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« am: 05.04.2022, 12:09:34 »
Eine ganze Weile noch nach dem erfolglosen Versuch eines Austauschs mit den Bohabangai wirkt Lîf bedrückt, ganz als sehe sie den Vorfall als ihr persönliches Versagen an. Sie ist schweigsam und in sich gekehrt, als die Gruppe ihren Weg fortsetzt und die Fremden zurücklässt. Erst eine ganze Weile später bricht sie ihr Schweigen wieder und findet zu der gelassenen Fröhlichkeit zurück, die sie inmitten des Baummeers zu erfüllen scheint. Die erste, mit der sie sich länger unterhält, ist Aeryn. Indem sie der Elfin zu erläutern versucht, was sie über Ishalón in Erfahrung gebracht hat, kommt sie auf ihre Idee zu sprechen, dieses Wesen mit dem zu locken, was es offenbar magisch anzieht: dem Anblick einer jungen Maid – oder eben mehrerer. "Vielleicht sollten wir dazu die magischen Gegenstände nutzen, die wir nun haben" schlägt sie vorsichtig vor und erklärt: "Ich bin mir nicht ganz sicher, aber wenn du dich womöglich auch dazu bereit finden würdest, könnten deine Chancen besser stehen als die meinen, ihn aufmerksam zu machen. Ich könnte..." Der Rotschopf räuspert sich leicht und reibt sich die Nase, ehe sie eingedenk ihrer Begegnung mit den Nymphenschwestern fortfährt: "...nun, ich könnte ihm womöglich etwas zu... rundlich sein. Deine Gestalt ist der wahrscheinlich ähnlicher, die ihm gefällt. Wir müssten sicher nicht einhergehen wie die Edelfräulein, aber ein wenig... fröhlicher sollte unser Äußeres wohl sein, um ihn zu Gesicht zu bekommen. Was meinst du dazu?" schließt sie ihre lange Rede und blickt Aeryn erwartungsvoll an.
Doch auch ansonsten versucht die junge drudkvinde im weiteren Verlauf der Reise, dem gemeinsamen Zweck zu nutzen, hat sie doch ganz besonderen Grund, ihres Tristan wegen einen Erfolg anzustreben. Wann immer sie die Zeit findet, streift sie kurze Strecken vom Rest weg ins Unterholz, um sich nach nützlichen Kräutern und Wurzeln umzuschauen, und tatsächlich erscheint sie auch nach einer Rast freudestrahlend mit einigen bläulich-dunklen, gefiederten Blättern, um zu verkünden: "Fingerkraut! Das kann man für einen Trank nutzen, der die Hände ruhig und sicher werden lässt." Und so verbringt sie bei der nächsten Rast eine ganze Weile mit dem kleinen Topf, den sie aus Merles Schlupfwinkel mitnahm, kocht darin verschiedene Dinge ein, rührt, lässt den entstehenden Brei eindicken und leicht abkühlen, ehe sie ihn mit den Resten des Heilwassers mischt, die sie noch mit sich führt. Schließlich hat sie zwei kleine Fläschlein gefüllt, von denen sie eines Arnvidh unter die Nase hält. "Es ist ein Trank, mit dem man behende selbst den glattesten Baumstamm hinauf klettern kann. Das könnte uns hier im Wald einmal sehr nützlich sein! Die anderen sind glaube ich halbwegs geübt im Klettern, aber wir beide könnten eine Unterstützung denke ich brauchen... also ich jedenfalls." Mit einem Augenzwinkern streicht sie über ihren runden Bauch und wartet ab, ob er ihr Geschenk entgegennimmt.
Später dann ist sie offenkundig von den Eindrücken gefangen, die der alte Wald auf sie macht. Immer wieder bleibt sie stehen, legt die flachen Hände an die Rinde eines besonders knorrigen Baumriesen oder schmiegt sich gar an den Stamm, die Arme ausgebreitet, die Stirn gegen die Borke gelehnt. Und sie scheint daraus auch eine Kraft zu ziehen, die sie trotz ihrer fortschreitenden Schwangerschaft tapfer auf dem Marsch mithalten lässt, zumal sie auch weiterhin auf wundersame Weise eher wie auf einer ebenen Straße geht, selbst wenn der Pfad einmal ziemlich zugewuchert wirkt. Das Morgentor selbst beeindruckt sie sichtlich, wenn sie dem auch dem Augenschein nach weniger warme, vertrauensvolle Gefühle entgegenbringt als der Pflanzenwelt rundum. Die Bauerntochter blickt mit großen, runden Augen an dem gewaltigen und doch irgendwie fast filigran wirkenden Bauwerk auf und schüttelt stumm den Kopf. Wer mag das nur errichtet haben, und wie? "Große Mutter, das ist riesig..." murmelt sie endlich leise.