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« am: 30.06.2019, 20:51:59 »
Kara hörte Kylres Befehl, während sie noch dabei war, den Rest der Ruine zu untersuchen. Viel war wahrlich nicht übrig. Das Mädchen hatte in dem verbleibenden Raum Zuflucht gefunden, umgeben von herabgefallenen Steinen, Holz und Trümmerwerk. Über der Kleinen befand sich ein Dach, das allem Anschein nach keinen wirklichen Sturm mehr aushalten konnte. Kein guter Platz für ein Zuhause. Kara suchte den Ausstieg, den das Mädchen genutzt haben musste vergebens. Sie fand lediglich die Feuerstelle mit einem Stückchen unbekannten Fleisches, welches langsam verkohlte, eine schlichte Axt, die wenig gepflegt war - was für eine Verschwendung! - einfache Alltagsgegenstände, einen Eimer, eine Schale, ein kleines Messer, einen Kamm und dergleichen, sowie einige Fetzen schmuckloser Kleidung. Das Mädchen hatte hier ihren ganzen Hausrat. Kaum genug, um ein Bündel zu schnüren. Warum war sie geblieben?
Kara hörte Stimmen in einiger Entfernung. Zeit zu gehen. Sie schnappte sich einen persönlichen Gegenstand, ohne genau zu wissen warum. Das armselige Ding hatte bestimmt keinen wirklichen Wert, aber es war vielleicht ein Schatz für die Kleine. Wenigstens etwas von sentimentalem Wert würde sie erbeutet haben. Was für eine kapitale Zeitverschwendung!
Nachdem der Ausgang weiterhin verborgen blieb, machte sich Kara daran, die beschädigte Mauer vor ihr nach oben zu klettern. Als sie den Kopf durch das ehemalige Dach steckte, sah sie eine Bewegung vom Waldrand aus. Eine finstere Gestalt näherte sich der Truppe, die das Mädchen gestellt hatte. Die Kriegerin suchte die Baumgruppen nach weiteren Lebewesen ab, der Fremde war aber anscheinend allein. Sie stieg weiter und warf alle Vorsicht über Bord. Sie rutschte so schnell als möglich nach unten, die Augen stets auf den Verhüllten gerichtet.
Der andere hatte die Gefährten nun erreicht. Kara lief nicht, sondern ging in gemäßigtem Tempo möglichst aufrecht nach vorne. Sie hörte, wie der Fremde das Mädchen als Freundin bezeichnete und sich anbot, ihnen zu erzählen, was vorgefallen war. Oh er wusste, dass sie da war. Die schwarze Haut, die düstere Gewandung mit der tiefen Kapuze - Kara erkannte ihn als einen von jenen. Ein Magiewirker noch dazu! Oh ja, sie erinnerte sich gut an die Sitten der Drow.
Kara zog die mächtige Streitaxt noch im Gehen und stellte sie Griff nach unten vor sich auf den Boden, als sie zu den ihren aufschloss. Sie lehnte sich nach vorne auf ihre kampferprobte Waffe und zog den Gegenstand des Mädchens aus dem Mantel. Als Druckmittel würde es nun wohl nicht mehr zum Einsatz kommen. Ohne den Blick von dem finsteren Zauberer zu nehmen, angespannt und bereit, reichte sie Mimi die verschlissene Puppe. "Die hast du wohl vergessen."
In Gedanken beschwor sie ihre Klinge sich an den Geschmack des DrowBlutes zu erinnern. Kara lächelte auf eine furchtbare Art und wartete, wie sich die Situation entwickeln würde.