass er seine Liebsten auf der Anhöhe vor dem eigenen Gestüt beerdigt hatte. Dass er jeden Tag zu ihnen gehen und mit ihnen sprechen würde, wenn er könnte. Dass er an ihren Grabsteinen weinen und wenn nötig nächtigen würde. "Aber all das wäre für mich", sagte er sich. "Nur im Himmel werde ich sie wirklich wiedersehen - so denn die Götter es irgendwann erlauben."

Langsam schlenderte er von Luca zu Will hinüber. Als er ihn eingeholt hatte, passte er seine Schritte an die des Schauspielers an und ging neben ihm her. Er sprach langsam und ruhig. "Ich bin nicht gut in sowas, Will. Reden ist eher deine Zunft. Ich denke, dass du keinen Grund hast, dich aufzuregen. Jeder von uns geht auf seine Weise mit alldem um. Ich habe uns beide beinahe umgebracht, als ich voreilig in die Grube hinabstieg, um Angelo zu retten. Und du hast den Mann mitgezogen, als er dich anschrie, du sollst ihn zurücklassen. Jeder von uns tut Dinge, um noch in den Spiegel schauen zu können. Und Luca muss nicht nur in den Spiegel schauen können - er muss in die Augen seiner beiden Töchter schauen können. Sei gnädig mit ihm. Es gibt noch genug um uns herum, worauf du deinen Zorn richten kannst."

Der Krieger ließ seinen Blick über die Umgebung schweifen, als hätte ihn sein letzter Satz ebenfalls an die allgegenwärtige Gefahr erinnert. Kurz schwieg er, und fügte dann hinzu: "Und was mein Angebot angeht - es steht. Dann ließ sich Arjen ein paar Schritt zurückfallen. Den Rest des Weges zu ihrem Unterschlupf wollte er mit seinen Gedanken allein sein.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 03.12.2014, 13:23:14
In den Spiegel schauen, ich? Ich bin ein Spiegel. Was würd' ich da wohl sehen: die Seele eines Menschen, unendlich oft reflektiert, zersplittert bis zur Unkenntlichkeit? Ne, das lassen wir lieber. Da schau ich lieber Lissie und den Kindern in die Augen. Die sehen etwas besseres in mir, als ich selbst es je könnte.

Auch Will fiel ein paar Schritte zurück, aber nicht, um mit Arjen zu sprechen, der offenbar schweigen wollte, sondern nur um den Wiedergänger aus noch größerer Nähe zu betrachten.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 07.12.2014, 12:19:53
Luca sprach auf dem Rückweg nicht mit den beiden Männern; fast schien es, als hätte ihn das Begräbnis des für ihn Fremden mehr mitgenommen als Will und Arjen. Was auch immer in ihm vorging, er kämpfte mit seinen Gefühlen, das war nicht zu übersehen.

Auch Will gab sich seinen Gedanken hin. Sein Blick fiel auf den Toten, der langsam näher kam - langsam genug, dass sie längst oben wären, wenn er sie erreichte. Doch war er inzwischen nah genug, um ihn genauer zu betrachten.
Die Augen der Kreatur hatten sich verändert, so viel erkannte Will. Es war nicht einfach nur dem Tod geschuldet; er hatte, um Recherche für eines seiner Stücke zu betreiben, selbst einst ein Leichenhaus besucht, und wusste, dass die Augen lange nahezu gleich blieben. Nur der Seelenfunke fehlte ihnen. Dieses Wesen aber hatte Augen, die wie von einem milchigen Schleier bedeckt waren, noch dazu leicht verfärbt. Ähnliches hatte er, das wurde ihm jetzt klar, auch bereits bei anderen Wanderern gesehen.

Leuchtete dahinter noch eine Seele? Es war unmöglich zu sagen. Wenn, dann lag sie hinter einem Schleier, krankhaft und böse; so jedenfalls fühlte sich der Blick der Kreatur für Will an. Er betrachtete auch den Gang des Untoten. War es reine Anstrengung, die ihn zu seinen knurrenden Geräuschen trieb? Nein, sie gaben diese Geräusche oft von sich. Wann immer sie einen Lebenden fraßen - und dieses Anbild hatte Will nur allzu oft ertragen müssen in viel zu kurzer Zeit -, verzerrten sich ihre Gesichter, wie die von Raubtieren, die ihre Beute zerrissen. War es das? Waren diese Wesen zu wilden Raubtieren geworden, ihre Wut nicht mehr als die Aggression eines Jägers, der seine Beute gepackt hat? Oder war es mehr, eine echte Wut, etwas Böses gar, das hinter diesen Augen schlummerte?

Auch hier begriff Will, dass er die Antwort nicht so leicht erhalten würde. Aber irgendeine Form der Aggression war da, davon war Will überzeugt - was auch immer die Quelle dieses Gefühls in den untoten Kreaturen sein mochte.

Schließlich kamen sie an der Plattform an, und machten sich auf den Weg nach oben. Nur wenige Schritte von der Plattform entfernt stand Lissa, und erwartete sie. Ihre Schwester lag noch im Bett und schlief. Lissa sah zu ihrem Vater, mit einem Blick, der vor allem eins zeigte: Enttäuschung.

"Wollte Angelo nicht bei uns bleiben, Papa?"

Luca sah zu den beiden Männern, die ihn begleitet hatten, und schüttelte den Kopf. Dann sah er zu Lissa. "Nein, leider nicht", antwortete er, und ging auf sie zu. Er nahm ihre Hand, und führte sie zum anderen Ende des Zimmers. "Komm, ich erkläre es dir."
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 07.12.2014, 13:18:38
Während sie gemeinsam Lucas Hebemechanismus betätigten, dachte Will über Arjens Worte nach. Ja, das war keine gute Vorstellung gewesen, die er sich da vorhin geleistet hatte; es war unnötig gewesen, seinen Ärger so deutlich zur Schau zu stellen und hinterher auch noch den Beleidigten spielen, weil man ihm seinen Willen nicht ließ! Solch Kindereien waren in ihrer Lage wahrlich fehl am Platz. Und doch...

Wie schnell der Luca mich verurteilt hat. Wie schnell seine Erleichterung, einen lebendigen Menschen zu treffen, der zudem keiner Räuberbande angehört, in Verachtung umgeschlagen ist! Soll man da nicht zornig werden? Überhaupt: was ist, wenn ich recht habe? Dann liegt der arme Angelo jetzt unter all der Erde und... ich will's mir gar nicht ausmalen! Und all meine Worte haben nichts genutzt. Darf ich mich Dichter schimpfen, mich rühmen, den Menschen die Wahrheit näherzubringen, wenn meine Worte derart kraftlos sind, wenn sie derart missverstanden und überhört werden? Am Ende kommt es gar nicht auf die Worte an, sondern nur darauf, WER sie sagt. Ein Schauspieler, ein Dichter, ein Vagant! Was kann der schon zu sagen haben, das man ernst nehmen müsste? Zur Hölle mit euch ehrbaren Bürgern!

Oben angekommen, verpuffte die Wut, in die Will sich hineingesteigert hat, schlagartig mit Lissas Begrüßung und ihrer naiv-unschuldigen Frage. Er blickte Luca nach, wie er sich mit seiner Tochter nach hinten verzog, um ihr die Bedeutung von 'Tod' zu erklären. Das muss schwer sein, so behütet wie die beiden bisher aufwuchsen. Meinen Kindern könnt' ich einfach sagen, der hat ins Gras gebissen, und sie würden's verstehn beinah ebenso gut, wie ich's versteh.

Er ging zu Angelos Bett hinüber, starrte dort, naserümpfend und für einen Moment unschlüssig, die besudelte Matratze an, bevor er sie kurzerhand umdrehte. Dann kramte er Angelos Beutel und Halstuch aus der Tasche seines Wams, zog die Brieftasche hervor, die er sich unter den Gürtel geklemmt hatte, und setzte sich auf das Bett des soeben Verstorbenen.

Als erstes kippte er den Beutel aus und durchwühlte den Inhalt. Wieviel Geld hatte Angelo dabeigehabt? Nur einheimische Münzen oder auch ausländische? War sonst noch irgendwas dabei, was Will im Beutel eines Mannes erwarten würde: Würfel, Knöpfe, ausgeschlagene Zähne? Danach untersuchte er das Halstuch, indem er zunächst daran roch. Sah es nur so aus wie ein Damenhalstuch oder roch es auch nach einem weiblichen Parfüm? Hatte Angelo es vielleicht als Liebespfand getragen? Will untersuchte auch die Stoffqualität: teuer? billig? einheimisch? ausländisch? Handarbeit? Bestickt? Wenn ja, wie geschickt waren die Finger? Schließlich breitete er das Tuch dann auf dem Bett aus, um etwaige Muster in ihrer Ganzheit zu erfassen.

Als letztes nahm er sich dann die Brieftasche vor. Während er sie öffnete und die einzelnen Schriftstücke auf dem Tuch ausbreitete, wandte er sich an Arjen.

"Was du vorhin sagtest... Also für mich gab's bislang einen einzigen Grund, warum ich in den Spiegel geschaut habe, nämlich um zu überprüfen, ob Kostüm und Maske richtig sitzen. Mein Gewissen hat mich in meinen zweiunddreißig Jahren noch nie geplagt, vielleicht weil ich noch niemals für irgendwen außer mich selbst die Verantwortung getragen habe. Mit Lissie und den Kindern leb ich erst seit einem Jahr zusammen und fing gerade erst an, mich zuständig für ihr Wohl zu fühlen. Natürlich ist man beim Theater auch immer mitverantwortlich für das Wohl und das Brot der anderen—man muss seine Werke rechtzeitig abliefern und auf der Bühne Leistung bringen—aber wenn ich da mal einen Fehler gemacht habe, gab's ein paar schadenfrohe Lacher aus dem Publikum, ein bisschen faules Obst flog, und Ben Heywood hatte am nächsten Tag seinen Spaß beim Verfassen bissiger Spottschriften. Es ging niemals um Leben und Tod."

Will blickte eine Weile lang auf die ausgebreiteten Papiere, ohne wirklich etwas zu sehen. Etwas leiser, damit die kleine Lissa es nicht hören musste, sprach er weiter:

"Er ist direkt neben mir gestorben. Als Soldat bist du es wahrscheinlich gewohnt, dass links und rechts deine Kameraden hopps gehen, und nach sechs Jahren fragst du dich vielleicht nicht einmal mehr, ob du es noch hättest verhindern können, wenn du nur schneller reagiert hättest. Für mich ist das... neu. Und dann fangen die Gedanken an zu kreisen. Wenn ich nur vorher nach ihm geschaut hätte! Wenn ich nicht so vertieft auf mein Geschreibsel gewesen wäre! Wenn ich nur nach der Premiere gleich nach Hause gegangen wäre statt noch ins Wirtshaus!"

Und damit war Will wieder bei dem angelangt, was ihn wirklich plagte, oder jedenfalls mehr als Angelos Tod, welcher nur ein weiteres Symptom derselben Krankheit war.

"Wie soll man damit leben, dass man womöglich schuld hat am Tod jener, die man liebt? Dass sie noch leben könnten, wenn man nur dies oder jenes getan hätte... eine Viertelstunde früher... ein Ale weniger..."

Wills Blick glitt zu Luca hinüber, der bei seinen Töchtern saß und in einer ähnlichen Gedankenschleife stecken mochte, nur dass er Gewissheit hatte, dass seine Frau tot war. Warum habe ich nicht gleich zur Waffe gegriffen, als wir die Geräusche hörten? Warum ließ ich Helena ans Fenster gehen? Warum habe ich sie nicht rechtzeitig zurückgerissen?

Und Arjen? Seine Frau und Sohn waren offenbar ermordet worden, mehr hatte er nicht gesagt, aber die genauen Umstände dürfte wenig daran ändern: auch er musste sich einen Teil der Schuld geben. Warum habe ich nicht...?

Wie hatte Will vorhin erst geschrieben? So hat in einer einz'gen Nacht, das Schicksal alle Menschen gleich gemacht. Das seltsame war, dass er dies tatsächlich glaubte—eigentlich schon immer geglaubt hatte, dass es so sein müsste—und dennoch brachte er es nicht über sich, Luca jetzt die Hand zur Versöhnung entgegenzustrecken.

Mein ewiges Dilemma: hehre Ideale hab' ich zuhauf; allein, um danach zu leben fehlt mir der Charakter.

"Klar stecken wir alle in derselben Scheiße. Klar haben wir ähnliche Erlebnisse hinter uns und machen uns deswegen wohl auch ähnliche Vorwürfe, und doch entstammen wir grundverschiedenen Verhältnissen. Ich mag nicht sonderlich ehrbar sein, aber die Ehre lass ich mir nicht absprechen. Noch weniger den Verstand. Dabei geb ich gern zu, dass ich genauso schnell mit meinem Urteil zur Hand war. Aber wenn wir überleben wollen, sollten wir uns vielleicht weniger mit den vermeintlichen Charakterschwächen des anderen aufhalten und mehr auf dessen Fertigkeiten und Vorzüge schauen."

Er wandte sich an Luca, der mit seinen Erklärungen offenbar durch war und Will während der letzten Worte beobachtet hatte. "Ihr mögt es mir nicht zutrauen—ich hätte es mir selbst bis vor einem Jahr nicht zugetraut—aber ich habe tatsächlich ein großes Herz für Kinder. Ihr dürft darauf vertrauen, dass komme was wolle, ich alles daransetzen werde, die euren zu beschützen."

So, das war das beste, was er anzubieten hatte. Wenn das zur Versöhnung nicht reichte, hatte es keinen Zweck, dass Will hier blieb. Da würde man am End einander an die Gurgel gehen. Er jedenfalls wollte sich nun endlich dem Studium der Briefe oder Dokumente widmen.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 11.12.2014, 20:30:30
Als Will sich auf die Matratze setzte, ging Arjen zu einer der benachbarten Kojen, glitt mit dem Rücken an dieser auf den Boden hinab und kramte nun auf dem Grund sitzend seine unfertige Schnitzerei und das kleine Messer wieder hervor. Mit langsamen, genauen Bewegungen bearbeitete er das Holz weiter und sah, wie der Mädchenkörper weiter Gestalt annahm.
   
Schweigend hörte er dabei Wills Ausführungen zu. Mehrmals sagte dieser Worte, die ihn trafen - weil manche seiner Annahmen so wahr und andere so falsch waren. Als dieser geendet hatte - als er sich doch dazu durchgerungen hatte, über seinen Schatten zu springen und Luca, der mit seinem Urteil wirklich so schnell bei der Hand gewesen war, die ebenselbe zur Versöhnung reichte, war Arjen abermals überrascht von seinem Gefährten.

"Sechs Jahre", flüsterte er, "sechzehn, sechzig - es spielt keine Rolle. Ich glaube es gibt zwei Arten von Menschen. Die einen brauchen nur einen Tag, um sich an den Tod unschuldiger zu gewöhnen; die anderen schaffen das ihr Lebtag nicht. Ich habe getötet - viele Male. Und viele dieser Männer verdienten den Tod. Ich habe Kameraden betrauert, die neben mir gefallen sind - aber es waren Soldaten und sie starben im Dienst. Ich wusste, ich habe mein Bestes getan. Ich habe es ausblenden können, aber mich daran gewöhnen konnte ich nie. Und dann... war da dieser neblige Novembermorgen..."

Der Krieger verstummte und schluckte einen Klos hinunter. Will sah ihm an, dass ihm das weiterreden schwerfiel. Erst nach einigen Augenblicken hatte er sich wieder so gesammelt, dass er weitersprechen konnte.
"Ich verfluche mich jeden Tag dafür, dass ich den Mörder meiner Familie nicht schon vorher zur Strecke gebracht habe. Ich verfluche mich dafür, dass ich an dem Tag nicht zu Hause gewesen bin. Dafür dass ich geglaubt hatte, ich könnte den Tod hinter mir lassen, indem ich aus dem Heer austrete und mein Schwert in einer Kiste verschließe, anstatt meiner Frau eins zu kaufen und ihr beizubringen, wie sie sich hätte wehren können. Nur eine Stunde früher und ich hätte diesen lüsternen Bastard gestellt und umgebracht, bevor er sich meiner Familie hätte überhaupt nähern können."

Wieder muss Arjen einen Kloß hinunterschlucken, bevor er weitermacht. "Glaube mir, wenn du denkst, dass nur du dir Vorwürfe machst, deine Lieben nicht beschütz zu haben, Unschuldigen Schaden zugefügt oder es zugelassen zu haben, dann irrst du gewaltig. Und so wie du dir Vorwürfe machst und davon sprichst, deine Familie retten zu wollen, sind da noch viele Spiegel, die auf deinen Blick warten - und nicht der Schminke wegen. Ich glaube auch, dass du das weißt. Und ich glaube, dass du ein Mann von Ehre bist. Du hast Angelo gerettet, als du die Möglichkeit hattest, wegzulaufen. Du willst deine Familie retten und diese hier beschützen. Für dich ging es bereits um Leben und Tod und du hast dich bewährt."

Arjen ließ das Messer sinken und schaute Will direkt an. "Du bist ein guter Mann, Will. Wird Zeit, dass du das erkennst, damit wir uns echten Problemen zuwenden können." Er lächelte, um anzudeuten, dass dies nicht despektierlich gemeint war, und fügte hinzu: "Zum Beispiel der Frage, wie wir deine Familie finden können."

Auch wenn der Krieger sich bemühte mit einem Scherz zu schließen, auch wenn er das Thema von sich wieder auf Will gelenkt hatte, hatte der Schauspieler das Gefühl, dass Arjen in seiner Rede - als er gestockt hatte - etwas unausgesprochen ließ. Da war noch etwas, was er noch nicht mitzuteilen bereit war.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 12.12.2014, 00:14:58
Oha! Auch noch ein 'lüsterner Bastard' hat Arjens Frau und Sohn umgebracht. Und Vorwürfe macht er sich schlimmere als ich mir. Was er wohl getan hätte, wenn er seiner Frau den Schwertkampf beigebracht und sie dann mit ihrem eigenen Schwert erschlagen vorgefunden hätte, das der Bastard ihr entwenden konnte?

Aber jetzt war Will neugierig geworden. Was war an jenem nebligen Novembermorgen passiert? Wenn er das richtig verstand, dann bezog sich das nicht auf den Mord an Arjens Familie, sondern auf die Soldatenzeit. Der Mann schien ein Geheimnis zu haben, das noch dunkler war als der Akt von Selbstjustiz, den er gerade zugegeben hatte. (Nicht, dass Will sich an letzterem störte. Im Gegenteil: Arjen hatte den Mörder seiner Familie zur Strecke gebracht, gut für ihn! Von der Justiz war eh keine Gerechtigkeit zu erwarten.) Trotzdem hatte Don Pedro ihn gerade überrascht. Ja, da steckte mehr in der Figur, als der Zuschauer auf den ersten Blick denken mochte, da würde Will noch ein wenig tiefer bohren müssen. Was hatte den Mann dazu gebracht, sein Schwert niederzulegen?

Als Arjen wieder von den Spiegeln anfing und ihn gar einen guten Mann nannte, musste Will lachen. War er das? Wenn er sich um seine "Familie" sorgte, sorgte er sich dann wirklich um sie oder doch nur um sich selbst, weil er Angst hatte, allein in dieser Hölle zurückzubleiben? Ja, er vermisste sie alle mehr, als er sich jemals hätte vorstellen können, dass es möglich sei, jemanden zu vermissen, aber warum sollte ihn das zu einem guten Mann machen? Das war wieder so eine spaßige Definition, mit deren Hilfe der Mensch das Banale zum Erhabenen deklarierte und dabei vergaß, dass all seine Taten, Worte und Gefühle von Selbstsucht geleitet waren. Es wäre der Frömmste nicht fromm, wenn er sich keinen Lohn davon erhoffte! Und doch, hatte Will nicht selbst gerade auf seine Ehre gepocht?

