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« am: 12.08.2014, 02:52:36 »
Tlacatl steht auf, seine Strenge ist gänzlich in sein Gesicht zurückgekehrt. Er weiß jetzt, was er zu tun hat. Nicht diesem Wahnsinn zu folgen, darin hat sein nächster Schritt zu liegen. Die Ruhe ist in seine Stimme zurückgekehrt. Er blickt zwischen Mirrasshi und Xiuhcoatl hin und her. Sie beleidigt? Tlacatl verzieht die Unterlippe.
"Ihr hört nicht zu. Ich war bereit, eurem Plan zuzuhören. Aber ihr habt keinen. Ich habt eine Idee, in die ihr euch wieder stürzt. Ihr habt immer Eingebungen, die euch so vorkommen, als wären sie hervorragende Ideen. Es sind jedoch Impulse." Tlacatl hebt das erste Mal den Zeigefinger gegen seine eigene Gruppe, Wesen die er inzwischen als Freunde bezeichnet. Es erscheint ihm nicht so, als würden sie ihn als Freund sehen. Sie stellen Necahual, Tlacatl und sie haben auch Tochtli immer vor vollendete Tatsachen gestellt. Sie haben in ihrem plötzlich umschlagenden Wahn die drei immer vor vollendete Tatsachen gestellt, sie sind losgeschnellt mit ihren fixen Ideen und haben das Überleben der Gruppe gefährdet. Und nun wollen sie in den Tag laufen, die weißen Teufel berauben, ohne sich in der Stadt auszukennen, ohne zu wissen, wie die weißen Teufel ihre Donnerstöcke bewachen. "Seit Wochen halten wir euch den Rücken frei, und immer wieder stürmt ihr davon, und veranstaltet Unheil, verliert euren Kopf und schüttelt euch im Wahn. Und jetzt weist ihr mich zurecht, dass ich müde werde, immer wieder euren Rücken freihalten zu müssen, obwohl ihr uns nur vor vollendete Tatsachen stellt? Was habe ich euch getan als euch immer ein Freund zu sein? Ich habe eure Leiber durch die Wüste geschleppt, ich habe mein Wasser mit euch geteilt, ich habe sogar euren Rücken geschützt, als ihr eine ganze Stadt im Traume gegen euch aufgebracht habt. Ich habe nie gegen jemanden von euch gestanden? Können das auch alle anderen von sich behaupten? Könnt ihr?
Ich habe es immer getan und ich wäre fast geneigt, dies auch ewig zu tun. Doch wenn es um euch geht, macht ihr uns Vorhaltungen, wenn wir einmal nicht eurem Wege folgen. Ihr stellt uns in Frage? Uns? Habt ihr einmal über unser Los nachgedacht? Habt ihr einmal gefragt, warum ich mit eurem Glauben so umgehe? Warum ich Tezca für einen Blutzollgötzen halte? Nein, ihr denkt nur an euch. Ihr toleriert uns nur solange wir eurem Wege folge, euren Rücken schützen. Es geht euch nicht um Maztica, es geht euch nicht einmal um euer Volk. Es geht euch nur um euch. Um eure Ideen, um das, was ihr glaubt, was richtig ist. Die anderen fragt ihr nicht mal, ich denkt nicht mal an sie."
Tlacatl macht zwei Schritte auf Xiuhcoatl zu und blickt ihn an, mit diesem strengen Blick, obwohl er weiß, welche Wirkung die Augen des Jägers haben. Er fürchtet sich in diesem Moment jedoch nicht davor.
"Ich kann euch nicht aufhalten, und ich werde es nicht tun. Ich werde es nicht einmal versuchen. Ich werde hier sein und mir einen anderen Weg überlegen. Vielleicht wird er nicht besser sein, aber so ist jemand hier, der euch das Obsidian niederlegt. Beweise, dass du ein wahrer Jäger bist, wenn du willst. Vielleicht ist das ein Schritt zu beweisen, dass du ein Mensch werden kannst. Auch wenn du es nicht willst. Wenn du denkst, dass Gefühle schlecht wären...und doch folgst du ihn blind. Ja, du bist ein Jäger, ein hungriger Jäger. Dann jage, Puma. Jage. Dann kämpfe, junge Ozelot. Doch ich werde nicht mit euch gehen. Ich kämpfe nicht. Nicht jetzt und nicht ohne Grund. Und Tezca ist mir kein Grund. Tezca ist mein Feind. Tezca will meinen Tod. Ich schenke ihm diesen nicht ohne einen menschlichen Kampf."
Dann dreht Tlacatl sich um, ein letzter Blick auf Xiuhcoatl und Mirrashi, und setzt sich wieder an seinen Platz. Der Strenge bleibt in seinem Gesicht. An seiner Meinung ist nichts zu ändern, nicht im Moment. Es tut ihm leid, dass er seine Freunde möglicherweise in ihren Untergang entlässt, doch was soll er tun? Sie sehen ihn nicht als Freund. Sie sehen ihn als Werkzeug. Tlacatl ist niemandes Werkzeug mehr. Die Zeit ist vorbei. Vielleicht ist die Zeit des Kriegers auch wirklich vorbei, zumindest für Tlacatl. Es ist an der Zeit über neue Wege nachzudenken. Als Krieger ist Tlacatl gescheitert, als Mensch hat er noch eine Chance. Die wirft er nicht für eine fixe Idee weg. Zumindest nicht hier, nicht an diesem Ort. Xiuhcoatl und Mirrashi nehmen sich zu wichtig, wenn sie sich nicht nur als Teil der Welt sehen, sondern dass sie glauben, dass sie die Welt alleine ändern, die weißen Teufel besiegen können. Vor wenigen Wochen haben ihre eigenen Brüder und Schwester noch opfern wollen, und jetzt glauben sie, sie können sie retten. Tlacatl hat für dieses Sentiment, für diesen Wahn im Namen Tezcas nichts übrig, zumal beide Seiten in Tezcas Namen opfern. Langsam nimmt er die angefangene Kaktusfeige wieder auf und verspeist den Rest.