Kjartan war nach der gemeinsamen Besprechung noch ein wenig wach geblieben. Er hatte sich vorgenommen, sich noch ein wenig bei den Heilerinnen umzuhören und somit mehr über die Gruppe herauszufinden. Der erste Abend war, so musste er zugeben, nicht besonders gut verlaufen. Sie hatten ihn höflich willkommen geheißen, seine freundlichen Worte aber zurückgewiesen und auch mehr als eine misstrauische Frage war gestellt worden. Insbesondere wusste Kjartan nicht, was Tristan von ihm halten mochte. Kjartan nahm sich vor, in Zukunft besonders darauf zu achten, was er von sich preis gab. Aber anscheinend erzählte Tristan um so lieber von sich. Also würde er ihm Gelegenheit dazu geben. Und was Abdo anging - nunja, dieser Mann mit der dunklen Hautfarbe faszinierte ihn. Er war nicht nur aus fremden Landen, sondern vielleicht gar aus einer anderen Welt. Er hatte es geleugnet, ein Magier zu sein. Aber was hieß das schon? Er hatte vielleicht nicht anders antworten können, denn immerhin begegnete man Magie hierzulande mit Argwohn. In Kjartans Vorstellung war Abdo ein mächtiger Zauberwirker und lebhaft stellte er sich vor, wie er Kolkhar in Stein verwandelte und Dämonen zu Sztaub verbrannte. Vielleicht würde er eines Tages Zeuge seiner Magie werden. Und vielleicht würde Abdo ihm auch ein bisschen was beibringen. “
Jetzt sei nicht töricht! Du bist so magisch wie ein Stein! An Dir ist gar nichts besonderes. Ganz gewöhnlich bist Du.“, so sagte er sich. Doch die kindlichen Gedanken ließen sich nicht vertreiben und so fiel Kjartan in einen tiefen Schlaf und träumte von allerlei Wundern und Gestalten.
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Am nächsten Morgen wacht Kjartan gut gelaunt auf. War er gestern mit gespaltenen Gefühlen ins Bett gegangen, was die Gruppe anging, so ist er heute viel entschiedener, ihnen folgen zu wollen. Dies liegt nicht so sehr daran, dass er nun fühlt, dass ihre Begrüßung vielleicht doch herzlich waren (eigentlich hat er heute noch stärker das Gefühl, dass auch ohne ihn irgendwelche Unstimmigkeiten zwischen den Männern und Frauen bestehen), sondern dass er weiterhin bei Abdo sein will, jenem wundersamen Mann aus dem Osten (alles Wundersame kommt aus dem Osten!).
Am Frühstückstisch angekommen begrüßt er alle sehr freundlich und erkundigt sich, ob sie wohl genächtigt haben. Enttäuscht stellt er fest, dass Abdo nicht hinzugekommen ist. Also nimmt er schweigend sein Frühstück ein.