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« am: 05.07.2013, 23:08:45 »
Conrad schwitzte mittlerweile ziemlich, er wurde schwerfälliger und müder und brauchte dadurch länger, um sich zu irgendwelchen Worten durchzuringen. Doch noch hatte niemand etwas gesagt. Den Wechsel zu diesem Musikstück hielt Conrad für keinen Zufall, aber er ließ sich dadurch nicht in irgendeiner Form beirren. Der Student schaute dem vermeintlichen Herzog direkt in die Augen. Noch immer hatte sich Conrad nicht gesetzt und er trat vorsichtig ein paar Schritte näher in Richtungs Friedrichs, bevor er auch schon anhielt. Conrad begann etwas scherzhaft zu reden, sollte aber dann bald wieder ernster werden: "Diese Hitze hier drin, sorgt irgendwie für noch hitzigere Gemüter, kann man es hier drin bitte weniger heiß machen?
Aber es gibt sicherlich wichtigere Themen als die momentane Zimmertemperatur, das mag sein. Und ich entschuldige mich dafür, dass ich Herrn Nobel immer noch nicht zu Worte kommen lasse; aber werter Herr, bitte erlaubt einem einfachen Studenten ein paar offene Worte. Nehmen wir mal an, dass die Worte von Herrn Weissdorn ein großer Bluff waren und sie mit all den Dingen, die er genannt hat, rein gar nichts zu tun haben. Warum dann diese große Aufregung, die Ihr gezeigt habt? Warum trafen Euch die Worte eines Wildfremden so dermaßen stark, dass es zu solchen Worten und einem Wutausbruch kommen musste? Das kommt mir seltsam vor. Mein Herz hofft trotzdem, dass Ihr nichts mit diesen Söldnern zu tun habt. Sie sind in meinen Augen feige Attentäter und Abschaum, wenn ich ganz ehrlich sein darf. Aber darf ich einmal zwischendrin zwei philosophische Frage in den Raum stellen: Wie extrem dürfen die Mittel sein, um noble Ziele zu erreichen? Ist ehrenhaftes Verhalten etwas, dass einfach so ignoriert werden kann und der Lug und Trug leichtfertig Tür und Tor geöffnet werden kann?
Und eine Sache ist noch sehr wichtig: Wenn mir als einfachem Studenten schon gewisse Zweifel an der Echtheit der Urkunde kommen, wie mag es dann einem Experten oder einer Persönlichkeit von hohem Rang ergehen, die zum Beispiel von Siegeln auf einer Urkunde mehr Ahnung hat? Mein Wort als einfacher Mann ist nicht viel wert im politischen Geplänkel von Kräften hohen Ranges, aber Herr Major von Stiehle weiß um so manchen Zweifel bezüglich der Urkunde, diese wird er auch melden. Aber selbst wenn er keine Meldung machen würde, könnte eine Fälschung trotzdem durchschaut werden.
Vor mir werter Herr braucht Ihr keinerlei Rechenschaft ablegen. Aber wenn Ihr wirklich mit diesen blutrünstigen Söldnern irgendetwas zu schaffen gehabt habt, den Vertrag habt fälschen lassen, um über Schleswig-Holstein zu herrschen und bei Verhandlungen bei solchen Worten wie denen von Herrn Weissdorn so die Fassung verliert, weiß ich nicht, ob man das so gut heißen kann. Diplomatischer kann ich es wohl nicht ausdrücken, es tut mir leid.
Ich zerstöre mir hier mit meinen eigenen Worten einen großen Traum und stoße mir selbst den Dolch ins Herz, denn Ihr wollt ein geeintes Schleswig-Holstein, eine liberale Verfassung und das Verhindern eines Krieges. Letztendlich sind all das noble Ziele. Doch seid Ihr werter Herr ganz sicher der richtige Mann, den ich mir im tiefsten Inneren an der Spitze wünschen würde? Euer Verhalten Herrn Weissdorn gegenüber hat mich daran zweifeln lassen. Es sind nicht einmal hauptsächlich die vagen Vermutungen gewesen, dass Ihr reintheoretisch mit diesen Söldnern zusammenarbeiten könntet oder der Vertrag gefälscht sein könnte, sondern die Art wie Ihr Euch habt gehen lassen gegenüber Herrn Weissdorn. Sogar Beleidigungen von Eurer Seite her gab es. Ein komplettes Ausrasten in heiklen Situationen ist einfach nicht gut. Ich kann nicht für ganz Schleswig-Holstein sprechen, aber mir wäre ein Staatsoberhaupt wichtig, das auch in den schwierigsten Momenten die Fassung bewahren kann. Ich weiß, dass ich mich teilweise etwas wiederholt habe, aber das war mir so wichtig, dass es eine Wiederholung wert war.
Wollt Ihr denn unter allen Umständen Herzog von ganz Schleswig-Holstein werden? Können Euch die Worte von Herrn Major von Stiehle wirklich nicht überzeugen? Ich kann nur sagen, dass ich Major von Stiehle nicht für eine schlimme oder niederträchtige Person oder so etwas in der Art halte. Preußen ist auch nicht der Teufel und auch nicht Herr Major von Stiehle."
Auch wenn man es Conrads reinen Worten vielleicht nicht immer anmerkte, wurde er doch immer etwas unsicherer, vor allem zum Schluss. Er bemühte sich sehr nicht etwas vor sich hinzustottern- oder zu stammeln. Mittlerweile hatte er einen ziemlich trockenen Mund und die Hitze machte ihm durchaus zu schaffen. Doch er hielt den Augenkontakt mit Friedrich. Würde er jetzt auch zornig auf ihn reagieren?