Noch immer in der nähe der Tür ihrer kleinen Kammer stehend versuchte Zhao Lan auch die letzten beiden Mitgefangenen genauer einzuschätzen.
„Einer dieser 6 soll also der Mörder des Kaisers sein. Aber wer von diesen Leuten war es? Wer von ihnen hatte die Möglichkeit und ein Motiv den Kaiser zu ermorden? Einer von ihnen muss es gewesen sein, aber mit meinem jetzigen Wissensstand werde ich wohl kaum dieses Rätsel lösen können.“Während sie schon zu diesem Zeitpunkt versuchte zu beurteilen wer denn der Mörder sein könnte, kamen ihr plötzlich Zweifel an ihrem eigenen Verhalten.
„Nein, das ist falsch! Was für ein Recht habe ich diese Leute bewerten zu wollen? Ich bin noch nicht einmal einen ganzen Tag hier und schon hängen mir dunkle Gedanken nach. Statt nach einem Mörder zu suchen sollte ich lieber den Leuten helfen. Es ist bestimmt nicht leicht für sie hier eingesperrt zu sein, da ist unnützes misstrauen unangebracht.“ Innerlich schalt Lan sich für ihre eigenen Gedanken und eine leichte Schamesröte stieg ihr ins Gesicht.
Kurz schüttelte sie ihren Kopf, begab sich langsam zu der auf dem Teppich sitzenden Gruppe und gesellte sich im Seiza
[1] sitzend zu ihnen. Sicherlich wäre es normalerweise angebracht gewesen vorher zu Fragen, aber dies hier war keine normale Situation und so sparte sich Lan die Formalitäten.
Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen erhob sie ihre Stimme. „ 10 Tage … eine lange Zeit in der sehr viel passieren kann. Ich weiß nicht ob der Mörder des Kaisers wirklich unter uns zu finden ist. Aber ich bin der festen Überzeugung dass, wenn er hier sein sollte, er nicht darauf beharrt sein Geheimnis bis zum Ende zu bewahren und das Leben von 6 weiteren Personen mit sich zu nehmen.“ Einige Augenblicke schwieg sie ehe sie noch etwas anfügte. „Natürlich glaube ich aber nicht daran das einer der hier Anwesenden wirklich ein solches verbrechen begangen hat.“
Die junge Priesterin atmete ein paar mal Tief durch ehe sie erneut das Wort an ihre Mithäftlinge richtete. „Wir haben also noch 10 lange Tage Zeit um die wahren Hintergründe zu entschlüsseln. Sicherlich ist dies keine leichte Aufgabe, aber ich bin mir sicher das wir dieses Rätsel lösen können wenn wir alle zusammen arbeiten und am selben Strang ziehen.“ Zhao Lan war zwar durchaus bewusst dass es in ihrer derzeitigen Lage so gut wie aussichtslos erschien, aber sie hoffte mit ihren Worten ihren Mitgefangenen etwas Hoffnung geben zu können.