Passt schon, wir können warten. Mach lieber Deine Arbeit ordentlich!

Serrah blickt schockiert zu ihrem Bruder, als dieser auf einmal zusammensackt. Zum Glück ist Maester Hyrbad zur Stelle und er würde ihm sicherlich besser helfen können als jeder andere. Daher reißt sich die junge Thalred auch zusammen und bleibt ersteinmal sitzen, um die anderen Gäste im Blick zu halten, auch wenn sie wenig Hoffnung hat, einen Hinweis auf den Täter zu erhaschen.

Gedanken schwirren durch ihren Kopf, während sie da sitzt. Hatten sie ihrem Widersacher bereits soweit entgegenwirken können, dass er nun zu solch verzweifelten Mitteln greifen musste? Wer konnte das Haus Thalred wohl derart hassen, oder derartigen Neid ihnen gegenüber empfinden, dass er sich so feige und hinterhältig gegen sie stellte. Sie mussten diese Fragen irgendwann beantworten, auch wenn Serrah immer noch nichtmals im Ansatz wusste, wie. Ihre Idee mit der Falle fand keinen rechten Anklang und eine andere Idee hatte sie im Moment nicht.

"Ich meinte damit die Befragung, wenn es denn soweit kommt."

"Und ja, natürlich wäre es etwas gewagt, aber immer noch besser als abzuwarten, bis sie dasselbe mit uns machen, oder etwa nicht? Denn, wenn diese Leute wirklich hinter euch herwaren, dann ist es doch nur eine Frage der Zeit, bis etwas passiert. Und dann haben sie den Ort und die Zeit dafür ausgewählt, was es nicht besser macht."

"Ich besitze sogar mehrere Bögen, schließlich sind sie in der Handhabung ja mitunter sehr verschieden. Manche kann man sogar vom Pferderücken aus abfeuern, was aber schon sehr schwierig ist. Das Bedarf einiger Übung, um damit überhaupt in die Nähe eines Ziels zu gelangen."

Mit großem Interesse hat Serrah das Bogenschießen verfolgt, schließlich war es eine ihrer großen Leidenschaften, auch wenn die meisten dies nicht gerade von einer Lady erwarteten. Sehnsüchtig verfolgt sie wie die Pfeile ihr Ziel treffen oder verfehlen. Die Schüsse auf die Zielscheiben traut sie sich selbst auch ohne weiteres zu, wenn sie nicht gerade einen schlechten Tag erwischt. Der morgige Tag würde erst zeigen, wer wirklich etwas im Umgang mit dem Bogen verstand. Sie nimmt sich fest vor, auch diesen Teil des Turniers nicht zu verpassen.

Als das Bogenschießen dann beendet ist, und der Turnierplatz wieder aufgeräumt wird, macht sich Serrah dann auch auf den Rückweg zum Gasthaus. Vielleicht waren die anderen ja mittlerweile auch mit ihrem Training fertig.

Serrah grinst leicht.

"Nun, vor allem Dinge, die man wohl hier eher nicht von einer Lady erwartet. Ich bin gerne draußen in der Natur zum Schwimmen oder Reiten, aber meine größte Leidenschaft gilt eigentlich dem Bogenschießen. Ich bin auch garnicht mal so schlecht darin. Leider darf ich beim Turnier ja nicht mitmachen, das hätte mir durchaus gefallen können. Natürlich nur beim Bogenschießen. Die anderen Disziplinen sind mir doch etwas zu gefährlich."

"Ist euer Bruder ebenfalls noch im Rennen?" fragt Serrah, als sie bemerkt, dass Ser Lawrence längere Zeit zu Naton herüberschaut. "Ich muss gestehen, ich habe es nicht mit voller Konzentration verfolgt. Welche tapferen Ritter sind denn noch im Turnier dabei in der nächsten Runde?"

In ihrem Kopf schwirren immer wieder Gedanken um die Geschehnisse der letzten Tage, den seltsamen Dolch, das Giftattentat auf den jungen Cockshaw, und die Frage, wer denn wohl dahinter stecken würde. Vielleicht war ja wirklich jemand aus der Familie Lowther darin verwickelt, auch wenn Serrah sich nicht vorstellen kann, dass Orten oder Ser Lawrence dies sein könnten... bei Naton war sie sich nicht so sicher, und den Lord des Hauses kannte sie nicht gut genug, um sich da ein Urteil zu bilden.