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« am: 25.10.2007, 20:34:06 »
Die Hand des Soldaten zuckte zum Gürtel und für einen Wimpernschlag stand die nackte Wut in sein Gesicht geschrieben. Einen Wimpernschlag später hatte er sich wieder vollkommen unter Kontrolle, doch klang Stahl in seiner Stimme mit, als er antwortete.
"Wenn Ihr mal dorthinkommt, solltet Ihr eine Regel beherzigen. Sprecht niemals irgendjemanden dort mit "Er" an, arrogantes Adelsgetue ist im Rattenviertel schon einigen dummen Stutzern zum Verhängnis geworden."
Er holte tief Luft.
"Aber Ihr habt recht, ich verschwende meine Zeit. Also hört zu. Wie Ihr möglicherweise wisst, gibt es seit mehreren Jahren keine Stadtwache mehr im Rattenviertel. Wir sind dort als Büttel des Stadtadels fast so verhasst wie die reichen Bonzen selbst, was die Arbeit dort zu einem ziemlich hohen Gesundheitsrisiko machte. Irgendwann kam "Generaloberst von Graukliff" - die letzten Worte sprach er mit einem Blick zum Barden mit besonderer Betonung - auf die Idee, eine Art Abkommen mit den dort ansässigen Gilden zu schließen. Diese sollten einigermassen für Recht und Ordnung sorgen, dafür würde sich die Stadt nicht weiter in die Angelegenheiten des Viertels mischen."
Der Hauptmann winkte dem Wirtsjungen, der kurz darauf jedem am Tisch ein weiteres Getränk servierte.
"Der Oberst ist natürlich nicht dumm genug, um sich darauf zu verlassen, dass alles von alleine seinen Gang gehen werde. Natürlich haben wir daher Augen und Ohren im Rattenviertel, die uns warnen sollen, falls irgendetwas geschieht, was ein Problem darstellen könnte. Und wie es aussieht, steht uns alsbald ein Problem bevor."
Er nahm einen tiefen Schluck.
"Das Rattenviertel war schon immer ein Dreckloch, aber immerhin haben die Gilden bisher die schlimmsten Auswüchse verhindert. Aber wie es scheint, haben sie in den letzten Wochen ihre Arbeit eingestellt. Unseren Berichten zufolge türmen sich dort seit neuestem die Müllberge, aus den Abwasserkanälen kommt die Gülle hoch und die Ratten scheinen sich entschlossen zu haben, das nach ihnen benannte Viertel wieder für sich zurückzuerobern. Wenn das so weiter geht, ist es nur eine Frage der Zeit, bis dort eine Seuche ausbricht. Und das wäre eine Gefahr für die ganze Stadt."
"Wie der Zufall es will, sind genau in diesem Moment unsere Kontakte ins Viertel abgetaucht. Und wie der Zufall es will, fängt der Oberst genau in diesem Moment an, uns auf Dauerpatrouille zu schicken, natürlich, ohne uns zu erzählen, was los ist."
Ein weiterer tiefer Zug leerte das Glas, das alsbald ersetzt wurde.
"Ich will jedenfalls verdammt sein, wenn nicht irgendwas im Busch ist. Und ich habe keine Lust, mich überraschen zu lassen, denn auch wenn der Oberst ein ehrenwerter Mann ist, für den ich meine Hand ins Feuer legen würde, ist er dennoch ein Adeliger, der nicht allzuviel von den Problemen der kleinen Leute versteht. Was ich brauche, sind daher ein paar Leute, die es wagen, da reinzugehen und sich unauffällig nach dem rechten umzusehen. Daher auch die hohe Entlohnung. Wenn ich weniger biete, werden nur Halbsabschneider darauf eingehen, die das Geld einstreichen und sich damit verdünnisieren."
"Mir hat gefallen, wie Ihr mir da draussen begegnet seid. Den meisten Leuten in der Stadt sieht man die Furcht oder den Hass an, wenn sie es mit der Wache zu tun bekommen. Eure Kaltblütigkeit ist etwas seltenes. Ihr", er nickte zu Amaara, " habt mich angeflirtet und Ihr" diesmal nickte er grinsend Lara zu, habt sogar die Frechheit besessen, mich für dumm verkaufen zu wollen. Eigentlich sollte ich Euch auf die Finger klopfen, aber möglicherweise seid ihr beiden genau die richtigen, um den Job zu erledigen."
"Euch dagegen" diesmal wandte er sich dem Barden zu, " kann ich nicht einschätzen, aber als Musiker seid ihr möglicherweise auch im Rattenviertel willkommen und die beiden Mädchen ganz ohne männlichen Schutz da reinzuschicken, würde die beiden zum Freiwild machen. Ich hätte zwar gerne jemanden mit etwas mehr Muskeln mitgeschickt, aber ich muss mich wohl mit dem zufriedengeben, was ich bekommen kann."
Der Hauptmann lehnte sich zurück.
"Jetzt wisst Ihr, was ich von Euch will. Und ich würde jetzt gerne von Euch wissen, ob Ihr den Mumm habt, diesen Auftrag anzunehmen, oder ob ich euch falsch eingeschätzt habe."