Spoiler (Anzeigen)Silar Voss befindet sich auf einer weiteren Handelsreise über die Grenzen seines Heimatlandes Cyre hinaus. Manchen würden ihn wohl als Verräter abstempeln oder als Mann ohne Ehre, doch SIlar weiß, dass ihm seine Erfolge und das Geld recht geben, denn obwohl der Krieg herrscht, hat er seine Verbindungen genutzt, um weiterhin auch Handel außerhalb von Cyre zu treiben. Es ist ein sehr einträgliches Geschäft, wenn er auch seine Frau Viktoria nicht so oft sieht wie er es sich wünscht. Doch sein ganzer Stolz schleppt er entgegen der Wünsche seiner Frau auf jede Reise mit. Sein zwölfjähriger Sohn Talen. Sicherlich ist es nicht das Beste für den Jungen so entwurzelt von seiner Heimat zu sein, doch so würde er wenigstens die Welt sehen und seine Hilfe kann Silar ebenfalls gut gebrauchen, für den ein oder anderen unauffälligen Botengang, wenn Talen auch oft schnell abgelenkt wird an diesen neuen, spannenden Ort wie sich Silar selbst eingestehen muss. Außerdem würde er immerhin irgendwann Silars Erbe antreten müssen.
Doch trotzdem liebt er seinen Sohn und Silar betrachtet ihn einen Moment wie er neben ihm auf der Kutsche sitzt und mit großen Augen die vorbei ziehende Landschaft beobachtet. Doch schnell wird Silar aus seinen Gedanken gerissen, als der Anführer der Leibwache, welche seine Karawane bewacht, neben der Kutsche hält und ihn anspricht.
„Wir werden in kürze unser Ziel erreichen. Haltet euch bereit wegen der üblichen Zuwendung, damit alles seinen Gang geht."
Bran ist wirklich ein aufmerksamer Mensch und erstaunlich ehrenhaft und pflichtbewusst für einen Söldner. Silar ist wie immer froh mit ihm reisen zu dürfen, doch nun nickt er nur und lässt ihn ziehen.
Dann schaut er zu seinem Sohn mit einem Lächeln.
„Bald sind wir da und du wirst ein weiteres Wunder unserer Welt sehen. Außerdem bräuchte Vati wieder deine Hilfe, okay Talen?"
Talen selbst schaut seinen Vater nur mit leuchtenden Augen an und nickt schnell.
„Natürlich Vati. Für dich würde ich doch alles tun."
Spoiler (Anzeigen)Sechs Jahre später, Talen sitzt seit Wochen in dem kleinen Gasthaus, nahe der Stadt Veillièrs im Herzen Aundairs, zusammen mit seinem Vater fest. Einige Wochen ist es erst her, dass der schreckliche Tag der Klage seine Heimat vernichtet hat oder in Talens Worten seinen Ort der Geburt, denn seit er klein war, war er nur unterwegs mit seinem Vater gewesen, um die Welt zu sehen. Dies ist allerdings auch der Grund, warum er diese Katastrophe im Gegensatz zu seiner Mutter überlebt hat. Doch während Talen dies alles mit Leichtigkeit weg steckt, bläst sein Vater seit Wochen Trübsal. Er scheint wie ausgewechselt, doch Talen hat die Schnauze gestrichen voll, von der Langeweile und dem ewigen Warten. Nicht wo er endlich alt genug ist, um allein zu reisen, nicht nachdem er so viel von der Welt gesehen hat und es noch so viel zu sehen gibt.
Talen stößt sich brummend von dem Tisch, an welchen er sich angelehnt hat, ab. Mit einigen schnellen Schritten steht er vor seinem Vater Silar, welcher eingesunken im Sessel sitzt. Er mustert den alten Mann böse, wenn auch nicht wirklich unfreundlich. Beide wusste, dass in kürze ein Streit folgt, wie er schon so oft zwischen den Beiden statt gefunden hat.
Talen beginnt wie immer.
„Vater, raff dich endlich auf oder lass mich endlich ziehen. Du kannst nicht erwarten, dass ich hier versauere wie ein Vogel im Käfig. Nicht nachdem du mir die Welt gezeigt hast. Nicht wegen einem Land, dass ich nie kennen gelernt habe. Ich habe es gehörig satt den Laufburschen für dich zu spielen und mit an zusehen wie du in deiner Trauer verfällst.“
Talen mustert seinen Vater, welche mit jedem Tag schlechter aussieht, wie immer wütend bei diesem Streit, doch er wusste, dass bald wieder eine Diskussion ausbrechen würde, welchen er nicht gewinnen kann, doch stattdessen hört er überrascht von seinem Vater.
„Mein Sohn, wenn es unbedingt dein Wunsch ist. Bitte ich dich um einen letzten Gefallen. Bringe diese Nachricht zu einem Freund in Veillièrs, dann darfst du gehen, wohin du willst.“ Silar streckt seinem Sohn mit der zittrigen Hand einen versiegelten Umschlag entgegen. Sein Vater klingt schwach, doch der überrumpelte Talen braucht einen Moment, um zu begreifen. Doch dann lächelt er und nimmt den Brief an sich.
„Danke Vater.“
Talen umarmt seinen Vater zum letzten Mal, was er freilich nicht wissen kann. Doch dann stürmt er auch schon los, um nach Veillièrs zu kommen.
Am späten Nachmittag war es dann soweit. Talen betritt die kleine Stadt Veillièrs. Die Sonne beginnt langsam am Syberis zu schwinden, während er bedächtig durch die Stadt schreitet auf der Suche nach der Adresse. Obwohl die Stadt bei weitem nicht so beeindruckend ist, wie manche andere Ort, kann Talen selbst hier die ein oder andere schöne Stelle finden.
Doch dann passiert das Unglück, denn er stößt mit einigen übellaunigen Schlägern zusammen. Doch die wirklichen Probleme kommen erst, als sie ihn scheinbar erkennen. Der Anführer, ein stämmiger Schläger, blafft ihn an.
„Hey bist du nicht der Sohn von Silar Voss?“
Talen hebt eine Augenbraue.