"Ich habe keine Ahnung, wo ich suchen soll. Lissies Haus lag nahe dem Stadtrand. Um es zu erreichen, bräuchten wir mindestens zwei Stunden, wenn nicht gar doppelt so lange. Falls das Haus überhaupt noch steht. Ich hab mich in der Nacht noch bis dahin durchschlagen können, aber es war niemand mehr dort. Außerdem, wenn ich in den letzten zwei Nächten so weit geflohen bin, kreuz und quer, wer weiß dann schon, wo Lissie mit den Kindern gelandet sein könnte. Sie könnten überall sein. Zwei Gebäude habe ich vorhin gesehen, die unversehrt zu sein scheinen und einer größeren Gruppe von Leuten als Schlupfloch dienen könnten: das Sanatorium[1] und die Festung Schwertmeister Ashans. Oder sollen wir erst einmal versuchen herauszufinden, was es mit der Rauchwolke vorhin auf sich hatte?"
 1. Kennt Will das Sanatorium vielleicht sogar von innen? Hat er für sein Massaker dort recherchieren dürfen oder hätte man dort eine solche Anfrage abgelehnt? In dem Stück geht es darum, dass Barnabas, der Hauptcharakter, wegen seiner Mittäterschaft an besagtem Massaker mehr und mehr dem Wahnsinn verfällt - tät also zur Klientel des Sanatoriums passen. Das wäre allerdings vor 12 Jahren gewesen. Gab es dort überhaupt Ärzte oder war es ein reines Gefängnis?
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 20.12.2014, 13:05:19
Arjen legte den Kopf leicht schief und dachte nach. "Will hat Recht - die Suche nach seiner Familie ist wie die nach der Nadel im Heuhaufen. Ganz sicher wird diese nicht mehr dort sein, wo einst das Haus war, sondern sich irgendwo einen sicheren Unterschlupft gesucht haben. Eine Frau mit einer Meute Kinder würde wahrscheinlich nach anderen Menschen suchen, mit denen zusammen sie überleben könnten. Natürlich kann es sein, dass sie es nicht geschafft haben - irgendwo festsitzen, an einem gefährlichen Ort, oder in einem Keller mit Vorräten, aus dem sie sich nicht raustrauen. Das alles vorausgesetzt, dass sie leben. Aber diese Gedanken sind müßig - die bringen uns nicht weiter. Er muss daran glauben, dass sie es geschafft haben; er muss davon ausgehen, und nach ihr suchen. Und da ich niemanden mehr habe, nach dem ich suchen könnte, werde ich ihm dabei helfen.

"Ich denke, Lissie wird nah Hilfe gesucht haben. Nach anderen Menschen und einem sicheren Ort", sagte er schließlich. "Das kann alles mögliche gewesen sein, aber wahrscheinlich nicht der Brandherd, der den Rauch verursacht. Ich würde für das Sanatorium oder die Festung plädieren." Erst jetzt wandte der Krieger Will wieder das Blick zu: "Du hast länger in dieser Stadt gelebt, als ich. Warst du vielleicht in einem der Gebäude? Kennst du die Leiter des Sanatoriums oder den Schwertmeister? Wo würdest du eher erwarten, dass in so einer Situation Hilfe geboten wird? Ich würde sagen, dass wir dann auch dort anfangen mit der Suche."
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 20.12.2014, 15:23:06
"Über den Schwertmeister weiß ich nur, dass er eine Legende ist und sein Leben abenteuerlich genug war, dass man ein Dutzend Heldenstücke darüber hätte schreiben können. Leider ist Heldendichtung so gar nicht mein Metier. Ich erforsche in meinen Stücken lieber die Abgründe unserer Seelen, dazu zieht man besser Personen, die schon lange tot sind, als Beispiel heran. Daher habe ich mich mit Ashan noch nie genauer befasst. Bemerkenswert scheint mir allerdings, dass keiner der vielen Heldendichter da draußen sich je an den Stoff gewagt hat: vielleicht gibt es da doch zu viele Abgründe.

Das Sanatorium ist nun dagegen weniger berühmt als vielmehr berüchtigt. Eigentlich ist's nämlich ein Gefängnis, in das man geistesverwirrte Schwerverbrecher eingesperrt hat, wobei meiner Schätzung nach etwa die Hälfte der Insassen zumindest in einer dieser Hinsichten unschuldig war. In unserer schönen Stadt war nämlich alles käuflich: Richter, Schöffen, Ärzte, Zeugen... Nicht, dass die Frage nach der Unschuld einen großen Unterschied für uns machen würde: nach spätestens einem Jahr im 'Sanatorium' dürfte der Gesündeste verrückt werden und der Friedfertigste zum Gewalttäter. Dazu könnt ich jetzt noch mehr erzählen, aber lieber nicht vor dem Mädchen. Die wichtigere Frage ist am Ende, ob und wieviele dort noch am Leben sind.

Tja, das wären die beiden Optionen, die mir einfielen. Die Festung scheint nach dieser Darstellung attraktiver, aber auch, wie Luca vorhin sagte, weniger sicher, weil es Begehren weckt. Ach, ich weiß doch auch nicht. Werfen wir eine Münze. Kopf für Ashan, Zahl für Sanatorium."


Will zog seinen letzten Glückspfennig aus dem Beutel, warf ihn mit der Rechten in die Luft, fing ihn auf, und klatschte ihn auf den Handrücken der Linken. "Kopf", sagte er.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 21.12.2014, 18:16:42
Als Will die Münze aus dem Beutel zog und die Wahl dem Zufall überließ, musste Arjen unwillkürlich lächeln. "Er hat Recht - wir wissen nicht, welcher der beiden Orte eher die richtige Wahl wäre; wir haben keinen Anhaltspunkt - und da kann genauso auch der Zufall entscheiden. Dafür bin ich zu sehr Soldat - nach sechs Jahren im Heer ist es für mich unvorstellbar, etwas mutwillig dem Zufall zu überlassen. Vor allen Dingen hat man uns gelehrt, das Kontrolle das Wichtigste ist. Man hätte uns viel eher lehren sollen, dass Kontrolle eine Illusion ist; dass wir nicht einmal immer in der Lage sind, unsere eigenen Handlungen zu kontrollieren - geschweige denn unsere Mitmenschen oder das Schicksal."

"Also gut - dann eben die Festung. Um ehrlich zu sein - ob nun Begehren erweckend oder nicht - mir sagt eine Festung voller Krieger eher zu, als ein Senatorium voller Geisteskranker. Die Frage ist nur - wie wir da hinkommen würden. Und: ob Luca dazu etwas sagen will?" Mit diesen Worten schaute Arjen zu Luca hinüber.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 21.12.2014, 22:45:18
Will lachte. "Ich für mein Teil wär mir da nicht so sicher, ob mir die Geisteskranken nicht doch lieber als die reichen Fatzken wären. Ashan hat zwar, wie du richtig vermutest, Gleichgesinnte um sich geschart und auch Schüler im Schwertkampf unterrichtet, letzteres aber zu derart horrenden Preisen, dass es sich nur die Reichsten unter den Reichen leisten konnten. Und es heißt, dass die Bezeichnung 'Festung' nicht nur der Nostalgie eines alten Kämpen geschuldet sei, sondern es sich tatsächlich um eine solche handelt, nach allen Regeln der Kriegskunst errichtet, nur ein bisschen kleiner. Die Frage ist, ob man Gesindel wie uns dort einlässt, selbst wenn noch jemand die Stellung hält. Aber gut, die Spielregeln wurden ja alle neugeschrieben. Man kann sein Glück nur versuchen."

Dann sah auch Will erwartungsvoll zu Luca.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 22.12.2014, 04:58:18
Luca, der inzwischen von seiner Tochter zurückgekehrt war, sah die beiden Männer nachdenklich an. Er hatte die Diskussion stillschweigend verfolgt. "Ich glaube, dass dies hier für den Moment der sicherste Ort für meine Töchter ist. Wir bleiben hier."

Sein Blick fiel kurz auf Will, doch sofort wandte er seinen Blick ab. "Danke übrigens für euer Versprechen. Das Versprechen, meine Mädchen zu schützen." Er sah Will bei seinen Worten nicht an, und seine Kiefermuskeln pulsierten regelrecht, als er eine kurze Pause machte. "Ich habe nachgedacht. Ihr zwei solltet gehen, so bald wie möglich. Dies ist kein Ort für euch, und ganz bestimmt nicht der Ort, an dem ihr findet, was ihr sucht. Ich sage das nicht aus Groll, sondern um euretwillen."

Er wandte sich ab, blieb aber noch einmal stehen, bevor er zu seinen Töchtern zurückkehrte. Ohne sich umzudrehen, fügte er hinzu: "Will, rechnet damit, dass ihr die, die ihr sucht, vielleicht nie mehr finden werdet."
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 22.12.2014, 13:00:26
Will tauschte einen verwirrten Blick mit Arjen und sah dann wieder zu Luca. Irgendwie war die Kommunikation mit diesem Mann von Anfang an gründlich schiefgelaufen. Womöglich gehörte Luca zu denen, die alles wörtlich nahmen? Solchen Leuten war Will schon ein paarmal begegnet: wenn man darüber stöhnte, was für ein schlechter Mensch man doch sei, gingen die am liebsten gleich die Stadtwache holen!

"Tja, ich gehöre nicht zu denen, die vorher immer alles berechnen. Geld im Beutel wird ausgegeben, bis keins mehr da ist. In diesen Tagen scheint mir das eher von Vorteil zu sein, wenn man nicht so gut rechnen kann.

Was dagegen ist Euer Plan? Hierbleiben... für wie lange? Dass Ihr nicht gleich mit uns kommen wollt, war klar, ich dachte nur, Ihr würdet vielleicht gerne informiert werden, falls es uns tatsächlich gelingen sollte, einen sicheren Ort mit weiteren Überlebenden zu finden. Auf Dauer könnt Ihr doch nicht allein bleiben. Eine Gruppe gibt einem doch etwas mehr Sicherheit! Wenn Ihr aber auf keinen Fall von uns hören wollt, sagt es lieber gleich, bevor jemand sein Leben riskiert, Euch Meldung zu bringen."
[1]
 1. Will würde sich wirklich schrecklich gern dem Studium der ausgebreiteten Papiere widmen, sobald er eine Antwort von Luca erhält.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 24.12.2014, 17:31:02
Luca dachte nach. Er wandte sich zu seinen Töchtern, dann wieder zu Will, schien hin- und hergerissen. Schließlich schüttelte er den Kopf. "Nein, wir werden unseren Weg schon finden. Riskiert nicht euer Leben."
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 24.12.2014, 22:06:18
Will öffnete den Mund, schloss ihn wieder, blickte ebenfalls zu den beiden Mädchen und zuckte hilflos mit den Schultern. Hatte Luca sich deren Chancen auch schon errechnet? Denn wer rechnen konnte, musste zu dem Ergebnis kommen, dass die beiden genausowenig Aussicht darauf hatten, in ein paar Wochen noch am Leben zu sein wie Lissie und ihre Kinder. Aber so etwas Grausames hätte Will niemals laut ausgesprochen.

Immerhin hat Luca gezögert. Ganz sicher ist er sich nicht. Es hindert uns ja niemand daran, falls wir tatsächlich ein gutes, sicheres Versteck finden sollten—wie wahrscheinlich ist das schon?—dass wir ihm trotzdem Bescheid geben. Um der Kinder willen.

Mit diesem Gedanken wandte er sich endgültig den Papieren zu.[1]
 1. Und egal, ob eine Zombiehorde unseren Turm hochklettert oder jemand anders ihn in Brand setzt: Will wird sich weder vom Fleck rühren noch einen weiteren Laut von sich geben, ehe er nicht Antwort auf seine hier (http://games.dnd-gate.de/index.php?topic=8295.msg949530#msg949530) beschriebenen Aktionen erhält (Absatz 4-6). Perception take 20, falls nötig, also 23.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 25.12.2014, 11:31:58
Angelos Beutel enthielt nicht viel: Zwei Platinmünzen, drei Silberlinge und ein Kupferstück. Dazu ein kleiner Edelstein, durchsichtig mit leicht rosafarbenem Schimmer, geschliffen in der Form zweier Pyramiden, die mit dem Boden aufeinander standen.

In der Brieftasche fiel Will vor allem eines auf: Ein kleines Büchlein, nicht größer als Wills Hand, eingeschlagen in feinen schwarzen Samt und mit einer Lasche versehen, die das Buch mit einem Druckknopf verschließen konnte. Ein edles Stück, aber nicht übertrieben teuer. Es passte gerade so in die Brieftasche; Will musste sogar richtig ziehen, um es herauszubekommen.

Als Nächstes fand Will vier Eigentumsurkunden: Sie zeichneten einen gewissen Sarisin Ramar als Besitzer vier verschiedener Villen in Aradan aus. Will kannte den einen oder anderen Straßennamen, und wusste, dass diese Orte zu den besten Vierteln Aradans gehörten.

Schließlich fand sich in der Brieftasche noch eine Zeichnung: Eine junge Frau, die langen Locken zu einem Zopf gebunden, gemalt in Holzkohle. Die Zeichnung war gut, aber nicht so hochwertig, wie Will es von jemandem wie Angelo erwartet hätte. Hatte er sie vielleicht sogar selbst gezeichnet?

Das Halstuch wies in eine ähnliche Richtung: Es roch nach einem eindeutig weiblichen Parfum, und war auch vom Aussehen her für eine Frau bestimmt. Es war aus feinstem Stoff, hervorragend verarbeitet und mit schillernden Farben versehen.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 25.12.2014, 15:44:23
Die ungewöhnliche Form des Edelsteins ließ Will kurz stutzen, aber die weitaus interessanteren Papiere lenkten ihn sofort wieder ab. Angesichts des Büchleins konnte Will sich ein Grinsen nicht verkneifen. Ein Tagebuch oder bloß viele leere Seiten? So oder so, ein Schatz! Entweder das Gesicht hinter der Maske Angelos, oder aber genügend Platz für Teil 1 von Wills Stadt der Toten. Wenn es nicht von vorn bis hinten vollgekritzelt war mit Ausgaben und Einnahmen des Smaragdtheaters...

Rasch sah er sich noch die anderen Papiere an—Sarisin Ramar?[1] Irgendwo hatte er den Namen schon einmal gehört. Vorher, vor der Sache mit Viola... Name und Gesicht, bei beidem klingelte es, aber nicht laut genug, dass die Person dahinter sich bemüßigt fühlte, endlich aus dem Schatten zu treten. Womöglich war Will gar einmal in einer der vier Villen des guten Sarisin eingeladen gewesen, zumindest der Straßenname dort kam ihm sehr bekannt vor.

Verflixt, was war ich damals für ein eitler Schnösel! Zu sehr mit mir, meinem Werk und meinem Ruhm beschäftigt, um auf meine Umgebung zu achten und mir die Namen zu den Gesichtern zu merken, die Personen, die sich um mich drängten, mich lobpreisten und hochleben ließen...

Will nahm abermals das Büchlein zur Hand. Lucas Meinung zu seinem nächsten Vorhaben war ihm bewusst, aber sie spielte ja keine Rolle mehr. So wie Will es sah, war es nicht nur sein Recht, sondern seine Pflicht, alles über Angelo herauszufinden, als sein vom Schicksal erwählter Vermächtsnisverwalter. Er küsste das Büchlein, wie man die Stirn eines geliebten Toten küsste, bevor er den Druckknopf betätigte und es öffnete. Eifrig begann er zu lesen.
 1. knowledge (local) = 17, kein Erfolg
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 25.12.2014, 16:45:44
Die Schrift in dem Buch war geschwungen und ordentlich; die Schrift eines Mannes, schon, aber eines Feingeistes, so viel war offenkundig. Die einzelnen Lettern waren fast eher gemalt als geschrieben.


"Vom Leben und Sterben eines Vaters" ist ein großer Erfolg. Ich habe gebangt, sehr lange, doch die Mühe hat sich gelohnt. Terole, ein unbekannter Autor, dazu Arianna, eine Hauptdarstellerin, die vorher nur in kleinen Schmierentheatern auftrat - und ein Theaterleiter, der nicht an das Stück glaubt. Ein perfektes Gemisch, um zu Scheitern. Aber ich habe an die Künstler geglaubt, und es hat sich als richtig erwiesen. Es mag kein Stück sein, dass in die Ewigkeit eingeht, aber es ist der Boden, auf dem die Zukunft zweier großer Potentiale erwachsen mag. Und diese Zukunft mag Dinge bereit halten, die für die Ewigkeit sind.

Wie sprach Alderus in seinem großen Monolog? "Was sind wir schon, als Staub, der für kurze Zeit nur Form annimmt; eine Gestalt, die schwindet, kaum ist sie geboren. Des Lebens Geschenk, so schnell geraubt; jeder Gedanke an uns in der Ewigkeit verloren." Doch wahre Kunst mag überdauern, über Generationen, über Jahrtausende. Und Terole, er ist einer jener Auserwählten, die solche Kunst zu schaffen vermögen; Arianna eine Künstlerin, die der Kunst die perfekte Gestalt zu geben vermag.

Und ich? Nicht mehr als ein Diener, ein Sklave des Schicksals; gesegnet mit einem Erbe und kaufmännischen Geschick, und doch wäre alles, was ich erschaffe, so vergänglich: Wären es nicht die Großen, durch deren unsterbliche Fähigkeiten ich ein wenig an die Nachwelt weitergeben kann. Ich verabscheue die Gier meiner Geschäftspartner, das Verlangen nach Macht und Luxus. In einer Höhle würde ich leben, und Beeren sammeln, könnte ich dadurch nur einem Künstler zur Unsterblichkeit verhelfen! Doch mein Weg ist ein anderer, und wie der Vater in Teroles Stück ist mein Weg vorgezeichnet, als Wegbereiter; und dankbar nehme ich diese Rolle an, denn es ist mehr, als die meisten je erhaschen dürfen von der Ewigkeit.

Oh ihr Mächte, das Stück hat mich nachdenklich gemacht, hat etwas in meinem Innersten berührt; wann habe ich zuletzt so nachdenklich geschrieben? Doch es sind keine schweren Gedanken, sondern glückliche. Ich fühle nicht schlecht ob all derer, die ihr einfaches Leben leben, Glück und Unglück finden, leben und eines Tages vergehen. Sie haben ihre Zeit, und diese Zeit ist gut und wichtig. Und wer weiß, für was sie als Wegbereiter dienen mögen.

Doch nun muss ich mich lösen; meine Pflicht erfüllen und mich um Geschäftliches kümmern. Und danach, mein Herz pocht bereits bei dem Gedanken daran, zu meiner Liebsten: Ein geheimes Treffen, fast wie in einer romantischen Komödie! Ach, wenn jemand daraus ein Stück schreiben würde, ich wüsste, wäre es schreiben müsste: William Marlowe, der Größte unter den Großen. Ich sehe etwas von ihm in Terole, doch der junge Schreiber ist noch nicht so weit. Ich wünschte, so sehr, ich könnte seine Stücke noch einmal auf den großen Bühnen sehen. Ich gebe mein Bestes, seinen Weg zu bereiten, und so die Götter wollen, wird es geschehen.

Doch nun, mein verschwiegener Zuhörer, auf! Die Pflicht und die Liebe warten.


Damit endete der erste Abschnitt des kleinen Buches; etwa zwei Drittel der Seiten waren vollgeschrieben, das letzte Drittel noch leer.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 25.12.2014, 18:05:03
Als Will den ersten Abschnitt gelesen hatte, standen ihm die Tränen in den Augen. Die Kunst so zu lieben und selbst nichts erschaffen zu können, welch Qual musste das sein! Die Vorstellung allein zerriss einem ja das Herz! Und darüber nicht bitter zu werden, nicht neidisch, nicht mißgünstig, sondern ein Gönner, ein Talentsucher, der Mann im Schatten und doch vor allen Dingen ein Sklave der Kunst, nicht weniger als Will selbst es war!

