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« am: 21.11.2023, 16:32:32 »
"Du hast den Fall vergessen, dass ich Kinder mit einer Halbelfe zeuge, was wären die dann? Jeweils eines ein ganzer Mensch, das nächste ein ganzer Elf, und immer so abwechselnd?" überlegte Milo, nicht weniger albern. "Aber bei den Halblingen irrst du. Da bezieht sich das halb nämlich auf die Größe, nicht auf eine gemischte Abstammung. Wenn ich das richtig verstehe, nennen sie selbst sich auch ganz anders, aber was sollen sie dagegen tun, wenn der gesamte Rest der Welt, mit Ausnahme der Gnome vielleicht, sie nun einmal gern die "Halbhohen" nennt? Es wäre ein hoffnungsloses Unterfangen, den Rest der Welt davon abzubringen, und so müssen sie wohl gute Miene zum Spiel der Spötter machen."
Nach seiner Geschichte gefragt, zuckte Milo mit den Achseln. "Ach, du würdest mich auslachen, nachdem was du aus deiner Heimat erzählt hast. Aber ich war ein Kind damals. Und Kinder nehmen derlei Kränkungen schwer. Aber das Leben war gut in Osirion, ich möchte es nicht eintauschen gegen ebensoviele Jahre im Elfenwald! Und mein Vater, wenn ich ehrlich bin, hat mir keinen wesentlich freundlicheren Empfang geboten, als ich ihn nach so langer Zeit aufsuchte. Dachte tatsächlich, ich wolle irgendwelche Ansprüche geltend machen, auf Titel oder Erbe. Aber weißt du was, beide Vorfälle liegen in der Vergangenheit, der eine 27 Jahre, der andere ein paar Wochen. Gleich sollten mir beide sein. An die Zukunft sollte ich lieber denken, da gibt es genug zu tun. Da hat mein Meister mir ja gerade ins Gewissen geredet und mir gesagt, ich bräuchte einen neuen Plan, beim alten wolle er mir nicht weiter helfen."
Milo seufzte schwer. "Es ist ja nicht so, dass er nicht recht hätte mit seinem Hinweis, wie denkbar ungeeignet ich zum Schwertkampf sei. Aber ob mir sein Gegenvorschlag gefällt, das weiß ich noch nicht... Sieh, er meinte, ich solle es doch so machen wie er: mir ein kleines Helferlein an die Seite rufen. Wäre das wirklich besser? Ein Schwertkämpfer bin ich nicht, aber auch kein Djinn! Wäre es nicht genauso lächerlich für mich zu versuchen, Lehrlinge um mich zu scharen, so wie er es tut? Wer bin ich denn? Wer würde mir folgen wollen? Das sei nicht schwer, behauptet er. Ja, wenn man Nubnefer Amenemhet Efni Senaaib Sahathor Amenophis hotep-Re heißt, dann vielleicht! Einem solchen mangelt es zu keiner Zeit an Dummköpfen auf dieser Welt, die seinen Namen rufen, sich vor ihm in den Staub werfen und flehen: bitte, bitte, nimm mich als dein Lehrling auf! Gern will ich dir dienen, mit Leib und Seele, wenn du mich nur ganz fein mächtig machst!"
Milo erschrak. Das war vielleicht keine vorteilhafte Darstellung von Nubnefers Lehrlingen, von denen er selbst ja einer war... Was sollte Victor da von ihm denken!
"Also, bei mir war das anders. Ich bin völlig zufällig über ihn gestolpert... in einer Notlage... ich hatte keine Wahl..." stotterte Milo errötend. "Aber im Ernst: wer würde mir schon folgen wollen? Wer den Namen Miloslav Illjitsch Orlovsky anrufen, oh Meister, bitte erhöre mich!
Wobei, so wie Nubnefer die Sache formulierte, also ähm, ich musste da gleich an Perlivash denken."
Nubnefers genaue Worte – Such dir doch auch so einen bunten Vogel, wie du selbst einer bist! – verschwieg Milo lieber. (Das hatte man davon, dass man stets in seinem besten Gewand vor den Lehrmeister trat, nicht in seiner gar nicht so bunten Alltagskleidung.) Oder etwas, das alles ist, was du nicht bist. Zum Beispiel furchteinflößend...
"Es möge doch bitte jemand sein, der uns bei der Erkundung dieser Gegend helfen könne... der bei den anderen Kreaturen hier bekannt und halbwegs beliebt sei oder als neutral anerkannt würde... der vermitteln könnte, wo wir alleine nicht weiterkämen..." Oder jemand, der alle einschüchtern konnte, so die vorgeschlagene Alternative, aber die gefiel Milo gar nicht. Einen kleinen Dämon oder ein Teufelchen wollte er nicht auf der Schulter sitzen haben, der ihm irgendwas einflüstern wollte – wie konnte der Meister nur so etwas vorschlagen?
"Also so für sich genommen klingt die Idee ja wirklich nicht schlecht, nur stelle ich mir das nicht so einfach vor, einen solchen Gefährten zu finden. Perlivash wird wohl kaum von seiner Freundin Tyg-Titter-Tut fort wollen, aber vielleicht kennt er jemanden, der einen Freund sucht? Der noch etwas lernen muss und es bei mir vielleicht könnte? Mir wäre es nämlich schon wichtig, dass ich eine freundliche Kreatur fände, wenn es denn schon sein muss. Deshalb würde ich auf dem Rückweg zu Oleg tatsächlich gerne bei Perlivash vorbeischauen und ihn fragen. Ja, das ist zumindest mal ein Plan! Hoffentlich kann ich genügend der anderen zu dieser Route überreden, sonst muss ich halt noch einmal allein los... so weit weg war's ja nicht von Oleg, das Feennest..."
Zum Schluss schien Milo wieder mehr mit sich selbst zu beratschlagen, als tatsächlich mit Victor zu reden. Als ihm das selbst auffiel, klappte er den Mund zu, schluckte ein paarmal, und wechselte dann ungeschickt das Thema: "Und, was sind deine Pläne hier in den Raublanden, Victor?"