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« am: 08.08.2014, 02:29:51 »
Den Rest des Abends brachte Mirrasshi keinen Bissen mehr hinunter und auch das seltsame Getränk rührte sie nicht mehr an. Es benebelte ihre Sinne und sie musste jetzt klare Gedanken behalten. Der Sohn Tezcas hatte Recht: Die Macht Tezcas musste aus den Feuerstöcken der weißen Teufel befreit werden. Schon allein, um diesem Frevel ein Ende zu bereiten, aber nicht zuletzt auch weil sie die Eindringlinge dadurch erheblich schwächen würden. Zwar hätten sie immer noch ihre undurchdringlichen Panzer aber die Opferjäger, die sie damals gefangen nahmen, hatten ihr schon bewiesen dass sie nicht mehr unbesiegbar waren, wenn sie ihre magischen Waffen nicht zur Verfügung hatten. Aber wie sollten sie das an stellen?
So schlief die Hin selbst in der Nacht nicht viel. Immer wieder stand sie auf und lief in Gedanken versunken über den Hof auf und ab. "Würde ich doch nur etwas von der Magie verstehen, es wäre sicher viel einfacher. Oder wenn ich nur jemanden kennen würde, der sich damit aus kennt. Unsere Stammespriester wüssten sicher was zu tun ist, aber jetzt ist da nur noch... diese Hexe." So sehr sie sich auch wünschte, etwas gegen die weißen Teufel unternehmen zu können, Necahual wollte sie lieber nicht um Hilfe bitten. "In ihrem unbarmherzigen Hass gegen alle Wildlinge würde sie mir vermutlich sowieso nur wieder etwas gemeines und beleidigendes erwidern. Vielleicht würde sie sogar versuchen, mein Vertrauen in sie gegen mich zu verwenden."
Vergeblich versuchte Mirrasshi wieder ihre Gedanken von der Hexe und ihren Demütigungen zurück zu den weißen Teufeln und ihren Feuerstöcken zu lenken. Stattdessen aber kamen ihr nur wieder die weißen Teufel und die Demütigungen in den Sinn, die sie während ihrer Gefangenschaft unter ihnen zu erleiden hatte. "Hätten sie nicht ihre grausamen Spielchen mit uns getrieben, wäre es alles nicht halb so schlimm gewesen. Es war zwar schon abscheulich genug, ihnen als Sklavin dienen zu müssen, ihren Abort zu säubern, ihr Gepäck zu tragen, ihre Sachen zu putzen..." Wie an gewurzelt blieb die Hin plötzlich stehen. Unvermittelt hatte die Erinnerung an das Erlebte ihr neue Hoffnung gegeben. Es war eine schwache Hoffnung, aber es genügte, um sie endlich wieder ein schlafen zu lassen.
Als der nächste Morgen dämmert springt sie sofort auf und blickt eine Weile der auf gehenden Sonne entgegen, um ihre Gebete auf zu sagen. Danach wartet sie auf dem Hof darauf, dass auch der Sohn des Tezca sich zeigt, denn selbst zu ihm zu gehen wagt sie nicht. Als sie ihn dann aber sieht, kann sie es kaum noch ab warten und geht tatsächlich einige Schritte auf ihn zu. "Herr, ich muss euch etwas sagen.", kündet sie an und fällt direkt vor ihm auf die Knie, den Blick zu Boden gerichtet. "Ich glaube, ich habe eine Idee, wie wir die Macht eures Vaters aus den Feuerstöcken der weißen Teufel befreien können..." Plötzlich scheint ihr ihre These gar nicht mehr so plausibel wie noch in der Nacht zuvor, aber einen Rückzieher kann sie jetzt nicht mehr machen. "Ich hatte einen davon einmal in den Händen, aber er funktionierte nicht. Selbst die weißen Teufel müssen immer ein übelriechendes Pulver und eine glänzende Kugel hinein stecken, bevor sie sie benutzen können." Langsam hebt Mirrasshi ihren Blick, um im Gesicht Xiuhcoatls zu erkennen, wie er ihre Nachricht auf nimmt. "Vielleicht liegt darin die Macht eures Vaters. Wir müssen ihnen also nur das Pulver und die Kugeln weg nehmen."