Und so blieb der Wein unangetastet, der Toast auf die Gruppe verhallte im Lärm und im Wahnsinn dieses Jaspers. Doch Thynedos trauerte nicht um den Wein, stattdessen schärften sich sofort alle seine Sinne, als er die prekäre Lage Ameikos bemerkte.
Er nickte dem Zwergen entschlossen zu. Der Tiefling würde versuchen mit dem Mann zu sprechen, aber er sah es diesem an. Jasper war nicht Herr seiner Sinne. Malmgrimms Hilfe würde gebraucht werden, aber zuerst ging es darum, Ameiko aus der Gefahr zu bringen und den Mann seinen Orakelspruch zu verdeutlichen.
Mit vorsichtigen, nicht zu eifrigen, aber doch bestimmten Schritten stand Tynedos auf, bereit jederzeit einzugreifen. Sein Schwert ließ er als Zeichen des guten Willens an seinem Platz lehnen; seine Freunde waren stark genug bewaffnet, dass er sich diese Gäste des Entgegenkommens leisten zu können glaubte. Er versuchte sich zwischen Ameiko und Jasper zu schieben, beiläufig berührte er Ameiko dabei an der Schulter
[1], um sie zu schützen, sollte sie dennoch das Ziel des Groetuspriesters werden.
Die erste Einschätzung ließ Thynedos darauf schließen, dass der Mann an Shizophrenie erkrankt war und dementsprechend Probleme hatte, sich auf das hier und jetzt zu konzentrieren. Die Frage war natürlich, ob es einfacher Wahnsinn war oder ob er - wenn er ein Priester des Groetus war - hinter diesem Schleier aus Wahn etwas sah, was sie nicht sehen konnten. Ein Funke, der ihn glauben ließ, dass das Ende nahe war oder der tatsächlich das Ende vorhersagte. Ließ der Blick auf das Ende ihn wahnsinnig werden? Welch Ironie, dass sie eben noch von ihrem eigenen Ende schwadroniert hatten, und nun kam ein Verkünder des Endes. Der Mann eines Gottes, der unentwegt das Ende vorhersagte.
Thynedos atmete durch. Er machte sie keine Illusion daraus, dass er den Mann, der nicht bei sich war, nicht beruhigen konnte. Kein Wort würde ihm Labsal und Trost sein. Er konnte allerdings Ameiko in Sicherheit bringen und vielleicht mehr über seinen wahnsinnigen Orakelspruch herausfinden. Er versuchte es mit offenem Interesse. Vielleicht war Jasper gewohnt, dass man ihm sofort ablehnend begegnete und es würde etwas nützen, seinem Gedankengang zu folgen.
"Die Fürstin in den Schatten ist Nocticula, oder? Das Schiff mit dem Schmetterling ist ein Verweis auf Desna. Doch welches brennendes Skelett sitzt auf welchem Monument?", begann der blauäugige Tiefling den Mann mit Fragen abzulenken.
"Ihr seid also Jasper Kandamerus. Was sang euch die Stimme noch?"Es ging alles so schnell, dass es dem Tiefling nicht leicht fiel, sich auf die wirren Worten des Mannes einzulassen und er wusste auch nicht, wie er dem aus der Hüfte begegnen sollte. Er hoffte, dass die Fragen ihn von seinem Zorn etwas ablenkten und er noch ein paar Worte zu seiner Prophezeiung verlieren konnte
[2]; und vielleicht würde die Nennung seines ganzen Namens ihn etwas zu sich zurückkehren lassen.
Gleichzeitig überlegte er selbst. Kannte er ein Schiff, welches Desna geweiht war
[3]? Kandamerus hatte mit der Stimme des Endes geredet? Diese enigmatischen Gestalt, die immer forderte, das Ende voranzutreiben? Thynedos hatte davon gehört. Hatte dies den Geist des Mannes ganz zerrüttet? Es gab diese furchterregenden Geschichten über die Stimme des Endes und die Taten, die sie forderte...
Thynedos versuchte sich auf den gefährlichen Jasper zu konzentrieren und Ameiko hinter sich im Schutz zu halten.