Hoch steht die Sonne am Himmel und brennt erbarmungslos hinab auf das kleine Bergdorf, die staubigen Wege und die wenigen, viel zu kleinen Terrassen, auf denen selbst bei gutem Wetter nicht genug Reis geerntet werden könnte, um all die hungrigen Mäuler in
Yukami Mura zu stopfen. Die flirrende Hitze lässt Spiegelungen in der Luft tanzen, während das schrille Zirpen der Grillen in der drückenden Stille doppelt laut erscheint. Nichts rührt sich in der Umgebung, nichts, bis auf den einsamen Samurai, der sich mühsam den Serpentinenpfad zum Dorf hinauf kämpft. Langsam sind seine Schritte, als könne er die Beine kaum mehr bewegen. Der ehemals bunt gemusterte, nun aber vom Staub der Straße überzogene
Kimono mit dem Wappen des kürzlich getöteten Kriegsherrn dieser Region auf der Rückenpartie klebt um den Oberkörper des sehnigen, kräftig wirkenden jungen Mannes, unter dessen langem Haarschopf Schweiß hervorperlt und über seine Schläfen hinab rinnt. Manche der salzigen Rinnsale treffen auf seine Augenwinkel und beißen dort unangenehm, doch bis auf ein gelegentliches energisches Blinzeln reagiert er nicht. Stoisch, wenn auch verbissen wirkend, setzt er seinen Weg fort, die Hütten des Dorfes fest im Blick, die Linke auf dem
Tsuka[1] seines
Katana liegend, der Daumen fest auf das
Tsuba der Waffe gepresst, um sie innerhalb eines Lidschlags aus der
Saya ziehen zu können.
Schließlich hat er den Eingang des Dorfes erreicht – wo der Bergpfad in einen simplen Hohlweg übergeht, der von zwei Hütten flankiert ist – und lässt seinen Blick mit undurchdringlicher Miene schweifen. Eine Stelle, die der Samurai in ihm ganz automatisch als gut zu verteidigende Position wahrnimmt... zu sehr sind ihm die Lektionen des Krieges in Fleisch und Blut übergegangen, als dass er solche Gedanken ignorieren könnte. Doch kein Mann steht hier bereit, Eindringlinge zurückzuweisen. Nur ein kurzes Kichern aus einer kindlichen Kehle, rasch unterbrochen vom hastigen Flüstern einer Erwachsenenstimme, weist darauf hin, dass hier überhaupt noch jemand lebt. Dann, für einen kurzen Moment, das Rascheln eines Kimonos, als sich jemand leise zu entfernen versucht, hinter den Bambushütten verborgen. Ein verstohlener Blick aus dem Schatten eines Fensters, hinter einer vorsichtig angehobenen Bastmatte hervor, die Augen ängstlich wirkend... Die Mundwinkel des einsamen Wanderers wandern nach unten.
Das also ist alles, was dieses armselige Dörfchen noch zu bieten hat: Kinder, Alte und Weiber! Ein armseliges Ziel für Räuber, denn viel kann hier nicht zu holen sein. Aber auch eines ohne jegliches Risiko. Er wüsste, was er täte, wäre er ein ehrloser Bandit!
Baka! – es ist einfach zu dumm, wie das alles kam! Langsam schabt er mit einer Hand über seinen Hals. Seine Kehle fühlt sich an wie ausgedörrt. Dieses Dorf ist fast wie jenes, in dem er geboren wurde und seine Kindheit verbrachte. Und in der Mitte seines Dorfes gab es einen kleinen Brunnen mit kühlem, frischem Wasser aus einem kleinen Gebirgsbach... ja, das wäre jetzt das richtige! So strafft er sich und setzt seinen einsamen Weg in das Dörfchen fort, aufrecht und scheinbar unbekümmert jedes Geräusch und jede Bewegung in seinen Augenwinkeln ignorierend. Seine gesamte Erscheinung ist eine Demonstration von überlegener Gleichgültigkeit. Wer sollte wohl hier sein, der sich ihm in den Weg zu stellen wagte? Und – wäre es so – welcher Tag wäre wohl besser geeignet, um mit einer letzten großartigen Geste aus dieser miserablen Welt zu scheiden, in der ein Mann bestraft werden kann, ohne schuldig zu sein?