„Und wenn?“
Der Schläger lässt sich nicht beirren und seine Freunde kreisen Talen langsam ein, wobei der Blick des Schlägers auf den Brief fällt.
„Dein Vater schuldet uns etwas, außerdem gib uns den Brief, dann müssen wir deinen hübschen Hals nicht brechen.“
Er funkelt Talen böswillig an, doch dieser hat keine Lust seine Freiheit zu gefährden. Talen schaut einen Moment zur Seite, um dann zu grinsen.
„Versuch es doch, Fettsack.“
Talen macht einen Schritt zur Seite, weicht an dem Schläger vorbei und entgeht knapp dem Schlag des Mannes, doch nun entbrennt eine wilde Verfolgungsjagd, mitten in einem unbekannten Gebiet für den jungen Mann. Auch wenn seine Beine ihn flink durch die Strassen tragen, wird er immer wieder eingeholt oder ihm der Weg abgeschnitten. Letztendlich bleibt ihm nur noch ein Weg, als die Schläger ihn eingekesselt haben. Über die Dächer.
Talen nimmt all seinen Mut zusammen und fing an eines der unzähligen Häuser hochzuklettern. Immer wieder schaut er panisch über die Schulter und zu seinem Unglück folgen sie ihm auch noch. Dies würde nicht gut enden, weiß er und tatsächlich als er oben angekommen ist, sind seine Verfolger fast schon da. Doch Talen gibt nicht auf, sondern sprintet weiter über die Dächer und versucht immer einen Tick höher zu kommen. Doch irgendwann ist er völlig erschöpft und in einer Sackgasse, seine Verfolger ganz nah, kein weiterer Weg, kein Entkommen.
Umziegelt, auf einem Hausdach ohne einen Ausweg, steht er letztendlich den Schlägern gegenüber. Sie lachen und funkeln Talen böse an.
„Gib uns den Brief. Vielleicht lassen wir dich dann leben. Aber nur vielleicht.“
Talen schaut ein letztes Mal um und muss betrübt feststellen, dass ihn nur ein Sprung retten kann. Er wirft einen letzten Blick und entdeckt das nächste Gebäude. Ein Tempel. Talen bleibt nicht mehr viel anderes zu tun, weshalb er sich kurz umdreht und zu den Schlägern schaut.
„Das ihr mich umbringt und um meine Chance bringt, würde mir gerade nicht in den Kram passen. Also viel Glück beim nächsten Mal.“
Talen nimmt seinen Mut zusammen und springt, springt auf das Dach und bricht krachend durch. Die Luft wird ihm aus den Lungen gedrückt und einen Moment wird im Schwarz vor Augen...
Spoiler (Anzeigen)Langsam erwacht Talen wieder aus der Schwärze. Er öffnet seinen Augen nicht sofort, sondern versucht ein Gefühl für seinen Körper zu entwickeln. Sofort zucken Schmerzen durch Selbigen, als er versucht sich zu bewegen. Doch sie scheinen weniger heftig als erwartet. Nichts scheint gebrochen oder so hofft Talen zumindest. Doch dann steigt ihm der Duft nach Blumen in die Nase. Wo war er? Schoss ihm als Einziges durch den Kopf.
Er öffnet langsam die Augen, erblickt das Loch im Dach und die langsam verschwindende Sonne. Einen Moment ist er trotzdem noch völlig verwirrt, als er das Blumenbeet bemerkt.
Langsam sickerten die Erinnerungen wieder in seinen Geist zurück. Die Schläger, die Verfolgungsjagd, der Sprung. Ein Wunder, dass er nicht tot ist, doch da erblickt er das Mädchen, welches direkt in seiner Nähe sitzt. Ihr Lächeln und ihr schönes Gesicht. Ungefähr in seinem Alter, etwas Jünger. Einen Moment zweifelt Talen an seiner Situation. Blumen? Ein Engel? Wenn die Schmerzen nicht wären, könnte er fast denken, dass er doch tot ist und im Paradies. Aber sein Vater hat immer behauptet, dass das Jenseits nur Vergessenheit birgt, also kann Talen nicht tot sein, außerdem spürt er die Schmerzen allzu deutlich. Doch er bleibt ruhig liegen und erwidert aus irgendeinen Grund das Lächeln ohne zu wissen warum.
„Entschuldigung wegen der Decke, aber ich wurde verfolgt und...“ dann fällt ihm allerdings auf, dass er verbunden wurde und auch den Geruch der Arznei. Eine betretene Röte tritt auf sein Gesicht.
„Äh danke...“
Talen schaut einen Moment verunsichert als das junge Mädchen über seine Aussage kichert und fast im selben Moment errötet. Er ist sichtlich verwirrt, doch dann antwortet sie auch schon mit ihrer für ihn lieblich klingenden Stimme, wenn auch in ungewohnten Anrede.
„Ihr habt mich ganz schön erschreckt, Herr. Aber Olladra hat Euch beigestanden, Ihr habt zum Glück keine schweren Verletzungen davongetragen. Hier, trinkt das, es wird Euch ein wenig erfrischen.“
Talen trinkt gierig von dem dargebotenen Tee und die angenehme Wärme des Getränkes breitet sich langsam in seinem Körper aus und entspannt seine überanstrengten Muskeln etwas. Er schaut allerdings wieder verlegen, als er merkt wie ungebührlich er schlürft und gierig wie ein Trunkenbold den Tee trinkt.
Ihr Lächeln entspannt ihn dann allerdings wieder, doch ihre besorgte Worte wiederum weniger.
„„Verzeiht mir die Frage, aber von wem werdet Ihr verfolgt? Und weshalb? Hier seid Ihr aber in Sicherheit. Hier könnt Ihr Euch ausruhen.“
Doch dadurch wird dem jungen Mann nur wieder zu sehr bewusst, warum er hier ist. Er versucht sich einen Moment später ruckartig aufzurichten, was sein Körper mit einer Welle schmerzen quittiert. Sofort sackt er wieder zurück und ein kurzer Ausdruck von Pein tritt auf sein Gesicht.