Er nahm noch einmal die Zeichnung zur Hand und betrachtete tränenblind die junge Frau darauf.

"Ich werde sie finden, Angelo", versprach er leise. "Ihr sagen, wie du gestorben bist, wo du begraben liegst, damit sie an deinem Grab weinen und Abschied nehmen kann. Und ich werde euer Stück schreiben. Keine Komödie, natürlich nicht! Du weißt, dass ich keine Komödien mag. Komödien handeln von lächerlichen Gestalten, Menschen mit niederen Beweggründen, die sich durch eigene Dummheit in die albernsten Verwechslungen verstricken und allein deshalb, weil das Schicksal einen Sinn für Ironie und Humor hat, am Ende all das bekommen, was sie sich gewünscht haben. Glaubst du wirklich, dass du ein solcher Mensch warst? Nein, es wird eine Tragödie, und wenn der Vorhang fällt, werden die Zuschauer einander schluchzend in die Arme fallen."

Will legte das Bild in das Buch, verschloss dieses und zwängte es mitsamt der vier Urkunden zurück in die Brieftasche, die er in seinen Gürtel steckte. Dann packte er auch Münzen und Edelstein in Angelos Beutel und verstaute diesen mitsamt des Schals in seinem Kostümsack. Sich die Tränen aus den Augen wischend, erhob er sich und trat ans nächste Fenster, um über die Stadt zu blicken. Seine Heimatstadt. Was von ihr übrig war.

"Ich weigere mich, von allen Menschen, die ich geliebt habe, und allen Dingen, die mir etwas bedeuteten, in der Vergangenheit zu reden. Wenn dies die neue Ordnung ist, so werde ich sie ebensowenig stillschweigend akzeptieren wie die alte. War Aradan korrupt? Mussten Kinder in Fabriken schuften? Gab es hier mehr Huren als Priester und mehr Laster als in Lancerus' Sündenregister passen? Ja, ja und nochmals ja. Aber größer noch ist die Zahl der Dinge, die schön, gut und richtig waren. Wo außer in Aradan hätte ein Junge, der durch einen Unfall zum Krüppel und von seinen bäuerlichen Eltern deshalb verstoßen wurde, ein liebendes Zuhause gefunden? Wo hätte ein ausgesetztes Baby ein Dutzend Mütter zur Wahl gehabt und dreimal so viele Väter? In dieser Stadt konnte ein jeder seinen Platz finden, anders als auf dem tugendhaften Land, wo es für niemanden Platz hat, der nicht genau wie alle anderen ist. Aradan ist nicht tot. Die Kunst ist nicht tot. Und wir Lebenden sind noch lange nicht am Ende."
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 26.12.2014, 14:21:34
Arjen hatte das Gespräch zwischen Will und Luca schweigend verfolgt. Er konnte Lucas Gemüt verstehen. "Der Mann dachte, wir würden ihm zumindest eine Weile Gesellschaft leisten und ihm mit den Töchtern helfen. Und vielleicht wäre as auch ein Weg gewesen. Aber es bringt nichts, das unvermeidliche aufzuschieben. Wir müssen nach anderen Überlebenden suchen. Und egal, was er sagt, falls wir sie finden, werde ich Luca informieren. Trotz alledem, was er leisten kann, wird er nicht lange allein mit seinen Töchtern hier überleben."

Als Will Angelos Notizen durchgeht und schließlich seinen kämpferischen Monolog hält, lächelt der Krieger. "Nanu - da hat einer wohl beseelende Zeilen gelesen."

Über diese Minuten hat Arjen weiter an dem Holzklotz gearbeitet und nun ist er fertig. Eine kleine Puppe ist daraus geworden - ein kleines Mädchen mit ausgetsreckten Armen und langen Haaren. Er steht auf und packt das kleine Messer wieder weg.

"Es ist bereits Nachmittag Will. Falls du, Luca, das erlaubst, sollten wir die Nacht hier verbringen und morgen früh gleich mit der Suche beginnen."
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 26.12.2014, 15:37:05
Luca nickte Arjen zu. "Ja, das ist in Ordnung."
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 26.12.2014, 16:35:55
Durch Arjens Worte ins Hier und Jetzt zurückgeholt, versuchte Will eine oder mehrere Routen zur Festung auszuspähen, die wenig Hindernisse aber viel Deckung und mögliche Verstecke entlang des Wegs versprach: Mauern wie Luca sie so geschickt genutzt hatte, Türmchen oder Häuser wie dieses, auf die man notfalls klettern könnte, Brunnen, in denen man Zuflucht suchen konnte, oder, als letzten Ausweg, Zugänge zur Kanalisation. Von den Möglichkeiten, die er fand, überzeugte ihn keine so richtig.[1]

"Luca", sagte er. "Meine Augen taugen nicht viel und Ihr scheint ein Talent dafür zu besitzen. Wir bräuchten eine Route von hier zur Festung, die möglichst viele Versteckmöglichkeiten bietet und uns in keine Sackgasse rennen lässt, falls wir doch einmal fliehen müssen. Na, Ihr wisst schon. Könnt Ihr uns da helfen? Wir wären Euch sehr dankbar."
 1. perception = 12
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 26.12.2014, 22:07:01
Luca nickte auch jetzt wieder. "Natürlich, ich helfe euch. Ich habe zwar meine Zweifel, was die Festung angeht, aber ein Ziel ist so gut wie jedes andere, vermute ich mal." Er kam näher, und streckte die Hand aus. "Habt ihr etwas zu Zeichnen für mich?"
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 27.12.2014, 13:00:32
Will schluckte. Dann hätte er nicht mehr genug... Aber ach, es half ja nichts. Rasch ging er zu seinem Bett hinüber und kramte ein Blatt seines kostbaren Pergaments hervor, bevor er abermals zögerte. "Besitzt Ihr einen Kohlestift? Ich habe nur Feder und Tinte, das eignet sich nicht so gut zum Zeichnen..." Außerdem konnte man Kohlestift leichter wieder vom Blatt runterkratzen. Wenn Luca so etwas allerdings nicht besaß, dann würde Will auch sein Tintenfässchen hervorkramen.

Unbemerkt von Will selbst war ihm beim Herausfischen des Pergaments ein gedrucktes Blatt Papier herausgefallen und Arjen vor die Füße geflattert. Es trug in dicken Lettern den Namen des Verfassers, eines gewissen Ben Heywoods—hatte Will den Namen nicht vorhin erst erwähnt?—darunter das Datum (Herbstanfang vor vier Jahren), darunter schließlich den Titel: "Gegenrede gegen all jene, die behaupten, es sei unmöglich ein großer Poet zu werden, ohne zuvor ein guter Mensch zu sein: am Beispiel William Marlowes."[1]

Will kehrte derweil zu Luca zurück und reichte ihm das Gewünschte. "Wenn ich unverschämt werden darf, vielleicht könntet Ihr uns auch eine Route zum Sanatorium finden? Falls Ihr recht habt mit eurem unguten Gefühl in Hinblick auf die Festung..."
 1. voller Text hier (http://games.dnd-gate.de/index.php?topic=7792.msg941388#msg941388), unter "Freund & Feind
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 30.12.2014, 19:02:24
Arjen bemerkte das Schreiben nicht, als es hinabflatterte. Erst einige Augenblicke später fiel es ihm auf, wie es auf dem Boden lag, jedoch wusste er nicht, wie es dahingekommen war. Der Krieger steckte die hölzerne Mädchenpuppe in eine Seitentasche seiner Weste und griff nach dem Blatt Papier:

"Gegenrede gegen all jene, die behaupten, es sei unmöglich ein großer Poet zu werden, ohne zuvor ein guter Mensch zu sein: am Beispiel William Marlowes", las er sichtlich überrascht den Titel.

'Von Ben Haywood - aha, den Mann hat Will einige Male erwähnt.' Zunächst wollte Arjen nach Will rufen und ihm das Schreiben zurückgeben, aber dieser war so in ein Gespräch mit Luca verstrickt, dass er es unterließ, um die beiden nicht zu stören. Beiläufig las Arjen die folgenden Zeilen - und seine Augen verengten sich überrascht und der Kiefer mahlte, als er Ereignisse aus der Vergangenheit Wills kommentiert bekam:

"Nichts hat in jüngster Zeit die Theaterfreunde unserer Stadt in derartige Aufregung versetzt wie vor zwei Monaten die Verhaftung—vor zwei Wochen dann die Verurteilung—William Marlowes wegen Vergewaltigung, begangen an einer ehrbaren Bürgerstochter."

Und es ging weiter - weitere Details wurden genannt. Der ganze Fall las sich mysteriös. Zunächst hatte Will die Anklage abgestritten, dann - nach einer einwöchigen Pause - alles zugegeben. Und dann war er verurteilt worden. Arjen sah vom Schreiben auf und betrachtete den Mann vor ihm. Versuchte zu verstehen, ob sich in dieser Hülle wirklich ein Vergewaliger verstecken konnte.

'Nach allem, was ich erleben durfte, müsste ich doch sowas erkennen können. Andererseits - wahrscheinlich steckt das Tier in jedem einzelnen von uns; Lord Haraldson hatte recht. Bei manchen ist es nur schwerer zu wecken als bei anderen.'


Vor seinen Augen tauchte das lüsterne Gesicht des Mörders seiner Frau auf und er schien es im Geiste auf das Antlitz Wills legen zu wollen. Wut stieg in ihm auf und die Kiefer mahlten wieder. Wenn er es getan hat, dann werde ich nicht bei ihm bleiben können', dachte er.

Doch das Gesicht des Mörders ließ sich nicht auf Wills Antlitz schieben. Will hatte mit solcher Sorge von Frau und Kindern gesprochen. Hatte sich so innig um Angelo gekümmert. Das Pamphlet in seinen Fingern war lang. Dieser Ben Haywood ließ sich lange abschweifend aus über den lasterhaften Charakter seines Begleiters. Arjen hatte vieles davon in Will vermutet und vieles hatte dieser ja auch selbst zugegeben. Aber was Marlowe nicht wusste, war, dass er ein besserer Mann war, als die Summe seiner bagatellhafter Fehltritte vermuten ließ. Arjen hatte das bereits sehen können und selbst sein größter Widersacher hatte es erkannt, nur er selbst nicht.

'Nein, Will. Du warst es nicht. Ich verstehe nicht viel vom Theater und bin nicht der richtige Ansprechpartner, um über Wert und Schönheit der Kunst zu sprechen. Lassen wir all das Hochtrabende aus diesem Pamphlet zur Seite. Aber ich habe einem Vergewaltiger in die Augen gesehen, bevor ich ihm das Leben nahm. Ich weiß, wie solche Augen aussehen. Und deine sind nicht so.

Und auch der Prozess mit dieser Pause und deinen wechselnden Aussagen liest sich nicht stimmig. Ganz zu schweigen von Haywood - der scheint dich gut gekannt zu haben und trotz eurer Fehde zweifelt selbst er an deiner Schuld.
'

Arjen faltete das Schriftstück wieder zusammen. Erst jetzt kam es in den Sinn, dass Will wohl nie vorgesehen hatte, dass er es liest. Immer noch redete Marlowe mit Luca und der Krieger überlegte, wie er das Schreiben am besten taktvoll zurückgeben konnte.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 02.01.2015, 11:36:57
Luca zeichnete die von Will gewünschte Karte, inklusive des Wegs von der Festung zum Sanatorium. Während er zeichnete, erklärte er ihm den Weg. In der näheren Umgebung kannte er einige Alternativrouten; weiter entfernt allerdings mussten sie darauf hoffen, dass sie tatsächlich den von ihm vorgezeichneten Weg gehen konnten. Denn bis zur Festung war Luca nur zwei Mal vorgedrungen, beide Male auf dem gleichen Weg; den Weg von dort zum Sanatorium kannte er sogar nur teilweise. Trotz der Karte würde es also nicht ganz einfach werden - aber das hatten die beiden Gefährten wohl ohnehin nicht erwartet.

"Wenn ihr heute noch los wollt, solltet ihr gleich aufbrechen, um sicher vor Einbruch der Dunkelheit anzukommen. Immerhin müsst ihr nicht nur die Wegstrecke einrechnen, sondern auch... nun ja, Zwischenfälle, welcher Art auch immer." Er gab Will die Karte, und sah sich dann noch einmal in der näheren Umgebung um. "Wenn ihr hier in der Nähe jemanden trefft, macht, dass ihr wegkommt. Diese Bande, die sich hier eingenistet hat, ist skrupellos. Sie halten zusammen wie eine Familie, aber wer nicht dazu gehört..."

Er sah Will fest in die Augen, um sicherzugehen, dass der Barde die Botschaft verstanden hatte.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 02.01.2015, 12:55:26
Egal was für eine Nachricht Luca mit seinem Blick hatte schicken wollen, die, die bei Will ankam, lautete: zu meiner Familie gehörst du jedenfalls nicht. Scher dich am besten heute noch fort!

"Verstanden", sagte er. "Und vielen Dank für die Karte."

Während er diese entgegennahm, grübelte Will nach, was er denn nur getan oder gesagt haben mochte, dass Luca gar so sehr gegen ihn aufgebracht hatte, dass er nicht einmal um seiner Töchter willen die angebotene Unterstützung annehmen wollte.[1] Konnte ihn das so sehr verärgert haben, wie Will mit Angelos Leichnam verfahren war, beziehungsweise am liebsten verfahren wäre? Weil es nicht so war, wie in seinen Augen ein Begräbnisritual ablaufen musste? 'Was, so ein schlechter Kerl bin ich doch gar nicht!' hätte er am liebsten ausgerufen. 'Wir hätten wunderbar ein paar Tage bleiben und die Gegend erkunden können und euch dabei den Rücken decken!'

Ob Luca am Ende gar fürchtet, wir könnten uns der Bande da anschließen, vor der er uns warnt?

Er wandte sich zu Arjen um, der noch immer vor seinem Bett saß, seine Schnitzarbeit aber inzwischen weggepackt hatte und irgendeinen Zettel in der Hand hielt.

"Was meint du, Arjen. Sollen wir doch lieber gleich los? Oder wie geplant erst morgen früh?"
 1. sense motive = 12, s. die beiden Folgesätze.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 05.01.2015, 19:16:24
Arjens Aufmerksamkeit kreist noch um Ben Haywoods Stellungnahme und die neuen Einblicke, die diese geliefert hatte. In Gedanken versunken hatte er die letzten Sätze, die Will und Luca gewechselt hatten, gar nicht mitbekommen.

Auch die Frage des Schauspielers hörte er zunächst nicht, so dass Will noch einmal nachhaken musste. "Was?", entfuhr es dem Krieger schließlich geistesabwesend. Einen Augenblick lang musste er sich zurechtfinden, dann holte ihn die Wirklichkeit ein, und er wandte den Blick in die Himmelsrichtung, die sie einschlagen würden. "Oh, ja", sagte er möglichst beiläufig. "Ich finde es immer besser, wenn man den ganzen Tag zur Verfügung hat, um möglichst weite Strecken zurücklegen zu können, aber für unser Unterfangen hier, dürfte auch ein Aufbruch zur Mittagszeit angemessen sein.[/b]"

Während Arjen spricht, faltet er das Schriftstück unauffällig zusammen und steckt es in seine Westentasche. "Diese Übergabe sollte besser ohne Luca stattfinden", denkt er sich.

Dann steht der Krieger auf und wendet sich in Richtung der beiden Mädchen, die etwas Abseits zwischen den Betten sitzen und spielen. Er macht einige Schritte auf sie zu und kniet sich zwischen den beiden hin. Für Will und Luca ist nicht erkennbar, was er zu den beiden sagt, aber anscheinend sind es nette Worte, den die beiden Mädchen lächeln. Während er spricht, holt Arjen aus seiner Hosentasche die kleine Holzpuppe heraus und drückt sie der jüngeren der beiden in die Hand. Dann tätschelt er den beiden noch einmal die Köpfe, steht wieder auf und kommt zu den beiden Männern.

"Noch einmal vielen Dank, dass ihr uns aufgenommen habt", sagt er an Luca gewandt. Das ist wohl alles an Abschiedworten, was der Krieger übrig hat - er ist bereit zum Aufbruch.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 14.01.2015, 12:38:16
Damit verabschiedeten sich Arjen und Will von Luca. Er ließ die beiden mit dem selbst gebauten Aufzug nach unten. Dort angekommen, warnte er sie noch einmal eindringlich davor, in der näheren Umgebung auf sich aufmerksam zu machen. Die Bande, die sich hier eingenistet hatte, war aus seiner Sicht eine größere Gefahr als die Untoten.

Und so gingen die beiden Gefährten den von Luca vorgezeichneten Weg in Richtung der Festung. Schon nach wenigen Minuten mussten sie sich in einem Hauseingang verstecken, um einer kleineren Gruppe wandelnder Toter - etwa zehn an der Zahl - aus dem Weg zu gehen. Doch die zwar gefährlichen, aber auch stupiden Kreaturen liefen an ihnen vorbei, ohne ihre Anwesenheit mitzubekommen.

So zog es sich eine Zeit fort: Sie liefen eine kurze Strecke, umgingen den einen oder anderen Toten, oder mussten auch einmal einen Umweg nehmen, weil eingestürzte Häuser und andere Hindernisse den Weg versperrten. Nach einer Weile, sie waren sicherlich schon eine halbe Stunde unterwegs, hörten sie in der Nähe einige Stimmen.

Will und Arjen versteckten sich hinter der Ruine einer kleinen Kapelle. Das Gebäude war ideal: Es gab Fenster auf Augenhöhe in allen vier Richtungen, die man durch die geringe Größe des Gebäudes - kaum mehr als zwei Schritt an jeder Seite - hervorragend im Blick behalten konnte. Welchem Glauben die Kapelle einst zugeordnet gewesen war, konnte man nicht mehr erkennen. Ein schmaler und schlichter Altar in der Mitte war von Ruß überzogen, religiöse Gegenstände waren keine mehr zu finden.

Durch das Fenster zur Nordseite hatten sie einen direkten Blick auf die Ruine, aus der die Stimmen kamen: Eine ehemalige Gaststätte, das eiserne Schild noch an einem Teil der Außenwand befestigt, der nicht zusammengebrochen war, auch wenn die Zeichnungen darauf nicht mehr zu erkennen waren. Über die hüfthohen Mauerreste konnten sie in den früheren Schankraum sehen, der voller Schutt lag. Das Gebäude hatte vermutlich früher zwei Stockwerke gehabt, doch das obere war vollständig eingebrochen und füllte nun den Schankraum aus. Der Schutt lag so hoch, dass der Boden so hoch war wie die ihn umgebenden Mauerreste.

Auf dem Schutt saßen zwei Männer, die sich ein kleines Lagerfeuer eingerichtet hatten. Um sich herum hatten sie angespitzte Pfähle angebracht. Deren Zweck zeigte sich durch einen einzelnen der wandelnden Toten, der es bis dorthin geschafft hatte: Der Pfahl hatte seinen Körper durchbohrt, und doch versuchte die Kreatur, sich immer weiter nach vorne zu schieben. Das Ganze war eine Zombie-Falle, und so lange die beiden Männer es nur mit wenigen der Kreaturen zu tun hatten, waren sie hier tatsächlich in Sicherheit.

Einer der Männer, kaum älter als zwanzig Jahre, stand auf und nahm einen schweren Hammer vom Boden auf. Er stellte sich vor den Toten, schüttelte den Kopf, und schlug dann mit aller Kraft zu. Der Hammer zertrümmerte den Schädel des Toten, der leblos in sich zusammensackte, nur noch gehalten durch den Pfahl, auf den er sich selbst aufgespießt hatte.

Der Mann hatte kurze, schlecht geschnittene braune Haare, und trug eine Hose und eine Weste aus braunem Wildleder. Sein Begleiter war vermutlich doppelt so alt wie er, hatte einen kahlrasierten Schädel, auf den eine Art Ornament tätowiert worden war, und trug eine schwarze Lederrüstung. An seiner Seite hatte er eine gefährlich blitzende Streitaxt.

