Der Umgang Alfred Nobels mit seiner Verantwortung gegenüber seinen Erfindungen ist unfassbar spannend dokumentiert.
Er schrieb in einem Brief an Bettina von Suttner, der späteren Friedensnobelpreisträgerin, dass er seine Arbeit als Erfinder (sinngemäß) "aus den reinsten technologischen und nicht kommerziellen oder finanziellen Motiven" getätigt habe. Er betonte bis in sein spätes Alter häufig, dass seine Sprengstoffe ein wichtiges Mittel für den Bergbau geworden seien, und damit ausreichend Legitimation für sie vorläge. Er schrieb, dass "es nichts in der Welt gäbe, das nicht missbraucht werden kann."
Was den sogewollten "Missbrauch" seines Sprengstoffes angeht, argumentiert Nobel: "Der Krieg für die zivile Bevölkerung muss genau so tödlich werden wie für die Truppen an der Front. Lasst das Damoklesschwert über jedem Kopf hängen, meine Herren, und Sie werden einem Wunder begegnen - alle Kriege werden augenblicklich enden [...]."
Mir fällt es schwer, eine persönliche Reue aus den Briefen Nobels herauszulesen. Ich habe bisher keine Stelle gefunden, an der er sich über sein Gewissen beklagt, eine Waffe hergestellt zu haben, die das Leben unzähliger Menschen gekostet hat. Auch wenn er sich oft und ungeniert als Ideologen der Wissenschaft und der Philantropie darstellt, lässt er es nicht zu, sich selbst in eine Schuld-, Gewissens- oder Verantwortungsfrage zu drängen. Zumindest vermeidet er es, dies in einer dokumentierten Form darzulegen. Ob Alfred doch an solchen Dämonen zu kämpfen hatte, lässt sich nicht ausschließen.
Im Jahr 1890, sechs Jahre vor seinem Tod, schrieb Alfred sinngemäß:
"An dem Tag, an welchem zwei Armeen in der Lage sein werden, sich gegenseitig innerhalb von Sekunden auszulöschen, werden sich alle zivilisierten Nationen voller Entsetzen vom Krieg abwenden und ihre Streitkräfte entlassen."
Die Ereignisse in Nagasaki und Hiroshima knapp ein halbes Jahrhundert später haben jedoch gezeigt, wie schrecklich falsch Alfred lag. Reue und Schuld sind zu diesen Zeiten jedoch Themen, die eine andere bedeutende Person der Wissenschaft plagen:
Albert Einstein fühlte sich nach den Abwürfen der Atombomben in Japan dafür verantwortlich, die U.S. Regierung zum Manhattan Projekt gedrängt zu haben, und hatte mit einer Schuld zu kämpfen, die man bei Alfred Nobel nicht findet.
Ein sehr bedeutender Artikel, Menthir. Vielen Dank!
Ich vermisse Euch. :-/