„Ich, ich sollte wohl wirklich auf euch hören. Danke auch für den Tee.“ Sein Gesicht wird wieder ruhiger. „Nun einige Schläger haben mich verfolgt, wegen einem Brief. Ach der Brief...“ einen Moment ist er wieder versucht sich aufzurichten, um panisch zu schauen, doch er kann sich bremsen.
„Seht ihr zufällig einen Brief, ich hatte ihn in der Hand, als ich leider durch eure Dach springen musste, da ich keinen anderen Ausweg mehr hatte. Ich glaube die Schläger haben mich auch deswegen verfolgt.“
Doch dann schaut er wieder fragend.
„Bin ich, bin ich hier wirklich sicher? Wenn ja, dann danke.“
Er schließt kurz die Augen, um dann doch noch ein Lächeln zu bilden und zu der jungen Frau zu sagen.
„Nennt mich aber lieber Talen, als Herr. So alt bin ich wirklich noch nicht.“
Er bringt ein leichtes Lachen zu Stande, welches wieder einige Schmerzen verursacht und im Husten endet. Er hält sich die Brust und beißt die Zähne zusammen.
„Ich sollte wirklich einfach lieber in diesem wunderschönen Beet liegen bleiben. Immerhin habe ich eine schöne Aussicht.“ Sagt er am Ende ohne jemand direkt anzusprechen.
Doch als Joanne schon kurz darauf ihm den Brief entgegen streckt, atmet Talen erleichtert auf und nimmt ihn unter großer Anstrengung entgegen. Er begegnet dabei ihrem verlegenen Lächeln ebenfalls mit einem angedeutet Lächeln, welches allerdings nicht verlegen wirkt. Er umschließt den Brief allerdings wie einen Rettungsanker, um sich dann wieder erschöpft auf das Beet zu betten.
Als sie sich mit den Worten „Ich bin Joanne. Ir’Vellièrs. Es ist mir eine Freude und Ehre“ vorstellt, schaut Talen einen Moment verunsichert, als wenn er etwas zu überlegen scheint. Doch dann bekommt er auch schon das freundliche Angebot von Joanne. „Ihr habt Glück, dass Ihr so weich aufgekommen seid, Talen. Nun gönnt Euch etwas Ruhe; bis zum Morgengrauen wird niemand den Tempel betreten. Sagt mir ruhig, wenn Ihr etwas möchtet.“ Sein Magen antwortet darauf mit einem Knurren, doch Talen lässt seinen Augen einen weiteren Moment geschlossen, weswegen er die Reaktion der jungen Frau auf seine Bemerkung nicht sofort bemerkt. Doch als er einige Augenblicke länger im Beet liegen bleibt, den Geruch der Blumen aufsaugt und versucht die Schmerzen einzudämmen, fängt er dann doch an weiter zu reden, warum weiß er selbst nicht so recht. Außerdem meldet sich sein Hunger wieder knurrend.
„Danke, dass ihr den Brief gefunden habt. Ohne ihn wäre ich wohl aufgeschmissen. Außerdem danke ich euch für die Gastfreundschaft. Ich hatte schon Angst, ich würde in das widerwärtige Gesicht dieses Schlägers sehen, wenn ich aufwache und nicht in eures, welches viel angenehmer ist. Ich sollte mich wohl glücklich schätzen durch euer Dach gesprungen zu sein.“ Sagt er etwas belustigt klingend und mit einem Lächeln, welches schnell durch den Schmerz verschwindet, aber seinen Redeschwall nicht hemmt.
„Aber sagt meine Dame, darf ich um die Unhöflichkeit bitten, euch nur Joanne zu nennen?“ Er öffnet die Augen und hebt leicht den Kopf, um zu ihr mit einem verlegenen Ausdruck zu schauen. Im selben Moment meldet sich zum dritten Mal protestierend sein Magen und er schaut entschuldigend.
„Wenn ihr etwas zu essen hättet, wäre mein Magen sicherlich genauso froh wie ich euch zu sehen.“
Talen sieht erfreut wie Joanne noch etwas verlegener wird. Innerlich erfreut in diese Tatsache aus irgendeinen unbestimmten Grund, doch ihre Antwort erfreut ihn nicht minder.
„So lange wir nicht auf einem offiziellen Empfang sind, sei Euch das gestattet.“ verkündete Joanne Anfangs etwas zu förmlich, um dann doch noch auf einen entspannteren und freundlicheren Ausdruck zu wechseln. „Ja, nennt mich einfach Joanne, es ist in Ordnung. Ach, auch wenn ich über diesen geweihten Tempel nur bis zum Sonnenaufgang verfüge, werde ich mich bemühen, eine gute Gastgeberin zu sein. Für einen so dankbaren Gast wie Euch.“
Er lächelt kurz, wenn auch nicht in ihre Richtung ehe er wieder den Kopf auf das Beet betet. Doch , während Joanne in einer Nebenkammer verschwindet, denkt er noch über ihre Worte nach. Unterschiedlichste Gedanken schießen ihm durch den Kopf, dabei taucht auch immer mal wieder das verlegene Lächeln von Joanne auf, doch auch, dass wohl die Schläger auf ihn warten werden und er unbedingt den Brief abgegeben muss. Doch ehe er sich versieht, kommt sie schon mit etwas zu essen zurück. Sein Magen knurrt erfreut und er erwidert das Lächeln, wobei er vorsichtig das dargebotenen Spiesen isst. Etwas zu schlingend und nicht gerade vornehm, aber offensichtlich froh etwas zu bekommen. Nachdem er damit fertig ist, legt er seinen Kopf wieder auf das Blumenbeet und spricht weiter.
„Vielen Dank für das Essen. Aber wenn ihr nur bis morgen früh da seid, sollte ich vielleicht bis dahin verschwunden sein. Immerhin habe ich euch sicher genug Ärger mit dem Dach eingehandelt oder? Damit sicherlich auch mir. Ich bin sowieso erstaunt wie nett ihr zu mir seid. Obwohl ich diesen Schaden verursacht habe. Leider kann ich ihn auch nicht begleichen.“
Langsam versucht Talen seinen Oberkörper aufzurichten, um wenigstens in eine sitzendes Position zu wechseln. Dies dauert für ihn eine gefühlte Ewigkeit und verursacht auch einige unangenehme Schmerzen, doch er schluckt die Schmerzenslaute herunter. Als er endlich sitzt, lächelt er schwach und beobachtet Joanne etwas länger als sonst aus dem Augenwinkel. Seine Augen wandern dabei vorsichtig über ihren Körper.
