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« am: 07.02.2016, 20:33:10 »
Der Vorfall mit dem dämonischen Eindringling hat Varna viel Stoff zum Nachdenken gegeben. Das offensichtliche Problem der Verwundbarkeit ihrer Erfindung gegen Übernahmeversuche aus dem Warp bekommt sie in den wenigen Tagen zwar, was kaum überraschend ist, nicht gelöst, allerdings kommt sie auf die Idee, die Sache komplett anders anzugehen: Nicht etwa die reanimierende Maschinerie vor dämonischem Zugriff schützen, was ohnehin nicht ohne zweifelhafte Kompromisse möglich ist, sondern die einzelnen belebten Körper. Versuchsweise beginnt die Heretek, ausgewählte Leichname mit komplexen Zeichenmustern zu gravieren, mit elektronischen Inhibitoren zu versehen und sie durch Blutinfusionen an sich selbst zu binden. Bis zum Austritt der Wiege des Lebens aus dem Warp schafft sie, zwei 'Subjekte' fertig zu präparieren, die solange deaktiviert auf der Krankenstation liegen.
Allerdings hat der Zwischenfall nicht nur die Wissenschaftlerin in der rotberobten Ketzerin herausgefordert. Deutlicher denn je hat sie gespürt, wie fragil ihre sterbliche Existenz ist, und wie leicht die Myriaden der kosmischen Schrecken ein Schicksal besiegeln können. Diese Erkenntnis hat die Fabrikweltlerin dazu bewogen, über jeden Tag, an dem sie am Leben - und nicht alleine! - ist, an dem sie etwas in diesem Universum ausrichten kann, froh zu sein. Die gemeinsame Zeit mit Lamira genießt sie nun noch bewußter, für jede Gelegenheit dankbar, die Mutantin besser kennenzulernen und mehr über sie zu erfahren.
Als der Zerstörer nicht einmal eine Woche später in den Realraum taucht, verfolgt Varna den Übergang von der Brücke aus und betätigt gleich die Augurenbatterien. Grün leuchtende Zahlen und Symbole huschen über dutzende von Bildschirmen, doch es gibt keine Anzeichen auf imperiale Patrouillienschiffe, andere Schiffe oder überhaupt irgendwelche massereichen Objekte. Die Maschinenseherin packt das Pergament mit dem niedergeschriebenen Pakt zur Infiltration von Sinophia und sucht die Versammlung der Ketzer auf, zu der sich anscheinend nur Emilia nicht herbequemen mag. Sie denkt sich jedoch nicht viel dabei, sondern nimmt Platz neben Lamira, legt den Arm mit der bionischen Hand um ihre Schultern und breitet das Pergament auf dem Tisch aus.
Dass Tal'Ygramus als erstes mit Bedenken bezüglich der belebten Leichen und der Schiffssicherheit beginnt, überrascht die Abtrünnige nicht. "Ich weiß, dass die W.I.E.Ge.-Technologie, so wie sie konzipiert ist, einige Schwachstellen hat," gibt sie zu, aber ohne zerknirscht zu wirken. Wieder einmal scheint die Heretek einen Trumpf im Ärmel parat zu haben. "Möglicherweise habe ich aber einen Lösungsansatz. In den nächsten Tagen wird sich zeigen, ob die Prototypen funktionieren."
Was die Wahrscheinlichkeit von Gellerfeldfluktuationen betrifft, ist die Techpriesterin geneigt, ihrem in Sachen Raumfahrt besser bewanderten Zunftkollegen zu vertrauen - nicht jedoch, ohne fortschrittsorientiert einzuräumen: "Die Gellerfelder können sicherlich optimiert werden. So wie jedes System auf dem Schiff."
Bei Lamiras halb geflüstertem Kommentar lacht sie krächzend auf. "Du hast nicht viel verpasst," schmunzelt sie und krault den Fellstreifen im Nacken ihrer Liebsten, deren Spiel mit ihren Mechadendriten sie nur noch unterstützt, indem sie die biegsamen Fortsätze wie eine Katzenangel hin- und herschwenkt.
Dann aber richtet sich Varnas Blick auf XK Rho Pi-8 - die sumpfgrünen Augen der Frau glimmen auf. "Hast du eine zuverlässige Möglichkeit, die Strömungen des Warps wahrzunehmen?," fragt sie, ernsthaft neugierig. Nach Oracias Tod hat die Fabrikweltlerin sich beinahe mit der Aussicht arrangiert, ihre neuentwickelten Talente zur Navigation im Immaterium einsetzen zu müssen - aber anscheinend traut der Idolitrex-Magos sich diese Aufgabe ebenfalls zu.