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« am: 17.05.2014, 02:19:56 »
Carl war zunächst ruhig geblieben, denn er hatte entschieden Paul das Reden zu überlassen. Zum Einen würden die beiden Geistlichen trotz der nicht gänzlich identischen Glaubensauslegung sicher einen besseren Draht zueinander haben, als ein französischer Priester zu einem preußischem Offizier es jemals haben könnte. Zum Anderen, fiel es ihm in der Regel einfach schwer mit sehr frommen Menschen im Allgemeinen und Geistlichen und dergleichen im Speziellen umzugehen. Er hatte es Zeit seines Lebens versäumt einen Zugang zum Glauben zu gewinnen und so kamen ihm die Fragen und Monologe, die von den Kanzeln dieser Welt auf die Menschen herab schallten oftmals unglaublich unwichtig vor. Es war stets irritierend mit welcher Vehemenz man Geschichten, die niedergeschrieben wurden, lange bevor es Dampfmaschinen, Gewehre und Eisenbahnen gab, immer wieder aufs neue auswringen konnte, um Andere davon zu überzeugen wie sehr diese doch ihr modernes Leben und ihre modernen Probleme betrafen.
Doch auch insofern war Carl sehr preußisch, als dass er diese Menschen nicht verstehen musste, um sie ihr Leben leben zu lassen. Wie Darboy im allerdings sein Leben zu leben pflegte erstaunte Carl dann allerdings schon ein wenig, immerhin war die Prunksucht der katholischen Geistlichen doch ein gern gepflegtes Bild in vielen protestantischen Ländern. Doch so wie der Mann sprach schien er tatsächlich näher an Zeidlers Idealen als an denen einer verschwendungsfreudigen Kirche zu stehen.
Als Darboy geendet hatte räusperte sich Carl leise und beugte sich vor, nach dem Glas mit Wasser greifend. "Herr Darboy. Zunächst muss ich Herrn Zeidler korrigieren." langsam trank er einen Schluck des Wassers und setzte das Glas wieder ab, bevor er sich zurücklehnte und weitersprach. "In der Tat bin ich im Range Major und nicht Oberst. Major Carl Heinrich von Lütjenburg, Stab der 2. Armee." Als Paul Carls Identität freimütig heraus plauderte, musste Carl stark an sich halten, um diesen nicht erschrocken anzublicken. Offensichtlich meinte der Alte es mit der Ehrlichkeit besonders Ernst oder er hatte einfach gar kein Gefühl für Geheimnisse beziehungsweise dafür, dass Carl sich in einer Stadt voller Feinde befand.
"Tatsächlich wäre ich darüber hinaus sehr dankbar, wenn meine Identität nicht dieses Haus verlässt. Ich bin nicht aus unredlichen Gründen in der Stadt, aber ein Deutscher ist dieser Tage ungern in Paris gesehen, möchte ich meinen, besonders wenn er dazu in einer preußischen Uniform steckt.
Und als nächstes muss ich Sie korrigieren, Herr Darboy. Oder vielmehr bestätigen. Sicherlich sind Sie ein bedeutsames Symbol für ihre leidgeplagten Mitbürger. Doch was wird geschehen, wenn jemand ihnen ein Leid antut oder sie gefangen nimmt? Ich möchte nicht respektlos sein, doch ich glaube bei der momentanen Lage werden nur die wenigsten niederknien und für ihr Wohlergehen beten. Ich sehe es vielmehr so, dass es ein letzter Tropfen ist, nach dem die Stadt schon seit vielen Tagen lechzt, so dass sie endlich überlaufen kann. Ich bewundere Ihre Bereitschaft sich der Möglichkeit des eigenen Todes bereitwillig und trotz eigener Furcht entgegenzustellen, doch geht es hier um mehr als darum einen einzelnen Menschen auszulöschen. Die Männer, die Ihnen nachstellen sind nicht alleine. Sie werden angeleitet von professionellen Attentätern und Söldnern, die ich zufällig einigermaßen gut kenne..." Kurz berichtete Carl von den Ereignissen um den Deutsch-Dänischen Krieg, ohne jedoch direkt auf die damalige Vertragsfälschung und die Standpunkte einzelner Personen einzugehen.
"Sie sehen also wozu diese Menschen fähig sind. Und was ich mich darüber hinaus noch frage ist, wer hinter den Lavalles steht. Sie sind Söldner und es fällt mir schwer zu glauben sie leisten den Blanquisten aus purer Nächstenliebe Schützenhilfe. Übrigens, Herr Zeidler, erinnern Sie sich an den Mann mit dem Kalabreserhut, der in ihre Predigt geplatzt ist? Den habe ich übrigens auch heute Morgen bei der Schlägerei auf dem Place blanche beobachten können, wie er seinerseits die Schlägerei beobachtete. Es scheint mir als sind viele zwielichtige Gestalten in der Stadt die ein Interesse an einer Eskalation haben."