Als Joanne dann mit den Worten „Macht Euch wegen des Daches keine Gedanken, Talen. Die würdige Mutter Fayenne, die Tempelvorsteherin, wird sicherlich Verständnis für diesen...Zwischenfall aufbringen.“ antwortet, schaut er wieder direkt in ihr Gesicht, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Doch auch ein Lächeln kann er bei diesem Anblick nicht unterdrücken und lauscht weiter ihren Worten und damit ihrem Angebot.
„Wenn Ihr wünscht, könnte ich Euch den schnellsten Weg zum Haus, das Ihr sucht, verraten.“
Während er noch überlegt, zupfte Joanne ihr Kleid zu recht, wobei Talen interessiert zu schaut und fast in starren übergleitet, allerdings wendet er seinen Blick verlegen ab, als er dies für sich selbst bemerkt. Doch dann antwortet er endlich auf das Angebot.
„Wird sie wirklich? Ich hatte schon Angst, ich hätte mir noch mehr Ärger eingehandelt. Das beruhigt mich ungemein und ist alles andere als selbstverständlich.“ Er lächelt darauf erfreut, doch die folgenden Worten kommen eher zögerlich, fast schon widerstrebend über seine Lippen.
„Das...das würdet ihr? Ich meine...ich muss schon dahin...ich weiß nur nicht, ob ich schon laufen kann und wisst ihr von einem Nebenausgang? Ich fürchte die Schläger...“ Talen weiß selbst nicht, warum er dies so hinaus zögert, wo er doch heute Mittag noch so Feuer und Flamme war, um endlich von seinem Vater wegzukommen. Er grübelt darüber und wirft wieder einen forschen Blick zu Joanne, unsicher wie er sich gerade fühlt.
Doch als diese ihren Blick senkt, schaut er ebenfalls etwas beschämt zu Boden und lauscht ihren Worten ohne sie anzusehen.
„Talen, Ihr solltet Euch zuerst etwas Ruhe gönnen. Das würde Euch gut tun. Sobald der Morgen anbricht, werde ich Euch zum Hinterausgang führen und Euch den kürzesten Weg erklären. Ihr braucht Euch um die Schläger nicht zu sorgen.“
Er erwidert ihren fragen Blick, welcher sie kurz darauf erröten lässt, etwas unsicher. Normalerweise hätte er eigentlich abgelehnt, aber an diesem Tag fühlt er sich anderes. Vielleicht liegt es an der Umgebung, vielleicht an dem Sturz oder vielleicht doch an Joanne? Er weiß es nicht so recht, lächelt dann aber verlegen in ihre Richtung.
„Ja, ihr habt recht. Ich sollte hier bleiben, wenigstens bis morgen und wirklich nicht einfach so Hals über Kopf aufbrechen, auch wenn ich gern den Brief loswerden möchte.“ Seine Enthusiasmus den Brief los zu werden ist alles andere als überzeugend und man merkt deutlich, dass die ersten Worte gern über seine Lippen gekommen sind, während sein angeblicher dringender Aufbruch mehr ein schwacher Versuch ist, von seiner Gedanken weg zu kommen, denn eigentlich hat er nichts dagegen noch hier zu bleiben und sein schmerzender Körper stimmt ihm da zu.
Joanne lächelt ihn ein weiteres Mal an, was Talen einen kurzen Sprung seines Herzen verursacht, ihn aber auch zu tiefst verunsichert. Doch dann spricht sie weiter mit ihm.
„Entspannt Euch, Talen. Findet etwas Schlaf. Mögen die Neun über Euch wachen.“
Talen nickt und lächelt ein letztes Mal ehe er sich wieder zurücklehnt und nach kurzer Zeit in das Reich der Träume abglitt, da er sich erschöpft fühlt und sein geschundener Körper mehr als froh darüber ist.
Doch in dieser Nacht sind seine Träume nicht nur von den Ländern und Orten erfüllt, welche er gesehen hat oder noch sehen will, sondern auch das Bild seines Vaters schleicht sich in seinen Kopf und selbst Joanne erscheint mehr als einmal in diesen Träumen.
Spoiler (Anzeigen)Am nächsten Morgen wird er von einer zauberhaften Stimme geweckt, welche sanft an sein Ohr dringt und ihn zusammen mit einer sanften Berührung aus dem Schlaf holt. Talen öffnet die Augen und braucht einen Moment, um sich zu orientieren. Doch langsam kehren die Bilder wieder und das Gesicht von Joanne dringt vollständig in sein Blickfeld. Ein Lächeln bildet sich auf seinen Lippen und er antwortet leise.
„Guten Morgen, Joanne.“
Talen merkt, dass er deutlich erfrischter ist, wenn seine Schmerzen auch nicht vollständig verschwunden sind. Doch es scheint zu reichen, denn Talen richtet sich langsam auf, erst in eine sitzende Position und dann langsam in eine aufrechte Position. Er streckt sich, wobei er das Gesicht kurz vor Schmerzen verzieht, als er sich etwas zu weit streckt. Er schaut entschuldigend zu Joanne.
„Ich sollte es wohl nicht übertreiben, nur weil ich mich wieder wach und lebendig fühle.“
Dann fällt sein Blick auf das Essen und er schaut mit einem Lächeln zu Joanne.
„Für mich? Das wäre doch nicht nötig gewesen.“
Doch im selben Augenblick, knurrt sein Magen als Protest und Talens Lächeln wird verlegen und er flüstert nur leise.
„Danke.“
Als Joanne dann antwortet „Esst ruhig, Talen, Ihr müsst wieder zu Kräften kommen.“, lächelt Talen und widmet sich dem Frühstück. Dabei schweift sein Blick manchmal zu Joanne ab, um ihren Blick zu erwidern, denn irgendetwas fasziniert ihn an ihr.
