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« am: 09.01.2017, 11:19:43 »
Die badende Frau erhob sich aus den Resten langsam vergehenden Schaumes, ihr plumper Körper schüttelte sich kurz, der Rauch stob auseinander und verschwand. Der Alte blickte mit dem ihm seligen Lächeln dem Schauspiel hinterher und gönnte sich dann wieder einen Schluck Bier, gefolgt von einem Zug aus seiner Pfeife. Seine etwas tränigen Augen, von Wind und Wetter noch gereizt, blickten zwischen seinen Gefährten hin und her, die sich auf ihre jeweilige Art langsam aber sicher profilierten. So konnte er über Guillaumes Erwiderung herzlich lachen, wurde jedoch von Voris und des Grizzlys Zweifeln etwas ernster. Der Rauch der Pfeife tropfte jetzt schwer, harzig in den Bart des alten Vollbartträgers und schien diesen voller zu machen; verdeckte die Spuren des Alters, der dünn werdenden Haare aber nur unzureichend. Orville rieb sich müde die Augen, unterdrückte jedoch einen Gähner. Es wäre dem wichtigen Thema nicht angemessen und würde sicher falsch gedeutet werden, wie so vieles bei einem ersten Treffen.
"Wenn ein vollständiger Plan vorläge, wäre dieses Treffen und dieses Gespräch, in dieser geführten Art - zumindest höchstwahrscheinlich - nicht notwendig.", bemerkte Hawkes jetzt mit ernsthafteren, tieferen Ton in der Stimme. "Gleichzeitig ist Mr. Wrights abwartendes, noch nicht allzu viel offenbarendes Verhalten nachvollziehbar. Der arme Mann hat eine sicher auch nicht glückliche Aufgabe darin bekommen, fünf Personen, die sich weitestgehend fremd sind und nichts voneinander wissen, zusammenzubringen. Alle fünf haben zumindest den Geruch von Söldnertum oder Opportunismus an sich, müssen jedoch gegen die Qua'kal in einer geheimen Sache eingesetzt werden. Diesen Spagat zu schaffen, genügend zu verraten, um die Söldner nicht abspringen zu lassen, und zu wenig zu verraten, als dass die Informationen etwas nützten, wenn man sie an die Qua'kal und ihre Lakaien verkaufte, gelingt längst nicht jedem." Hawkes blickte Mr. Wright an und nickte ihm zu. "Zwar hat Siroki uns aus diversesten Gründen aufgelesen, gleichwohl ist klar, dass dieses grundsätzlichen Misstrauen auch uns durchlaufen muss. Bezüglich unseren Nächsten, uns selbst und dem Auftrag. Keine ganz leichte Ausgangssituation; einer der ich deswegen mit etwas Vertrauen zu begegnen versuchte. Insofern, werter Grizzly, erachte ich Einblick in die Fähigkeiten und Erfahrungen durchaus als Notwendigkeit, auch um selbst planend tätig werden zu können. Gleichwohl ich Ihnen recht gebe, dass die Lagerfeuergeschichte für ebenjenen Ort bestimmt sein sollten."
Orville konnte die Zweifel von Voris und Bhekk nur zu gut verstehen, er teilte sie eigentlich sogar. Aber seine Neugier, endlich mehr Hinweise auf die Taten und Werke der Qua'kal zu bekommen: es fixte ihn an. So sehr, dass er sich mühsam an das Einmaleins von Verhandlungen, Verträgen und Verhalten während Auftragsvergaben erinnern musste. Er musste sich zwingen, seine Gedanken nicht abdriften zu lassen. Wie die Qua'kal sich wohl das Leben erhielten? Waren die Sagen war, dass sie das Spiel mit Zeit und Tod verstanden? Orville rieb sich wieder die Augen. War diese Spule ein Schlüssel, um Todesmagie und Lebensmagie, wenn man Magie darin unterteilen wollte, zu kanalisieren? Konnte er damit sein Leben verlängern?
"Ich bin mir sicher, dass wir über diese Schlucht des Misstrauens und des Zweifels eine Brücke des Vertrauens schlagen können." Der alte Mann nahm noch einen Zug aus der Pfeife. Diesmal ließ er den Rauch einfach und ohne magische Verzierung, ohne Wirkung aus seiner Nase entweichen. Er hatte keinen Blick dafür, zu sehr musste er sich an die Verhandlung per se klammern. Die Qua'kal lauerten in seinem Kopf, hinter jeder Ecke vermutete sein müder Kopf Winkelzüge und Hinterhalte. "Freilich weiß ich nicht, wie diese Brücke zu bauen ist. Ich weiß nur, dass sie nicht das Werk des Einzelnen sein kann. Deswegen meinen Dank an alle, die Einblick in sich geben, damit wir die Sache besser zu bewerten wissen. Gleichwohl verstehe ich, dass gewisse Vertrauensverhältnisse aufgebaut sein müssen, um mehr Information zu erhalten. Die versprochene, erste Bezahlung, Mr. Wright, würde einige meiner Zweifel ganz sicher stillen. Wie sie sicher über mich erfahren haben, bin ich durchaus eine unstete Person, die selten lange an einem Orte leben kann oder in einem Gewerke ausdauern mag; aber ich kann mit einigem Stolz sagen, dass ich nie einen Kontrakt zwischen mir und einem Auftraggeber leichtfertig in den Wind geschlagen oder aufgegeben habe. Ich gedenke, so wir fair miteinander umgehen und in keine Fallen gelockt werden oder nur als Köder oder Ablenkung fungieren, die für eigentliche Ziele geopfert werden sollen, meinen Ruf nicht zu opfern."
Orville rümpfte die Nase. Guillaume hatte die Vorhut in dieser Verhandlung übernommen und damit ein gutes Zeichen gesetzt, dass es vorangehen sollte.
"Insofern bin ich bereit, dass Vorgeplänkel einzustellen, mich bereitzuerklären, am Auftrag mitzuwirken und in die Details zu gehen. Da ich davon ausgehe, dass die wirklichen Informationen einen Gutteil meiner jetzigen, möglichen Fragen beantworten, werde ich noch davon Abstand nehmen."
Er hatte es getan. Kurzentschlossen, müde von der langen Wanderung, war er bereit dazu, sich das genauer anzuhören. Eigentlich hatten die Worte Belohnung, Qua'kal und große, magische Energien, die kanalisiert werden können, gereicht, um sein Interesse zu wecken. Und jetzt wollte er die echten Details, und nicht abklopfen, in welche Richtung solche Details gehen könnten. Er war in gewisser Weise gierig nach dem, was da kommen mochte. Und seine Gedanken begannen sich sofort zu drehen, auf der Suche nach einer Lösung nach dem, was ihm mit jedem Tag wütender dräute: das natürliche Ende seines Lebens.