"Schau nach, ob er was dabei hatte", befahl der glatzköpfige Mann. "Vergiss Geld und solche Sachen, uns interessiert alles, was nützlich ist: Nahrung, Werkzeug, Waffen und so."

Die beiden sprachen laut genug, dass Will und Arjen sie trotz gut fünfzehn Metern Entfernung verstehen konnten. Fast schien es, als wollten sie, dass man auf sie aufmerksam wurde.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 20.01.2015, 10:47:22
Will verabschiedete sich mit einem "Viel Glück!" von Luca und einem Kopfnicken von den Kindern, gurtete sein Schwert wieder um und schnappte sich seine übrigen Habseligkeiten. Kurz darauf waren Arjen und er wieder unterwegs. Will warf einen letzten Blick zurück auf das Eckhaus, in dessen Garten Angelo begraben war—Umsonst habe ich dich im Stich gelassen, Angelo! Hätt ich nur trotzdem... aber zu spät!—dann zückte er Lucas Karte und übernahm als halbwegs Ortskundiger die Führung.

Sie redeten kaum. Will wiederholte Lucas Warnung wegen der Bande, die hier ihr Unwesen trieb, erläuterte Details auf der Karte, und man machte einander auf Gefahren aufmerksam—das war's. Arjen gab sich einsilbig, meist nickte er nur stumm, wenn Will ihn ansprach. War er ihm böse? Falls ja, mit gutem Recht! Hätte Will sich Luca gegenüber nur geschickter verhalten, ihm nur alles gesagt, was dieser hören wollte—'Natürlich wollen wir dableiben! Bis an unser aller Lebensende wollen wir diesen herrlichen, sicheren Ort nicht wieder verlassen!'—dann stünden sie jetzt nicht wieder auf der Straße, schutzlos, auf ständiger Flucht vor den wandelnden Toten.

"Es tut mir leid", sagte er kleinlaut. "Beim nächsten Mal lass ich dich reden, dann werden wir vielleicht nicht so schnell wieder rausgeschmissen."

Wenn wir überhaupt eingelassen werden! Angelo wird nicht der einzige bleiben, der mich gleich erkennt, aber außer ihm wird sich wohl niemand über das Zusammentreffen mit einem Verbrecher wir mir freuen. Wäre ich ein ehrlicher Mensch, ich müsste Arjen vorwarnen. Aber wie stellt man so etwas an? Wo tät ich da anfangen? Zumal seine Frau... Vielleicht warte ich doch besser ab. Die Leute haben schließlich andere Sorgen und nicht jeder geht ins Theater.

Will hatte diesen Gedanken noch nicht mit sich zuende debattiert—auch Arjen war noch nicht dazu gekommen, die Entschuldigung zu kommentieren—da zwang der Anblick zweier Bewaffneter sie dazu, sich in der Ruine einer kleinen Kapelle zu verstecken. Waren das zwei Mitglieder der Bande? Und selbst wenn nein: sie schienen sehr kämpferisch, sehr auf Plündern aus. Würden sie auch Lebende angreifen, um an deren Waffen, Rüstung und Lebensmittel zu kommen?

Gebannt beobachtete er, wie die beiden mit ihrem untoten "Opfer" verfuhren. Da erkannte er keinerlei Bedauern über die Notwendigkeit, diesen, der einmal ein Mensch gewesen war, den Schädel einzuschlagen. Überhaupt, das ganze sah regelrecht nach einer Falle aus, als wollten sie mehr anlocken, um diese zu plündern. Würden die beiden das so dreist tun, wenn nicht irgendwo in den umliegenden Ruinen Verstärkung lauerte?

Will wandte sich an Arjen. "Bogen?" fragte er so leise, dass dieser das Wort nur an der übertriebenen Lippenbewegung erkannte. Eine ausholende Handbewegung verdeutlichte das Gemeinte.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 24.01.2015, 14:10:54
Als Arjen und Will wieder auf der Staße waren, übernahmen die Kämpferinstinkte die kontrolle über den ehemaligen Armeehauptmann. Als die untoten im Gefängnis eingefallen waren, als er über die Straßen geflohen war, zunächst allein und dann mit Will, hatte seine Ausbildung dafür gesorgt, dass er richtig und schnell reagiert. Doch nun - nach den ruhigen Stunden bei Luca und der Möglichkeit, sich Gedanken über die Vorgehensweise zu machen, fühlte er sich zum ersten Mal vorbereitet auf die Gefahr.

Immer wieder kamen die Gedanken über Ben Haywoods Gegenrede an die Oberfläche. Arjan nahm sich fest vor, bei der nächsten passenden gelegenheit Will das schriftstück zurückzugeben. "Geheimnisse sind in unserer Situation das letzte, was wifr gebrauchen können. Und je länger ich das Schriftstück behalte, desto eher sieht es danach aus, als ob ich ein Geheimnis daraus machen wollte, oder ein Problem damit hatte."

Gerade wollte er dem Stückeschreiber erklären, dass er nicht wütend war, da zwangen die Stimmen der beiden Männer sie dazu, in den Ruinen der Kapelle Schutz zu suchen. Am Fenster knieend beobachtete er die Szenerie, die sich abspielte. Wie war diese Situation denn nun zu bewerten? "Diese Männer könnten alles Mögliche sein. Sie könnten nur zwei Mann sein, die sich einfach schützen wollen, wie Will und ich. Sie könnten auch Mitglieder dieser Bande sein, vor der Luca uns gewarnt hat. Dann müssten wir einen Bogen um sie machen. Andererseits: genau deswegen sind wir auf die Straße gegangen - um weitere Überlebende zu finden. Wir sollten es zumindest versuchen."

Mit diesen Gedanken wandte sich Arjen an Will und sah, wie dieser seine Frage stellte. Er schüttelte den Kopf, um anzuzeigen, dass er über keinen Bogen verfügte. Dann flüsterte er seinem kameraden seine Gedanken zu: "Ich denke, wir sollten uns zunächst die Umgebung ansehen. Falls wir keine weiteren Unterschlupfe oder Menschen entdecken, sollten wir uns trennen und uns von zwei Seiten an die beiden heranschleichen. Wir überraschen sie und geben diesen Vorteil erst her, wenn wir sicher sind, dass von ihnen keine Gefahr ausgeht. Einverstanden?"

Während Arjen auf die Antwort von will wartete, hob er leicht den Kopf und schaute noch einmal aus den Fenstern - besonders intensiv in richtung er beiden Männer. Er versuchte, in den umliegenden Gassen und Hausruinen weitre Bewegung auszumachen oder Schlupflöcher zu entdecken, doch anscheinend war die Lage viel zu unübersichtlich, um sich ein verlässliches Bild zu machen.[1]
 1. Perception: 8
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 24.01.2015, 21:18:01
So, Arjen wollte also keinen Bogen machen. Vielleicht hatte er recht. Bei dem Krach, den die beiden da vorn veranstalteten, kamen sicherlich gerade aus allen Richtungen die Untoten angeschlurft. Außerdem kannte der Mann sich besser mit solchen Situationen aus, hatte Militärstrategie nicht nur im Theater gelernt. Zu dumm, dass Will kein wirklich guter Kämpfer war... Einen einzelnen dieser schlurfenden Wiedergänger zu erschlagen war eine Sache—oder jemanden in einen tödlichen Hinterhalt zu locken, wie damals im Steinbruch, als er keinen anderen Ausweg mehr sah, als es ihm egal war, ob er überlebte oder der andere—aber jetzt wollte er leben, und die beiden dort sahen sehr wehrhaft aus. Und dieses Kunstwerk da auf dem glattrasierten Schädel des einen, das bedeutete doch bestimmt etwas. Will war sich sicher, dass er so etwas, oder etwas ähnliches, schon einmal gesehen hatte. In Gedanken ging er alle Sträflinge, die tätowiert gewesen waren, durch. Die meisten von denen hatten zu irgendeiner Bande gehört, aber eben nicht alle. Andererseits hatte er nicht wirklich Buch darüber geführt, geschweige denn sich überhaupt getraut, jeden darauf anzusprechen... und deshalb erkannte Will das Symbol jetzt nicht.[1]

Seine Knöchel waren weiß, so fest krallte sich seine Hand um den Schwertknauf. Aber er stimmte Arjens Vorschlag nickend zu und lugte ein paarmal vorsichtig aus dem Fenster, bei dem sie hockten, dann auch aus den beiden seitlichen, dann kam er wieder zu Arjen zurück und zuckte mit den Achseln: er hatte keine weiteren Leute oder mutmaßlichen Verstecke gesehen. Das hieß aber gar nichts.[2] Er verdeckte kurz beide Augen mit der Hand, schnitt dann kopfschüttelnd eine Grimasse. Dass seine Augen nichts taugten, hatte er ja vorhin bei Luca erst zugegeben.

Dann breitete er die Karte zwischen ihnen aus, damit sie sich per Fingerzeig auf ein Suchmuster einigen konnten und auch auf einen Fluchtweg, falls Flucht notwendig werden würde. Kaum war dies geschafft, kamen Will Zweifel an dem Plan. Er beugte sich vor und flüsterte Arjen ins Ohr:

"Warum schleichen wir nicht doch einfach vorbei statt hier überall herum?"

 1. knowledge(local) = 12
 2. Perception = 9
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 03.02.2015, 15:51:06
Der Krieger konnte seinem Kameraden ansehen, dass auch dieser bei seinem Versuch, die Umgebung zu überblicken, wenig Glück gehabt hatte. Arjen merkte auch, dass Will recht nervös war, was durch dessen Vorschlag dann offensichtlich wurde.

Arjen ließ ging mit diesen Gedanken noch einmal in sich. 'Reiß dich zusammen, Bucalo. Das hier ist nicht das Heer. Du bist nicht als Kundschafter unterwegs und der Mann neben dir ist kein ausgebildeter Soldat. Luca hat uns von den Männern hier draußen gewarnt. Womöglich sind es nicht diese hier, aber wer weiß?'

Er schaute noch einmal zu Will und flüsterte dann zur Antwort: "Also gut - du hast Recht. Wir hatten vor, zur Festung zu gehen, also sollten wir diesen Plan auch nicht so leicht aufgeben."

Dann sah der Krieger noch einmal zu den beiden Männern hinüber, die dort einen Rabatz veranstalteten. Ein altes Zitat des Berühmten Generals und Philosophen Dehinges aus Eshmerat kam ihm plötzlich in den Sinn. Lord Haraldson mochte es sehr und hatte es des Öfteren zum Besten gegeben. Unwillkürlich musste er schmunzeln, und dann flüsterte er die Worte: "Männer, die hinterfragen, gelten als Intriganten, Männer mit Klarsicht gelten als Feiglinge, und Männer mit rüpelhaftem Benehmen werden fälschlicherweise für Krieger gehalten."[1]

Wahrscheinlich hält Will ihn für verrückt, in so einer Situation Binsenweißheiten von sich zu geben, also versucht Arjen ein paar Sekunden später das Gespräch wieder auf die aktuelle Situation zu lenken. "Ich gehe dann vor - bleib dicht dran."

Mit diesen Worten macht sich der Krieger auf, einen Bogen um die Männer schlagend den Weg fortzusetzen.[2]
 1. Originalzitat von Takeda Shingen, Japanischer Feldherr, 16 Jh.
 2. Meister, falls ich etwas würfeln soll, dann gib bitte Bescheid.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 03.02.2015, 17:36:37
Tatsächlich schafften es Arjen und Will, an den beiden Männern vorbeizuschleichen, ohne deren Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Noch in Hör-Reichweite der beiden Fremden, wären sie allerdings fast mit einer Gruppe von vier oder fünf wandelnden Toten zusammengestoßen, die offenbar von dem Lärm der Männer angezogen worden war. Einige Zeit mussten sie sich in einem Hauseingang verstecken, darauf hoffend, dass keiner der Toten sie entdeckte. Doch das Glück war auf ihrer Seite, und die Kreaturen liefen an ihnen vorbei.

Weiter folgten sie dem von Luca vorgezeichneten Weg - wenn auch, wie erwartet, nicht geradlinig. Einmal brach ein altes Wirtshaus vor ihren Augen in sich zusammen. Wären sie nur zehn Schritt weiter vorne gewesen, hätten die Trümmerstücke sie womöglich schwer verletzt, vielleicht sogar unter sich begraben. Doch der Zusammensturz lockte schnell weitere Untote an, und Will und Arjen mussten sich beeilen, einen neuen Weg zu finden.

Nach einiger Zeit führte ihr Weg an einem Friedhof vorbei. Will kannte den Ort; er war Zida geweiht. Doch der Barde hatte Zweifel, dass der Gottesacker noch immer unter dem Segen des Kindgottes stand. Denn nichts anderes als einen Geist sahen sie über den einst heiligen Boden schweben: Eine junge Frau, wunderschön und mit fließenden weißen Gewändern gekleidet, doch fahlweiß und durchsichtig! Durch sie hindurch konnte man die Grabsteine der Gräber sehen.

Ziellos wanderte sie auf der parkähnlichen Anlage umher, hindurch durch Stein, Blumen und Bäume, als wären diese gar nicht vorhanden. Von ihrem Standort hinter der Hauswand einer Gerberei konnten die beiden sehen, wie die Geisterfrau nach einer Blume griff, und sie aus dem Boden zog - trotz aller Körperlosigkeit war sie dazu offenbar imstande! Und im gleichen Moment hauchte die Rose ihr Leben aus, verdorrte zu einem schwarzen Rest, den der Geist achtlos fallen ließ.

Nur zwanzig Schritt und eine Begrenzung aus Rosenbüschen trennte Arjen und Will von der Erscheinung, die sie bisher noch nicht bemerkt hatte. Von ihrem Ziel waren sie keine zehn Minuten mehr entfernt.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 03.02.2015, 19:27:40
Ungläubig starrte Will die Geisterfrau an, deren Existenz er gerade erst akzeptiert hatte, da riss die durchsichtige Schöne auch schon mit einer Hand einen Rosenstrauch aus der Erde mitsamt seinen meterlangen Wurzeln, gerade so als sei es Borretsch oder Goldmohn: die Kraft von fünf Männern schien die Dame in einer Hand zu haben! Aber für einen Geist konnte es ja keine Frage der Körperkraft sein, höchstens der Willenskraft—was Will jetzt nicht im mindesten beruhigte. Er stellte sich vor, wie sie ihm die Glieder einzeln vom Leib riss...

Dass er zurückwich, bemerkte er erst, als ein Zweiglein unter seinem Schritt knackte.[1]
 1. Stealth = 9
@ Meister (Anzeigen)
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 03.02.2015, 22:48:26
Kaum ertönte das Knacken, wand sich die geisterhafte Frau auch schon zu Will um. Ihr zuvor friedliches Gesicht verwandelte sich in eine Fratze des Schreckens, den Mund so weit geöffnet, dass ihr Gesicht fast die doppelte Länge erreichte. Bösartig verzerrt und von stobenden weißen Geisterfunken umgeben starrte sie Will an, und stieß einen gellenden Schrei aus, der den Männern durch Mark und Bein ging...[1]
 1. Rettungswurf (Wille) gegen SG 18, oder ihr verfallt in Panik
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 04.02.2015, 13:32:29
Will begriff gar nicht, was er da im Einzelnen sah und hörte. Vielleicht schrie er ebenfalls, er hätte es nicht sagen können. Er wusste nur, dass er davonlief, so schnell seine Beine ihn trugen. Nicht auf die Richtung achtete er, noch darauf, ob Arjen ihm folgte oder nicht, hatte auch kein Auge oder Gedanken übrig für andere Gefahren. Ein untoter Hügelriese mochte ihn am Ende dieser Gasse erwarten, er würde ihn nicht vor dem Zusammenstoß bemerken.

So fühlt es sich also an, kopflos zu fliehen. Ich hab mir das ja schon öfters versucht vorzustellen...
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 06.02.2015, 10:19:20
Die reine Panik ergriff Will und Arjen. Was sie gesehen hatten, durfte nicht sein. Trotz allem, was sie in den letzten Tagen erlebt hatten, wandelnde Tote, zerfallene Leichen, die sich bewegten und hungrig waren auf das Fleisch der Lebenden: Es war die Hölle auf Erden. Diese Kreatur aber - sie entsprang einer anderen Welt. Der Schrei hatte die beiden Männer bis ins Mark erschüttert, und sie dachten an nichts anderes mehr als daran, zu fliehen. Was immer ihnen geschehen mochte, welchen Kreaturen sie auch begegnen mochten, es konnte nicht so schrecklich sein wie das, was sie eben gesehen hatten...

Straße um Straße ließen die beiden Männer hinter sich, rannten eher zufällig in die gleiche Richtung, kopflos, ziellos. Ob sie Minuten gerannt waren oder Stunden, das konnten sie kaum noch sagen. Völlig erschöpft blieben sie irgendwann stehen. Sie waren in einer schmalen Seitengasse, hatten es irgendwie geschafft, in keine Horde von Untoten zu rennen, und waren umgeben von niedergebrannten Wohnhäusern.

Irgendwo in Aradan, fernab des Planes, den Luca für sie aufgezeichnet hatte.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 07.02.2015, 10:25:59
Keuchend und hustend blieb Arjen stehen. Seine Lungen schmerzten, als hätte er rußgeschwängerten Rauch eingeatmet und sie veräzt. Es erinnerte ihn an die Dauerläufe während des Rekrutentrainings im Heer. Die Brust hob und senkte sich und langsam begann sich der Nebel des Schreckens in seinem Geist zu klären. Der Schrei dieser Kreatur hatte ihn bis ins Mark erschüttert - hatte seinen Kopf, sein Denken völlig ausgeschaltet. Nur noch die tierhafte Furcht war geblieben und hatte ihn fliehen lassen.

"Bei den Göttern - was war das denn für eine Kreatur? Was ist bloß los mit dieser Welt?" Arjen stützte sich auf den Knien ab und versuchte, seine Atmung - immer noch schwer und keuchend - zu beruhigen. "Will!", durchfuhr es ihn plötzlich. Ein Gefühl der Scham überkam ihn, dass er losgerannt war, ohne auch nur einen Gedanken an seinen Nebenmann. Er hob den Kopf und begann sich umzusehen, doch er hörte den Stückeschreiber eher, bevor er ihn neben sich sah - auch Will atmete schwer und stoßweise.

Langsam normalisierte sich der Blutfluss - das Herz pumpte nicht mehr so wild und auch das Rauschen in den Ohren ließ nach. Arjen richtete sich auf und machte einige Schritte auf seinen Kameraden zu, bis er neben ihm stand.

"Geht es wieder?", fragte er. Während er fragte, schaute er Will genau an. Er versuchte einzuschätzen, wie sehr der Dauerlauf und der Schreck ihm zugesetzt haben.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 07.02.2015, 14:56:47
Als Arjen ihn fragte, ob er sich wieder eingekriegt habe, errötete Will bis an die Haarwurzeln. "Ähm", sagte er. "Also ich, ähm... das war... wie soll ich sagen..."

Offenbar hatte Arjen, auch wenn er ebenfalls etwas erschrocken aussah, den Kopf nicht halb so sehr verloren wie Will, jedenfalls schien er ihm gefolgt zu sein, was bewies, dass er seine Sinne einigermaßen hatte beisammen halten können. So dankbar Will dafür war, nicht allein zu sein, so sehr wünschte er sich, es hätte für dieses Schauspiel gerade keinen Zeugen gegeben...

"Schöne Frauen waren schon immer mein Ruin", versuchte er zu scherzen. "Vor allem, wenn sie auch noch so herzzerreißend singen können."