Doch als er fertig ist und sie ihn fragt „Fühlt Ihr Euch besser?“, nickt Talen nur erfreut und lässt sich aufhelfen, um mit Joanne an seiner Seite durch den Tempel zu laufen. Immer wieder wirft er einen interessierten Blick zu ihr. Doch als sie an der Hintertür ankommen, erklärt im Joanne den Weg.
„„Wenn Ihr den Garten durchquert habt, gelangt Ihr in die Kupfergasse. Geht nach rechts, die Gasse entlang, bis zum Barbierladen, und biegt in die Quergasse ein. Sobald ihr am kleinen Glockenturm seid, umrundet ihn und ihr werdet auf dem kleinen Platz dahinter das Haus finden, das Ihr sucht.“
Er lauscht aufmerksam und will etwas sagen, zögert aber einen Moment, doch dann erwidert er freudig den Blick der jungen Dame und lauscht ihren Abschiedsworten. „Möge Olladra Euch auf Euren Wegen immer gewogen sein, Talen. Ich freue mich sehr, Eure Bekanntschaft gemacht zu haben. Lebt wohl… und vergesst mich bitte nicht.“
Die letzten Worten bringen Talen letztendlich etwas aus dem Konzept und eine leichte Röte tritt auf sein Gesicht, während er mit sich ringt und um passende Worte sucht, da es ihm jetzt schwerer fällt, als er es vermutet hat. Doch ehe er etwas antworten kann, vertröstet sie ihn mit den Worten „Wartet noch einen Augenblick!“ und verschwindet kurz wieder. Talen wartet wie auf Kohlen und wird immer unruhiger je länger sie braucht. Doch dann kehrt sie wieder und Talen erblickt die wunderschöne Rose in ihren Händen. Er schaut einen Moment verwundert, doch dann streckt sie ihm diese entgegen. Er erwidert das Lächeln und geht einen Schritt auf sie zu, wobei er die Rose in seine Hände nimmt und das Blut sieht. Einen Moment ist er verunsichert, doch dann schaut er Joanne tief in die Augen und flüstert.
„Ich freue mich ebenfalls euch getroffen zu haben und wie könnte ich euch vergessen, nachdem ihr mein Leben gerettet habt. Die Blume mag welken, aber eure Anblick wird in meinen Gedanken immer frisch bleiben. Mögen die Götter über euch wachen, Joanne.“
Er beugt sich etwas nach vorn, um ihr einen Kuss auf die Wange zu geben, allerdings ist seine linke Hand derweil mit etwas anderem beschäftigt, denn er steckt der jungen Dame heimlichen einen kleinen Anhänger aus Holz zu, welcher der silbernen Flamme geweiht ist und Talen vor langer Zeit von seinem Vater als Andenken bekommen hat. Er weiß nicht, warum er ihr diesen schenkt, aber irgendetwas muss er dalassen, zumindest fühlt er sich so. Als er sich wieder zurücklehnt, hat er den Anhänger in ihre Tasche geschmuggelt und lächelt.
„Wiedersehen Joanne. Die Welt ist groß und man trifft sich immer zweimal im Leben. Bis dahin werde ich euch sicher nicht vergessen.“
Dann dreht er sich um und läuft los, um den Abschied kur zu machen. Außerdem muss er endlich diesen Brief los werden, denn erst wenn er frei ist, kann er machen was er will.
Spoiler (Anzeigen)Talen folgt der Wegbeschreibung von Joanne und schlägt sich bis zu der Adresse durch. Immer wieder schaut er sich paranoid um, damit er nicht noch mal in die Schläger rennt, welche aus welchen Gründen auch immer etwas von ihm wollten. Doch je länger er rennt, desto mehr schmerzen einige der blauen Flecken und Prellungen, aber Talen beißt tapfer die Zähne zusammen, um möglichst schnell diesen Brief abzugeben.
Nach etlichen Minuten, welche Talen durch die Schmerzen und Angst wie Stunden vorgekommen sind, erreicht er ein prachtvolles Anwesen im Herzen der Stadt. Einen Moment bleibt er eingeschüchtert stehen, doch dann klopft er an, strafft sich und ein ältere, fein gekleideter Herr, mit gut gepflegten brauen Haaren, welche zu einem Zopf gebunden sind, begrüßt ihn mit einem skeptischen Blick. Talen mustert die bartlose Gestalt einen Moment und streckt ihm dann den Brief entgegen mit einem Lächeln.
„Ich soll euch diesen Brief bringen, von meinem Vater, Silar Voss.“
Plötzlich tritt Erkenntnis in die Augen des Fremden und er nimmt den Brief mit einem zufriedenen Lächeln.
„Dann bist du wohl Talen. Komm herein, während ich den Brief lese.“
Talen betritt das Haus und wird in ein gemütliches Wohnzimmer mit einem prasselnden Kamin geführt, wo er sich in einem der Sessel niederlässt. Sofort schweift sein Auge ab und beobachtet die vielen interessanten Dinge. Alter Bücher, Bilder, Relikte aus vergangenen Tagen und andere Ziergegenstände. Sein Gastgeber nimmt derweil auf einem weiteren Sessel platz und beginnt den Brief zu öffnen. Talen sitzt gespannt da und kann einen Brief sowie ein weiteres Dokument erspähen, doch was dieses zweite Dokument ist, wird Talen wohl nie erfahren, da sein Gastgeber es sofort wieder im Umschlag versteckt und nicht vor hat Talen davon zu erzählen. Quälende Minuten vergehen, in welchen Talen unruhig im Sessel sitzt und wartet, denn die Einzelheiten seiner Umgebung haben ihn schnell wieder gelangweilt. Dadurch hat der junge Mann allerdings auch Zeit an der Rose zu riechen und mit seinen Gedanken kurz zu Joanne abzuschweifen. Immer wieder schweifen seine Gedanken zu ihr ab und die merkwürdige Begegnung. Zum ersten Mal fühlt er etwas wie Unsicherheit in seinen Entscheidungen. Doch dann wird er aus seinen träumerischen Gedanken gerissen, als der unbekannte Gastgeber lächelt und aufsteht, wobei er vor Talen stehen bleibt und diesem die Hand recht.
