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« am: 19.10.2023, 21:42:06 »
Allegra musste schon zugeben, Monsieur Champ-Champ war wirklich ein begnadeter Meister seiner Zunft. Es hatte sich zudem gelohnt zu bleiben und dem Meister weiter zur Verfügung zu stehen, konnte er doch so seine Kreativität spontan in traumhaftem Stoff auf ihren Leib zaubern. Natürlich war sie interessiert gewesen, mehr über diese Leute zu erfahren, aber sie wollte auch nicht dem morgigen Abend zu viel vorgreifen, zumal sie immer noch nicht wusste, worum es tatsächliche gehen würde. Also zog sie es vor zu schweigen und sich nicht weiter zu zeigen.
Die Vodacce hatte natürlich nicht erwartet, Signora de Castell noch am Abend zu sprechen, dafür war es zu spät geworden, bis Monsieur Champ-Champ sie zurück begleitet hatte. An welcher Stelle sie sich allerdings auch geärgert hatte, dass sie wieder keine Chance bekam, sich alleine diese Stadt anzusehen. Nachdem sie sich vielmals bei dem Meisterschneider bedankt und versichert hatte, natürlich seine allerbesten Grüße auszurichten, wurde sie von einer Zofe auf ihr Zimmer geführt. Kurze Zeit später brachte ihr die Zofe dann noch ein kleines Abendmahl.
Sie war so hungrig, aber hielt sich doch zurück, auf keinen Fall wollte sie riskieren, dass das Kleid am morgigen Abend an irgendeiner Stelle spannen würde.
Auch der nächste Tag verlief äußerst unbefriedigend. Signora de Castell hielt es anscheinend nicht für nötig, ihr auch nur den kleinsten weiteren Hinweis zu geben. Worauf sollte Allegra auf am Abend achten oder vielmehr auf wen? Na wenigstens war die eisenländische Etikette nicht so herausfordernd, wie die anderer Länder. Zumindest soweit sich Allegra an ihre Lehrstunden erinnerte.
Sie fühlte sich zwar nicht gut auf ihre Aufgabe vorbereitet und war daher etwas nervös, aber zumindest mit ihrem Aussehen war sie sehr zufrieden, als sie am Abend die Treppe herunterschritt.
Allegra war doch etwas verwundert, als sie feststellte, dass die Veranstaltung anscheinend nur im Salon und nicht etwa im Ballsaal stattfinden würde. Gitta de Castell hatte zwar nur einen Empfang angekündigt, aber das hieß in solchen Kreisen doch oft eine Veranstaltung von bis 50 Gästen. Überrascht war sie dann, als es offentlich wurde, dass mit dem Eintreten der Gruppe, die sie am Vortrag kurz im Atelier des Schneiders gesehen hatte, zusammen mit einem adelig gekleideten, wohl-gerundeten Mann die Abendgesellschaft vollständig zu sein schien.
Aber so etwas brachte Allegra nicht aus dem Konzept, dafür hatte sie schon zu viel Übung in Gesellschaften.
Der Mann schien äußert unsicher zu sein, obwohl sie auf den ersten Blick den Eindruck hatte, dass er wie ein Verwandter der Signora aussah, dieselbe Nase und das etwas fiehende Kinn.
Die zugegebenermaßen sehr brüske Begrüßung von Signora de Castell bestätigte ihre Vermutung. In ihrem ersten Gespräch hatte die Hausherrin ihren Sohn einen Nichtsnutz geschimpft, aber es war wohl nicht das einzige, was sie an ihm störte.
Allegra musterte die Gruppe, Monsieur Champ-Champ hatte wirklich ausgezeichnet gearbeitet. Die Kleidung ließ nichts zu wünschen übrig und alle Accessoires waren gefunden wurden. Allerdings war ersichtlich, dass bis auf den Montagnier keiner es gewohnt war, solche Kleidung regelmäßig zu tragen. Richtiges Unbehagen stellte sich bei den Gästen dann aber mit der Begrüßung von Frau Castell ein. Die Vodacce war sich vollkommen sich, dass ihre Gastgeberin genau das bezweckt hatte. Nur der charmante und anscheinend auch adelige Montagnier versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, und gab sich keine Blöße in der Etikette. Genau hörte sich Allegra die Vorstellung seiner Kameraden an und war erstaunt einen Samater unter ihnen zu finden. Dem Gespräch des gestrigen Abends hatte sie entnommen, dass dieser wohl erst kürzlich zur Gruppe dazugestoßen war.
Diese Leute hatten wohl ein Anliegen, dass auch für Achim de Castell so wichtig war, es auf eine Konfrontation mit seiner Mutter einzulassen. Allegra war sehr gespannt, es musste schon etwas in der höheren Gesellschaft sein oder etwas sehr teures, dass dich diese Leute an Signora de Castell wandten.
Als der Montagnier sich gallant nach ihrem Namen erkundigte, schenkte Allegra ihm ein bezauberndes Lächeln während sie kleine Knicks andeutet und ihrer Auftraggeberin so die Zeit gab, sie vorzustellen.