Darüber nachdenken, was das wohl für eine Erscheinung gewesen war, wollte er eigentlich nicht—jedenfalls nicht, bevor man nicht irgendwo in Sicherheit war—doch drängte sich ihm der Gedanke auf, dass die gespenstische Frau, da man ihr ja doch relativ leicht hatte entkommen können, am Ende den Friedhof gar nicht hat verlassen können. Das hatte Will nämlich des öfteren gelesen: dass Geister an einen Ort oder Gegenstand gebunden waren, oft ihr Grab, die Stätte ihres Todes oder jenen Edelstein, um dessenwillen ein Dieb sie ermordet hatte. Man hätte also gar nicht so weit fliehen brauchen, wenn man sich nur ein wenig besser im Griff hätte.

Dann sah auch er sich um und versuchte, sich zu orientieren. Kannte er diese Gasse? Sah man die Festung von hier aus? Immerhin war man vorhin ja fast dort gewesen. Oder ließ sich wenigstens noch sagen, in welche Richtung der Friedhof lag? Gab es sonst irgendwelche Merkmale—prominente Gebäude, Denkmäler, Parks oder dergleichen in der Nähe? Erkannte er eines der Merkmale von Lucas Karte in der Ferne wieder?[1]

"Verflucht, und wir wären fast am Ziel gewesen. Hast du eine Ahnung, in welche Richtung wir müssen?"
 1. perception = 9; knowledge (local) = 15
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 09.02.2015, 18:39:51
Bei Wills Frage schüttelte Arjen verneinend den Kopf. "Nein", sagte er. "Ich bin erst seit kurzem in der Stadt." Der Krieger macht eine Pause, fügt aber dann noch etwas hinzu. "Und in der Zeit, die ich da bin, hatte ich keine Gelegenheit zu Spaziergängen. Ich kenne die Stadt also überhaupt nicht."

Wieder weitgehend beruhigt, versucht Arjen Ordnung in das Chaos in seinem Kopf und um sie herum zu bringen. Instinktiv zieht er sein Schwert und macht eine langsame und bedächtige Umdrehung um seine eigene Achse. Dabei hält er Ausschau nach Bewegungen - ob nun von Menschen oder von Toten.[1]

"Verdammt noch Mal!", flucht er innerlich. "Wir waren fast da und jetzt sind wir wohl genauso weit, wie heute morgen, bevor wir Luca trafen."

Während er mit seinem Blick die Umgebung absucht, wendet er sich erneut an Will: "Erkennst du etwas um uns herum? In was für einer Gegend sind hier?"
 1. Perception 11
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 09.02.2015, 22:26:14
Zwei wandelnde Tote, etwa fünfhundert Schritt die Straße herunter, die an die Seitengasse angrenzte. Das war für den Moment die einzige Gefahr, die Arjen erkannte. Die Kreaturen aber liefen geradewegs auf sie zu.

Auch Will warf einen Blick auf die größere Straße. Dort, wo die beiden Gestalten auf sie zukamen... war das nicht die Schule, die er in einiger Entfernung entdeckt hatte? Und dort, die Näherei... ja, sie waren hier vorbei gekommen. Und es war gar nicht lange her!

Sie waren vermutlich nur wenige Minuten in heilloser Panik gerannt, wenn überhaupt. Allerdings waren sie auf ihrem ursprünglichen Weg auf der anderen Seite hinter den Toten entlang gelaufen. Sechs-, höchstens siebenhundert Meter entfernt.

Will warf einen Blick auf die Karte. Sie befanden sich genau außerhalb des Gebiets, das Luca eingezeichnet hatte.

Sie könnten vermutlich einfach an den beiden langsamen Kreaturen vorbeilaufen, ohne in Gefahr zu raten. Oder sie würden durch unbekannte Nebenstraßen einen Weg zurück auf ihren Pfad finden.

Und dann mussten sie noch entscheiden, wie sie den Friedhof umgingen, denn hier zeigte Lucas Karte keinen alternativen Weg.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 10.02.2015, 17:05:54
Will seufzte vor Erleichterung, als er um die Ecke bog, trotz der beiden Wiedergänger, die auf sie zuhielten: man hatte sich doch nicht rettungslos verlaufen! Rasch zeigte er Arjen die Karte.

"Hier runter und da um die Ecke, dann sind wir wieder am Friedhof. Aber wie sollen wir daran vorbei, ohne noch einmal der Geisterfrau zu begegnen? Aber vielleicht reicht es, wenn wir uns etwas in die Ohren stopfen, damit wir sie nicht schreien hören? Ich glaube, der Schrei war das schrecklichste. Außerdem vermute ich, dass sie den Friedhof nicht verlassen kann—aber ich bin nicht wirklich vom Fach. Es wäre also... eine ziemlich riskante Wette, die ich ungern verlieren möchte.

Oder suchen wir einen anderen Weg? Bloß weil Luca keine Alternative eingezeichnet hat, heißt das ja nicht, dass es keine gibt.

Wenn aber Richtung Friedhof, dann sollten wir die beiden da vorn doch lieber erledigen, sonst lauern die uns im Rücken, wenn wir dem Geist erneut begegnen, und dann laufen wir ihnen womöglich direkt in die Arme, sollten wir wieder... ähm... davonlaufen."

Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 16.02.2015, 17:07:06
Als Will nach kurzer Pause die wenig diplomatische, aber ehrliche Formulierung "davonlaufen" wählt, musste Arjen kurz schmunzeln. Die Gesellschaft des Stückeschreibers war erfrischend - er hatte mit guten Männern gedient, aber unter Soldaten hatte wohl sich keiner dazu durchringen können, zuzugeben, dass man einfach aus Angst weggelaufen war. Da war immer von einer "taktisch sinnvollen Neugruppierung" oder zumindest von einem "Rückzug angesichts eindeutiger Überlegenheit des Feindes" die Rede.

Wie dem auch sei - Arjen stimmte Will in seiner Einschätzung der Lage zu. Er nickte bei dessen letzten Worten. "Luca sagte klar, dass es hier genug Gefahren durch Tote und Lebende gibt. Neben den Wiedergängern haben wir allein am heutigen Tag einen untoten Riesen und einen Geist gesehen. Die Welt scheint ein Vorort der Hölle geworden zu sein. Wir haben keine Garantie, dass uns nicht etwas Schlimmeres auf einer der anderen Gassen begegnet, nur mit dem Unterschied, dass wir dann nicht Mal mehr die Karte haben, um uns zu orientieren. Am Friedhof mag ein Geist sein, aber zumindest wissen wir, was uns dort erwartet. Lass uns also es noch einmal dort versuchen.

Nach diesen Worten hielt der ehemalige Pferdezüchter kurz an und fixierte die beiden Untoten mit seinem Blick. Er hob seinen Schwertarm und deutete mit der Klinge auf die Beiden. "Gleich nachdem wir diese beiden erledigt haben."
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 16.02.2015, 17:55:17
Und so machten sich Arjen und Will auf den Rückweg. Sie liefen geradewegs auf die beiden Untoten zu, die in blutbesudelten, zerfetzten Kleidern auf sie zugewankt kamen, stetig raunend und mit den Zähnen klappernd, als würden sie sich schon auf ihre Speise freuen. Der Abstand zwischen beiden war groß genug, dass sie sich um einen nach dem anderen kümmern konnten, und im gemeinsamen Kampf waren die Kreaturen keine große Herausforderung. So grauenhaft sie waren: Einzeln und mit entsprechender Vorbereitung waren die Toten keine große Gefahr. Nichtsdestotrotz wussten die beiden Männer, dass ein einzelner Fehler den Untergang bedeuten konnte.

Zudem war der Anblick noch immer nicht gut zu ertragen. Manche der Untoten schienen schon in späteren Verwesungszuständen zu sein, doch die meisten sahen noch fast aus wie normale Menschen - sah man von tödlichen Verletzungen und der ungelenken Bewegung einmal ab.

Kaum hatten Will und Arjen die beiden erledigt, sahen sie allerdings schon den nächsten Toten aus einer Seitengasse stolpern. Nach kurzem Zögern kümmerten sie sich auch um ihn. Doch als sie ihn erschlagen hatten, blickten sie in die Gasse, aus der er gekommen war.

Und dort stand eine Horde. Zwei Dutzend, vielleicht sogar mehr, Untote kamen geradewegs auf sie zu. Sechs, sieben Meter waren sie noch entfernt, mehr nicht.

Arjen und Will sahen sich um. Auch aus anderen Straßen kamen die Kreaturen.

In dem Moment wurde es ihnen klar. Sie hatten geschrieen. Auf ihrer Flucht vor dem Geist hatten sie in wilder Panik geschrieen, und so vermutlich alle wandelnden Toten der Umgebung angelockt.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 16.02.2015, 18:24:04
Will, gerade noch grimmig triumphierend, sah sich im Zurückweichen panisch in alle Richtungen um: War der Weg hinter ihnen wenigstens noch frei? Gab es hier irgendwas in der Nähe, wo man hochklettern—ha, viel Glück dabei!—oder sich verschanzen oder wie eine Ratte in der Kanalisation verschwinden konnte?[1]

"Also doch mein erster Plan", murmelte er. "Davonlaufen..."
 1. Perception = 21, Prozentchance, siehe hier (http://games.dnd-gate.de/index.php?topic=7774.msg958155#msg958155)
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 16.02.2015, 18:41:45
Arjen nickte, als er Wills Worte hörte. "Bei uns hieß es früher "geordneter Rückzug", aber um die semantischen Feinheiten kümmern wir uns später." Auch der Krieger blickte sich um, auf der Suche nach einem Ausweg aus der Misere - einer freien Gasse, einem Haus, das sie erreichen konnten, oder Ähnlichem.[1]

'Auf einmal klingt Lucas Vorschlag, einfach nur bei ihm und seinen Töchtern zu bleiben, wie ein verdammt guter Plan...', schoss es ihm durch den Kopf.
 1. Perception: 10
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 17.02.2015, 15:34:24
So viel war gleich klar: Es würde knapp werden. Aus den Straßen hinter ihnen kamen immer mehr Untote - bis sie dort waren, wäre ihr Weg abgeschnitten. Drei Optionen zeigten sich den beiden Männern: Weiter geradeaus, vorbei an den Untoten, in der Hoffnung, dass die Horde sich nicht über eine allzu große Fläche verteilte und ein schneller Spurt sie aus der direkten Gefahrenzone herausbrachte. Oder nach links, im Grunde also zurück in die Richtung, aus der sie ursprünglich herkamen. Oder die dritte Option: Will entdeckte ein Gebäude an der Straßenecke, gute fünfzehn Meter entfernt. Nicht nur, dass es aus massivem Stein und noch immer intakt (wenn auch ausgebrannt) war - er konnte eine steinerne Brücke erkennen, die vom Dach aus auf das (soweit er es von hier aus sagen konnte) ebenfalls noch stehende Nachbargebäude führte.

Wenn sie es schafften, die Toten in das Gebäude zu locken, von dort ins Nachbargebäude und dann wieder hinaus auf die Straße zu flüchten, konnten sie mit etwas Glück ihren Weg ohne eine sie verfolgende Zombie-Horde fortsetzen.

Welche Option die sicherste und vielversprechendste war, das war allerdings schwer abzuschätzen.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 22.02.2015, 12:08:23
Wären wir doch im Theater geblieben, dachte Will. Dort wäre ich gern gestorben! Dort würd' ich gern den Rest der Ewigkeit umherwandeln! Na, wenigstens sterb ich in Begleitung eines Mannes, der die Worte 'semantische Feinheiten' kennt! Wie albern doch die Gedanken eines Menschen im Angesicht seines sicheren Todes sind. Kein Wunder bringt kaum einer, egal wie genial und redegewandt, vernünftige letzte Worte zustande!

Bei diesen wirren Gedanken zog Will Arjen schon in Richtung des Gebäudes an der Ecke und bedeutete ihm mit einem Fingerzeig die Brücke zwischen den Dächern.

"Siehst du da eine Treppe? Die Brücke, könnten wir die irgendwie nutzen?"[1] Die Wiedergänger waren inzwischen so nah heran, dass Will die Worte nur mit Mühe herausbrachte, weil jeder Gedanke in seinem Kopf schrie: laufen, laufen, nur weg von hier!
 1. Ich hab keinen Plan, ob links oder das Haus hoch besser wäre. Geradeaus würd ich allerdings mal ausschließen: das fühlt sich dann doch zu "mutig" an, an den Zombies entlangzulaufen.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 26.02.2015, 20:13:21
Als Will Arjen auf das Haus aufmerksam machte, versuchte dieser selbiges zu fokussieren. Eine Treppe konnte er nicht erkennen, aber sicherlich musste drinnen eine sein. "Es sei denn, sie war aus Holz und ist zu Asche verbrannt", schoss es dem Krieger durch den Kopf. Dennoch nickte er Will zu.

"Es muss drinnen einen Weg aufs Dach geben. Und dann flüchten wir über die Brücke", mit diesem Worten hob Arjen Schild und Schwert, um eventuelle Wiedergänger niederzumachen, die sich ihnen in den Weg stellten, und lief auf das Haus zu.

Dabei schaute er immer wieder über die Schulter, um sicherzugehen, dass Will mitkam. Sonst würde er seinen Schritt verlangsamen und seinem Kameraden helfen. "Folge mir", rief er.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 01.03.2015, 17:12:47
So schnell sie konnten, flüchteten die beiden Männer in das nahestehende Haus. Die Toten waren direkt hinter ihnen, die Arme ausgestreckt, um sie zu greifen, doch knapp entkamen Arjen und Will der hungrigen Meute. Und sie hatten Glück: Es gab eine intakte, steinerne Treppe nach oben!

Mit großen Schritten hasteten sie hinauf, bekamen kaum mit, welche Räume sie passierten. Eine weitere Treppe führte ganz hinauf aufs Dach, während das hungrige Raunen von unten näher kam. Die Toten sammelten sich im Gebäude. Wenn sie von hier wieder auf die Straße kamen, wären sie zumindest den Großteil der Horde los.

Stufe für Stufe ließen sie hinter sich, dann ein letzter, schmaler Gang - und eine Tür. Diese Tür führte hinauf aufs Dach, und würde den sie verfolgenden Toten den Weg abschneiden, wenn sie erst einmal draußen waren.

Sie kamen, das hörten Will und Arjen deutlich.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 10.03.2015, 20:29:59
Ohne zu Zögern stießen Will und Arjen die Tür zum Dach auf. Draußen erwartete sie allerdings zunächst kein hoffnungsvoller Anblick: Fünf Körper lagen direkt vor ihnen, zwei Männer und drei Frauen, in einer riesigen, getrockneten Lache ihres eigenen Blutes. Ihr Schicksal war offensichtlich: Überall waren Stücke ihres Fleisches herausgebissen worden, ja, sogar ein einzelnes Bein lag vor ihnen auf dem Dach. Fast absurd wirkten da die bunten Blüten der Blumen, die jemand in Töpfen vor der kleinen, weißen Balustrade angepflanzt hatte.

Von unten dröhnte das Knurren und Ächzen der Untoten herauf, die langsam die Treppenstufen emporkamen. Die Brücke zum gegenüberliegenden Gebäude lag zu ihrer Linken. Direkt davor jedoch sahen sie weitere Körper: Vier männliche Gestalten, die an die Balustrade angelehnt da saßen, als würden sie nur schlafen, und zwei weitere Gestalten, die auf der Brücke selbst lagen.

Von der Straße drang ebenfalls noch das Stöhnen und Ächzen der wandelnden Toten nach oben.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 12.03.2015, 14:55:46
Will warf einen panischen Blick rundum. Die fünf Leichen am Boden: rührten die sich? Die vier an der Balustrade: tot oder untot? Auf der Brücke die zwei, lagen sie still? Und wie sah es jenseits aus, besser oder genauso schlecht? Blieb ihnen überhaupt noch ein Fluchtweg?[1]

Da, eine Bewegung! Einer der vier an die Balustrade Gelehnten hatte das Bein näher an sich herangezogen. Und der vordere auf der Brücke hatte den Kopf gedreht und die Hände neben sich aufgestützt, um sich gleich hochdrücken zu können.

Aus ist's mit uns, das war's, wie hätt's auch anders kommen können? Warum hätten gerade wir zwei überleben sollen, warum hätten die Götter ausgerechnet über uns die Hand halten sollen, wo's tausend und abertausende Bessere erwischt hat, wo unschuldige Kinder gar dran glauben mussten, von den eigenen Eltern zerfleischt! Wenigstens dass bleibt uns erspart, dass wir von den eigenen Lieben angefallen werden oder diese selbst anfallen! Eine letzte Gnade in dieser Welt, die keine Gnade mehr kennt.

Während Will noch jammernd mit dem Schicksal haderte und sich gleichzeitig in selbiges, da unausweichlich, fügen wollte, zog ein anderer Mann das Schwert an seinem Gürtel und trat, zu seiner vollen Größe aufgerichtet, den Wiedergängern entgegen: Nein, nicht Fabrizio, der Fantastische, diesmal nicht. Barnabas war's, dem Wahn schon nahe, der mit Schwert und Fingerzeig auf Feinde in der Menge wies.

"Ha, ihr Schurken, glaubt nur ja nicht
Dass ich mich schon geschlagen geb.
Noch fließt Blut durch diese Adern,
Noch bläht Atemluft die Brust.
Erst wenn der letzte heiße Tropfen,
Der letzte Hauch den Leib verlässt,
Wenn noch das Aug mir bricht und das Gedärm
Versagt in seiner Pflicht:
Erst dann werd' ich mich in mein Schicksal fügen.
Drum hebt die Schwerter, zückt die Dolche,
Macht euch nur hurtig frisch ans Werk
Das Schlachtfest sei eröffnet!"
[2]

Über die Schulter rief er Arjen zu: "Kümmer du dich um die Tür, ich knöpf mir die ersten vier zwischen uns und der Brücke vor. Eine letzte Überraschung hab ich für sie noch parat."
 1. move action: Perception, s. hier (http://games.dnd-gate.de/index.php?topic=7774.msg960928#msg960928); Ergebnis s. folgende Beschreibung.
 2. Standardaktion: inspire courage: +1 morale bonus auf Rettungswürfe gg. charm and fear Effekte; +1 competence bonus auf Angriff und Schaden.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 21.03.2015, 09:58:21
"Und so wird es also enden", huschte es auch Arjen durch den Sinn, als er die Wiedergänger auf dem Dach erkannte. Als Hauptmann der Armee, hatte er gelernt, immer wie ein Soldat zu denken und bis zum letzten Atemzug zu kämpfen. Immer nach einem Ausweg zu suchen. Und diese Situation bot sicherlich auch einen, wenn auch die Wahrscheinlichkeit, an der Meute vor ihnen vorbei und auf das Nebendach zu kommen sehr geringwar. Doch unwillkürlich ließ er die Arme sinken. Er wollte nicht mehr. Wozu auch? Wozu noch in dieser Welt verharren, die einem nichts mehr bot, außer Tod und Schrecken? Vielleicht öffneten die Götter ihm hier eine Tür zu Diana und Lukas. Und wenn das so war, dann wäre es das beste, durch diese hindurchzutreten.

Dann trat plötzlich Will mit gezogener Klinge vor und begann zu singen. Arjen stutze vor Überraschung. Sein melancholischer Freund bewies hier einen Mut und Überlebenswillen, die ihn beschämte. Und - auch wenn er nie viel für Kunst übrig gehabt hatte - schienen seine Worte ihn innerlich zu packen. Also schloss der Krieger die Finger um den Schwertgriff fester.

Schon wollte er neben Will treten, um ihm gegen die Untoten vor ihnen beizustehen, so dass sie möglichst schnell zwischen diesen hindruch fliehen konnten, doch dann bat ihn der Stückeschreiber, den Rückweg zu sichern und die Tür zuzuhalten. Überrascht folgte Arjen dieser Anweisung und drückte mit seinem gesamten Gewicht gegen die nun geschlossene Tür. "Was denn für eine Überraschung?", rief er seinem Kameraden zu.

Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 21.03.2015, 11:45:52
Als Arjen die Tür verschloss, hörte er das Schlurfen und Stöhnen der Toten im Stockwerk unter ihnen. Ihnen blieb nicht mehr viel Zeit. Und auch Wills Beobachtungen bestätigten sich: Die Körper an der Balustrade und auf der Brücke erhoben sich, oder zumindest die meisten von ihnen! Mit leeren, hungrigen Augen starrten sie auf Will, der für sie nichts weiter als die nächste Mahlzeit war.

Die Toten direkt vor der Tür, zumindest, blieben regungslos. Einige Sekunden blieben ihnen noch, bevor sie kämpfen oder fliehen mussten - Sekunden, die hoffentlich ausreichen würden für Wills Überraschung. Doch er durfte keine Zeit verlieren...
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 21.03.2015, 16:18:43
Will hätte ja gern auf Arjens Frage geantwortet, doch blieb keine Zeit: schon hatte sich vor ihm eine kleine Meute erhoben. Hastig trat er vor und zur Seite, um alle Untote auf einmal in Reichweite zu haben, und zischte ihnen hasserfüllt entgegen: "Meine Worte sind Scherben, scharf wie Messer. // Noch lacht ihr mich aus, gleich wisst ihr's besser!"

Während Will sprach, schien sich in der Luft vor ihm eine Staubwolke zu sammeln, zu verdichten, und kaum dass er zum Ende kam, schoss sie auf die Untoten los. Der Effekt war...[1]

Schwach! Oh Zida hilf! So schwach kenn ich meine Worte ja nicht! So hätt ich das Straflager nicht überlebt. Ha, das kommt vom Prahlen! Hat's ihnen überhaupt was getan? Nicht mehr als ein Schwarm Mücken...

Will hob das Schwert schützend vor sich. "Dann also Plan B."
 1. chord of shards (http://www.d20pfsrd.com/magic/all-spells/c/chord-of-shards): Schaden = 4 (piercing), Reflex vs. 15 negiert, cone 15ft.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 21.03.2015, 16:40:28
Tatsächlich schienen die Splitter den Untoten wenig anzuhaben. Fleisch wurde ihnen herausgeschnitten, doch sie kamen näher, immer näher... bis sie, die Hände hungrig ausgestreckt, nur wenige Zentimeter vor Will zu Boden fielen.

Wills Zauber hatte gewirkt - äußerst knapp, aber doch erfolgreich.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 25.03.2015, 15:05:06
Als Will seinen Zauber sprach, die Untoten jedoch ohne mit der Miene zu zucken weiter auf ihn zumaschierten, schluckte Arjen und fasste den Griff seiner Klinge fester. Ohne Zweifel - so sollte es enden. Doch dann, plötzlich, brachen die Wiedergänger zusammen - einer von Ihnen nur eine Armlänge von seinem Kameraden entfernt.

Die plötzliche Ruhe, die sich über die Szenerie legte, war fast schon wieder verstörend, so überraschend und unverhofft kam sie über die beiden. Ein Augenblick verstrich, in dem Arjen wie versteinert darstand. Dann hörte er wieder das Schmatzen und Raunen hinter der Tür, die er mit seinem ganzen Gewicht zudrückte und diese Geräusche holten ihn wieder ins Hier und Jetzt zurück.

"Eine tolle Überraschung, Will!", rief er zum Stückeschreiber hinüber. "Aber bevor wir rausfinden, ob die Wiedergänger noch ein drittes Mal zu wandern beginnen können, oder ob sie nun endgültig tot sind, ziehe ich es vor, von hier zu verschwinden."

Mit diesen Worten deutete Arjen mit dem Schwert auf die Brücke zum Dach des Nachbarhauses. "Ich würde sagen, wir versuchen unser Glück dort!", rief er. "Auf drei?"

Sobald Will ihm ein Zeichen gäbe, dass er bereit war, würde Arjen runterzählen und loslaufen. Er wollte sich vor seinen Kameraden setzen, insbesondere mit Blick auf die beiden Gestalten, die auf der Brücke lagen und sich eventuell noch einmal erheben wollen würden.[1]
 1. Ready Action
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 25.03.2015, 19:37:06
Will war noch viel überraschter als Arjen, als die vier Untoten vor ihm umfielen.

"Ha, die Götter sind doch noch mit uns!" rief Will, denn er wusste: das war er nicht allein gewesen, da hatte das Schicksal oder ein Gott die Hand im Spiel. "Auch wenn's das letzte As in meinem Ärmel war: der Stich ging an uns!"

Doch Arjen dämpfte sein Triumphgefühl sofort. Stimmt, die sind ja gar nicht tot! Dazu müsste man ihnen einzeln den Schädel einschlagen, doch dazu bleibt keine Zeit. Nach unseren Füßen werden sie schnappen, ha, da schnappt schon einer, schnapp der nächste, und dort kriecht eine Hand, abgetrennt unter dem Ellenbogen, aber trotzdem genug, uns zum Stolpern und zu Fall zu bringen...

"Drei!" rief Will panisch und rannte los, ohne auf Arjen zu warten, doch stolperte er bei jedem Schritt oder sprang erschrocken zur Seite, weil er dachte, eine Bewegung zu sehen, oder machte einfach bloß zick, wo er hätte zack machen müssen. Taumelnd stand er schließlich an der Brücke, die ihm entsetzlich schmal vorkam, und entsetzlich tief war der Abgrund.[1]

Melonen! Melonen! Wie Melonen werden unsere Schädel beim Aufschlag zerplatzen. Und das Werk, oh, das Werk wird nie geschrieben, weil mein Hirn am Pflaster klebt.

Zitternd blieb er stehen. Er probierte es mit Zureden: Hinüber muss ich dort, es hilft ja nichts. Und wenn ich fall, so fall ich halt. Besser ist der Tod in der Tiefe als der Tod hier oben! Dann mit Beschwören: Fabrizio, Barnabas, wenn's sein muss auch Claudio: wo seid ihr denn, so helft mir doch!

Doch keiner der drei eilte ihm zur Hilfe und allein brachte er den Mut nicht auf und so stand Will noch da, als Arjen ihn erreichte.

 1. Acrobatics = 6 (nat. 1) Ich interpretier das mal so, dass er sich gar nicht von allein darauf wagt (besser als runterfliegen...)
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 25.03.2015, 20:03:20
Tatsächlich griffen und schnappten die Toten, zerstückelt wie sie waren, noch immer nach den beiden Männern. Ein einzelner Strang aus Nerven und Sehnen, der einen Arm noch mit dem Körper verband, reichte aus, damit Wills Fuß gegriffen wurde, doch konnte der Barde sich gleich wieder befreien.

Kurz darauf war Arjen bei ihm, und so standen sie vor der Brücke, den Blick auf die letzten beiden Leichen gerichtet - eine an der Balustrade, eine auf der Brücke selbst liegend -, die sich zumindest bis jetzt noch nicht erhoben hatten. Nur drei Meter entfernt lag das gegenüberliegende Dach - und nicht nur das: Es gab ein Tor! Im Moment stand es offen, doch es schien intakt. Schmiedeeisern ragte es drei Meter nach oben, unüberwindbar für jeden wandelnden Toten, noch dazu mit einem ebenfalls eisernen Riegel von der Dicke eines Unterarms versehen.

Im gleichen Moment wurde hinter ihnen die Tür aufgestoßen. Knurrend, grunzend und stöhnend strömten die wandelnden Leichen heraus wie aufgescheuchte Fliegen von einem toten Tier.

"Ist... ist da jemand? Ein Lebender? Bitte... ich... brauche Hilfe..."

Die weibliche Stimme kam vom anderen Dach, irgendwo hinter der Mauer, die an das Tor angrenzte.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 29.03.2015, 12:20:38
Mit hastigen Schritten erreichte Arjen Will. Um sie herum schien das Tollhaus vollkommen geworden zu sein. Er sah, wie sein Kamerad - wohl vor Schreck erstarrt - vor der reglosen Leiche auf der Balustrade stand, ohne sich auf die Brücke zu trauen. Um sie herum zuckte Leichenteile. Abgetrennte Gliedmaßen schnappten nach ihnen und auch ein Kopf ohne Körper klapperte mit den Zähnen. Der Anblick war erschaudernd grotesk. plötzlich viel Arjen ein, dass es ein berühmtes Stück gab, in dem der Hauptprotagonist immerzu mit einem Schädel sprach. Er kannte weder den Namen des Stücks, noch seinen Autor, noch irgendwelche anderen Einzelheiten. Bei Gelegenheit konnte er ja Will fragen - der wüsste sicher die Antwort. Das heißt - falls sie hier überhaupt lebend rauskamen.

Hinter ihnen flog die Tür auf und die Wiedergänger strömten heraus, wie Feuerameisen aus einem Loch in der Erde. 'Wir müssen hier weg. Jetzt - sofort! Ich muss ihn hier wegschaffen', schoss es Arjen durch den Kopf. Der Hauptmann in seinem Kopf übernahm wieder. Ohne weitere Zeit zu verlieren, hob er seine Klinge und ließ sie mit voller Wucht auf den Kopf des Leichnams vor Ihnen niederfahren und diesen wie eine Axt einen Holzscheit spalten.[1]

Danach drehte sich Arjen zu Will und versuchte seinen zwanglosesten Tonfall, um seinen Kameraden aufzurütteln. "Der macht uns keinen Ärger mehr. Und jetzt komm!"[2] Mit diesen Worten griff Arjen mit der Linken den Oberarm des Stückeschreibers und versuchte ihn mit sich zu ziehen, während er seinen Fuß auf die Brücke setzte und diese bestieg.[3] In diesem Moment hörte er auf der anderen Seite - wohl durch die offenstehende Tür - den Hilferuf der Frau. 'Bei den Göttern - hört das denn nie auf. Nun gut - da sind also noch mehr von denen, aber vielleicht weniger als hier. Und zumindest gibt es da noch lebende Menschen. Vielleicht hilft diese Stimme, Will wieder zu sich zu bringen. Hoffentlich.'

Mit diesen Gedanken schlurfte Arjen nach vorn und zog Will mit sich. Die Augen und die Schwertspitze waren auf die Leiche vor ihnen gerichtet. Sollte sich diese rühren, würde er ihr sofort die Klinge in den Kopf jagen. Falls sie reglos blieb, bis Arjen sie erreichte, hatte er vor, sie mit einem kräftigen Fußtritt von der Brücke nach unten zu befördern und zügig weiterzugehen.
 1. Standard Action; Angriff: 14, Schaden 9
 2. Sprechen: Free action
 3. Standard Action: Will mitziehen. Da es sich um eine Aktion mit einem SC handelt, habe ich nicht gewürfelt. Meister, gib bitte Bescheid, falls ich einen Stärke-Wurf machen soll, oder etwas anderes.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 29.03.2015, 17:04:11
Die Geräusche um Will waren seltsam gedämpft und er sah alles wie durch einen Nebel: Arjen, der dem Untoten den Schädel spaltete, der ihm dann etwas zurief, sich vorbeidrängte, seinen Arm ergriff. Auch der Sinn der Worte ging an Will vorbei, berührte ihn nicht. Einen Fuß auf die Brücke setzen? Den Mumm hab ich nicht! Wenn einer der drei mir nur helfen tät!

Kaum hatte er dies gedacht, kam ihm tatsächlich jemand zu Hilfe—einer, mit dem er im Leben nicht gerechnet hätte. Und dieser ließ sich ohne Widerspruch von dem Kameraden auf die Brücke ziehen, wobei er deklamierte:

"Don Pedro, ach, wo bleibst du denn?
Hier stehe ich vor Schreck erstarrt.
Bin Spielmann bloß und kein Soldat,
Auch wenn ich deren Lieder kenn.
Frügst du mich jetzt, mir fiel keins ein.
Zu tief ist der Abgrund, zu schmal die Brück',
Zu zahlreich der Feind, oh sieh nicht zurück!
Da soll ein Mensch noch mutig sein.
Halt mich, Don Pedro, nein lass lieber los,
Sonst gibt's von uns beiden gleich Kalbsbries mit Soß'!"


Thomas der Reimer blieb gerade lang genug, um Will in Reichweite des eisernen Tores zu bringen und auch noch den letzten Schritt hindurch, dann war Will wieder allein mit seiner Angst. Und doch, obwohl er noch immer am ganzen Leib zitterte—so kam es ihm vor, wenn tatsächlich nur hier und da mal ein Muskel zuckte: der Rest war Einbildung und sein rasender Puls—und trotz alledem schien er längst nicht mehr so panisch wie Augenblicke zuvor.

Tom, das bin ich! Wenn er mir geholfen hat, war ich es selbst! Wenn sein Mut mich über die Brücke brachte, dann war es mein eigener!

Und natürlich Arjen.

"Danke", sagte er, beide Hände am Tor, bereit, es zuzuschlagen. Die Untoten drängten heran.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 29.03.2015, 19:39:24
Noch bevor sie ihrer Umgebung einen genaueren Blick widmeten, kümmerten sich die beiden Männer - Freunde inzwischen, obwohl sie sich erst so kurz kannten - um das eiserne Tor. Arjen schob es zu, Will legte den Riegel in die an der Mauer befestigte Halterung. Durch die Stäbe des Tors konnten sie die wandelnden Toten noch immer sehen, die weiter unbeirrt in ihre Richtung liefen, wie Jagdhunde auf der Fährte eines Fuchses. Doch dieses Hindernis würden die geistlosen Kreaturen, die bereits an der Brücke angekommen waren, nicht ohne Weiteres überwinden.

Nun endlich sahen Arjen und Will sich genauer um. Das Dach war ähnlich aufgebaut wie das, von dem sie kamen; ein Verschlag in der Mitte führte durch eine Tür in das Innere des Gebäudes. Auf dem Boden lagen weit verteilt eine ganze Reihe Leichen - reglos, zumindest im Moment. Nur ein Körper regte sich noch: Links von ihnen, an die dortige Mauer gelehnt, eine junge Frau in Rüstung, ein Breitschwert neben sich auf dem Boden.

Sie hob ihren Arm, ließ ihn aber gleich wieder kraftlos fallen. "Keine Sorge, sie sind alle tot. Endgültig."

Es war schwer zu sagen, was genau hier passiert war, aber die Frau musste mitten im Geschehen gewesen sein. Ihr Haar war so voller Blut, dass man ihre Haarfarbe nicht mehr erkennen konnte, Rüstung und Schwert wie auch das Gesicht unter den dunkelroten Spuren kaum noch zu erkennen.

Sie lächelte. "Mir ist egal, ob ihr nur plündern und mir die Kehle durchschneiden wollt. Macht es ruhig. Ich hätte nicht zu hoffen gewagt, noch einmal lebende Gesichter zu sehen, bevor ich sterbe."
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 29.03.2015, 20:26:12
"Und vorher vergewaltigen, hast du vergessen", ergänzte Will trocken. "Dürfen wir das auch?"

Doch er wurde sofort wieder ernst. Soweit er es aus der Entfernung—sie war noch gut vier Schritt entfernt und saß zusammengesunken auf dem Boden und vor lauter Blut sah man nichts—aber auch von ihren Worten her beurteilen konnte[1], war sie schwer verletzt. Und selbst wenn sie nicht tödlich verletzt war, bestimmt hatte sie etwas von all dem in den Mund bekommen, und dann war sie schlimmer noch als tot.

"Aber eigentlich sind wir auch einfach nur froh, eine Lebende zu sehen. Aber wenn wir dir helfen sollen, du weißt schon, dann..." An dieser Stelle versagte die trockene Kehle ihm kurz ihren Dienst und er musste sich räuspern, "... also, dann machen wir das. Ich heiße Will und das hier ist Arjen."
 1. perception = 18; sense motive = 7, Antwort des SL hier (http://games.dnd-gate.de/index.php?topic=7774.msg962561#msg962561)
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 29.03.2015, 20:40:00
Die junge Frau stieß ein bitteres Lachen aus, sagte aber sonst nichts zu Wills Ausspruch. "Ich bin Jeana, Mitglied der Stadtwache. Wir waren auf einer Mission unterwegs, die..." Sie sah sich um, sah zu den Leichen auf dem Boden. "Ist wohl ziemlich schiefgelaufen. Seid ihr alleine unterwegs? Wisst ihr von der Reststadt?"
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 29.03.2015, 22:08:21
Auf dem anderen Dach angekommen und die Gittertür verschlossen, wandte sich auch Arjen der Szenerie zu. Seine Gedanken waren bei Will und den Zeilen, die er aufgesagt hatte, als sie über die Brücke liefen. 'Man muss es ihm lassen, belesen ist er. Und wenn die Texte etwas einfacher gestrickt wären, könnte er damit auch Soldaten vor einem Kampf anfeuern. Aber ich bin froh, dass sie es nicht sind. Das Leben ist viel zu kompliziert für die einfachen Texte unserer Kampflieder - da passen Wills Werke besser.'

Sein erster Gedanke bei der vielen Leichen, die sie erblickten, war der gleiche, wie vor einer Minute: Schwert fester fassen und alle Köpfe einschlagen. Dann bewegte sich eine Gestalt und er wollte schon darauf losstürmen. Erst als die Frau sprach, erkannte er, dass es sich um die Stimme handelte, die nach Hilfe gerufen hatte.

Zunächst war er geschockt von dem Zustand der Frau. Während Will wortgewandt antwortete, versuchte Arjen, seine Sprache wiederzufinden. Als Jeana sich dann vorstellte, gingen ihm tausend Fragen durch den Kopf. So viele Jahre waren vergangen, doch die eingeimpfte Denkweise eines Soldaten drängte an die Oberfläche, wie Gischt an eine stürmische Küste. Alles in ihm sagte, dass dies hier eine Schlacht war. Und dort vorne lag ein Kamerad, der Hilfe brauchte.

"Wir müssen ihr helfen", sagte er schlicht zu Will und lief zu Jeanna los. Wieder einmal bedauerte er, in den sechs Jahren beim Heer keine Weiterbildung in der Heilkunst in Anspruch genommen zu haben. Aber nun gut, er hatte genug offene Brüche geschient, Hieb- und Stichverletzungen abgebunden und genug Männer am eigenen Blut ersticken gesehen, um zumindest laienhaft erste Hilfe zu leisten. Mit drei schnellen Sätzen war er da un kniete schon neben der Wächterin. Er besah sich ihre Wunden und hielt sich nicht mit Höflichkeitsfragen auf, sondern griff auch durchaus an Arm, Bein und Rücken, um Verletzungen zu prüfen oder zu ertasten.[1]

Tausend Fragen brannten ihm auf der Seele: 'Welche Reststadt? Wo ist diese? Was war eure Mission? Gibt es einen organisierten Widerstand? Was wisst ihr über diese Plage?' Aber all das musste jetzt warten. Stattdessen sagte er: "Ich bin kein Heiler. Nur Soldat. Bitte hilf mir und sag, welche Verletzungen du hast." Dann fiel sein Blick auf ihre blutverschmierten Lippen und er fügte nach kurzem Zögern hinzu: "Hast du etwas von deren Blut verschluckt?"
 1. Untrained Heal check: 15
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 29.03.2015, 22:28:34
Helfen, dachte Will. Richtig. Natürlich denkt Arjen zuerst daran, während ich selbst der guten Frau zur Begrüßung gleich anbiete, ihr den Schädel einzuschlagen.

Er folgte Arjen und beobachtete, wie dieser Jeana durchaus fachmännisch untersuchte—zumindest sah es für Wills Laienauge so aus. Er selbst behielt das Schwert in der Hand.

"Draußen ist eine ganze Horde unterwegs, Jeana. Ist das Dach hier nach unten hin abgesichert?"

Und zu Arjen gewandt, fügte er noch leise hinzu. "Mein letztes As ist gespielt, sonst könnt ich helfen. Ach, hätt' ich heut nicht schon versucht, einen Toten zu heilen!"
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 29.03.2015, 22:59:16
Jeana ließ Arjens Untersuchung wortlos über sich ergehen, während sie Will antwortete. "Wir haben die Tür abgeriegelt, da kommt keiner mehr durch - nicht mal ein Lebender."