„Nun Talen, um die Höflichkeit genüge zu tun, ich bin Aramir Velkar und wie es scheint werde ich einen alten Gefallen bei eurem Vater einlösen. Aber kommt mit, es scheint als würden wir etwas Zeit miteinander verbringen und nun sicherlich müssen wir auch alles für eine Reise vorbereiten. Auch wenn es schwer wird mitten im Krieg, aber sicherlich wird er nicht mehr lange anhalten. Jetzt nach der Zerstörung von Cyre, aber Talen komm mit, es gibt viel zu bereden.“
Talen springt erfreut auf, schüttelt die Hand des Mannes und folgt ihm so gleich, endlich würde er seine Chance bekommen, selbst zu entscheiden. Doch seine Gedanken hängen auch ein letztes Mal Joanne hinterher, er fragt sich, ob er sie wirklich jemals wiedersehen wird und ob er nicht vielleicht doch hätte bleiben sollen. Einen kurzen Moment ist seine lebenslange Reiselust etwas gebremst, doch die Aussicht ist zur Verlockend und immerhin würde er noch viele Ort sehen, vielleicht ist irgendwann auch Joanne bei einem dieser Orte zu finden. Vielleicht weiß er auch bis dahin was er wirklich will und was er für sie empfindet oder auch nicht.
Spoiler (Anzeigen)Talen wartet unruhig vor dem Büro des Professors. Immer wieder rutscht er unruhig hin und her, doch irgendwann gibt er es auf sich selbst fertig zu machen und versucht seine Gedanken mit den Geschehnissen der letzten Jahre abzulenken. Denn etliche Jahre ist es her, dass Aramir Velkar Talen ermöglicht hat seinen eigenen Weg zu gehen. Etliche Jahre sind vergangen seid er Joanne getroffen hat, das Mädchen, welches seine Gedanken nie vollständig verlassen hat. Etliche Jahre lebt er nun in Sharn, die Stadt der Türme. Ein einziges großes Paradies voller Dinge, welche es zu Entdecken gilt. Jeden Tag so kommt es Talen vor gibt es etwas neues zu entdecken und genau das tut er auch. Denn Aramir hat ihm genug Geld gegeben, um noch einige Zeit in Sharn leben zu können. Auch hat er ihm ermöglicht die Morgrave Universität zu besuchen, auch wenn Talen ein selten gesehener Student ist, dafür aber in fast allen Fakultäten der Universität, denn auch dort interessiert den jungen Mann wie so oft im Leben einfach zu viel. Denn die Stadt selbst ist wie ein riesiger Spielplatz voller Abenteuer für Talen gewesen und ist es immer noch. Er treibt sich oft auch in den unteren Ebenen herum, um möglichst alle Aspekte zu verstehen. Doch egal wie viel er an einem Tag erlebt oder in der Nacht, meist kehren seine Gedanken am Ende für einen kurzen Augenblick zurück zu Joanne und er fragt sich immer wieder, ob er eine falschen Entscheidung getroffen hat. Doch genau diese Gedanken führen ihn heute zum Büro Professor ir’Dwayne, denn dieser richtet eine Expedition nach Aerenal aus. Dies wäre ein wichtiger Schritt für Talen, um irgendwann der Wegfinder Gilde beizutreten, doch eigentlich will er herausfinden, ob er wirklich damals die falsche Entscheidung getroffen hat, denn der eigentlich Grund für seine Anwesenheit ist, dass er die Teilnehmerliste heimlich eingesehen hat und auf dieser einen Namen entdeckt hat. Nämlich Joanne ir’Vellièrs, das junge Mädchen aus der kleinen Stadt, welches ihm geholfen hat und er nicht vergessen kann. Sicherlich ist sie inzwischen eine Frau geworden, aber in seinen Gedanken wird sie immer das scheue, unsichere Mädchen bleiben, welches ihm eine Rose geschenkt und sich um ihn gekümmert hat.
Doch nun muss er es erst mal schaffen den betagten alten Professor zu überzeugen, gerade ihn, den wahrscheinlich nichtsnutzigsten Student der gesamten Universität mitzunehmen. Doch Talen ist auch nicht auf den Mund gefallen. Er strafft sich also und tritt endlich in das Büro ein, nachdem er solange gewartet hat. Er erwidert den stechenden Blick und begrüßt den Professor mit einem Lächeln.
„Einen wunderschönen Tag Professor ir’Dwayne. Ich bin Talen Voss, ein aufmerksamer und fleißiger Student, welcher unbedingt etwas für die Uni leisten will.“ Der Professor schaut skeptisch und will gerade die Stimme erheben, um seine Zweifel zu äußern. Doch Talen unterbricht ihn mit einer kurzen Geste.
„Bevor ihr mich raus werft, hört mir wenigstens einen Moment zu. Ich weiß, dass ihr eine Reise nach Aerenal plant und ich weiß, dass ihr einen guten Führer sicher gebrauchen könnt. Seht ihr ich bin perfekt dafür geeignet. Ich spreche fließend Elfisch, kenne mich in der Wildnis aus und habe mich mit Geschichte, Religion und einigen anderen Gebieten intensive beschäftigt. Bedenkt außerdem wie wenig Unterkünfte es in der Wildnis der Elfen gibt. Sie wollen einfach keine Gäste und sehr ihr dafür braucht ihr einen guten Führer wie mich. Auch kann ich sicherlich mit ihnen verhandeln und seht ihr das würde ich alles auch noch für einen Minimalenlohn machen. Ich will nicht mal einen Anteil an den gefunden Artefakten, Relikten oder Texten. Ich plane sogar die Reise mit, wenn ihr denn wünscht. Seht ihr, ihr braucht sicherlich jemand wie mich und ich falle euch garantiert nicht zur Last. Also was sagt?“
Talen schaut hoffnungsvoll zu dem alten Mann, doch dieser scheint noch nicht überzeugt. Er runzelt die Stirn ein weiteres Mal und fragt nachdenklich.
„Das könnt ihr alles? Wie kommt es, dass ich euch nie in meinen Vorlesungen gesehen habe und wie wisst ihr davon? Außerdem habe ich nicht mal eine Akte über euch, wenn ich mich nicht irre habe ich euch überhaupt noch nie gesehen, Herr Voss.“
Talen schaut einen Moment irritiert und verunsichert, doch dann fängt er sich und redet weiter, wobei er etwas übertrieben gestikuliert und etwas auf und ab läuft.
„Nun wisst ihr, ich sitze meist hinten und bin eher unscheinbar in euren Vorlesungen. Ihr wisst doch wie manche sind und ich habe großen Respekt für eure Arbeit. Ihr habt mich sicherlich noch nie bemerkt bei so vielen Studenten wie ihr unterrichtet. Da entgeht jemand wie ich schon einmal, ihr wisst doch wie das in der Hektik ist und außerdem wüsste ich doch nicht von dieser Expedition, wenn ich nichts mit euch zu tun hätte. Also bitte, lasst mich euch begleiten?“ Talen hofft, dass die Lüge klappt, denn er war wirklich fast nie bei seiner Vorlesungen und von der Expedition hat er eher auf Umwegen erfahren, nicht ganz legale Umwege. Der Professor streicht sich nachdenklich über das Kinn.
„Nun gut, Herr Voss, ich will nicht so sein und ihr scheint motiviert. Also seid ihr mit an Bord und ich will morgen sehen, wie eure Ideen und Planungen aussehen.“
Talen nickt erfreut und verneigt sich.
„Es ist mir eine Ehre euch helfen und begleiten zu dürfen. Einen schönen Tag noch.“
Talen dreht sich um und verlässt mit einem breiten Grinsen das Büro. Endlich würde er erfahren, ob er sich falsch entschieden hat. Er würde Joanne wiedersehen und sogar noch Aerenal sehen. Wenn er sich nicht um Kopf und Kragen geredet hätte, denn er hat keine Ahnung von Aerenal und eine Expedition hat er in dem Maße noch nie geplant. Aber dies ist im Moment egal, denn er würde Joanne wiedersehen und er hat ja noch einen ganzen Tag Zeit, also viel Zeit.
Spoiler (Anzeigen)Etliche Tage oder auch mehrere Wochen sind vergangen seit dem Aufbruch der Expedition in das ferne Aerenal. Doch nun ist die Reisegruppe und Talen soweit ihr angestrebtes Ziel eine alte Kultstätte der Elfen zu erreichen und obwohl der Tag schön aussieht und ihr Ziel fast erreicht ist, ist Talen alles andere als zufrieden mit seiner Leistung. Während er durch die malerische Landschaft von Aerenal streift, schweift er deshalb mit seinen Gedanken ab, denn mit seinen eigenen Ergebnissen ist er mehr als unzufrieden. Anscheinend hat er etwas zu dick aufgetragen damals im Büro des Professors. Seit damals ist er nur damit beschäftigt zu planen, zu leiten und die Fragen der Mitglieder zu beantworten. Zwar hat er dies alles gemeistert, die Expedition geplant und es sogar irgendwie geschafft die sonst so fremdenfeindlichen Elfen zu überzeugen, dass sie die Ruine besuchen dürfen. Wahrscheinlich war sie nicht wirklich wichtig oder es gibt dort nichts interessantes mehr. Eigentlich war es Talen egal, da er das Land, die Leute und Städte sehr viel spannender findet, auch wenn sie seit Tagen durch die Wildnis reisen ohne ein Anzeichen von Zivilisation. Aber dieses eigentlich tolle Erlebnis wird von seinem mangelnden persönlichen Fortschritt gehemmt. Denn er hat kaum Zeit gehabt um sich Joanne zu nähern. Meist schein sie auch etwas ausweichend oder er deutet ihren Blick nur falsch. Aber leider hat er kaum Zeit und es bleib meist beim höflichen Austauschen von Begrüßungen ehe die Expeditionsteilnehmer ihn wieder mir Fragen überhäuften. Dabei ist sich Talen in den letzten Tagen sicher geworden, dass er zumindest etwas für sie empfindet und sie noch schöner findet als in seinen Erinnerungen. Auch schien sie in den letzten Tagen weniger abweisend, vielleicht hat er endlich eine Chance. Aber er braucht dafür ein wenig Zeit mit ihr allein, doch dafür hat er schon einen Plan zu recht gelegt.
Dann endlich am späten Nachmittag erreichen sie die Ruine eines alten Tempels, wenn sich Talen nicht irrt. Viel stand leider nicht mehr, aber der Grundriss sowie einige Wände, Säulen und das Kellergewölbe scheint erhalten zu sein. Doch als sie ankommen und alle schon ganz erpicht darauf sind, die Ruine zu erforschen, räuspert er sich und versucht alle zu erreichen.
“Ehe wir diese Ruine betreten, werde ich und ein Freiwilliger sie erforschen. Wir müssen ausschließen, dass noch todbringende Fallen vorhanden sind, alte Mechanismen oder uralte Verteidigungsmechanismen. Ich bitte also um geduld und einen Freiwilligen, welcher sich dieser tödlichen Gefahr stellen will.“ trägt Talen etwas zu dick auf in der Hoffnung, die falschen Leute abzuschrecken und um zu sehen, ob Joanne darauf anspringen würde. Zu seinem Glück meldet sie sich wirklich und er nickt mit einem Lächeln. Er schaut zu den anderen Teilnehmern.
„Schlagen sie schon mal ein Lager auf und halten sie sich bereit. Wir sind sicher bald fertig.“
Dann macht er sich mit Joanne auf den Weg, wobei er sie anlächelt und flüstert.
„Erkunden wir etwas, Joanne.“
Er schreitet gut gelaunt voran und schnell wird offensichtlich, dass die oberen Ruinen sicher sind, auch wenn es Talen etwas an Aufmerksamkeit mangelt, da er öfters zu Joanne blickt als auf die Umgebung achtet. Doch damit läuft Talen auch immer mehr die Zeit davon, doch der junge, welterfahrene Mann kann sich einfach nicht durchringen. Wie immer fühlt er sich in ihrer Nähe unsicher, weshalb er weiterhin nur die Zweisamkeit ohne besondere Gesten genießt. Letztendlich ist der Keller dran. Er schaut zu Joanne mit einem Lächeln.