In dem Moment schob Arjen seine Hand zwischen sie und die Mauer, um ihren Rücken zu untersuchen. Die Soldatin hatte eine Menge kleiner und mittelschwerer Verletzungen. Sie musste wie eine Löwin gekämpft haben, bis zur völligen Selbstaufgabe. Arjen hatte so etwas schon früher gesehen. Wenn er sich nicht irrte, dann hatte diese Frau nicht einfach nur ums Überleben gekämpft. Sie hatte jemanden beschützt. Und war gescheitert, wie es schien.

Seine Hand glitt in Richtung ihrer unteren Wirbelsäule - und er spürte ein Stück Stahl, das in ihrem Körper steckte. Sie stöhnte bei der Berührung leicht auf, dann grinste sie ihn schief an. "Ein Unfall. Carnis warf einen Dolch, verfehlte aber sein Ziel. Genau in dem Moment, als ich mich runtergebeugt hab, um eine der Bestien zu erledigen, traf mich das Ding. Genau zwischen die Platten, zwischen dem Rückenpanzer und dem Beinschutz. Es hat ihn so geschockt, dass er gleich drauf gebissen wurde, weil er nicht aufgepasst hat."

Sie zeigte auf ihre Beine. "Ich spür sie nicht mehr. Keine Kontrolle. Aber ich hab trotzdem noch sieben von denen erlegt. Wurde aber gebissen, mehrmals. Verschwendet eure Energie also nicht mit dem Versuch, mich heilen zu wollen."
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 30.03.2015, 13:21:26
"Sieben", sagte Will. "Vom Boden aus? Herrje, und ich bin froh über jeden einzelnen von ihnen, den ich umhaue, während ich auf beiden Beinen steh'."

Vielleicht wird es etwas einfacher, mutig zu sein, wenn man schon gebissen ist, wenn man sein Schicksal schon besiegelt weiß? Zida hilf, dass ich es nie herausfinden muss!

"Dann können wir tatsächlich nichts weiter für dich tun, als dir Gesellschaft zu leisten, bis es soweit ist, und dann dafür sorgen, dass du liegen bleibst. Das hab ich ernst gemeint. Du musst nicht denken, wir wären zu zimperlich für sowas."

Entgegen seiner Worte sah Will allerdings doch sehr blass dabei aus, um nicht zu sagen grün, und stünde er auf einer Bühne, seine Stimme hätte kaum die vorderen Stehplätze erreicht. Er sah sich nach einem Platz um, wo er sich hinsetzen könnte—schließlich würden sie unter Umständen eine geraume Weile hier bleiben, je nachdem, wie schnell es mit der armen Frau zu Ende ging—doch innerhalb von drei Schritt Umkreis fand er kein Fleckchen, das nicht mit Blut getränkt war. Sein Blick glitt noch einmal über die ganzen Leichen auf dem Boden und er versuchte zu erkennen, wie viele davon Jeanas eigene Kameraden gewesen sein mochten.

"Ach Barnabas, du tatest recht daran, dich in den Wahn zu flüchten!" Will stutzte. "Ha! Da fällt mir doch noch etwas ein, das ich dir versprechen kann: einen Ehrenplatz in meinem Stück. Aradan, Stadt der Toten. Eine Tragödie in drei Teilen. Wir befinden uns momentan im zweiten Teil. Das ist der, an dessen Ende wir die Untoten besiegen, auch wenn alle Helden dabei sterben. Die Nachwelt, wenn es eine gibt, soll dich als Jeana, die Löwin von Aradan in Erinnerung behalten."

Wie Will so daherredete, kehrte ein wenig Farbe in sein Gesicht zurück und auch seine Stimme wurde wieder fester. Er ging vor Jeana in die Hocke und sponn seinen Faden weiter, obwohl er wusste, dass es eigentlich wichtigeres zu besprechen gab. Wer weiß, wie lange Jeana noch hatte? Doch seine Gedanken beugten sich nicht dem Diktat der Notwendigkeit. Überhaupt, wer definierte, was wichtig war?

"Natürlich kann ich den Namen auch abändern, wenn dir das lieber wär, aber deine Taten sollen nicht vergessen sein. Du musst mir erzählen, was genau hier passiert ist, damit ich das auch richtig mache. Du sagtest vorhin etwas von einer Reststadt? Dann gibt es noch weitere Überlebende, einen echten Widerstand? Wo? Wieviele? Kann man sich dem anschließen? Vielleicht kennst du dort sogar jemanden, der Lissie heißt und ganz viele Kinder dabei hat, so an die zwanzig? Herrje, meine Gedanken sind ja noch wirrer als sonst! Ich muss dir herz- und gefühllos vorkommen, wenn ich so daherschwatze und dir nur noch schnell alles aus der Nase ziehen will, bevor dir die Sinne schwinden und der Tod dich ereilt. Zu recht magst du mir vorwerfen, nur an mich und allenfalls noch an die Geliebte und den Kameraden zu denken, aber zu mehr reicht's gerad' nicht, sonst wird's zuviel, sonst verlässt einen der Mut und man stürzt sich vom Dach und der Leib zerschellt wie das Schiff an der Küste und das Grauen hat ein Ende!"

Das alles sagte er, fast ohne Luft zu holen, während seine Aufmerksamkeit immer wieder zum Gittertor gelenkt wurde, wo die Untoten sich drängten, raunten und schmatzten und die Arme durch die Stäbe streckten und dabei hungrig mit den Mäulern schnappten.

"Was", murmelte er, vom Blick der beiden Lebenden in die Ecke gedrängt, obwohl er den Ausdruck auf ihren Gesichtern nicht deuten konnte. "Es kann halt nicht jeder ein Löwe sein. Manch einer taugt bloß zum Reimer."
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 30.03.2015, 14:49:05
Als Jeanna davon sprach, bereits gebissen worden zu sein, malmte Arjen mit den Kiefern. "Verdammt!", entfuhr es ihm, bevor er sich wieder unter Kontrolle hatte. Er wusste nicht, was mit ihm los war. Nach all dem Tod - wieder und wieder - hatte er gerade jetzt ausgerechnet gehofft, jemandem tatsächlich helfen zu können. Zumindest eine Menschenseele in dieser Hölle retten zu können. Aber sie kamen zu spät. Warum ging ihr nur dieses Opfer so viel näher, als all die anderen Toten um sie herum in den letzten Tagen?

'Weil sie Soldat ist? Ein Kamerad? Nein - das allein ist es nicht', dachte er. 'Ich habe genug meiner Männer sterben sehen und schlimmeres, damit mich ein blutender Soldat nicht aus der Fassung bringt, auch wenn man um jeden einzelnen trauert. Wahrscheinlich liegt es daran, dass sie eine Frau ist. Von klein auf habe ich gelernt, dass es Frauen zu beschützen gilt. Auch wenn wir im Heer auch weibliche Soldaten hatten - an den Anblick habe ich mich nie gewöhnen können.'

Wills Worte rissen ihn wieder aus seinen Gedanken. Er faselte etwas von einem Theaterstück, an dem er arbeitete. Was sollte das? War Will nun vollständig verrückt geworden. Hatten die letzten Vorkommnisse ihm gänzlich den Verstand geraubt? Diese Frau war die erste, die etwas von anderen Überlebenden erwähnt hatte, und sie könnte jede Sekunde sterben und dieses Wissens mit ins Grab nehmen, und er wollte mit ihr über die feinen Künste sprechen?

Arjen wollte seinen Freund gerade unterbrechen und die Fragen laut aussprechen, die er sich vor einer Minute noch verkniffen hatte und die auf ihr Überleben abzielten, da hörte er, wie der Stückeschreiber ihm zuvorkam. So war das also. Soldat und Künstler. Er hätte wohl die Fragen frei heraus gestellt und Jeannas letzte Minuten in einen Bericht, wenn schon kein Verhör verwandelt. Will hatte es geschafft, die gleichen Fragen in ein zwangloses Gespräch über die schönen Dinge des Lebens und eine posthume Erwähnung in einem großen Theaterstück einzuflechten. Sicherlich würde er ihr damit angenehmere Augenblicke vor dem bevorstehenden Tod bereiten, als er es getan hätte.

Also bliebt Arjen stumm, nickte der Soldatin nur zu, als Zeichen, dass er verstanden hatte, und hörte nur zu. Wills abermaliges Versprechen, ihr das Untotendasein zu ersparen kam ihm wieder in den Sinn. 'Reden kann ich vielleicht nicht. Aber zumindest diesen Dienst werde ich gut verrichten können', dachte er sich und schloss umschloss den Schwertgriff fester.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 30.03.2015, 15:16:06
Jeana nickte bei Wills Angebot, ihre "Auferstehung" zu verhindern, wenn es soweit war. "Ich will keiner von denen werden. Ich verrate euch etwas. Ich spüre es schon. Ich verändere mich. Ich habe euch gerochen, bevor ich euch gehört habe. Und ich hatte... Bilder im Kopf. Dinge, die sich kein gesunder Geist vorstellen würde." Bei ihren letzten Worten wurde ihre Stimme leise, fast flüsternd.

Als Will dann von seinem Stück sprach, lächelte sie wieder. "Es ist schön, dass es noch Menschen gibt, die an mehr als das reine Überleben denken. Behaltet es bei. Das macht uns zu Menschen." Sie hob ihre Hand, und griff damit nach Wills. Ihr Griff war schwach. Ruhig, nicht zitternd, aber kaum zu spüren, so sanft war ihre Berührung. "Wer heute noch an Poesie denkt, der kann nicht herzlos sein."

Sie ließ Will wieder los, und brauchte einige Sekunden, um neue Kraft zu schöpfen. "Die Reststadt. Es gibt ein Stadtviertel, der letzte Verteidigungswall, an dem sich die Stadtwache versammelt hat. Wir schafften es, die Toten zurückzuschlagen. Immer wieder gab es neue Katastrophen, Leute in unseren Reihen, die gebissen worden waren und die Seuche wieder in unsere Mitte brachten, aber seit gut einem Tag herrscht Ruhe. Es gibt provisorische Mauern, der Ort ist abgeriegelt, die Überlebenden sind sicher, zumindest für den Moment."

Jeana schien erschöpft nach ihrer Erklärung, lehnte kurz ihren Kopf an die Mauer und schloss die Augen. Etwa eine halbe Minute später öffnete sie sie wieder. "Es gab einen Magierzirkel, sie haben uns unterstützt. Das Feuer in der Stadt... sie haben Portale geöffnet, und riefen Elementarwesen herbei. Wir haben die Stadt niedergebrannt, mussten es tun, weil die Toten ansonsten alles überrannt hätten. Viele der Magier haben so viel von ihrer eigenen Energie gegeben, dass sie selbst dabei starben. Aber sie haben die Toten zurückgeschlagen, unser Überleben überhaupt ermöglicht."

"Die Wache macht mehrmals täglich Rauchsignale, um weitere Überlebende anzulocken. Von den Dächern aus müsstet ihr sie sehen können. Aradan mag gefallen sein, aber ein paar Tausend Überlebende gibt es noch. Und die Stadtwache, oder was von ihr übrig ist, sorgt dafür, dass kein wandelnder Toter und kein Infizierter die Schwelle in die Reststadt überschreitet."

Sie lächelte wieder, sah Will dabei in die Augen. "Frauen, Männer, Kinder. Vielleicht ist deine Lissie auch dort."

Dann wurde ihr Blick wieder ernst. "Wir waren auf einer Mission unterwegs. Ein Zauberbuch für die Überlebenden des Zirkels. Magie, die unser weiteres Überleben sichern kann." Ihr Blick wanderte über die Leichen auf dem Boden. "Tellas hatte einen schwarzen, ledernen Rucksack dabei. Er muss hier irgendwo liegen. Ihr müsst das Buch zurückbringen. Als ich euch gerufen habe... das ist es, wobei ihr mir helfen müsst. Lasst mich und meine Freunde nicht umsonst gestorben sein."
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 30.03.2015, 16:53:41
Verdammt! Das hätte Will doch wenigstens sagen können, um der Frau seine Anteilnahme an ihrem Schicksal zu zeigen. In einem Wort hatte Arjen mehr ausgedrückt als er selbst in hundert! Vielleicht hatte Ben doch recht gehabt, als er seinerzeit über eines von Wills Stücken schrieb—war's die Kaufmannstochter oder Eine Reise im Winter? ein Frühwerk jedenfalls—'Jeder andere Dichter hätte in der halben Zeit das doppelte gesagt.' Und noch bissiger: 'Statt seine Figuren über ihre Gefühle reden, sollte Marlowe sie lieber einmal etwas fühlen lassen, sollte er den Schauspielern lieber einmal zutrauen, dass sie die passenden Gefühle zeigen mit ihren Gesten und ihrer Mimik, statt ihnen diese mit seinen Worten in den Mund zu legen, wo sie nicht hingehören.' Letzteres war eine billige Forderung für jemanden wie Ben, der glattweg unfähig war, Gefühle in Worte zu fassen, und daher von vorneherein darauf angewiesen, dass die Schauspieler seinen Figuren Leben und Gefühl einhauchten.

Verdammt! Das wäre trotzdem nicht zu viel verlangt gewesen. Will wollte es gerade nachholen, da ergriff Jeana seine Hand und er musste sich zusammennehmen, sie der Sterbenden nicht zu entreißen.

Nein, nein, nein, bloß nicht berühren! Das macht dich zu Fleisch und Blut, zu einem lebenden, leidenden Menschen, wenn ich doch gerade schon versucht habe, dich zu einer Figur auf der Bühne zu machen, mit der man lieben und leiden kann und dann geht man nach haus, und wenn's ein gutes Stück war, denkt man noch den Abend und am nächsten Tag drüber nach, und dann geht das Leben weiter!

Doch er zog seine Hand nicht zurück, erwiderte vielmehr den Druck, und dachte an Lissie. 'Ein krankes Kind will nur gehalten werden, Will, nicht unterhalten, auch wenn dir das leichter fällt. Denk doch einmal bloß nicht nur an dich!' Dabei hatte sie nicht bös geguckt, nur müde.

"Den Rauch, den haben wir gesehen, aber wir wussten nicht, ob er etwas gutes oder schlechtes bedeutet", sagte er. Seine Miene hellte sich auf. "Aber wenn mehrere Tage hintereinander immer an derselben Stelle Rauch aufsteigt, dann muss es einem klar werden, dass eine Absicht dahinter steckt! Dann kommt Luca vielleicht von allein auf die Idee, mit seinen Mädchen dorthin zu fliehen. Und vielleicht hat er ja inzwischen andere Helfer gefunden. Und sonst müssen wir ihn eben holen gehen."

Wie immer war Will im Geist ein Dutzend Schritte voraus. Er drückte Jeanas Hand noch einmal. "Danke, Jeana. Du machst uns Mut."
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 08.04.2015, 16:37:15
Arjen hört Jeanas Ausführungen mit aschfahler Miene zu. Es will ihm immer noch nicht so recht gelingen, zu akzeptieren, dass diese Frau nicht gerettet werden kann. 'Da finden wir endlich jemanden, dem wir helfen könnten, aber auch hier sind wir zu spät.'

Doch dann hört er die Geschichte von der Reststadt - ein Refugium, an dem Überlebende Schutz suchen und Widerstand leisten. Das ist genau das, wonach er gesucht hatte. Genau das, wonach er Luca gefragt hatte: Und es schien diese Ort tatsächlich zu geben.

Etwas rührt sich in ihm. Der altvertraute Drill der Armee, sich zur sicheren Rückzugslinie zurückzuziehen, gepaart mit dem Beschützerinstinkt eines Ehemannes und Vaters, der in dieser Rolle kläglich versagt hat. Plötzlich schöpft er neue Hoffnung: 'Oh, ihr Götter. Lasst ihr mich deswegen nicht zu meiner Familie? Muss ich vorher meine Schuld tilgen, in dem ich andere Unschuldige zu retten versuche?'

Dem Krieger ist klar, dass er trotz all seiner Mühen, immer noch in den Dogmen des Heeres denkt. Nur ein Soldat könnte meinen, die Götter lassen ihn weiter auf Erden, damit er weiter Krieg führen kann. Es ist wohl eine bequeme, eine allzu bequeme Erklärung, die sich ihm aufdrängt. Aber zumindest ergibt sie ein wenig sinn in diesem sinnlosen Chaos um sie herum.

Als er Jeanna von dem Buch sprechen hört, nickt er. "Wartet bitte. Ich suche danach." Damit wendet er sich ab und beginnt damit, zwischen den Leichen und dem Blut Ausschau zu halten nach etwas, was dem beschriebenen Buch ähnlich sehen könnte. Doch er ist zu aufgewühlt und es ist zu viel Blut Schlimmeres über den Dachboden verteilt, als dass er es schnell ausmachen könnte. Und so beginnt er noch einmal systematisch mit der Suche und versucht, sich mehr Zeit zu lassen, um ja nichts zu übersehen.[1]
 1. Perception: 3; Daraufhin Take 20
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 08.04.2015, 18:13:08
"Ihr seid es, die mir Mut machen", gab die junge Kriegerin lächelnd zurück. "Ich hatte die Hoffnung schon beinahe aufgegeben."

Es dauerte eine Zeit, doch schließlich fand Arjen, wonach er gesucht hatte: Ein schwarzgefärbter, lederner Rucksack, blutgetränkt wie alles hier auf dem Dach, in dem mehrere größere und kleinere Gegenstände untergebracht waren. Der Rucksack war mit einer geschickten Schnürung verschlossen, so dass der Inhalt vermutlich von den Spuren des Kampfes verschont worden war.

Jeana nickte ihm zu, als Arjen die Tasche brachte. "Öffnet sie. Es muss ein Buch darin sein, und ein Kristall. Betet, dass er intakt ist. Wenn ja, ist er euer Weg hier heraus."

Nachdem Arjen den Rucksack geöffnet hatte, brachte er die Gegenstände darin zum Vorschein. Ein schweres Buch in braunem Ledereinband und ohne Beschriftung war das Erste, was er hervorholte. Jeana nickte erneut. "Das ist das Buch. Es enthält Zauber, die dem Zirkel helfen sollen, die Ursachen der Seuche zu ermitteln, und auch solche, die gegen die Toten eingesetzt werden können."

Das nächste war ein Kristall, etwa faustgroß und mattweiß. Er war natürlich gewachsen und wies am mehreren Punkten Bruchstellen auf, doch konnte Arjen keine Bruchstücke in dem Rucksack finden. "Das ist er. Er ist noch intakt, gut. Wenn ihr... hier fertig seid, dann stellt ihn auf den Boden, und berührt ihn mit den Händen. Keine Handschuhe, ihr müsst ihn direkt berühren! Sprecht die Worte: Arith Shezai Eanlith. Dadurch aktiviert ihr die in ihm gespeicherte Magie. Er öffnet ein Dimensionstor, durch das ihr an unseren letzten Stützpunkt gebracht werdet. Ein abgesichertes Gebäude auf halbem Weg zur Reststadt. Zwei aus unserer Gruppe, Filias und Orek, warten dort auf unsere Rückkehr."

Nach dem Kristall brachte Arjen noch eine Phiole mit einem bläulich schimmernden Trank zum Vorschein. Erneut erschien ein Lächeln auf Jeanas Gesicht. "Wer hätte gedacht, dass das übersteht... ein Heiltrank. Er hilft euch nicht, wenn ihr gebissen werdet, aber normale Verletzungen könnt ihr damit heilen. Ein kleiner Schatz, der hiermit euch gehört."

Das letzte, was Arjen aus dem Rucksack hervorholte, war eine Schale aus weißer Keramik. Der Deckel war mit einer einfachen Schnur festgebunden worden. "Und noch etwas Nützliches", erklärte Jeana. "Jede Waffe, die ihr damit einreibt, erhält für kurze Zeit magische Kräfte. Ob Bogen oder Schwert, ihr werdet besser treffen und mehr Schaden anrichten. Aber geht sorgsam damit um, es ist nicht mehr viel übrig."
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 09.04.2015, 19:19:33
"Dann haben wir Glück und einen Plan! Das ist mehr, als wir noch für wenigen Augenblicken hatten."

Während Jeanas langer Rede war er vor ihr auf und abgegangen, um den sich ankündigenden Krampf im Bein zu lösen, doch nun ging er wieder vor ihr in die Hocke.

"Über Dimensionstore habe ich auch schon einmal etwas gelesen, aber ich hätte nie gedacht, dass ich einmal durch eins hindurchtreten würde! So, und die gelehrten Herrn Gelehrten wissen also auch nicht, was hier passiert ist? Das ist der Grund, warum ich am zweiten Teil der tragischen Trilogie arbeite: um den ersten schreiben zu können, müsste ich das nämlich wissen.

Aber wenn du jetzt alles gesagt hast, was du meinst, dass wir hören mussten, dann bleibt eines noch: dein letzter Wunsch. Was können wir für dich noch tun, Jeana, das wir nicht schon versprochen haben? Eine Nachricht an einen Freund oder Verwandten überbringen, oder an Filias und Orek? Oder soll ich dir mit einer Geschichte oder mit hübschen Versen die Zeit vertreiben, oder—die Götter stehen uns allen bei—für dich würde ich sogar meine eingerostete Singstimme herausholen, wenn es ein Lied ist, von dem du dir wünschst, es möge das letzte sein, was du von dieser Welt erfährst. Lissie würde mich jetzt schimpfen für mein unsensibles Gerede, aber anders weiß ich keinen Trost zu spenden. Was soll man auch sagen, wenn alle Worte vergebens sind, wenn sie doch nichts ändern können? Hohle Phrasen sind mir ein Greuel. Was mich wirklich am Herzen rührt, vermag ich nicht gleich in Worte fassen. Das kann mein Kamerad hier besser. 'Verdammt!' sagt er einfach und meint es so. Und du siehst ja, wieviele Worte ich brauch, um dasselbe zu sagen. Verdammt, ich wünscht, wir könnten mehr für dich tun!"

Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 09.04.2015, 20:12:47
Jeana nickte, als Will von Verwandten sprach. "Es gibt tatsächlich jemanden. Meine kleine Schwester, Irithil, sie ist noch in Reststadt. Irithil Enriel. Wir haben ein Haus in der Sonnenstraße bezogen. Sie ist erst sechzehn, und wenn ich... sie ist dann allein. Ich möchte nicht, dass sie alleine ist. Sie braucht eine Familie."

Dann lächelte sie. "Sie wird furchtbar wütend auf mich sein. Ich..." Auf einmal weiteten sich ihre Augen, und sie sog tief die Luft ein. Einige Sekunden lang verkrampfte sich ihr Oberkörper, dann entspannte sie sich wieder.

Starr sah sie geradeaus. "Nein... ich will nicht so werden..." Ihr Blick richtete sich wieder auf Will. "Ich habe nicht mehr viel Zeit. Ich möchte gehen, bevor ich mich noch mehr verändere."

Ihr Blick fiel wieder auf den Kristall. "Wiederholt die Worte. Ich möchte sichergehen, dass ihr sie richtig sagt." Ihre Augen blieben auf den Kristall gerichtet, und füllten sich mit Tränen. "Und... es wäre schön, wenn ich als Letztes ein Lied hören würde. Etwas sanftes. Ein Liebeslied vielleicht, aber nichts tragisches."

Auch wenn Jeana es schaffte, dass ihre Gefühle sich kaum in ihrer Stimme widerspiegelten, liefen nun die Tränen über ihre Wangen. "Und sagt Irithil, dass ich sie immer lieben werde."
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 09.04.2015, 21:57:49
Will schluckte, als er von der kleinen Schwester erfuhr. "Sie soll nicht allein sein", versprach er leise. "Ich sorg dafür. Ich weiß noch nicht wie, aber ich sorg dafür."

Er schauderte erneut, als Jeana sagte, sie wolle gehen bevor... Das hieß ja, sie wollte, dass man sie... also während sie noch lebte... Will keuchte vor Entsetzen. Schwer genug wäre es ihm gefallen, dem toten Angelo den Schädel einzuschlagen, aber einer lebenden Frau...

Seine Augen waren noch immer vor Schreck geweitet, als er auf Jeanas Wunsch brav die Formel wiederholte, die den Kristall aktivierte, und zwar in haargenau derselben Intonation wie Jeana sie aufgesagt hatte: "Arith Shezai Eanlith. Arith Shezai Eanlith. Arith Shezai Eanlith."

Dann sah er auf die weinende Frau und zwang sich—war er es, der sich zwang, oder zwang ihn etwas dazu?—ihr sanft die Tränen aus den Augenwinkeln zu wischen.

Nichts tragisches? Das fragt sie mit tränenüberströmten Gesicht den bekanntesten Tragödienschreiber dieser Stadt und des Jahrhunderts?

Will überlegte eine geraume Weile lang, bis ihm endlich ein Liebeslied einfiel, in dem es nicht um Schmerz und Liebesleid ging, sondern um Glück und Musik und Sonnenschein. Er stand auf, räusperte sich, dachte sich die Leichen um ihn herum weg, statt dessen ein Publikum, nein, besser noch einen Balkon, er unten, sie oben, und Efeu dort an der Wand, das er gleich erklimmen würde, doch zuvor auf ein Knie hinab, Hände auf die Brust und...

"Dein ist mein ganzes Herz!
Wo du nicht bist, kann ich nicht sein.
So, wie die Blume welkt,
wenn sie nicht küsst der Sonnenschein!
Dein ist mein schönstes Lied,
weil es allein aus der Liebe erblüht.
Sag mir noch einmal, mein einzig Lieb,
oh sag noch einmal mir:
Ich hab dich lieb!

Wohin ich immer gehe,
ich fühle deine Nähe.
Ich möchte deinen Atem trinken
und betend dir zu Füßen sinken,
dir, dir allein! Wie herrlich schön
ist dein leuchtendes Haar!
Traumschön und sehnsuchtsbang
ist dein strahlender Blick.
Und deiner Stimme Klang,
ist die schönste Musik.

Dein ist mein ganzes Herz!
Wo du nicht bist, kann ich nicht sein.
So, wie die Blume welkt,
wenn sie nicht küsst der Sonnenschein!
Dein ist mein schönstes Lied,
weil es allein aus der Liebe erblüht.
Sag mir noch einmal, mein holdes Lieb,
nur einmal sag es noch:
Ich hab dich lieb!"
[1]

In der ersten Strophe klang Wills Stimme noch kratzig und unsicher, in der zweiten schon deutlich zuversichtlicher—mit besonderem Schmelz gelang ihm das "traumschön und sehnsuchtsbang", hauchzart das "ist die schönste Musik"—während er die dritte Strophe bereits mit einer Inbrunst daherschmetterte, als stünde er in einer Konzerthalle oder einer Kirche, die es bis in die hintersten Zuschauerreihen mit Musik anzufüllen gelte.[2]

Selbst die Wiedergänger, die am Gitter drängten, unterbrachen ihr Raunen—oder vielleicht sang Will einfach nur lauter als sie raunen konnten.
 1. Franz Lehár, Dein ist mein ganzes Herz, aus "Land des Lächelns", anzuhören z.B. hier => klick! (https://www.youtube.com/watch?v=drbMDBw5T1I);
@ Meister (Anzeigen)
 2. perform (sing) = 18;
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 10.04.2015, 12:31:48
Jeana schloss die Augen, und lauschte dem Lied des Barden. Ein Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, und sie schien sich zu entspannen. Nur kurz öffnete sie die Augen wieder, als Will etwa bei der Hälfte des Liedes angekommen war. Sie sah zu Arjen, und flüsterte ihm mit sanfter Stimme zu: "Ich bin soweit."

Dann schloss sie die Augen wieder.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 12.04.2015, 13:48:00
Schweigend hörte Arjen dem Zwiegespräch zwischen Will und Jeanna zu und registrierte den besonderen Fund, den er gemacht hatte. "Vielleicht wird diese Salbe einst lebenswichtig für uns sein - wer weiß, ob nicht einige dieser Kreaturen immun gegen einfachen Stahl sind?", sagte er schließlich.

Als er von ihrer kleinen Schwester erfuhr, ging ein weiterer Stich durch sein Herz. Will hatte schnell geantwortet und der sterbenden Soldatin versprochen, sich um Irithil zu kümmern. Arjen kamen die Worte nicht so leicht über die Lippen. 'Wie soll ich es versprechen? Ich konnte nicht einmal meine eigene Familie schützen, und das, als dieser Wahnsinn die Welt noch nicht befallen hatte', dachte er. Und weiter: 'Und die beiden Töchter von Luca haben wir ebenfalls wehrlos zurückgelassen. Ja - ihr Vater wollte es so, aber ändert es viel daran?'

Doch diese Gedanken waren wirr und unpassend, schalt er sich. Da lag ein Mensch im Sterben und das mindeste, was sie tun konnten, war ihm seinen Tod zu erleichtern. Genau das tat Will, als seine Stimme zwar leise, doch bestimmt und melodisch über das Dach hallte. Arjen kam alles um ihn herum so unwirklich vor. Eine Welt - im Untergang begriffen. Eine Welt voller Blut, und Worte, die von Liebe sprachen. Die Stimme seines Kameraden wurde auf grotestke Weise vom gräßlichen Krächzen der Wiedergänger im Hintergrund begleitet - ein Kontrast, der Arjen schaudern ließ.

Doch dann zeigte sich wieder Wills Talent. Irgendwie gewann seine Stimme die Oberhand über die Nebengeräusche. Für einige Augenblicke verblasste die schreckliche Wirklichkeit und schenke nciht nur Jeanna, sondern auch Arjen Ruhe.

Schließlich war das Lied zu Ende und die Kriegerin schaute zu ihm hinüber. Er tat sein möglichstes, den Schmerz in seinen Gesicht vor ihr zu verbergen. Dann hörte er ihre Aufforderung. Er fasste die Klinge fester und trat ein paar Schritte vor. Bis zuletzt rang er mit sich, und entschied sich dann doch für das Versprechen. "Ich finde deine Schwester. Sie bleibt nicht allein. Das verspreche ich dir, Jeanna."

Dann hob er sein Schwert. "Vielen Dank für alles. Gehe in Frieden." Mit diesen Worten schloss er die Augen und ließ die Klinge mittig auf die Stirn der Frau niederfahren. Als die Klinge den Schäden durchbrach und die Arbeit getan war, sank er auf die Knie und ließ das Heft des Schwertes los. Er dachte, er würde schreien, doch das tat er nicht. Er saß nur mit starrem Blick dar. Vor seinem inneren Auge vermischten sich die Bilder: Diana und Lukas, tot auf der Anhöhe vor ihrem Haus. Die Bäuerin und das kleine Mädchen, aufgespießt auf seinem Schwert. Oder war es Diana, der sein Pferd den Brustkorb zerschmettert hatte? War es das kleine Mädchen, dass er auf der Anhöhe beerdigt hatte? Die Bilder vermischten sich auf groteske Weise in seinem Kopf.

Er hatte Unschuldige getötet, ohne es zu wissen. Er war deswegen aus der Armee ausgetreten, um es nie wieder tun zu müssen. Seine unschuldige Familie hatte man ihm genommen. Und jetzt hatten die Götter eine ganze Welt in den Untergang gestürzt und ihn in eine Situation gebracht, in der er wieder eine Unschuldige töten musste - bewusst. Weil es das beste war, was er für sie tun konnte.

Plötzlich hob er den Kopf und schrie den Himmel an. "Ist es das, was ihr von mir wollt? Wie viel denn noch?" Keine Antwort - natürlich nicht. Nur das beständige Ächzen der Wiedergänger - das einzige Hintergrundgeräusch, das Aradan noch kannte.

Will musste ihn wohl für verrückt halten. Und vielleicht stimmte das ja auch. Arjen stand langsam auf, ging zu Jeannas totem Körper und schloss ihr sanft die Augen. Dann legte er ihre Hände behutsam auf ihrer Brust zusammen und legte ihr Schwert mit dem Schaft nach oben darüber. 

Dann schaute er zum Stückeschreiber hinüber. "Das war ein sehr schönes Lied, Will", sagte er. "Ich denke, wir sollten jetzt den Zauber nutzen und versuchen, in die Reststadt zu kommen."
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 12.04.2015, 17:30:23
Der letzte Ton vibrierte noch in Wills Kehle, da trat Arjen schon vor, das Schwert in der Hand. Schneller, als Will begreifen konnte, was geschah, fuhr die Klinge auf Jeana nieder. Vor Schreck machte er einen Satz nach hinten. Tränen, die während der letzten Strophe seine Augen gefüllt hatten[1], verschleierten gnädigerweise seinen Blick, doch das wenige, was er sah, reichte um ihn würgen zu lassen. Fast hätte er sich die blutigen Hände vor den Mund geschlagen. Sich im letzten Moment eines besseren besinnend, wischte er sie statt dessen hektisch an seiner Hose ab. Neben ihm sank Arjen in die Knie und schrie seinen Zorn den Göttern entgegen. Will wusste nicht, was er sagen sollte. Das war sein Versprechen gewesen, welches Arjen da so selbstverständlich für ihn eingelöst hatte. Hätte ich das überhaupt geschafft? Er schluckte mehrmals.

"Danke", brachte er schließlich heraus. "Und ja, lass uns hier verschwinden. Lass uns nur schleunigst hier fort."

Er wollte schon nach dem Kristall greifen, da dachte er an die kleine Schwester. Er würde ihr die Nachricht vom Tod der Schwester überbringen müssen. Das wollte er nicht auch noch Arjen aufbürden. Wie würde das Mädchen reagieren? Welche Fragen würde sie stellen, welche Verwünschungen ausstoßen? Würde sie fragen: "Und ihr habt sie dort zurückgelassen, auf dem Dach, wo die Raben ihr die Augen auspicken, allein, so weit weg von mir, wo ich nicht einmal an ihrem Grab weinen kann?" Oder würde sie schreien: "Sie ist nicht tot! Ihr lügt, ich glaub euch nicht! Solange ich ihren Leichnam nicht gesehen habe, ist sie nicht tot."

Er betrachtete das Schwert, das Arjen auf der Toten bettete wie auf einem Kriegerdenkmal, und zögerte, doch schließlich nahm er seinen Mut zusammen.

"Irithil wird es haben wollen", sagte er. "Sie wird... etwas von ihrer Schwester haben wollen. Ein Schwert wird doch gern vom Vater auf den Sohn vererbt und von der Mutter auf die Tochter, nicht wahr? Wenn das Mädchen nur halb so viel Mut und Kampfgeist wie die Schwester hat, wird sie das Schwert haben wollen."

Auf Arjens Zustimmung wartend—er würde das Schwert nicht ohne seine Zustimmung ergreifen—warf er auch noch einen raschen Blick über das Schlachtfeld, ob er unter den Gefallenen Jeanas Kameraden ausmachen könnte und ob diese irgendwelche Waffen, Ketten oder Ringe dabei hätten, die als Andenken einem Familienangehörigen Trost spenden mochten[2]. Doch sein Blick war noch immer von Tränen verschleiert, die er auch nicht fortzuwischen wagte. Spuren von Jeanas Blut klebten noch immer an seinen Händen. Wer wusste schon, wieviel es brauchte, um sich anzustecken? Und so sah er nichts außer ein paar Schwertern und Emblemen der Stadtwache, aber keinerlei persönliche Dinge. Er nahm die Sachen trotzdem an sich, kramte den leeren Sack hervor und stopfte alles hinein, was ihm unterkam, die Schwerter, soweit möglich, mit ihren Scheiden, ansonsten aber ohne wirklich zu wissen, was er tat.

"Für die Lebenden", sagte er zu Arjen, mehrmals. "Es ist doch für die Lebenden." Dazwischen murmelte er bei sich: "Und dann fort von hier. Endlich fort von hier."

Er klaubte so lange die Besitztümer der Toten zusammen, wie er diesen Ort noch ertragen konnte, dann nahm er den Kristall, stellte ihn auf einen möglichst unbesudelten Platz auf den Boden und wartete auf Arjen.
 1. Im obrigen Beitrag habe ich nur den letzten Absatz gelöscht, weil er nicht zu Jeanas Tod passte; daher hier die Tränen.
 2. perception=6
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Arjen Bucalo am 12.04.2015, 21:34:35
Als Will nach dem Schwert griff und seine Handlungen erklärte, nickte Arjen nur, um zu zeigen, dass er einverstanden war. "Du hast recht, ein guter Einfall", sagte er.

Dann stand der Krieger, der so gerne Pferdezüchter war, auf und trat zu seinem Kameraden. "Wie gewohnt - Will. Du denkst weiter, als ich", fügte er hinzu. Er war bereit zur 'Abreise' - ein besseres Wort fiel ihm nicht ein zu dem, was ihnen bevorstand. Er war noch nie durch Magie im Raum gesprungen.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: William Marlowe am 12.04.2015, 21:47:49
"Ja, ich denke weiter", spottete Will, während er also auch Jeanas Schwert packte und sich dann ein letztes Mal vergewisserte, ob Arjen und er alles beisammen hatten. "Dafür gibt es einen guten Grund. Wenn man nämlich über die Probleme von morgen nachdenkt, braucht man sich nicht über die von heute den Kopf zu zerbrechen. Deshalb denke ich weiter—damit ich nur nicht an das Jetzt denken muss."

Er kniete sich vor den Kristall, legte eine Hand darauf und wartete, bis Arjen es ihm nachtat.

Ob wir wohl je erfahren werden, warum das alles geschehen ist? Ob die Herren Gelehrten es wohl je herausfinden?

"Arith Shezai Eanlith!" rief er trotzig.
Titel: Eine neue Ordnung
Beitrag von: Sternenblut am 13.04.2015, 00:15:37
Kaum hatte der Barde die Worte gesprochen, spürten die beiden Männer ein seltsames Kribbeln, das sich durch ihren ganzen Körper zog, und für den Bruchteil einer Sekunde schien die Welt um sie herum von Weiß erfüllt. Ein kurzes Summen erfüllte ihre Köpfe, das aber ebenso schnell verschwunden war, wie es gekommen war.

Im nächsten Moment waren sie auch schon in einer anderen Umgebung. Sie waren in einer Art Eingangs- oder Festhalle. Der Kristall, den sie eben noch berührt hatten, war verschwunden.

Von dem hölzernen Eingangstor in das Gebäude, in dem sie sich befanden, war nicht mehr viel übrig - auch hier hatte das Feuer gewütet. Draußen lag ein mit Kieselsteinen bedeckter Innenhof, auf dem die beiden Männer weitere tote Körper entdeckten. Ein mächtiges, eisernes Tor versperrte den Zugang zur Straße.

Im Inneren des Gebäudes, das irgendwie an eine Festung erinnerte, lagen verbrannte Reste einer großen Tafel auf dem Boden. Durch helle Schatten an den Wänden wurde deutlich, dass hier früher Waffen als Schmuck an den Wänden gehangen hatten, doch davon war jetzt keine einzige mehr übrig. Auch hier lagen weitere Leichen auf dem Boden, die deutliche Verletzungsspuren an den Köpfen aufwiesen - jemand hatte entweder verhindern wollen, dass sie wieder aufstanden, oder sie waren ohnehin bereits wandelnde Tote gewesen.

Eine Wendeltreppe in der hinteren linken Ecke führte nach oben und nach unten. Von der Nachhut aus Jeanas Gruppe war nichts zu sehen - vorausgesetzt, sie befanden sich nicht unter den Toten, was Will und Arjen natürlich nicht hofften.[1]

Hier geht's weiter! (http://games.dnd-gate.de/index.php?topic=7987.msg963530#msg963530)
 1. Ihr könnt versuchen, durch Wissenswürfe (möglich sind hier Local und Religion) mehr über den Ort herauszufinden.