„Schauen wir mal, was sich unter der Erde verbirgt, vielleicht ja mehr als Staub.“ Er klingt allerdings bei den Worten weniger unbeschwert und betritt mit ihr zusammen das Kellergewölbe. Er entzündete seine Laterne, auch wenn es unnötig gewesen ist, wie er kurz darauf feststellt, da Joanne schon für Licht sorgen kann. Er setzt also seinen Weg fort und sie entdecken etliche alte Gräber, Inschriften und einige andere Dinge von denen Talen keinen blassen Schimmer hat, Joanne aber offenbar sehr interessieren.
Doch wie schon oben, gleitet sein Blick leider öfters zu Joanne als zu seiner Umgebung, was ihn mit jedem Schritt sorgloser werden lässt. Während die Zeit immer knapper wird, seine Aufmerksamkeit immer weniger und sie den letzten Raum erreichen, eine mit Säulen gespickte Halle, bezahlt er den Preis für seine Unaufmerksamkeit. Als er gerade in der Mitte der Halle ankommt, tritt er auf eine Platte und bemerkt zu spät wie sich die Säule neben ihm bedrohlich zu fallen beginnt. Mit einem schnellen Geräusch senkt sich die Säule auf Talen nieder, doch Joanne bemerkt dies eher als der abgelenkte Mann und ruft noch verzweifelt “Talen!“, um dann in seine Richtung zu rennen. Talen selbst bemerkt alles viel zu spät und sieht nur noch mit Entsetzen wie die tonnenschwere Säule sich auf ihn nieder senkt. Doch im letzten Moment reißt Joanne ihn weg und sie landen beide auf dem Boden. Joanne auf ihm. Adrenalin fließt durch seinen Körper und er spürt ihren Atmen ganz nah. Die Wärme ihres Körpers und sie errötet Beide gleichzeitig. Doch Talen gibt sich endlich einen Ruck, denn er sieht seine Chance gekommen. Ohne ein weiteres Wort zieht er Joanne nach unten, um sie zu küssen. Er spürt ihre sanften Lippen und genießt diesen langen, ersten Kuss mit Joanne. Der Frau, welche ihn seit damals niemals komplett los gelassen hat. Doch nach etlichen Herzschlägen beendet er diesen wunderschönen Kuss. Ihre beider Wangen sind Rot wie der blühende Mohn und Talens Atem geht einen Tick schnell, während sein Puls rast und sein Herz schneller schlägt. Er lächelt dann und lässt sich von Joanne aufhelfen. Er fühlt sich in diesem Moment berauscht, aber auch etwas unsicher. Weswegen er einfach nur fast eine Minute lang schweigt und Joanne glücklich anlächelt. Doch dann durchbricht er die Stille.
„Danke. Ich glaube das war die letzte Falle. Wir sollten glaube ich hoch gehen ehe die dort oben durchdrehen vor Langeweile.“
Er lächelt verunsichert, will schon los laufen, doch dann ergreift er ihre Hand und eilt überhastet los, um die Ruine zu verlassen. Doch kurz vor dem Ausgang löst er den Griff, da er unsicher ist wie der Leiter und die Expedition reagieren würden. Er lächelt entschuldigend und verlässt mit Joanne die Ruine. Sofort werden sie von den Teilnehmern der Expedition umringt und Talen muss seiner Kraft raubenden Tätigkeit wieder nach gehen, doch er hat einen wichtigen Schritt getan. Auch wenn er jetzt förmlich wieder von ihr getrennt wird. Aber seine selbstauferlegte Pflicht, um überhaupt in ihre Nähe zu kommen, ruft.
Spoiler (Anzeigen)Die Lyrian treibt majestätisch am Hafen von Sharn. Wie immer prasselt der Regen in Sharn auf die Stadt nieder und setzt Talen immer weiter zu. Er schaut mit einem unsicheren Blick zu dem Schiff auf, doch im selben Moment überkommt ihn ein Zittern und er zieht seinen Mantel enger um sich. Mehrere Wochen sind seit der Expedition vergangen und obwohl er endlich den Bann der Unsicherheit gebrochen hat, meint das Schicksal es einfach nicht gut mit ihm. Anscheinend reicht es manchmal nicht aus, die Unterstützung aller Götter zu haben. Während Talen über seine Situation grübelt, holt er einen kleinen Anhänger von Arawai heraus und spielt damit unsicher herum, während das Wasser langsam seine Kleidung aufweicht und sein Zögern umso betrübter macht. Denn selbst nach der Expedition hat Joanne kaum Zeit für ihn gehabt, denn es gab unzählige Sachen zu klären, Vorträge zu schreiben und Wissen auszuwerten. Auch wenn Talen interessiert in solchen Dingen ist, wurde er so gut wie ausgeschlossen, auch wenn der Professor ihn unter vier Augen gelobt hat, doch da er versprochen hat keinen Anteil am Ruhm zu fordern, würde wohl nie jemand seine Beteiligung erfahren. Nur die Teilnehmer würden es wissen und das ist in der Welt der Gelehrten nichts wert. Eine ganz Zeit lange hat er sich nur wieder in Sharn rum getrieben und Joanne nur flüchtig gesehen, auch wenn er gern länger und öfters bei ihr gewesen wäre. Doch nun muss er mit Bestürzung erfahren, dass sie einfach verschwindet für längere Zeit. Mehre Wochen. Nur mit Mühe und Not hat er durch einige Bestechungen und unlautere Mittel erfahren, wo sie hin will. Deshalb steht er jetzt bei der Elementargaleone, die Lyrian. Doch wieder plagen ihn auch einige Zweifel, da sie ihn einfach so zurück gelassen hat, aber gleichzeitig will er sowieso wieder aus Sharn heraus und er war immerhin noch nicht in dieser Stadt in Karrnath. Er steckt den Anhänger wieder weg und schaut zu dem Luftschiff, wobei er lächelt.
„So schnell wirst du mich nicht los, Joanne. Nicht nachdem Kuss.“
Er zieht seine Kapuze ins Gesicht, um mit schnellen Schritten auf das Schiff zu zugehen. Keine Ahnung wohin die Reise gehen würde, doch so würde er Joanne überraschen können und sehen, ob vielleicht endlich etwas mehr daraus wird...